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Der Freiheit ein Haus

ments hatte allerdings einen weiteren Grund: Dagen, das einstige Vorführkind der Buchhändlerszene der „neuen Bundesländer“, hatte sich laut „Spiegel“ im Mai 2016 angeblich als „PEGIDA-Sympathisantin geoutet“, was sie so aber tatsächlich nicht getan hatte. Das böswillig von dem Relotius-Blatt Unterstellte war, was nicht sein dur e, denn noch 2008 war das „BuchHaus Loschwitz“ zur „Buchhandlung des Jahres“ gewählt worden. In der „Studie zur Literaturvermittlung in den fünf neuen Bundesländern zu Beginn des 21. Jahrhunderts“ hieß es: „Gewürdigt wurde damit vor allen Dingen die Idee, die Buchhandlung [Loschwitz] als einen auratischen Ort für Kultur- und Literaturveranstaltungen auszubauen. […] Mit einem Budget von gerade mal 20.000 € organisiert das Buchhaus Loschwitz über 100 Veranstaltungen im Jahr, davon 60 Literaturveranstaltungen, zwölf Ausstellungen, 25 Konzerte sowie zwei Filmvorführungen pro Woche. Damit leistet das Buchhaus für die Literatur- und Kulturvermittlung mehr als andere Einrichtungen, die mit dem drei- bis fün achen Budget arbeiten.“ Nicht zuletzt wegen dieser Leistungen gab es 2015 und 2016 den Deutschen Buchhandlungspreis in der Kategorie „besonders herausragend“.

Die neuen Jakobiner bekamen über den besagten „Spiegel“-Artikel jedoch alsbald Witterung, und so el die linke Jagdgesellscha gnadenlos über die 1972 in Dresden-Bühlau geborene gelernte Buchhändlerin und zweifache Mutter sowie ihren Lebenspartner Michael Bormann her. Munition für die Kulturblockwarte unserer Tage lieferte die umtriebige Dresdnerin, indem sie die auf YouTube zu sehende regelmäßige Literatursendung „Aufgeblättert. Zugeschlagen – Mit Rechten lesen“ veranstaltet. Dabei werden drei aktuelle Bücher im Austausch zwischen der Publizistin Ellen Kositza vom Verlag Antaios, der Buchhändlerin und einem jeweils neuen Gast vorgestellt und besprochen.

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Weitere Fehltritte im gleichgeschalteten Milieu der „Cancel-Culture“-Akteure sind Interviews mit Dagen in „COMPACT“ und der „Sezession“. Es folgten Angri e in den sozialen Netzwerken. Noch Ende Januar 2019 wurden Hakenkreuze geschmiert. Sie hätte nicht damit gerechnet, „dass so ein Sturm über mich hereinbricht“, bekennt Dagen. Trotzdem ist die Buchhändlerin im Kampf gegen die sich verengenden Gesinnungskorridore aktiver denn je. Im vergangenen Jahr konnte sie das 25-jährige Jubiläum ihres Projektes feiern und startete gleichzeitig die Buchreihe „EXIL“ in der „Edition BuchHaus Loschwitz“. Die schön gemachte Paperbackreihe „versteht sich als Kunst der Zu ucht ebenso wie als Zu ucht der Kunst, die sich einem Klima zunehmender politischer Anfeindung ausgesetzt sieht. Als Zu ucht der Kunst setzt sie auf das Literarische und Künstlerische ihrer Texte, womit sie zugleich Kunst als Zu ucht bietet – nur sie ist es, die uns Räume der Freiheit, der Träume und des Denkens ö nen kann“. Zu ucht unter dem Dach des „BuchHaus Loschwitz“ hatten in der ersten Sta el neben Uwe Tellkamp auch Monika Maron und Jörg Bernig gesucht. Tellkamp als Opfer einer üblen Pressekampagne, Maron, als ob sie den Rauswurf beim Verlag S. Fischer im Voraus geahnt hätte, und Bernig, dessen später widerrufene Wahl zum Kulturamtsleiter der sächsischen Stadt Radebeul im Mai 2020 stattfand. Im Prinzip alles Opfer der sich selbst Haltungsjournalisten nennenden linken Meute von denunzierenden Berufsschreibern. Denn Jörg Bernig und Monika Maron hatten wie Uwe Tellkamp zwar den zunehmenden Verlust geistiger Freiheiten und das beklemmende Klima sogenannter politischer Korrektheit in Deutschland und Europa beklagt, jedoch, ohne sich dabei in irgendeiner Form auf eine parteipolitische Seite zu schlagen.

Susanne Dagen macht in Dresden-Loschwitz indes unverdrossen weiter, sie legte im Oktober 2020 mit der zweiten Sta el der „EXIL“Buchreihe nach: Bernd Wagner, Angela Wierig und Eva Rex publizierten. Letztere betrachtet unter dem Titel „Rettet den gesunden Menschenverstand“ Hannah Arendt im Mehrheitsdiskurs. Allein der Buchtitel dür e die Betreiberin des BuchHaus- und KulturHausProjektes angesprochen haben, viel mehr allerdings sind es sicher Sätze wie diese gewesen: „Wissenscha wurde in totalitären Systemen schon immer herangezogen, um großangelegte Experimente eines gesellscha lichen Umbaus vorzunehmen. […] Heute steht uns das große Experiment bevor, dass eine ‚monoethnische und monokulturelle Demokratie in eine multiethnische‘ verwandelt werden soll. Und dafür braucht es Homogenisierung – das Zerreiben des Menschen zu ethisierten, ökologisierten, pazi zierten, feminisierten und durchgegenderten Bestandteilen des humanitären Universalismus. Dass dadurch die Handlungsfähigkeit des politischen Bürgers unmöglich gemacht wird, sollte uns längst klar geworden sein.“ Susanne Dagen ist in Dresden Stadträtin der Freien Wähler für Kultur, Umwelt und Petitionen.

Jörg Bernig: An der Allerweltsecke

Edition BuchHaus Loschwitz, Dresden 2020, 160 Seiten ISBN 978-3-9820131-7-6 A € 19,60 / D € 19,00

Monika Maron: Krumme Gestalten, vom Wind gebissen

Edition BuchHaus Loschwitz, Dresden 2020, 112 Seiten ISBN 978-3-9820131-6-9 A € 17,50 / D € 17,00

Beide Bücher sind im FREILICH-Buchladen erhältlich.

freilich-magazin.at/shop

BuchHaus Loschwitz: kulturhaus-loschwitz.de

Das durch den „Brexit“ inspirierte Wandgemälde von Banksy auf einem Gebäude unterhalb von Dover Castle soll ein politisches Bekenntnis zu Europa sein.

Foto: Brian Harris / Alamy Stock Foto

Das Hohelied der Nation

Im Mainstream gilt der Nationalismus als die Geißel der Neuzeit. Yoram Hazony sieht das ganz anders …

Der israelische politische Philosoph Yoram Hazony sorgte zuletzt für großes internationales Aufsehen, indem er mit seiner in den USA ansässigen Edmund Burke Foundation hochkarätige internationale Konferenzen zur Vernetzung nationalkonservativer Politiker und Aktivisten ausrichtete: 2019 in Washington, D.C. (u. a. mit „Fox-News“-Moderator Tucker Carlson und John Bolton, damals noch Nationaler Sicherheitsberater des US-Präsidenten) und 2020 in Rom mit der Crème de la Crème des europäischen Nationalpopulismus von Orbán bis Maréchal. Warum das Ganze? Klar: Die globalistischen Feinde der freien Völker sind weltweit miteinander ver ochten und perfekt aufeinander abgestimmt – es ist höchste Zeit, dass die einander noch allzu o unversöhnlich gegenüberstehenden Verteidiger von Freiheit und Souveränität endlich gleichziehen!

Genau dieser eindringliche Appell liegt auch dem politphilosophischen Werk „ e Virtue of Nationalism“ zugrunde, mit dem Hazony 2018 den nicht nur englischsprachigen konservativen Blätterwald mächtig ins Rauschen brachte. Der Autor, ehemaliger Berater Benjamin Netanjahus, tritt darin für einen selbstbewussten Gebrauch des Nationalismusbegri es ein, der von seinen liberalen und au lärerischen Feinden planmäßig verleumdet worden sei. Der Nationalstaat sei die seit biblischen Zeiten unübertro ene Idealform politischer Organisation mit einem Höchstmaß an persönlicher und gemeinscha licher Freiheit bei gleichzeitiger innerer Stabilität und äußerer Friedfertigkeit. Auf der anderen Seite stünden imperialistische Projekte zur „Erlösung“ der gesamten Menschheit, von antiken Königreichen über die totalitären Machtblöcke des 19. und 20. Jahrhunderts bis hin zur heutigen Europäischen Union.

Kein Wunder, dass diese geharnischte Kritik bereits im Original auch in Deutschland auf lautstarke Abwehr gestoßen ist. Stefan Kornelius von der „Süddeutschen“ beispielsweise klagte den Autor an, er betreibe eine „groteske Umdeutung der EU zum imperialistischen Werkzeug“. Getroffene Hunde bellen, kann man da nur sagen!

Im vorvergangenen Jahr wurde diese erfrischend selbstbewusste Streitschri in den USA zum „Konservativen Buch des Jahres“ gewählt. Nun ist sie endlich auch in deutschsprachiger Übersetzung verfügbar, und das aus Graz! Es lohnt sich allemal: Nicht nur wird in „Nationalismus als Tugend“ kompromisslos o engelegt, wie das verquere Denken der Imperialisten und Globalisten funktioniert; Hazony klärt auch eingehend darüber auf, wo ihre Schwächen liegen, wo sie angreifbar sind. Das ist doch für uns Freunde der Freiheit besonders wichtig: Es liegt an uns, das Beste daraus zu machen – Seite an Seite in ganz Europa, im ehrlichen Umgang aller freien Völker miteinander!

Yoram Hazony: Nationalismus als Tugend

Ares Verlag, Graz 2020, 272 Seiten ISBN 978-3-99081-025-5 A € 25,– / D € 25,–

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