Fine Ein Magazin für Wein und Genuss 3|2011

Page 45

Jahrgangs-Champagner Dom Pérignon Vintage 2002 Diese Luxus-Cuvée zeigt sich vom e­ rsten Schluck an in Hochform. Oh, diese Säure! Tatsächlich fährt dieser Mönch eine herz­ hafte Attacke auf den Gaumen. Auch wegen ­seiner ungewöhnlichen Kompo­sition: Besteht ein Dom Pérignon zumeist je zur Häfte aus Chardonnay und Pinot, über­wiegen hier die weißen Trauben. Kandierte Zitrone, inten­ sive Frucht, Mandeln, Säure und eine m ­ assive Struktur im Abgang. Ein großer, begeistern­ der Wein.

Champagne Moët & Chandon Grand Vintage Rosé 2002 Wie in den Jahren zuvor, ist auch dieser Vintage Rosé durch einen hohen Rot­ wein-Anteil geprägt – satte neunzehn Pro­ zent Pinot Noir runden den Geschmack ab: etwas Leder zum Auftakt, schwarze Johannis­beere, Gewürznoten wie M ­ uskat etwa, aber nur solcher von den indone­ sischen Inseln Ambon und Banda, die besonders markante ätherische Öle ent­ halten, und Blutorange im Abgang. Kann als A ­ peritif wie auch zum Essen geöffnet werden. Oder noch einige Jahre aufbe­ wahrt bleiben.

Champagne Veuve Clicquot Cave Privée Vintage 1990 Schon die Farbe ruft Erstaunen hervor, ein dunkles Ockergelb. Ein ausgefallener Wein, mehr als zwanzig Jahre alt, für die Liebhaber reifer Aromen. Ungewöhnlich warm war der Sommer des Jahres 1990 in der Champagne, und dies, verbunden mit einer guten Säure, findet sich hier im Glas wieder: getrocknete Früchte, Nüsse, etwas Aprikose.

Krug Rosé Auch die Familie Krug hatte einst etwas gegen den lange Zeit als Damen-Aperi­ tif abgestempelten Rosé: Erst Ende der ­1970-er Jahre entschlossen sich Henri und Rémi Krug dazu, gegen den Wider­ stand von Paul Krug II. das Steuer herumzu­ reißen. Der erste Krug Rosé erblickte 1985 das Licht der Öffentlichkeit. Schimmern­ des Rot bereitet auf den ausgewogenen Geschmack dunkler Früchte vor, danach folgt die Konfrontation mit einer impo­ santen Aromenpalette – wilder Kakao, wie ihn noch die Ureinwohner der mit­ telamerikanischen Tropen kennen, Hasel­ nüsse, Nelkenwurz, Nelkenzimt, Lakritze, Vanille, Mandeln, im Nachhall Assoziation von Curry und ein Hauch von Adstringenz.

Champagne Bollinger Grande Année 2002

Champagne Billecart Salmon Cuvée Nicolas François Billecart 1998

Champagne Moët & Chandon Grand Vintage 2002

Auch ein Jahrgang, der sich in guter Ver­ fassung präsentiert. Ein weiniger Cham­ pagner, herzhafte Frucht, Unterholz, gekochte Frucht, harmonisch, rund, ele­ gante Ausgewogenheit. Sechzig Prozent Pinot Noir, vierzig Prozent Chardonnay – der Pinot macht diesen Wein zu einem Champagner, den man gern zum Essen trinkt.

Erstaunlich: Moët & Chandon entschloss sich, den Jahrgang 2002 erst nach dem 2003-er in den Handel zu bringen. Ein Zugeständnis an die Natur: 2003 war ein sonnenreiches, eher untypisches Cham­ pagner­jahr, 2002 brachte dank des uner­ wartet guten Wetters vor der Ernte – nach viel Regen im Juli – extrem gesundes und reifes Traubengut mit viel Säure hervor. Kam also der 2003-er eher barock daher, so präsentiert sich Vintage 2002 dank fast fünfzig Prozent Chardonnay sehr trink­ freudig. Zitrus, weiße Früchte, Struktur.

Dom Pérignon Rosé Vintage 2000

Champagne Ruinart Dom Ruinart Rosé 1996

Alfred Gratien Cuvée Paradis Rosé

Das meiste an diesem Dom ist geheim, über die Assemblage wird spekuliert: etwa vier­ zig Prozent Chardonnay und s­ echzig Pro­ zent Pinot. Konzentrieren wir uns also auf das Glas: Kupferrote bis goldene Farbe, geröstete Haselnüsse, Mandeln, Erd­ beeren und Heidelbeeren in Alkohol. Keine Frage, ­dieser sinnliche Champagner lädt zu besinnlichen Debatten ein. Etwa über die nach dem Sinn des Hegelschen Satzes »Ein zerrissener Strumpf ist besser als ein geflickter. Nicht so das Selbstbewusstsein.« Wer dabei zu anderen Schluss­folgerungen kommen will als Martin H ­ eidegger in ­seinem Seminar in Le Thor 1968, sollte unbedingt zu diesem Dom als Inspira­ tionsquelle greifen.

Ruinart, die älteste aller Champagner­ firmen, gegründet 1729, präsentiert d ­ iesen großen Jahrgang. Der Rosé wartet mit einer raffinierten Assemblage auf: Fünfundacht­ zig Prozent Chardonnay aus der Côte de Blancs sowie aus der Montagne de Reims werden mit fünfzehn Prozent Pinot Noir assembliert. Ziegelrote Farbe, entwickel­ ter Duft, Noten von reifen und gekochten Früchten. Wer eine Flasche dieses kost­ baren Weines bei sich zu Hause hat, wird mit einer komplizierten Frage konfron­ tiert: Wann öffnen?

Über fünfzig Prozent Chardonnay domi­ nieren diese Cuvée, aber dies ist nicht unbe­ dingt das Entscheidende: Ausgebaut sind die Weine in kleinen gebrauchten Holz­ fässern (zweihundertfünf Liter Fassungs­ vermögen), unterbunden wird dabei die malolaktische Gärung. Frische rote Früchte und eine kräftige Säure: »Ein Reparatur­ wein«, erklärte ein Verkoster erfreut, und dies durfte nach achtundzwanzig Cham­ pagnern als großes Kompliment aufgefasst ­werden. In der Tat ist dies ein Wein, der seine wahren Qualitäten gerade nach einem langen Abend auszuspielen weiß.   >

»Die Idee der Cuvée Grande Année ist sehr einfach«, definiert der aus dem Elsass stam­ mende Bollinger-Kellermeister Mathieu Kauffmann: »Ich nehme die besten ­Trauben, Grands und Premiers Crus, von Bollinger, aber auch hinzugekaufte. Die Grundweine kommen in Fässer. Wir haben drei­tausend Zweihundertachtundzwanzig-Liter-­Fässer aus dem Burgund, viele über zwanzig Jahre alt. Die endgültige Cuvée besteht aus unge­ fähr siebzig Prozent Pinot Noir, der Rest ist Chardonnay.« So entsteht also der berühmte Bolly-Goût, der sich freilich bei diesem 2002-er eher zurückhaltend prä­ sentiert: Dezente rote Früchte, die eigent­ liche Kraft der Pinot-Traube versteckt sich. Noch – denn ­Diskretion scheint ein Kenn­ zeichen dieses Jahrgangs zu sein.

C ham p agne

|

F I N E

3 /  2 01 1

45


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.