SUMO Ausgabe 36

Page 58

Steckt der österreichische Film in der Krise? SUMO hat mit Arie Bohrer, Film Commissioner bei Location Austria und Jakob Pochlatko, GeschĂ€ftsfĂŒhrer und Produzent bei epo-film, ĂŒber die derzeitige Situation in der österreichischen Filmlandschaft gesprochen. Thematisiert wurden die Besonderheiten von Österreich, der Förderbedarf und wie Koproduktionen bzw. Streaming dem österreichischen Markt helfen könnten. Philipp H., geboren 1966, beschreibt die Zeit der heimischen Filmrezeption, als „Netflix“ und Co. noch nicht mal als Idee existierten. Damals hĂ€tte es nur Fernsehen zu bestimmten Uhrzeiten gegeben und nicht rund um die Uhr, wie man es heute kennt. Filme in Farbe zu sehen war keine SelbstverstĂ€ndlichkeit. Auch die Kino-Erfahrung war eine andere. Besuchte man beispielsweise das Gartenbaukino in Wien, so kaufte man sich um 7,50 bis 15 Schilling (0,55 bis 1,10 EUR) ein Kinoticket fĂŒr beispielsweise Disney’s „Ein toller KĂ€fer“ oder „James Bond 007 – Diamantenfieber“ mit Sean Connory. Zum Ticket kaufte man sich ein „Kinogramm“: Dadurch konnte man Informationen bekommen zu der Besetzung und dem Produktionsteam und Fotos aus dem Film, sowie zum Inhalt des Films – bei Filmen wie „James Bond“ auch AuszĂŒge aus einem Interview mit BBC zum Film. Ehe der Film startete, gab es auch schon Werbung, allerdings in einer anderen Form, etwa dass eine bekannte österreichische Modekette wie FĂŒrnkranz eine Modeschau mit der neuesten Kollektion vorfĂŒhrte. Und heute? SUMO hat den Filmproduzenten und GeschĂ€ftsfĂŒhrer von epo-film Jakob Pochlatko gefragt, wie es mit der Filmlandschaft in Österreich momentan aussieht und ob die großen Hollywood-Filmschaffenden und Franchises wie Marvel und Disney ein Grund sein könnten, wieso österreichische Filme nicht mehr so hĂ€ufig rezipiert werden. Es gebe grundsĂ€tzlich eine erkennbare Schere bei den Kinobesucherzahlen. Sehr viele Menschen nutzen wenige große Filme und die Zahl an kleineren Filmen, mit soliden Zuschauerzahlen, ginge stĂ€rker zurĂŒck. Der Hauptanteil der Kinofilmbesucher*innen beziehe sich auf die wenigen Großen und man könne bemerken, dass Franchise und eingefĂŒhrte Marken gut funktionieren, erklĂ€rt Pochlatko. „Marken und große Blockbuster-Produktionen mit dem entsprechenden Werbebudget tun sich leichter und ziehen einen Großteil der Zuschaueraufmerksamkeit auf sich. Das ist im Kino sicherlich so, aber auf der an-

58

deren Seite im linearen Fernsehen etwas anders, als dass österreichische Inhalte schon sehr stark nachgefragt werden. Das sieht man nach wie vor bei den sehr guten Quoten im ORF oder mittlerweile auch bei ‚‚Servus TV‘, die sich nach wie vor auf regionale Inhalte konzentrieren und das kommt gut bei den Zuschauer*innen an.“ Österreich hat filmtechnisch viel zu bieten. Um den (Film)Standort Österreich zu promoten, gibt es Location Austria. Als Unterabteilung der ABA (Austrian Business Agency), der staatlichen Agentur fĂŒr Industrieansiedlung- und Wirtschaftswerbung, ist sie die erste Anlaufstelle fĂŒr internationale Filmproduktionen, die in Österreich drehen wollen. Arie Bohrer, Film Commissioner bei Location Austria, erklĂ€rt, dass die Kontaktaufnahme telefonisch, ĂŒber Mail, die Website sowie ĂŒber das vorhandene Netzwerk internationaler Kontakte erfolgen könne. Die Kund*innen von Location Austria seien zahlreiche internationale Produktionen. Deutsche Produktionsfirmen hĂ€tten aufgrund langjĂ€hriger Kooperationen ohnehin schon Kontakte in Österreich, daher kĂ€men die meisten internationalen Kontakte beispielsweise aus Amerika, Großbritannien, Indien, Ungarn oder auch Tschechien. Die Kontaktvermittlung zu den betroffenen Locations laufe in den meisten FĂ€llen ĂŒber Location Austria, aber es sei abhĂ€ngig, wie viel die Produzent*innen vorab recherchiert hĂ€tten und ob schon ein Kontakt zu der Location aufgebaut sei. Das Besondere an Österreich Was den (Film)Standort Österreich attraktiv mache, seien die Infrastruktur, die Motive bzw. Settings und, neben diversen anderen Fördereinrichtungen, die Förderinstitution Filmstandort Austria (FISA), so Bohrer. Die Förderung durch FISA biete auch fĂŒr Produktionen, die nach Österreich kommen und keine Koproduktionen sind (wobei auch Letztere FISA-Förderung erhielten), die Möglichkeit, dass 30% der in Österreich getĂ€tigten Ausgaben refundiert werden können, fĂŒgt der Film Commissioner hinzu. Er erzĂ€hlt, dass Berge hĂ€ufig nachge-

Themader österreichische Film in der Krise? Steckt


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook

Articles inside

Kaufen oder nicht kaufen? - Testmagazine verraten es uns von Manuela Schiller

3min
pages 70-71

GIS Pfui, Pay TV/Streaming Hui?! von Julia Gstettner

6min
pages 72-76

Man nehme einen Goldesel... oder etwa nicht? EuropÀische Filmfinanzierung von Simone Poik

7min
pages 66-69

Die Facetten der Angstlust von Viktoria Strobl

6min
pages 62-65

Der Traum der europÀischen DatensouverÀnitÀt von Matthias Schnabel

6min
pages 55-57

Steckt der österreichische Film in der Krise? von Raphaela Hotarek

10min
pages 58-61

Wird nur noch bildlich gesprochen oder ist da doch zu viel Druck? von Annika Schnuntermann

8min
pages 52-54

Close up (or down), Cinema?! von Julia Gstettner

6min
pages 50-51

Auf der Flucht vor der Krise von Christian KrĂŒckel

5min
pages 35-37

Journalismus heute: Alles geklaut und gelogen? von Matthias Schnabel

7min
pages 43-45

Zwischen Liebe und Hass - Das GeschÀft mit der PrivatsphÀre der Stars von Michael Geltner

6min
pages 46-49

Modern Loneliness: Zwischen Likes und Einsamkeit von Lisa Schinagl

6min
pages 38-39

Filmregulierung: Zum Wohle der Kinder? von Simone Poik

7min
pages 40-42

Propaganda liegt in der Natur des Missionierens“ von Alexander Schuster

10min
pages 32-34

Keine Zukunft fĂŒr Musikmedien? von David Pokes

7min
pages 29-31

Jobunsicherheit: „Goldene Ära des Journalismus ist vorbei“ von Christiane FĂŒrst

11min
pages 20-23

Auf der Suche nach SchnĂ€ppchen ĂŒber Vergleichsportale von Laura Sophie Maihoffer

5min
pages 27-28

Satire als Gegenmittel in Krisen von Christian KrĂŒckel

4min
pages 24-26

Wenn es wirklich wichtig ist: lieber digital? von Lukas Pleyer

9min
pages 5-7

Krisen im Schattendasein der Medien von Karin Pargfrieder

8min
pages 15-17

Reporter ohne Grenzen“ - oder doch mit? von Kristina Petryshche

5min
pages 18-19

Das wirtschaftliche Standing professioneller Fotografie von Ida Stabauer

6min
pages 12-14

Umweltkrisenberichterstattung - ĂŒberbewertet oder Zukunft? von Julia Allinger

8min
pages 8-11
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
SUMO Ausgabe 36 by FH St. Pölten - Issuu