HISTORY
Uruguay, wir kommen!
Wie alles begann: FIFA-Präsident Jules Rimet (l.) landet in Montevideo an.
Dominik Petermann
A
m 21. Juni 1930 begannen in Genua drei Nationalteams – Frankreich, Rumänien und Belgien – und die FIFA-Delegation um Präsident Jules Rimet eine Reise in Richtung Montevideo auf dem italienischen Luxusdampfer SS Conte Verde. Die Jugoslawen kamen auf der “MS Florida” unter. Mit im Gepäck auf der Conte Verde war natürlich auch die brandneue WM-Trophäe, geschaffen vom Künstler Abel La Fleur, die später als Jules-Rimet-Pokal in die Geschichte eingehen sollte.
Das Turnierplakat: Einen Monat für den Weltfussball. Lange Überfahrt: Die Franzosen posieren auf der “Conte Verde”.
aber von Jahr zu Jahr. Ab 1905 traten Deutschland und Österreich bei, bald darauf folgten Italien und Schweden sowie Argentinien (1912) und Chile (1913). 1906 wurde sogar eine Gruppeneinteilung für eine Weltmeisterschaft vorgelegt. Gruppe 1: England, Schottland, Wales, Nordirland Gruppe 2: Belgien, Frankreich, Holland, Spanien Gruppe 3: Italien, Österreich, Schweiz, Ungarn
Beinahe drei Wochen hielt man sich auf hoher See auf, war doch die Schiffsreise zu dieser Zeit die einzige Möglichkeit, die fast 11 000 Kilometer lange Strecke von Europa nach Uruguay zurückzulegen. Damit die Fussballer auf der Überfahrt nichts von ihrer Fitness einbüssten, war Kreativität gefragt. Die Franzosen machten Sprungübungen über das Schiffsmobiliar, die Rumänen hielten sich mit Gymnastik fit. Übungen mit dem Ball waren ja nahezu unmöglich, wollte man sein ganzes Ballkontingent nicht dem Atlantik überlassen. Am 29. Juni trafen die Delegationen in Rio de Janeiro ein, wo die Brasilianer zustiegen, um am 4. Juli in Montevideo einzutreffen – neun Tage vor Anpfiff zur WM. Schon im Gründungsjahr der FIFA, 1904, spielten die FIFA-Funktionäre mit dem Gedanken, ein internationales Fussball-Weltturnier auf die Beine zu stellen. Noch in Paris brachte Carl Hirschmann diese Idee aufs Parkett. Von jenem Tag an blieb die WM ein ständiges Thema. Noch war die FIFA jedoch zu klein; sie wuchs 34
Gruppe 4: Dänemark, Deutschland, Schweden und ein südamerikanischer Verband
Der WM-Plan wurde von der Presse begeistert aufgenommen, leider aber nie realisiert, da keiner der Verbände sich für die WM meldete. Das Projekt erhielt also weiteren Aufschub. Den nächsten Anlauf unternahm man 1913, als die FIFA beschloss, das für 1916 geplante Olympische Fussballturnier in Berlin als offizielle WM zu werten. Auch dieser Plan wurde durchkreuzt; von den Wirren des 1. Weltkriegs. Erneut kam 1920 Hoffnung auf, als der grösste Befürworter einer Fussball-WM zum FIFA-Präsidenten gewählt wurde: Der Franzose Jules Rimet. Doch es sollte nochmals zehn Jahre dauern, bis die erste FIFA-Fussball-WM angepfiffen wurde. Das Profitum griff im Fussball Raum, die Amateurverbände aber boykottierten die Profis. Der Deutsche Fussball-Bund (DFB) war der Anwalt der Amateure und lehnte viele Jahre lang offizielle Spiele gegen Verbände ab, die den Profifussball zuliessen. T H E F I FA W E E K LY
Trotz aller Schwierigkeiten im Weltfussball beschloss die FIFA an ihrem Kongress in Amsterdam 1928, ab 1930 alle vier Jahre eine Weltmeisterschaft auszurichten. Bei der Benennung des Veranstalters kam es aber zu einer weiteren Problematik: Keiner der europäischen Verbände wollte WM-Gastgeber sein. Die Deutschen mochten nicht zusammen mit Profis antreten, die Österreicher hatten keine politische Unterstützung im Land, Schweden und Italien waren unentschlossen. Nach monatelanger Suche bewarb sich der zweimalige Olympiasieger Uruguay (1924, 1928). Die WM war gerettet. S e ge l s e t z e n f ü r Ur ug u ay Die europäischen Teams verspürten nur wenig Lust, die beschwerliche und teure Schiffsreise nach Montevideo anzutreten, zumal sich Europa in einer schweren Finanzkrise befand. Lediglich Jugoslawien und Rumänien bewarben sich für die Teilnahme. Es bedurfte Rimets ganzer Autorität, um Belgien und sein Heimatland Frankreich zur WM-Teilnahme zu bewegen. Obwohl die europäischen Teams zum Teil dezimiert anreisten, da einige ihrer besten Spieler berufsbedingt die lange Reise nicht antreten konnten, bot das Turnier ganz ansehnlichen Fussball. Die Franzosen bezwangen die Mexikaner zur Eröffnung 4:1, wobei Lucien