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Liquidation in Folge des Erlöschens der Bewilligung als E-Geld-Institut
from FMA-Praxis 2021
by fma-li
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schaft geschalten werden, hat keinen präjudizierenden Charakter. Denn während ausländische Aufsichtsbehörden mit vergleichbaren Warnmeldungen bloss den Anlegerschutz (in ihrem Aufsichtsbereich – hier: in Deutschland bzw. Österreich) bezwecken können, kann es den Zweck der Information nach Art 21a Abs 2 (iVm Art 4 FMAG) darstellen, das Ansehen des Finanzplatzes Liechtenstein zu wahren und Missbräuche (am Finanzplatz Liechtenstein) zu vermeiden, was hier (auch) der Fall ist […]. Damit liegen unterschiedliche Zwecke der Information der Öffentlichkeit vor, sodass die ausländischen Entscheidungen bzw. Vorgangsweisen, die ohnedies nicht präjudiziell sind, auch aus diesem Grund nicht auf die gegenständliche Warnmeldung übertragen werden können.»
94 Die FMA-BK gab der Beschwerde insoweit Recht, als nunmehr die Beschwerdeführerin aus dem Impressum […] entfernt worden war. Klarstellend führte die
FMA-BK aus:
«Dies hat jedoch nur dadurch zu geschehen, dass die ansonsten unverändert aufrechtzuerhaltende Warnmeldung durch ersatzlose Streichung der erwähnten Wortfolge entsprechend angepasst wird, jedoch nicht durch Neuaufschaltung der Warnmeldung (mit aktuellem Datum) oder allfälligen neuerlichem Versand der Warnmeldung per FMA-Newsletter oder im Wege von sozialen Medien (Twitter oder Vergleichbares).»
95 Anmerkung der FMA: Dieser Entscheid ist für die FMA von besonderer Relevanz, da erstmals bestätigt worden ist, dass eine Löschung der Warnmeldung aus Anlegerschutzgründen nicht angezeigt ist, solange noch jegliche Verbindungen zwischen der von der Warnung betroffenen inländischen Gesellschaft und den ausländischen Gesellschaften bestehen, wie bei-
spielsweise Namensähnlichkeiten mit Gesellschaften in Hinweisen anderer Aufsichtsbehörden. Die FMA hat einen Antrag auf Entfernung der Warnmeldung abgewiesen. Dass strafrechtliche Ermittlungen zwischenzeitlich eingestellt worden waren, da in strafrechtlicher Hinsicht keine Verantwortlichkeit fest-
gestellt werden konnte, heisst nicht, dass die Warnmeldung entfernt werden muss, da nach wie vor ein Schutzbedürfnis der Anleger bzw. der potentiellen Anleger besteht. Dieses war nach wie vor gegeben, da einerseits eine Zurechnung des Angebots und der Tätigkeiten gegeben war und da trotz der zwischenzeitlichen Anpassung der Website nach wie vor Namensähnlichkeiten bestanden. Andererseits war
die betreffende Gesellschaft in einer Investorenwar-
nung einer anderen Aufsichtsbehörde als «Zentrale Holdinggesellschaft» genannt.
LIQUIDATION IN FOLGE DES ERLÖSCHENS DER BEWILLIGUNG ALS E-GELD-INSTITUT
96 Mit einem umfang- und detailreichen Verwaltungsbot regelte die FMA das Erlöschen einer Bewilligung als E-Geld-Institut und die damit verbundenen einzel-
nen Rechte und Pflichten des Instituts, des Liquidators und der FMA selbst.
97 Der Entscheid der FMA hat folgenden Wortlaut:
«1. Es wird gegenüber [X] festgestellt, dass die Bewilligung als E-Geld-Institut […] gemäss Art 19 Abs 1 lit c EGG vollumfänglich erloschen ist.
2. [X] hat bis zum […] der FMA den Beschluss der Generalversammlung über den Verzicht auf die Bewilligung nach dem EGG sowie über die freiwillige Liquidation zu übermitteln. Gleichzeitig ist der FMA der
Liquidator bekanntzugeben sowie ein aktualisierter
Handelsregister-Auszug zu übermitteln.
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3. Es wird festgestellt, dass die FMA iSd Art 4 FMAG,
Art 19 Abs 1 lit c und Abs 2 iVm Art 22 Abs 2, Abs 3 und Art 35 Abs 2 lit c EGG berechtigt ist,
a. die für die Durchführung der Liquidation und Abwicklung der laufenden Geschäfte in Bezug auf [X] erforderlichen Massnahmen zu treffen;
b. dem Liquidator der [X] notwendige Weisungen zu erteilen sowie
c. den Liquidator der [X] zu überwachen.
4. Es wird festgestellt, dass die unter Spruchpunkt 3. genannten Befugnisse der FMA solange gelten, bis [X] keine Tätigkeiten iSd Art 5 Abs 2 EGG mehr ausübt oder auszuüben hat, die für ihre Abwicklung erforderlich sind, sowie auch keine Gefährdung der im Art 4 FMAG definierten Ziele vorliegt.
5. Es wird festgestellt, dass [X] nur mehr berechtigt ist, jene Tätigkeiten iSd Art 5 Abs 2 EGG auszuüben, die für ihre Abwicklung erforderlich sind.
6. [X] sowie der Liquidator sind bei der Abwicklung der
Gesellschaft verpflichtet, die sorgfaltsrechtlichen
Pflichten einzuhalten.
7. [X] wird gemäss Art 35 Abs 2 lit c EGG mit sofortiger
Wirkung aufgetragen, die FMA unverzüglich zu informieren, sollte sich abzeichnen, dass die Liquidationsmasse nicht zur Befriedigung der Gläubigerforderungen ausreicht.
8. [X] wird gemäss Art 35 Abs 2 lit c EGG mit sofortiger
Wirkung aufgetragen, die FMA unverzüglich zu informieren, sobald diese keine Tätigkeiten iSd Art. 5
Abs. 2 EGG mehr ausübt oder auszuüben hat und somit alle bewilligungspflichtigen Geschäfte abgewickelt wurden. 9. Dem Liquidator der [X] wird mit seiner Ernennung aufgetragen, die FMA bis zum […] jeweils im Abstand von zwei Wochen mindestens über folgende
Aspekte zu informieren:
a. aktueller Status und die erreichten Fortschritte im Zusammenhang mit der Liquidation, einschliesslich einer quantitativen Einschätzung zum Gesamtliquidationserlös zum jeweiligen
Stichtag mit dazugehöriger Liquidationsbilanz,
Liquidationserfolgsrechnung, Ausserbilanz, Entwicklung der Wertberichtigungen und Rückstellungen samt zweckmässiger Erläuterungen sowie über die Liquidierung der Restbestände;
b. Informationen zu bestehenden und sich abzeichnenden Liquidationsproblemen;
c. Beschreibung allfälliger Rechtsstreitigkeiten inkl.
Beurteilung der daraus resultierenden Rechtsrisiken;
d. Anzahl der Kundenbeziehungen sowie der
Gesamtbetrag der Forderungen und Verbindlichkeiten;
e. Anzahl weiterer Gläubiger und Schuldner sowie der Gesamtbetrag der Forderungen und Verbindlichkeiten;
f. zusammengefasste Information über abgehaltene Eigentümerversammlungen;
g. Probleme und Umgang mit Beendigungen von aufrechten Verträgen;
h. kurze zusammengefasste Darstellung über allfällige Korrespondenzen mit anderen nationalen
Behörden.
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10. Die FMA behält sich das Recht vor, die unter den
Spruchpunkten 7., 8., und 9. angeordneten Massnahmen situationsbedingt anzupassen, einzuschränken, zu verlängern oder zu erweitern.
11. Einem Rechtsmittel gegen die Spruchpunkte 2., 6., 7. und 8. wird die aufschiebende Wirkung gemäss
Art 116 Abs 3 lit a LVG entzogen.»
98 Eingangs hält die FMA fest, dass der Erlass von Feststellungsverfügungen zulässig ist, sofern ein (strittiges) Rechtsverhältnis geklärt werden soll (Art. 86 Abs. 2 Bst. b LVG) oder wenn sich Parteien im Falle, als
sie die Rechtslage ungeklärt lassen, der Gefahr einer Bestrafung aussetzen. Das erscheint hier deshalb angebracht, um für die X AG die Rechtslage aufgrund der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung gemäss Art. 48 Abs. 1 Bst. b EGG zu klären und Rechtssicher-
heit zu erlangen.
99 Will ein Bewilligungsträger seine Tätigkeit als E-Geld-Institut beenden, ist der FMA der Beschluss
der Generalversammlung der AG über den Verzicht auf die Bewilligung nach EGG sowie über die freiwillige Liquidation zu übermitteln. Danach erlischt die Bewilligung als E-Geld-Institut gemäss Art. 19 Abs. 1 Bst. c EGG automatisch ex lege. Die FMA teilt das Erlöschen dem ehemaligen Bewilligungsträger zwar mit; dies entfaltet aber keine konstitutive Wirkung.
100 Art. 22 EGG normiert bei Erlöschen einer Bewilli-
gung nach Art. 19 EGG unter anderem, dass die FMA die für die Durchführung der Liquidation und die Abwicklung der laufenden Geschäfte erforderlichen Massnahmen trifft, dem Liquidator die notwendigen Weisungen erteilt (Abs. 2) sowie den Liquidator überwacht (Abs. 3). Darüber hinaus ergibt sich aus der allgemeinen Bestimmung des Art. 4 FMAG, dass die FMA den Liquidator zu überwachen und die notwendigen Weisungen zu erteilen hat. 101 Nach Erlöschen der Bewilligung ist die X AG grundsätzlich nicht mehr berechtigt, E-Geld-Geschäfte bzw. Zahlungsdienstleistungen i.S.d. Art. 5 Abs. 2 EGG zu erbringen oder anzubieten. Bis zur endgültigen Abwicklung der Geschäfte bleiben die vorgesehenen Kompetenzen der FMA bestehen. Auch haben die bisherige Bewilligungsträgerin und der Liquidator in diesem Stadium gesetzliche Sorgfaltspflichten einzuhalten.
102 Die FMA trägt der X AG bzw. dem zu bestellenden Liquidator gemäss Art. 35 Abs. 2 Bst. c EGG besondere Berichtspflichten auf. Neben den Spruchpunkten 7. und 8. gehören dazu die konkreten Anordnungen nach Spruchpunkt 9. Die FMA führt dazu aus:
«Die unter Spruchpunkt 9. genannten Aspekte stellen die zur Überwachung notwendigen, wesentlichen Informationen dar, wobei die FMA sowohl die Inhalte als auch die festgesetzte Periode gemäss Spruchpunkt 10. im Bedarfsfall abändern wird. Eine blosse Berichtspflicht ist an sich ein gelindes Mittel; die zu berichtende Information ist für die Wahrnehmung der Überwachungstätigkeit der FMA naturgemäss erforderlich. Nach Ablauf der Befristung werden neuerliche Berichtspflichten verfügt.»
103 Anmerkung der FMA: Dieser Entscheid ist für die FMA von Relevanz, zumal gegenüber einem E-GeldInstitut das Erlöschen der Bewilligung infolge eines schriftlichen Verzichts sowie die Kompetenzen der FMA bei einer Liquidation aufgrund des Bewilligungsverzichtes spruchgemäss festgestellt und in den Entscheidungsgründen schlüssig hergeleitet wurden.
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