ImmoFokus Sommer 2019

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Stichwort USA. Ich kann vom Ausland aus in den USA eine Wohnung anmieten - davon bin ich Österreich meilenweit entfernt. Ulrike Domany-Funtan: Gegenfrage: Wo ist in der Branche der Hemmschuh? Cristian Busoi: Es gibt Gatekeeper, die das nicht wollen. Die IT-Dienstleister liefern Produkte, die die Branche möchte. Viele Dinge werden nicht gemacht, weil dann irgendjemand nicht mehr erklären kann, was er arbeitet – und wofür er sein Geld bekommt. Anita Körbler: Ein Hemmschuh ist allerdings auch, dass es keine einheitlichen Kauf- und Mietverträge gibt. Jede Hausverwaltung hat ihre Eigenheiten. Da ist es schwierig, so viele unterschiedliche Vorlagen zu gestalten. Da müssen Eigentümer und Hausverwaltungen mitspielen. Sitzen diese nicht mit im Boot, wird es nicht funktionieren. Cristian Busoi: Früher oder später wird jemand in der Technologie noch eine Ebene

tiefer gehen. Blockchain – das wird noch Jahre dauern, bis die Technologie adopted wird. Irgendwann wird jemand ein Produkt auf den Markt bringen, dass sich mit der Vertraglichkeit befasst und spätestens dann wird es implementiert. Die große Frage ist nur, wie viel Arbeitsersparnis ist das dann wirklich in der gesamten Wertschöpfungskette? Wie viel Geld erspare ich mir tatsächlich? Anita Körbler: Und wo ist die Lobby? Die der Notare, der Rechtsanwälte? Cristian Busoi: Schau Dir die Taxiindustrie an. Fünf Leute bauen eine App und ersetzen damit ein ganzes Callcenter. Ob wir es wollen oder nicht – auch in der Immobilienwirtschaft wird es zu massiven Veränderungen kommen. Die Makler, so scheint es, sind bei Digitalisierung schon weit – wie sieht es mit den Hausverwaltungen aus? Cristian Busoi: Bei den Maklern hat sich in Sachen Digitalisierung sehr viel getan, bei den Hausverwaltung aber wohl am wenigs-

Cristian Busoi Cristian Busoi entwickelte zuletzt die Immobilenplattform JUSTIMMO – DIE moderne Maklersoftware und weiß daher nicht nur in Sachen Digitalisierung bestens Bescheid, sondern ist auch ein Kenner der Immobilienbranche. So zählte neben Unilever, Evotec, Mautner Markhof, Nespresso, SevenOne Media Group, ProSiebenSat.1, Puls4, Schwarzkopf und Erste Bank auch EHL zu seinen Kunden während seiner Tätigkeit bei B&G Consulting & Commerce GmbH. Erst vor kurzem gründete Busoi sein eigenes Unternehmen fify online services GmbH.

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ten. Das liegt daran, dass der Kunde des Hausverwalters nicht der Endkunde ist, der im Haus wohnt, sondern derjenige, dem das Haus gehört. Ulrike Domany-Funtan: Aber es gibt doch Hausverwaltungen mit Service-Apps? Anita Körbler: Namentlich fällt mir da nur puck ein. Cristian Busoi: Ich kenne kaum eine Hausverwaltung, die eine E-Mailliste ihrer Bewohner hat. Da ist der Weg zur Digitalisierung noch weit und steinig. Dazu kommt, dass die Deckungsbeiträge in diesem Geschäftsmodell gering sind. Welche der drei Berufsgruppen – Makler, Hausverwalter, Bauträger – hat den größten Druck? Der Makler hatte in den letzten zehn Jahre Druck. Das Geschäftsmodell wird sich nicht mehr radikal verändern. Meine These ist, dass der Bauträger die nächsten fünf Jahre den Druck haben wird. Cristian Busoi: Ich glaube der Makler. Er wird aber in seinen Prozessen nicht mehr allzu viel optimieren können. Die 360-GradVideos sind zwar nett, aber ein paar Fotos tun‘s in der Regel auch. Anita Körbler: Innerhalb der nächsten fünf bis sechs Jahre werden es Makler mit einer Konsumentengruppe zu tun haben, die digital aufgewachsen ist. Darauf wird man sich einstellen müssen. Bei den Bauträgern kommt es darauf an, ob selbst oder über den Makler vertrieben wird. Der Bauträger hat den Druck, dass er schnell verkaufen will. Cristian Busoi: Bei den Bauträgern dreht sich alles um Building Information Modeling – BIM. Da werden die kleinen Bauträger deutlich stärker unter Druck kommen als die großen der Branche. Die BIM-Einführung kostet eine Menge Geld – und braucht zudem qualifiziertes Personal. Da wird noch viel Zeit vergehen.


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