19 minute read

Die grüne Feuerwehr

Die Lasten der alpenrepublikanischen Verteidigungspolitik tragen nicht die Haflinger, sondern die Soldaten. Zu wenig Geld, zu viele Generäle, ist die Bilanz.

Foto: imago / Alex Halada

Advertisement

I

Gleichberechtigung! Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) ist genauso unbeliebt wie ihr Amtsvorgänger und Zivildiener Norbert Darabos (SPÖ).

m Sommer des vergangenen Jahres, am 24. Juni, präsentieren Spitzenbeamte in einem Hintergrundgespräch Journalisten die Reformpläne von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner. Die vormalige Che n des niederösterreichischen Bauernbundes ist ohne jede militärische Erfahrung und noch keine sechs Monate im Amt.

Trotzdem oder gerade deshalb traut sie sich zu, das österreichische Bundesheer von Grund auf zu reformieren. Um als Friseur arbeiten zu können, braucht man eine dreijährige Ausbildung. O enbar ist Haareschneiden komplexer und erfordert mehr Fachwissen, als für die Verteidigung eines Nationalstaates verantwortlich zu sein.

An diesem Mittwoch wird die Presse über Tanners Bundesheer-Pläne informiert. Selbst die Journalisten, obwohl in der Regel links bis in die Haarspitzen, sind überrascht. Zusammengefasst: Bundesheer-Rookie Tanner sieht die beiden Kernaufgaben eines modernen Militärapparates, einer zeitgemäßen, europäischen Streitmacht in der Abwehr von Internetattacken und Einsätzen bei Naturkatastrophen. Anders ausgedrückt: Sie will das Heer zu einer Feuerwehr mit angeschlossener IT-Abteilung umbauen. Gewehre, Panzer, Geschütze, Abfangjäger braucht man dafür nicht. Für Tanners Vision reichen Computer, Bagger und Lastwägen. Die Soldaten sollen kün ig Antivirentools installieren und über utete Keller auspumpen. Auf die militärische Landesverteidigung hat die Verteidigungsministerin vergessen. Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner warnt: „Ich habe festgestellt, dass diese Bundesregierung das Bundesheer entmilitarisieren will, und kann nur davor warnen, diesen Weg weiter zu gehen.“

Für Tanner, ihre Umgebung und die türkis-grüne Regierung ist Österreich noch immer eine Insel der Seligen, die schlimmstenfalls von Hackern, Lawinen und Überschwemmungen bedroht wird. Militär ist ausgerechnet den Konservativen lästig. Die linke Tageszeitung „Der Standard“ über die Überlegungen und Annahmen, auf denen die Heeresreform aufbaut: „Einen konventionellen Krieg, dessen Schauplatz das österreichische Bundesgebiet sein könnte, werde es in absehbarer Zeit nicht geben – daher brauche sich das Bundesheer auf einen solchen Verteidigungsfall auch nicht vorzubereiten. Auch einen systemischen Terrorismus, der auf einen Bürgerkrieg und letztlich auf einen Staatszerfall abzielt, braucht man hierzulande nicht zu fürchten.“ Eben eine Insel der Seligen.

Als sich gegen diese geballte Naivität und ministerielle Pausbäckigkeit selbst in linken Kreisen Zweifel und Kritik regen, rudert Tanner zurück und gelobt, die militärische Landesverteidigung doch – irgendwie– zu berücksichtigen. Ernst nehmen kann das aber niemand mehr. Der Ungeist ist längst aus der Flasche.

Wer das Verteidigungsressort angesichts einer sich in und um Österreich verschlechternden Sicherheitslage einer militärisch Ahnungslosen überlässt, handelt hochgradig unverantwortlich oder ganz bewusst gegen die Interessen des Landes und seiner Bevölkerung. Ein für die Sicherheit der Bevölkerung verantwortlicher Politiker, der angesichts der demogra schen Entwicklungen, der immer ö er au ammenden Unruhen, Krawalle und Angri e gegen die Staatsmacht kein innerstaatliches Kon iktpotenzial, keine Bürgerkriegsgefahr erkennen kann oder will, ist selbst ein Sicherheitsrisiko.

Man denke an die sogenannte Party- und Eventszene, vulgo junge Muslime, die vergangenes Jahr in den

Für Tanners Vision reichen Computer, Ba er und Lastwägen. Die Soldaten sollen kün ig Antivirentools installieren und überflutete Keller auspumpen.

Innenstädten von Stuttgart und Frankfurt randaliert und gezielt die Vertreter des Staats provoziert und attackiert haben. Das war – auch wenn es Politik und Medien anders interpretieren – ein Abtesten der Grenzen, eine Inanspruchnahme des ö entlichen Raumes, eine Kriegserklärung an die westliche Welt, an uns. Wer angesichts solcher Herausforderungen von zu wilden Feiern einer erfundenen Party- und Eventszene fantasiert, hat längst kapituliert. Angesichts der nach wie vor ungelösten Migrationskrise, der ethnisch/religiös unterschiedlichen Fertilitätsraten und des weiter steigenden Migrationsdruckes auf Europa werden sich solche „Zwischenfälle“ häufen und massiver ausfallen.

Keine Sicherheit ohne Heer

Wie schnell Polizeikrä e an ihre Grenzen stoßen können, haben u. a. die Vorfälle in Dijon in Frankreich gezeigt. Dort haben sich schwer bewa nete Clans aus Tschetschenien und Nordafrika tagelang Straßenschlachten geliefert. Den Linken in Politik und Medien fehlt o enbar das Bewusstsein dafür, wie schnell solche ethnischen, sozialen oder religiösen Kon ikte, Unruhen oder Krawalle sich zu einem Flächenbrand ausweiten können, zumal die Wirtscha und damit die Sozialsysteme angesichts des COVID-Lockdowns vor dem Kollaps stehen.

Selbst im einstigen Sozialparadies Schweden schließt der sozialistische Ministerpräsident Stefan Löfven angesichts der eskalierenden Bandenkriminalität den Einsatz des Heeres im Innern nicht mehr aus. Oder man erinnere sich an die berühmten Bilder von 2015, als junge Migranten die Grenzen nach Österreich illegal überquerten, an einer Brücke postierte Polizisten einfach zur Seite schoben und weitermarschierten.

Österreich verfügt über rund 25.000 Polizeibeamte. Das ist nicht viel, wenn man bedenkt, dass etwa beim Akademikerball im Jahr 2017 2700 Polizisten im Einsatz waren. Mehr als 10 % aller österreichischen Polizeikrä e waren notwendig, um eine Veranstaltung zu schützen. Und zwar nicht vor echten Männer mit Kampferfahrung, sondern vor wohlstandsverwahrlosten Antifa-Kids.

Auch den vermutlich inszenierten Militärputsch gegen Erdoğan hat Ministerin Tanner o enbar erfolgreich aus ihrem Gedächtnis verbannt. Damals hatten sich in der Nacht auf den 16. Juni 2016 in Wien ohne Anmeldung spontan rund 4000 Erdoğan-Anhänger versammelt. Sie zogen mit Kampfgesängen durch die Stadt. Die wenigen Polizisten, die sich in so kurzer Zeit mobilisieren ließen, waren zum Zusehen verdammt. Hätten sie die illegale Demonstration aufgelöst, die Situation wäre eskaliert. Das zeigt, wie schnell die Polizei an ihre Grenzen stößt.

Die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit ist neben der Landesverteidigung die wichtigste Aufgabe des Heeres. Dazu muss es gerüstet und vorbereitet sein. Das scheinen die verantwortlichen Politiker vergessen zu haben. Die Regierung kümmert sich lieber, so wie die Linke, vor allem um Bedrohungen und Gefahren, die sie politisch für ihre Ziele instrumentalisieren kann: Rechte, Corona, Klimawandel, Hass im Netz etc.

Die Silvesternacht von Favoriten war nur ein Vorgeschmack darauf, was in den nächsten Monaten und Jahren auf dieses Land zukommen wird. Wer angesichts solcher Entwicklungen glaubt, Österreich brauche vor

Ganz in Weiß! Die Österreicher sind die Hochgebirgsspezialisten unter den Armeen.

Im Notfall da! Das Bundesheer hat bei den COVIDMassentests eine zentrale Rolle gespielt.

allem uniformierte IT-Spezialisten und Katastrophenhelfer, dem ist nicht zu helfen.

Deshalb sind die verantwortlichen Politiker stets aufs Neue von islamistischen Terroranschlägen, Ausschreitungen oder Pandemien „überrascht“. Es heißt dann seitens Politik und Mainstreammedien, das habe man nicht vorhersehen können. Doch, man kann. Man muss es nur wollen oder auf die Experten des Heeres hören.

Tanner ist kein Einzelfall. Die in diesen Umbruchs- und Unruhezeiten so wichtigen Verteidigungsressorts in den EU-Staaten wurden in den vergangenen Jahren immer ö er mit Frauen ohne militärische Erfahrung besetzt. Ob Annegret Kramp-Karrenbauer (Deutschland), Florence Parly (Frankreich), Ank Bijleveld-Schouten (Niederlande) oder Trine Bramsen (Dänemark), Hauptsache ist: kein Penis und keine militärische Erfahrung.

Experimentierfeld Armee

Die Streitkräfte als Spielwiese und Experimentierfeld für neosozialistische Ideologien und feministische Hirngespinste: Die Aufgabe eines Heeres, die militärische Landesverteidigung, tritt dabei völlig in den Hintergrund. Für viele Linke – insbesondere für weibliche Politiker – ist das Militär nur Aus uss und Ausdruck „toxischer Männlichkeit“, der man am besten damit begegnet, das Heer zu entmilitarisieren und zu verweiblichen. Österreich liegt hier voll im europäischen Trend.

Es geht nicht mehr um Kamp ra und Einsatzfähigkeit, sondern um die Umsetzung linker Utopien und Weltbilder zulasten der nationalen Sicherheit. Martin van Creveld, einer der bedeutendsten Militärhistoriker, der sich intensiv mit der Verweiblichung westlicher Streitkrä e auseinandersetzt, warnt, dass durch diesen Trend die „Kampf- und Siegfähigkeit“ leiden werde.

Trotzdem – oder gerade deshalb – will Verteidigungsministerin Tanner das „ ema Frauen beim Bundesheer in den Mittelpunkt stellen“. Das ist eine gefährliche Drohung. „Das Bundesheer […] ist Vorreiter im Bereich Gleichbehandlung. […] Trotzdem sind wir noch lange nicht am Ziel angelangt“, so Tanner. Sie hat einen „Frauenförderungsplan 2020–2023“ entwickelt. Ein zentraler Punkt: „Bewerberinnen, die für die angestrebte Funktion gleich geeignet sind wie der bestgeeignete Mitbewerber“, bekommen automatisch den Zuschlag.

Das war auch schon bisher so, wie man von verärgerten bzw. frustrierten Soldaten unter der Hand hört. Wenn sich eine Frau um eine Position bewirbt, bekommt sie sie in der Regel, selbst wenn sie dafür weniger geeignet ist als ihre männlichen Mitbewerber. Das fördert nicht gerade den Korpsgeist. Ein Großteil der Berufssoldaten steht dem ema „Frauen beim Heer“ ablehnend gegenüber. Doch die feministischen Ideen des politmedialen Establishments werden dem Heer aufgezwungen. Dass darunter die Leistungsfähigkeit leidet, ist für viele Linke ein durchaus erwünschter Nebene ekt. Es wäre aber ungerecht, allein die Verteidigungsministerin dafür verantwortlich zu machen. Sie ist nur eine Marionette, eine Erfüllungsgehil n. An der Entmilitarisierung des Bundesheeres arbeiten viele seit Langem und mit großem Eifer.

Seit Jahrzehnten wird alles Militärische von den linken Meinungsführern in Politik und Medien ent- und abgewertet. Soldaten haben – nicht in der Bevölkerung, aber beim politmedialen Establishment und dessen

An der Ent- militarisierung des Bundesheeres arbeiten viele seit Langem und mit großem Eifer.

Schifahren! Kann man überall. Soldaten der Schifahrernation im Einsatz am verschneiten Golan.

Fußvolk – ein denkbar schlechtes Image. Soldaten werden von Grünen und Türkisen bestenfalls als notwendiges Übel betrachtet; das Heer braucht man vor allem, um nicht gegen die Verfassung zu verstoßen.

Vor allem die beiden sozialdemokratischen Verteidigungsminister Norbert Darabos und Gerald Klug haben sich hier negativ hervorgetan. Auch der derzeitige Oberbefehlshaber, Bundespräsident Alexander Van der Bellen, ist alles andere als ein Freund und Unterstützer „seines“ Heeres. Das Nachrichtenmagazin „Format“ berichtete 1998, als Van der Bellen noch Grünen-Chef war: „Nach van der Bellens Plänen soll das österreichische Bundesheer dem Kommando der UNO übertragen werden. [!!!] Van der Bellen: ‚Dafür würde es reichen, die Friedensstärke des Bundesheers von aktuell 55.000 Mann innerhalb von fünf bis zehn Jahren zu halbieren.‘ Schweres Gerät wie beispielsweise Kampfpanzer sollten langsam verschrottet werden‘. Den Ankauf von Abfangjägern lehnte van der Bellen neuerlich kategorisch ab. ‚In einer Zeit, wo jeder Schilling bei einem Notstandshilfe-Empfänger überprü wird, ist nicht einzusehen, dass wir für etwas, das wir nicht brauchen, Milliarden ausgeben‘.“

Der Wert der Wehrha igkeit

Die Träume des grün-linken Fundis sind längst politischer Mainstream, und vieles, wovon Van der Bellen damals träumte, ist nun Realität. So ist der österreichische Lu raum dank fehlender Abfangjäger weitgehend ungeschützt. Nach 50 Dienstjahren wurde Anfang des Jahres die letzte Saab 105 ausgemustert. Ersatz gibt es keinen. Jetzt hat Österreich nur noch seine 14 schlecht ausgerüsteten Euro ghter. Mit ihnen ist eine 24-Stunden-Überwachung des Lu raumes nicht mehr möglich. Das Jahr hat 8760 Stunden. „Davon können wir derzeit 3650 Stunden auch Flugzeuge hochschicken. Den Rest der Zeit kann man nur den Punkt am Radar verfolgen. Es gibt aber zwischen 4500 und 6000 Über üge ausländischer Militär ugzeuge pro Jahr – im Schnitt also alle 90–120 Minuten eines“, schreibt das österreichische Lu fahrtmagazin „Austrian Wings“.

Das scheint niemanden in der Regierung zu stören. Auch die Euro ghter will Tanner loswerden und an Indonesien verscherbeln. Einen Ersatz dafür gibt es ebenfalls keinen. Angesichts solcher Zustände fragt selbst der linke „Standard“: „Schießen wir verdächtigen Flugzeugen dann mit Pfeil und Bogen hinterher?“

Keine Frage, das Bundesheer und die militärische Landesverteidigung haben in Österreich nur einen geringen Stellenwert. Das zeigt sich auch am Budget, das ja die in Zahlen gegossene Politik eines Landes ist. Deutlich mehr als die Häl e davon gibt Österreich für die Bereiche Soziales, Arbeit, Gesundheit und Familie aus. Für Landesverteidigung bleiben gerade einmal 0,6 %. Diese rund 2,5 Milliarden sind zum Sterben zu viel, zum Verteidigen zu wenig.

Zum Vergleich: In Israel liegt das Verteidigungsbudget bei 5 % des BIP, Südkorea, die USA und Singapur geben deutlich über 3 % aus. Diese Länder wissen, wie wichtig und notwendig eine funktionierende militärische Landesverteidigung und Drohkulisse sind.

Welchen Stellenwert die militärische Landesverteidigung und Soldaten im Allgemeinen beim politmedialen Establishment in Österreich haben, zeigt auch dieses Beispiel: Als 2015 Flüchtlinge auch in Kasernen, die zum Teil von den Soldaten kurzfristig geräumt wer-

ÖSTERREICHISCHES BUNDESHEER

Landesverteidigung, Schutz und Hilfe sind der Auftrag. Um alle diese Aufgaben zu erfüllen, stützt sich das Bundesheer auf drei Standbeine: die Landstreitkräfte, die Luftstreitkräfte und die Spezialeinsatzkräfte. Derzeit weisen Verteidigungsministerium und Bundesheer folgende Personalstärken auf:

14.000 Soldaten 8000 Zivilbedienstete 25.000 Miliz-Soldaten

47.000 Personen

Ohne Schutzausrüstung, nur in orangefarbenen Westen: Das Bundesheer hat als Exportmanager nach Deutschland die Krise 2015 wesentlich verdrängt.

den mussten, untergebracht wurden, regte sich in der Politik und der sogenannten Zivilgesellscha breiter Widerstand. Die zumeist maroden Kasernen seien den Flüchtlingen bestenfalls für ein paar Tage zuzumuten, so die Argumentation. Dass dort zuvor Soldaten untergebracht waren, hatte diese Krä e hingegen nie gestört.

Trauriger Zustand

Angesichts solcher politischen und gesellscha lichen Rahmenbedingungen verwundert es nicht, dass das Bundesheer längst nicht mehr in der Lage ist, seiner Kernaufgabe, das Land militärisch zu verteidigen, nachzukommen. Dass das notwendig werden könnte, erscheint Linken in Politik und Medien völlig abwegig.

Es fehlt an allen Ecken und Enden. Wer mit Soldaten spricht, erfährt unter der Hand von den kuriosesten Zuständen. So fehlen etwa Pistolenholster in großer Zahl. Für Einsätze müssen sie aus ganz Österreich zusammengesammelt werden. In der Burstyn-Kaserne in Zwölfaxing ist eine große Fahrzeughalle einsturzgefährdet, weshalb viele teure gepanzerte Fahrzeuge mit Planen zugedeckt im Freien stehen müssen, was zu schweren Schäden führen kann.

Weil man zum Teil extrem billige Munition bescha , kommt es immer wieder zu für Soldaten gefährlichen Hülsenplatzern. Solche Geschichten gibt es unzählige. Sie dringen selten bis nie an die Ö entlichkeit, weil sich auch die Medien für diese Missstände nicht interessieren.

Sie alle zeigen, in welch traurigem Zustand das österreichische Bundesheer ist. Es wurde über Jahre und Jahrzehnte kaputtgespart. Nicht, weil Österreich zu wenig Geld hätte: Für die Anliegen der Linken – Migration, Kunst, Feminismus, Medien etc. – ist mehr als genug da. Es war und ist politischer Wille, das Heer auszuhungern. Deshalb herrscht dort seit Jahren Mangelwirtscha . Es fehlt an allen Ecken und Enden, weshalb die Soldaten Weltmeister im Improvisieren sind. Für die Armee eines westlichen Industriestaates ist das allerdings unwürdig. Ein Zustand, den FPÖ-Verteidigungsminister Mario Kunasek und zum Teil omas Starlinger, sein Nachfolger in der Übergangsregierung, ändern wollten.

In dieser kurzen Zeitspanne konnte Kunasek aber nur die Missstände und zahlreichen Baustellen erheben, aufzeigen und einen Plan zur Wiederherstellung der Kamp ra entwickeln. Mit Tanner hat man dem einen Riegel vorgeschoben. Starlinger präsentierte, auf der Arbeit seines Vorgängers aufbauend, das Papier „Unser Heer 2030“. Darin forderte er unter anderem die Erhöhung des Verteidigungsbudgets auf drei Milliarden

„Sie schreien nach uns um Hilfe, wenn ihnen das Wasser in das Maul rinnt, und wünschen uns vom Hals, kaum als einen Augenblick dasselbige verschwunden“, wusste schon der Feldherr Prinz Eugen.

Schweres Gerät, Einsatzbereitschaft: Die Truppe lebt von den Soldaten, die ihren Dienst brav erfüllen.

Euro und eine schrittweise Anhebung auf 1 % des BIP, den Ausbau des Investitionsrückstaus, eine Entscheidung in Sachen Lu raumüberwachung, die Verlängerung des Grundwehrdienstes auf acht Monate und die Erhöhung des Personalstandes auf 24.000 Bedienstete.

Schon vor Starlinger hatte der Generalstab des Bundesheeres in Abstimmung mit Minister Kunasek ein Positionspapier vorgelegt, das auf die Diskrepanz zwischen dem Verfassungsau rag, der Budgetlage und dem Zustand des Bundesheeres aufmerksam machen wollte. Und diese Diskrepanz ist gewaltig. Generalstabschef Robert Brieger: „Das Bundesheer hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten von der eigenständigen Fähigkeit zur Landesverteidigung dramatisch entfernt.“

Sein Appell an die Politik im Jahr 2019: „Das Bundesheer steht erstmalig seit seinem Bestehen vor dem Scheideweg, ob es seine Kernaufgabe als bewa nete Macht der Republik Österreich überhaupt noch wahrnehmen kann, oder eben nicht.“

In dem Papier wurde unter anderem gefordert: Ausrichtung der militärischen Landesverteidigung auf die aktuellen und kün igen Bedrohungen durch Herbeiführen eines zeitgemäßen Standards, Herstellen der Verteidigungsfähigkeit gegen Bedrohungen aus der Lu , Erhalt der Kompetenz und Kampfwertsteigerung für die mechanisierten Krä e sowie Verbesserung der Fähigkeiten zur Wirkung gegen geschützte oder gepanzerte Ziele.

Seit Tanner im Amt ist, ist davon keine Rede mehr. Sie hat das Heer zu einem Mädchen für alles degradiert. Seit Ausbruch der COVID-Pandemie organisiert das Bundesheer Massentests, hil beim Contact-Tracing, schup , wenn Not am Mann ist, in Postverteilerzentren Packeln, hil der Polizei an den Grenzen, die Papiere der Einreisenden zu kontrollieren, und nebenbei räumen Soldaten auch Schnee.

No Border, no nation? Blödsinn.

Im Heer sieht man diese Einsätze zwiespältig. Einerseits erhöhen sie das positive Image des Bundesheeres in der Bevölkerung, andererseits entfernt man sich immer weiter von seinen Kernaufgaben, wird immer mehr zum Technischen Hilfswerk, zu einer Katastrophenschutztruppe. Auch in der ö entlichen Wahrnehmung. Und mit einer Art grüner Hilfsfeuerwehr, also einer Streitkra , die keine mehr ist, können Tanner, die Grünen, der Bundespräsident und alle anderen linken Heeresgegner gut leben.

Neben solchen Assistenzeinsätzen sieht Tanner die zweite Kernaufgabe in der Abwehr von Cyberangri en. Auch das sei, so hört man von vielen Militärs, nicht die Aufgabe eines Heeres, das könnten auch ITSpezialisten bei Polizei und anderen Behörden übernehmen.

Türkise, die Linke und viele Bürger scheinen in dem Glauben zu leben, dass Wohlstand einfach da sei und nur verteilt werden müsse, dass Frieden in Europa ein natur- bzw. gottgegebener Dauerzustand sei, über den man sich keine weiteren Gedanken zu machen brauche. Anders sind die infantilen Forderungen „friedensbewegter“ Linker und Linkskatholiken nach Entmilitarisierung nicht zu erklären.

Dass sich die Sicherheitslage für Europa mit dem Ende des Kalten Krieges dramatisch verändert hat, wir, nachdem sich die USA von Europa abgewandt

WEHRPFLICHT IN ÖSTERREICH

Am 20. Jänner 2013 wurde in Österreich eine Volksbefragung zur Wehrpfl icht durchgeführt. Hierbei befragte man das Volk, ob die Wehrpfl icht abgeschaff t werden solle. ÖVP und FPÖ sprachen sich für eine Beibehaltung der Wehrpfl icht aus, SPÖ und Grüne für ein Berufsheer. Mit 59,7 % der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 52,4 % wurde für die Beibehaltung der Wehrpfl icht votiert.

Foto: imago / Eibner

Schöner Schein: Am Heldenplatz machen sich die feschen Burschen gut. Die Politik vergisst nach der Feier gern auf sie.

haben, plötzlich allein für unsere Sicherheit zuständig sind, die sich dank Massenmigration, den Krisen und Kriegen in der islamischen Welt und Afrika dramatisch verschlechtert hat, scheint bis in die Regierungsstuben noch nicht vorgedrungen zu sein.

Uns stehen äußerst unruhige Zeiten bevor. Die durch die COVID-Maßnahmen verursachte bzw. beschleunigte Wirtscha skrise kann oder wird mit großer Wahrscheinlichkeit soziale, religiöse, ethnische Unruhen und Verteilungskämpfe auslösen.

Schließlich hat man in den vergangenen Jahren Zigtausende Islamisten, Dschihadisten, Terroristen und Hunderttausende ihrer Sympathisanten in die EU gelassen. Man ho , diese Bedrohungslagen, diese Gefahren mit Dialog, Integration, Sozialleistungen (sprich: Schutzgeldern), einer weiteren Aufblähung der Asyl- und Sozialindustrie in den Gri zu bekommen. Auch rund um Europa brodelt es: in der Ukraine, in Weißrussland, im Maghreb und im Nahen Osten sowieso. Und der Migrationsdruck auf Europa steigt angesichts der Bevölkerungsexplosion in Afrika und dem Islamgürtel immer weiter. Es ist grotesk, dass angesichts solcher Entwicklungen die Verantwortliche für die Landesverteidigung unser Heer in eine Feuerwehr umbauen möchte.

Es gibt Dutzende guter Gründe, viel Geld in die militärische Landesverteidigung zu investieren. Das wäre – um es in der Sprache der Linken zu sagen – nachhaltig und zukun sorientiert. Aber die türkise Boygroup hat mit Landesverteidigung so wenig am Hut wie die Grünen.

Erich Cibulka, Präsident der Österreichischen O ziersgesellscha , spricht von einer „Sicherheitspolitik nach Pippi Langstrumpf“. Vor Weihnachten schrieb Cibulka im „Brief des Präsidenten“: „‚Ich mach mir die Welt, wi di wi di wie sie mir gefällt‘, singt Pippi Langstrumpf. Wenn man dieses Prinzip auf das Bundesheer anwendet, dann dreht man den Strategieprozess einfach um. Man leitet nicht mehr die Mittel von den Aufgaben ab, sondern passt die Aufgaben an die Mittel an. ‚So viel Geld, so viel Bundesheer‘, lautet dann die Devise, der in Österreich tatsächlich seit Jahren gefolgt wird. Dazu muss die Bedrohungslage verniedlicht oder die Eintrittswahrscheinlichkeit reduziert werden.“

In diesen beiden Disziplinen sind Regierung und Medien Europameister. Sieht man von der ins Unendliche aufgeblähten Gefahr von rechts und dem Coronavirus ab, werden alle Bedrohungslagen, die unter anderem als Folge linker Politik entstanden sind – Terrorismus, ethnische Kon ikte etc. – systematisch verharmlost und heruntergespielt.

Ob man diese Gefahren tatsächlich als harmlos einschätzt oder nur die Bevölkerung belügt, ist schwer zu beurteilen. Ist es Unvermögen, oder hat sich die linke Ideologie tatsächlich schon so im politischen Mainstream und der ö entlichen Meinung festgefressen, dass man – bewusst oder unbewusst – die Parolen und Forderungen der Linksextremen – „No Border, no nation“, „Deutschland verrecke“, „Wer Österreich liebt, muss scheiße sein“, etc. – politisch umsetzt?

Denn, so schreibt Cibulka in seinem Brief weiter: „Die Wehrha igkeit einer Gesellscha ist ein Produkt aus Wehrwillen und Wehrfähigkeit.“ Daran mangelt es den dafür verantwortlichen Österreichern und Europäern allerdings.

Werner Reichel

lebt und arbeitet in Wien. Er war rund 20 Jahre im Rundfunk tätig, unter anderem als Programmchef und Geschä sführer mehrerer Radiosender, sowie als Lektor an der FH Wien. Er ist Autor und Verleger.

Die Sicherheitssimulanten

Wenn es um die Sicherheit im Lande geht, kennt die ÖVP nur eines: hochstapeln. Das ist kein Wunder bei einem Kanzlerdarsteller, der ganz kurz mal am Corona-Ständestaat arbeitet.

VON HEINRICH SICKL

A

n einem Samstag hat es die ÖVP getroffen. Mit einer Leiter bewa net, bewegt sich ein Trupp Aktivisten auf die ÖVPZentrale zu, gelangt zu den Fahnenstangen und rollt vorsichtig die dort hängende EU-Fahne auf, um an ihrer Stelle ein gelbes Banner mit Identitären-Lambda zu befestigen. Ein Geschenk, um auf das geplante Verbot zweier identitärer Abzeichen aufmerksam zu machen, ebendieser Fahne und des rot-weiß-roten Gipfel-Logos der Bürgerbewegung DO5. Nichts kaputt, keine Sachbeschädigung, ein symbolischer Akt. Weit harmloser als das willkürliche Verbieten von Abzeichen legaler politischer Gruppen – sogar die Linken im Lande kritisieren das.

Die schöne Bescherung kommentiert Melchior, seines Zeichens Generalsekretär und nicht Heiligen-Drei-König, überschwänglich: „Die Identitäre Bewegung ist, wie wir heute selbst hautnah erleben mussten, eine brandgefährliche Organisation, der in einem demokratischen und rechtsstaatlichen Land kein Platz gegeben werden darf“, so der ÖVP-Generalsekretär Alexander Melchior. Wohlgemerkt, eine gelbe Fahne … „Unser großer Dank gilt dem raschen und engagierten Einschreiten von Polizei und Feuerwehr, wodurch ein Eindringen in die Bundesparteizentrale der Volkspartei rechtzeitig verhindert werden konnte.“ Was durchaus heldenha ist, aber wo niemand eindringen wollte, gibt es nicht viel zu verhindern. Personalien wurden festgestellt, die Fahne entfernt. So viel Drama bei der ÖVP, die auch die Relationen verschiebt: „Als vermummte Personen einen Brandanschlag auf die FPÖ-Zentrale in Niederösterreich verübten, folgte selbstverständlich eine unverzügliche Reaktion der Volkspartei, in der die widerwärtigen Geschehnisse verurteilt wurden.“ Er halte es für „sehr aufschlussreich, dass alle Oppositionsparteien zur Aktion der Identitären schweigen. Scheinbar macht es ihnen nichts aus, wenn die Wut der Demokratiegefährder die – ihrer Meinung nach – Richtigen tri .“ Eine gelbe Fahne im Wind also – nicht verboten – als Symbol gegen das Symbolverbot einer legalen Bewegung, die trotz der Versuche, sie zu kriminalisieren, in allen Prozessen freigesprochen wurde. „Demokratiegefährder“ ist wohl jener, der die Wahrheit so verdreht und eine Protestaktion von Aktivisten mit MolotowCocktails eines Afghanen und seiner nicht ausgeforschten Freunde gegen die niederösterreichische FP-Zentrale vergleicht.

This article is from: