future 10: Wiegen des Wandels

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ausgabe 10

mai 2019

fu t ur e das magazin der fh st. pölten

Wiegen des Wandels

An den Hochschulen entsteht die Zukunft. Sie sind die treibende Kraft für Innovationen, gesellschaftliche Veränderungen und nachhaltige Entwicklung. Arbeitsplatz FH St.Pölten

Gesundheitswissen für alle

Eine Pionierin in China


Visualisierung Campus St. Pölten

Editorial

Nachhaltig Zukunft gestalten Unsere Ressourcen – seien sie ökologi­ scher, sozialer oder ökonomischer Natur – sind nicht unbegrenzt. Das Dossier dieser zehnten Ausgabe von „future“ widmet sich eingehend dem Thema nachhaltige Entwicklung. Hochschulen setzen sich mit den viel­ fältigen Aspekten der Nachhaltigkeit aus­ einander, entwerfen langfristige Strategien für die Entwicklung der Gesellschaft, leben sie vor und übernehmen damit eine ­zentrale Rolle auf dem Weg zu gesell­ schaftlichen Veränderungen. Forschung in zukunftsweisenden Feldern, die Vermittlung von innovativen Lehr- und Lernmethoden und das Aufbrechen von veralteten Denk­ mustern sind entscheidende Schritte hin zu einer nachhaltigen Zukunft. Denn unsere Absolventinnen und Absolventen werden als gut ausgebildete Fachkräfte 2

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die EntscheidungsträgerInnen der kom­ menden Generationen sein. In der vorliegenden Ausgabe von „future“ lesen Sie über die jüngsten Projekte und Entwicklungen an der FH St. Pölten: ­preisgekrönte Apps, einen neuen englisch­ sprachigen Masterstudiengang im Bereich Computer Science, innovative Koopera­ tionen mit der Wirtschaft und unsere ­Vor­stellung von wertebasiertem Handeln im Unternehmen. Wir freuen uns über Ihr Interesse an unserem Magazin und wünschen eine spannende Lektüre! Dr. M. Gabriela Fernandes Dipl.-Ing. Gernot Kohl, MSc


I N H A L T

4 Aktuell

Neuigkeiten aus der Welt der FH St. Pölten

6 Arbeiten an der FH St. Pölten Die neue Arbeitgebermarke macht die Werte der FH St. Pölten spür- und erlebbar.

7 Neuer Campus

Bis 2021 entsteht der neue, innovative Campus St. Pölten.

Dossier: Nachhaltige Entwicklung

8 Blockchain für die Industrie

14 Wiegen des Wandels

9 Cryptojacking und ­Verkehrswesen

19 Nachhaltiger Lebensstil

10 „Gesundheitswissen für alle“

20 Nachhaltigkeit und Digitalisierung

Die FH St. Pölten ist Teil des Austrian Blockchain Centers.

Eine neue Schutz-Software und ein neuer Forschungsschwerpunkt

Digital-Healthcare-Studentin Mariella Seel hat eine ehrgeizige Mission.

12 Helle Köpfe

An den Hochschulen entsteht die Zukunft. Sie sind entscheidend für gesellschaftliche Veränderungen.

Gewissen beruhigen oder besser leben? Drei Perspektiven zum Thema Nachhaltigkeit

Simon Tjoa von der FH St. Pölten und Stefan Fenz von der TU Wien im Dialog

22 Besser mit der Bahn

Transport auf der Schiene ist ökologisch sinnvoll. Aber ist er auch wirtschaftlich attraktiv?

26 Pionierin im Reich der Mitte Christina Svacina war die erste Outging-Studierende der FH St. Pölten in Peking.

27 Security in the “Cyber Wild West”

The IT-Security conference IT-SECX brings international specialists to St. Pölten UAS.

28 Blitzlicht

Veranstaltungen an der FH und mit der FH

23 Ist Nachhaltigkeit ­unbequem? Drei persönliche Meinungen

24 Breites Engagement

Foodsharing-Projekt von Studierenden und nachhaltige Aktivitäten an der FH St. Pölten

25 Nachhaltigkeit im ­Ausnahmezustand: Politisch, nicht privat!

Nachhaltigkeitsexperte Fred Luks nimmt die Politik in die Pflicht.

30 Buchtipps 31 Auch da steckt FH drin   3


A K T U E L L

Open Minds Award

Preisgekrönte Ultra­schallFirewall Mobiltelefone und Tablets können durch sogenanntes Audiotracking mittels Ultraschall unbemerkt das Verhalten ihrer BenutzerInnen ver­ folgen, etwa das Betrachten von Videos oder den Aufenthalt an bestimmten Orten. Die FH St. Pölten hat die kostenlos verfügbare App SoniControl veröffentlicht, mit der das akustische Tracking blockiert werden kann. Das Projekt wurde beim Open Minds Award aus­ gezeichnet. Beste AR-App

Einmal ums Herz herumgehen Ein Team aus Studierenden und Lehrenden des Studiengangs ­Digital Healthcare der FH St. Pölten gewann bei der Amazon Sumerian AR/VR Challenge den ersten Preis in der Kategorie „Best AR App“. Die für das digitale Gesundheits­ wesen entwickelte Augmented-­ Reality-App erklärt Körperteile und -funktionen. Dabei setzt sie Augmen­ ted Reality ein, um Gesundheits­ themen erlebbar zu machen, etwa Magnet­resonanz-Aufnahmen des Gehirns oder den Aufbau des Her­ zens. Man betrachtet Organe von allen S ­ eiten, indem man um sie ­herumgeht. Währenddessen erzählt ein ­virtueller Avatar relevante Infor­ mationen zu den Körperteilen und zu möglichen Krankheiten. Die App „Digital Healthcare Explained“ ist im Google Play Store kostenlos ­verfügbar.

sonicontrol.fhstp.ac.at

Studienplätze

Ausbau im Gesund­ heitsbereich Mit dem Studiengang Gesund­ heits- und Krankenpflege hat die FH St. Pölten das Angebot im Gesundheitsbereich in den letzten Jahren erweitert. Ein weiterer Aus­ bauschritt steht nun bevor: Ab dem kommenden Wintersemester wer­ den 26 zusätzliche und damit dann insgesamt 100 Studienplätze für Anfängerinnen und Anfänger zur Verfügung stehen. Und der Studien­ gang Physiotherapie wird ab dem Wintersemester 2019/2020 von 40 auf 55 Studienplätze für Anfän­ gerInnen aufgestockt.

In den Körper schauen: Das ist mit der ausgezeichneten Augmented-RealityApp „Digital Health­ care Explained“ möglich.

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Smart Engineering & Information Security

Neue Studien­ gangsleiter Thomas Felberbauer (oben) über­ nahm die Leitung des Bachelor­ studiums Smart Engineering. Simon Tjoa ist neuer Leiter des Master­ studiums Information Security.

European University Association (EUA)

Teil des euro­päischen ­Netzwerks Mit Jänner 2019 trat die FH St. Pölten der European University Association (EUA) bei, dem größten Netzwerk europäischer Hochschulen. Als Ver­ treterin von mehr als 800 Hochschu­ len und nationalen Rektorinnen- und Rektorenkonferenzen trägt die EUA wesentlich zur Weiterentwicklung der europäischen Hochschul- und Forschungspolitik bei. Die Aufnahme als Vollmitglied ist nur für jene Hoch­ schulen möglich, die entsprechende Leistungen in Lehre und Forschung vorweisen können.


So innovativ ist die FH St. Pölten: Gleich fünf Forschungs­ projekte wurden beim niederösterreichischen Innovationspreis ausgezeichnet.

A K T U E L L

Kooperation mit Siemens

Studium und Lehre kombinieren Eine Kooperation zwischen Siemens und der Fachhochschule St. Pölten ermöglicht das österreichweit erste ­ausbildungsintegrierte Studium. ­Parallel zum Bachelorstudium Smart Engineering absolvieren die Studie­ renden bei Siemens die praktische Elektrotechnik-Ausbildung. Nach sieben Semestern haben Absolven­ tinnen und Absolventen einen Bachelor of Science in Engineering und einen Lehrabschluss mit star­ kem Digitalisierungsschwerpunkt. Der ausbildungs­integrierte Studien­ gang bietet eine ideale Kombination aus Theorie und Praxis.

NÖ Innovationspreis

Preisregen für die Forschung Fünf Auszeichnungen gingen beim niederösterreichischen Innovations­ preis an Forschungsprojekte der Fachhochschule St. Pölten aus dem Bereich der Digitalisierung. Die Arbeiten beschäftigen sich mit der Privatsphäre im Internet, Virtual Rea­ lity, künstlicher Intelligenz, Industrie 4.0 und Datenjournalismus.

Veranstaltungstipps Symposium Wirtschafts- und Finanzkommunikation 2019 Trends in (digitaler) Finanzkommuni­ kation – Welche Entwicklungen Sie im Auge behalten sollten 06.06.2019 financial-communications.fhstp.ac.at

build.well.being 2019 A Digital Healthcare Networking Event 14.06.2019

www.siemens.com/at/de/home/ unternehmen/jobs/ausbildung-undduales-studium/duales-studium.html Neues Studium

Computer Science in den Startlöchern Zwei in eins: Bachelorstudium Smart Engineering und Elektrotechnik-Ausbildung sind parallel möglich. V. l. n. r.: Thomas Felberbauer (FH St. Pölten), Christa Novak (Siemens), Erika Marschalek (FH St. Pölten), Franz Fidler (FH St. Pölten).

Termine

Ab Herbst 2019 bietet die FH St. Pöl­ ten das neue Master­studium Applied Research and Innovation in Compu­ ter Science* an. Der englischspra­ chige und duale Studien­gang bildet Spezialistinnen und Spezialisten für die Schnittstelle zwischen Forschung und Wirtschaft aus. Ziel des Studiums ist es, ­Studierende auf eine Tätigkeit in kooperativen und angewandten ­Forschungsprojekten vorzubereiten. Im Rahmen der Ausbildung werden nicht nur die notwendigen Fähigkeiten für die eigenständige Durchführung innovativer Informatikforschung ver­ mittelt, sondern auch das notwen­ dige Know-how für Planung, Antrag­ stellung und Bericht­erstattung zu Forschungsprojekten. Die Absolven­ tinnen und Absolventen sollen in For­ schungs-, Entwicklungs- und Innova­ tionsabteilungen von Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Fachhoch­ schulen und Universitäten tätig sein.

buildwellbeing.fhstp.ac.at

SEMANTiCS 2019 — The Power of AI and Knowledge Graphs Konferenz zu semantischen Systemen 09.–12.09.2019 2019.semantics.cc

radikal sozial: Ilse Arlt Symposium 2019 Kritischer Umgang mit Digitalisierungs­ trends, Effizienz- und Ökonomisierungs­ paradigmen, Selbstorganisation, Alter­ nativen zu autoritären Strömungen und demokratiepolitischen Verengungen 18.–19.09.2019 arltsymposium.fhstp.ac.at

Tag der Lehre 2019 – „Gelernt wird, was geprüft wird“, oder …?! Assessment in der Hochschullehre neu denken: Good Practices – Heraus­ forderungen – Visionen 17.10.2019 skill.fhstp.ac.at

Weitere Infos: www.fhstp.ac.at/events

www.fhstp.ac.at/mcs * vorbehaltlich der Akkreditierung durch die AQ Austria

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Raum für Ideen: Auch das architektonische Konzept des neuen FH-Gebäudes fördert interdisziplinären ­Austausch.

A K T U E L L

Gemeinsam gestalten, individuell entfalten

D i e F H S t .  P ö l t e n i s t e i n e d e r w i c h t i g s t e n Arbeitgeberinnen der Region. Wertebasiertes Handeln, gezielte Förderung der MitarbeiterInnen und Gesundheit am Arbeitsplatz werden großgeschrieben. V O N

L E I S S I N G

Umfangreiche Forschungsaktivitäten, stetiger Ausbau des Studienangebots und zahlreiche Ko­ operationen mit Wirtschaft und Gesellschaft ha­ ben in den vergangenen Jahren zum kontinuier­ lichen Wachstum der FH St. Pölten beigetragen. In einem stark partizipativen und mehrschichti­ gen Prozess wurde nun eine neue Arbeitgeber­ marke entwickelt, um die Werte der FH noch bes­ ser spürbar und erlebbar zu machen und die Identifikation von MitarbeiterInnen mit ihrem Unternehmen zu stärken.

hochschule sind die drei Arbeitgeberwerte „Wege finden, Wissen teilen, Werte schaffen“.

Raum für Weiterentwicklung. Mit dem Claim „Gemeinsam gestalten, individuell entfalten“ wird ausgedrückt, wofür die FH als Arbeitgebe­ rin steht: vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, team­orientierte und abwechslungsreiche Zusam­ menarbeit sowie Raum für individuelle Weiter­ entwicklung und persönliches Wachstum. Basis für den Claim und eine Tätigkeit an der Fach­

„Wissen teilen“. Durch einen permanenten Aus­

HRS4R: Die HR-Strategie für ForscherInnen Die FH St. Pölten hat sich Ende Jänner an die Euro­ päische Kommission gewandt: In einem „Letter of Endorsement“ hat sie sich zur „Europäischen Charta für Forschende“ und dem „Verhaltenskodex für die ­Einstellung von Forschenden“ bekannt. Darin werden Qualitätsstandards beschrieben, die für die Karriere­ perspektiven und das Arbeitsumfeld von Forscherinnen und Forschern entscheidend sind. Werden die Grund­ sätze umgesetzt, ist die FH St. Pölten berechtigt, das Logo „HR Excellence in Research“ zu führen.

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„Wege finden“. Die FH St. Pölten bietet Raum für

Innovation – denn aktuelle Herausforderungen benötigen neue Lösungen und Ideen. Durch den interdisziplinären Austausch an der Fachhoch­ schule ist die Arbeit besonders abwechslungs­ reich und ermöglicht es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sich fachlich und persönlich weiterzuentwickeln.

tausch mit Wirtschaft und Gesellschaft, über die Disziplinen und Landesgrenzen hinweg, ist si­ chergestellt, dass die FH St. Pölten in Forschung und Lehre stets am Puls der Zeit agiert. Ein enger Austausch zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fördert die teamorientierte Zusam­ menarbeit.

„Werte schaffen“. Stetiges Wachstum in Lehre und Forschung hat die Fachhochschule St. Pölten zu einer der wichtigsten Arbeitgeberinnen der Region gemacht. Durch den stetigen Ausbau des Studienangebots finden Absolventinnen und ­Absolventen hervorragende Karrierechancen vor. Die FH St. Pölten übernimmt gesellschaftliche Verantwortung und verpflichtet sich einer nach­ haltigen Entwicklung. Gesundheit ist attraktiv. Grundvoraussetzung

für persönliche Entfaltung und gut funktio­ nierende Zusammenarbeit im Unternehmen ist das Wohlbefinden der MitarbeiterInnen. Daher

Visualisierung


A K T U E L L

Campus der Zukunft Bis 2021 entsteht am Standort der FH St. Pölten der neue, innovative Campus St. Pölten. Die FH St. Pölten ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Von rund 1.300 Studierenden im Jahr 2007 auf über 3.200 im Jahr 2019 – eine Entwicklung, die sich auch in den nächsten Jah­ ren kontinuierlich fortsetzen wird. Um den Stu­ dierenden, Lehrenden und Forschenden den be­ nötigten Platz für Innovation und Entfaltung bieten zu können, entsteht bis September 2021 im Verbund mit dem bestehenden Gebäude der Campus St. Pölten – Campus der Zukunft. Dort angesiedelt ist auch die im vergangenen Jahr er­ folgreich akkreditierte Bertha von Suttner Privat­ universität.

arbeitet die FH St. Pölten unter starker Einbin­ dung des Personals daran, die Arbeitsbedingun­ gen und die persönliche Gesundheitskompetenz der MitarbeiterInnen nachhaltig zu verbessern. Die betriebliche Gesundheitsförderung „FHit!“ will konkrete Maßnahmen umsetzen. Ziel ist es, das Gütesiegel des ­Österreichischen Netzwerks

Raum für innovative Lehr- und Lernmethoden.

Mit ‚FHit!‘ schaffen wir die Rahmen­ bedingungen für ein gesundes und ausgeglichenes Arbeiten. Gabriele Mörth, Fachverantwortliche für Personalentwicklung und Recruiting

für Betriebliche Gesundheitsförderung zu bean­ tragen. „Mit ‚FHit!‘ schaffen wir auf institutio­ neller und persönlicher Ebene die Rahmen­ be­ dingungen für ein gesundes und ausgeglichenes Arbeiten“, betont Projektleiterin Gabriele Mörth, Fachverantwortliche für Personalentwicklung und Recruiting an der FH St. Pölten. www.fhstp.ac.at/karriere

Über eine direkte Verbindung ver­ schmelzen der neue Zubau und das Bestandsgebäude zum modernen ­Campus St.  Pölten. Visualisierung

„Ziel ist es, einen lebendigen Campus der Zu­ kunft mit flexiblen Nutzungsmöglichkeiten, modernsten Lehr- und Lernräumen sowie zu­ ­ kunftsweisenden Arbeitsplätzen zu schaffen“, so Gernot Kohl, Geschäftsführer der FH St. Pölten. Eine ­moderne Bibliothek sowie ein Lernlab und Lerncafé stehen Studierenden sowie Mitarbeite­ rinnen und Mitarbeitern zur Verfügung. 16 neue Seminarräume, State-of-the-art-Studios und -La­ bore sowie ein Future Lab bieten die passenden Rahmenbedingungen für die (Weiter-)Entwick­ lung von Forschungsvorhaben und Unterneh­ mensideen. Mit dem Bestandsgebäude sowie dem rund 14.600 Quadratmeter umfassenden Zubau beträgt die künftige Campusfläche knapp 33.000 Quadratmeter. Der vom Architekturbüro NMPB Architekten GmbH geplante Zubau wird von der Caverion Österreich GmbH und der Granit Gesellschaft ­ m.b.H. errichtet. Die Kosten für den Zubau, das Facilitymanagement und die Finanzierung auf 25 Jahre betragen knapp 55 Millionen Euro. Weitere Informationen finden Sie unter www.campus-stp.at

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F O R S C H U N G

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Blockchain für die Industrie

In Österreich entsteht derzeit unter der Leitung der Wirtschaftsuniversität Wien das weltweit größte Blockchain-Kompetenzzentrum. D i e F H S t .  P ö l t e n i s t m i t a n B o r d . V O N

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Blockchain ist vor allem bekannt als die techni­ sche Basis für Kryptowährungen, lässt sich aber auch in vielen anderen Bereichen einsetzen. Das Austrian Blockchain Center (ABC) wird sich der wissenschaftlich fundierten Weiterentwicklung der Technik und deren Anwendung in ver­ schiedenen Wirtschaftsbereichen widmen. Die FH St. Pölten ist Teil des Konsortiums und leitet einen von fünf Zentrumsbereichen – und zwar je­ nen zum Thema „Emerging Industries & Block­ chain in der Industrie 4.0“.

Spitzenforschung mit vielfältigem Nutzen. Die Forschungsschwerpunkte des Zentrums reichen von Industrie 4.0 und Internet of Things über den Finanz-, Energie- und Supply-Chain-Management-­

Prof. Dr. Alfred Taudes, wissenschaftlicher Leiter und ­ oordinator des ABC und Leiter des Forschungsinstituts für K Kryptoökonomie an der Wirtschaftsuniversität Wien: „Das ­Zentrum ist für Österreich eine große Chance, um auf diesem zukunfts­ trächtigen Gebiet nicht den Anschluss an Hightech-Giganten in den USA und Asien zu verlieren.“ FH-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Franz Fidler, stellvertretender ­ eiter des Departments Medien und Digitale Technologien, L FH St. Pölten: „Das Austrian Blockchain Center vereint Spitzen­ forschung in Österreich zum Thema Blockchain mit einem einzigartigen Konsortium. Die FH St. Pölten wird ihre Expertise zum Beispiel im ­Fachgebiet der Semantik einbringen.“ FH-Prof. Dr. Thomas Moser, Leiter der Forschungsgruppe Digital Technologies, FH St. Pölten: „Das Zentrum bietet die einzig­ artige Möglichkeit, einen relativ jungen, international höchst relevanten Forschungsbereich inhaltlich zu besetzen und durch intensive und inter­ disziplinäre Forschungskooperationen nachhaltig auszubauen.“

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Die Blockchain-Technologie ist für die Wirtschaft der Zukunft essenziell. Die FH St. Pölten fokussiert auf deren Einsatz in der Industrie 4.0.

Bereich bis hin zu Anwendungen in der Ver­ waltung. Gearbeitet wird beispielsweise an der Verbesserung der Identifikation von Kundinnen und Kunden von Banken und Ver­ sicherungen, betrugs­resistenten Steuererhebungsverfahren, der vereinfachten Abwicklung grenz­ über­ schreitender Kapitalmarkt-Transak­ tionen, der unternehmensübergreifenden Verwaltung von Messdaten oder Mensch-Maschine-Interaktio­ nen in der Industrie 4.0. Am ABC sind 21 wissenschaftliche Einrichtun­ gen, 54 Unternehmen und 17 assoziierte Mit­ wirkende beteiligt, darunter 16 internationale Einrichtungen bzw. Unternehmen. https://blockchain-center.at

Das Austrian Blockchain Center (ABC) … … ist als COMET-(K1)-Zentrum eingerichtet. Diese Zentren werden vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, vom Bundes­ ministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, von den jeweils beteiligten Bundesländern (beim ABC sind dies Wien, Nieder­österreich und Vorarlberg) sowie den Partnerinnen und Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft finanziert. K1-Zentren betreiben Forschung auf hohem internationalen Niveau und setzen neue Forschungsimpulse. Das Austrian Blockchain Center wird mit den bereits bestehenden österreichischen COMET-Zentren CDP und SBA Research sowie mit internationalen Blockchain-Initiativen eng zusammenarbeiten.


F O R S C H U N G

Schutz vor digitalen ­Goldgräbern Cryptojacking ist eine neue Form der ­Bedrohung im Internet. Die FH St. Pölten hat eine Software entwickelt, um das ­ungefragte Generieren von Kryptowährungen zu blockieren. Cryptojacking geht unbemerkt und ohne Zu­ stimmung vor sich: Versteckt auf einem Compu­ ter oder Mobilgerät, nutzt es dessen Ressourcen, um nach Online-Geld zu schürfen. „Zum Er­ zeugen von Kryptowährungen wird normaler­ weise Hochleistungshardware verwendet. Crypto­ jacking verteilt das Mining auf viele, weniger leistungsfähige Geräte. Es ist eine neue Form der Bedrohung im Internet“, erklärt Sebastian Schrittwieser, Leiter des Instituts für IT Sicher­ heitsforschung der FH St. Pölten. Die Angreife­ rInnen generieren die Kryptowährung dadurch nicht auf ihren Rechnern mit ihrem Strom, son­ dern bei jemand anderem. Der Computer läuft

Wie sieht der Verkehr der Zukunft aus? An der FH St. Pölten entsteht ein neuer Forschungsschwerpunkt. In den Fokus rücken dabei die Digitalisierung und Automatisierung im Verkehrswesen. Am Carl Ritter von Ghega Institut für integrierte Mobilitätsforschung der FH St. Pölten wird der­ zeit ein neuer Forschungsschwerpunkt zu alter­ nativen Antrieben, Energieeffizienz, Digitali­ sierung und Automatisierung aufgebaut. Dies erfolgt in Abstimmung mit Partnerinnen und Partnern aus Wirtschaft und Industrie in Nieder­

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auf Anschlag, der Akku wird schnell leer, der Pro­ fit geht an die AngreiferInnen. Die an der FH St. Pölten entwickelte kostenlose Software CoinEater erkennt Crypto-Miner, die Schadsoftware hinter der Methode, und verhin­ dert ihre Ausführung. Die ForscherInnen haben über eine Million der beliebtesten Webseiten durchsucht und unter diesen mehr als 3.000 Sei­ ten gefunden, die ohne Wissen der BesucherIn­ nen Kryptowährungen erzeugen. „Der Einsatz solcher Techniken ist durchaus legitim, wenn die Webseiten-Besucherinnen und -Besucher dem zustimmen, zum Beispiel, um Werbung auf den Webseiten ausblenden zu lassen“, sagt Schrittwieser, der die Schutzsoftware mitgestal­ tet hat. Cryptojacking hingegen ist ein Miss­ brauch der Geräte der BenutzerInnen. www.fhstp.ac.at/coineater

Die Software CoinEater entstand im Forschungsprojekt PriSAd (Privacy and Security in Online Advertisement), gefördert von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG. Partner im Projekt war das IT-Sicherheitsunternehmen Nimbusec.

österreich. Längerfristig soll auch die Lehre in den Bahntechnologie-Studiengängen an der Fachhochschule thematisch in diese Richtung ausgebaut werden. Das Carl Ritter von Ghega Institut betreibt an­ wendungsorientierte Forschung und Entwick­ lung zu Bahntechnologie und Mobilität. Das neue Thema wird einen vierten inhaltlichen Schwerpunkt am Institut bilden neben den drei bestehenden zur Interaktion Mensch-Maschine, Interaktion Mensch-Verkehrssysteme und zu den Lebenszyklen technischer Systeme. Das Einrichten des neuen Forschungsschwerpunkts wird vom Land Niederösterreich finanziell unterstützt.

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Mission „Gesundheits­ wissen für alle“

Warum die Pharmabranche besser ist als ihr Ruf und Empowerment von Patientinnen und Patienten bereits in der Vo l k s s c h u l e b e g i n n t : D i g i t a l - H e a l t h c a re - S t u d e n t i n Mariella Seel über Herausforderungen im Gesundheitswesen und die Chancen der Digitalisierung. V O N

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Der Weg ins Gesundheitswesen war für die 21-jährige Kremserin fast vorgezeichnet: Beide Elternteile arbeiten in der Branche – und von klein auf begleitete Mariella Seel der Wunsch, hinter die Kulissen zu blicken. Heute ist sie als Project Assistant für die HealthCareConsulting Group in Wien tätig: Sie betreut Kunden aus dem Gesundheits- und Pharmabereich bei Projekten zu rezeptpflichtigen und freiverkäuflichen Me­ dikamenten sowie Kosmetik, Nahrungsergän­ zungsmitteln und Medizinprodukten. Gleichzei­ tig koordiniert und evaluiert sie die Tätigkeiten der MitarbeiterInnen im firmeneigenen Dialog­ center und bereitet die gewonnenen Daten auf. Denn Auswertung, Visualisierung und Präsenta­ tion dieser Informationen sind eine wichtige Entscheidungsgrundlage für die Unternehmen – und damit essenziell für strategische Weiterent­ wicklungen. „Gerade hier hilft mir das Wissen aus dem Digital-Healthcare-Studium sehr. Ich habe dadurch das nötige digitale Handwerks­ zeug, um auch bei wichtigen Entscheidungen mitreden zu können“, so Seel.

Anatomiewissen per App. Besonders bereichernd ist für Mariella Seel, die zuvor BWL für das Ge­ sundheitswesen studiert hat, dass ihre Kommili­ toninnen und Kommilitonen im Studiengang Digital Healthcare allesamt aus unterschiedli­ chen beruflichen Bereichen kommen. „Die Sicht­ weisen und Problemlösungsstrategien meiner Kolleginnen und Kollegen helfen dabei, Heraus­ forderungen im Gesundheitswesen aus unter­ 10

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schiedlichen Perspektiven zu betrachten – und neue Lösungen zu finden“, so Seel. Gemeinsam ist allen der Wunsch, mithilfe der Digitali­ sierung die Innovation im Gesundheitswesen vo­ ranzutreiben. Bereits ab dem ersten Semester arbeiten die Studierenden in Gruppen an um­ fangreichen Pro­jekten. „Mein Team entwickelt eine Augmented-Reality-App, die Kinder im Volksschulalter spielerisch beim Erlernen der menschlichen Anatomie unterstützt. Das ist un­ gemein wichtig, da viele in ihrer späteren schu­ lischen und beruflichen Karriere damit nicht mehr in Berührung kommen“, erklärt Seel die

Das Ziel muss es sein, das Wissen aus dem Gesundheitsbereich so zur Verfügung zu stellen, dass auch die breite Bevölkerung etwas damit anfangen kann. Motivation hinter der App KARLI, die auch bei der Fachtagung build.well.being der Fachhoch­ schule St. Pölten präsentiert wird. „Ziel ist es auch, die Emanzipierung der Patientinnen und Patienten zu fördern – denn je mehr grundlegen­ des Wissen bei jeder und jedem Einzelnen vor­ handen ist, desto besser können informierte ­Entscheidungen getroffen werden.“

Vorurteile über Pharma. Erstaunt ist Seel oft­ mals über die starken Vorurteile in Bezug auf die Pharmabranche – sei es die angeblich extreme Profitorientierung von Pharmabetrieben oder das


Mariella Seel will durch Wissensvermittlung zur Emanzipation der Patientinnen und Patienten beitragen.

Testen von Produkten an Tieren. „Es wird darauf vergessen, dass es hier umfangreiche Vorgaben gibt. Das Testen ist schlichtweg gesetzlich ver­ pflichtend, ansonsten könnten Medikamente niemals für den Gebrauch am Menschen zuge­ lassen werden“, erklärt Seel, die neben dem Stu­ dium auch die Ausbildung zur Medizinprodukte­ beraterin absolviert hat. Insgesamt sei hier eine differenzierte Betrachtungsweise notwendig. Aber auch ein stärkeres Bemühen der Pharma­ branche, Entwicklungen transparent und ver­ ständlich mit der Öffentlichkeit zu teilen.

Gesundheitswissen für alle. „Das Ziel muss es

sein, das Wissen aus dem Gesundheitsbereich so zur Verfügung zu stellen, dass auch die breite ­Bevölkerung etwas damit anfangen kann. Denn Dr. Google werden wir nicht professionalisie­ ren“, sagt Seel. Die Aufbereitung und Vermitt­ lung von medizinischen Erkenntnissen bereiten der Kremserin viel Freude. In Zukunft will sie sich dieser Aufgabe noch stärker widmen. Be­ reits heute arbeitet sie ehrenamtlich bei Cochra­

ne KOMPAKT. In einem Projekt des Netzwerks von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Ärztinnen und Ärzten geht es darum, kom­ plexe Studienergebnisse populärwissenschaft­ lich und damit für alle verständlich darzustellen. Zusätzlich unterstützt sie die AQ Austria (Agen­ tur für Qualitätssicherung und Akkreditierung) als studentische Gutachterin beim Akkreditie­ rungsprozess für neue Studiengänge. „Hier hilft mir die Erfahrung, die ich während meiner Zeit bei der ÖH gesammelt habe, sehr. Die Anliegen der Studierenden bei der Konzeption eines Stu­ diengangs mitzudenken, ist ungemein wichtig“, sagt Seel. Sie war nicht nur zwei Jahre lang Funk­ tionärin in der ÖH IMC Krems (davon ein Jahr lang als Vorsitzende), sondern ist auch weiter­ hin bei Students Of Krems, einem Verein zur ­Stärkung der Studierenden-Community an den Kremser Hochschulen, ehrenamtlich tätig. Wie es nach dem Abschluss in Digital Healthcare weitergeht, kann Mariella Seel noch nicht genau sagen. Eine Karriere in der Forschung erscheint ihr aber sehr ansprechend: „Gerade über die Arzt-Patienten-Beziehung gibt es noch viel her­ auszufinden, etwa um ein Zusammenkommen auf Augenhöhe zu ermöglichen.“

Über HCC Die Healthcare Consulting Group ist ein Team aus Healthcare-, HR- und KommunikationsExpertinnen und -Experten und unterstützt die Gesundheitsindustrie seit 1988 bei der Erreichung ihrer Ziele. www.hccgroup.eu

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Hassan Mohamad

Staatsmeister im Hacken

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Hassan Mohamad, Student im Bachelorstudium IT Security, war mit seinen vier Teamkollegen unter den Gewinnerinnen und Gewinnern der Austrian Cyber Security Challenge 2018. Mehrere Hundert BewerberInnen mussten in vier Qualifika­tions­ monaten neun verschiedene Aufgaben mit unter­ schiedlichem Schwierigkeitsgrad in einer vorgege­ benen Zeit erfolgreich lösen – etwa Webseiten hacken, um versteckte Dokumente zu finden, oder Sicherheitslücken aufdecken. Der Gewinn der Österreich-Challenge war für Mohamad gleichzeitig Teil der Qualifikation für die European Cyber Security Challenge 2019 in Bukarest.

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Ani Antonova

Ausgezeichneter Animationsfilm Studentin Ani Antonova aus dem Studiengang ­Digitale Medientechnologien gewann mit ihrem Dokumentar-Animationsfilm „The Outlander“ meh­ rere Preise: beim Tricky Women/Tricky Realities ­Festival 2019 den „Audience Award of the Austrian Panorama“ sowie beim Best-Austrian-Animation-­ Wettbewerb in der Kategorie „Best narrative ­animation“ und den „Audience award“. Antonovas Film verbindet analoge Zeichnungen mit digitaler Animationskunst und erzählt die wahre Geschichte des Elefanten Süleyman, der im 16. Jahrhundert eine Reise von Lissabon nach Wien über die Alpen unternommen hat. Der FH-Förderverein hat Antono­ vas Arbeit finanziell unterstützt. Der Film entstand teilweise während Antonovas Erasmus-Aufenthalt an der Universidade Lusófona de Humanidades e Tecnologias in Lissabon.

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Jasmin Seidl

Jobsuche per App Jasmin Seidl und Tanja Hössel, Studentinnen des Bachelorstudiums Soziale Arbeit, entwickelten an der FH St. Pölten die App „BenGoo!“. Sie soll Jugendlichen und ihren Bezugspersonen die Job­ suche im Internet erleichtern, indem sie gesuchte Informationen mit gezielten weiteren Links anrei­ chert – und das auf zeitgemäße und spielerische Art. Seidl und Hössel nahmen mit ihrer Entwicklung am Unternehmensgründungsprogramm Creative Pre-Incubator der FH St. Pölten teil. Für ihre ­Bachelorarbeit, in der sie den Prozess der App-­ Entwicklung untersuchte, erhielt Seidl im Rahmen der diesjährigen Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Soziale Arbeit (ogsa) den öster­ reichischen Wissenschaftspreis der Sozialen Arbeit 2018/2019.

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Lukas Daniel Klausner

Abgeschlossene Dissertation IT-Sicherheitsforscher Lukas Daniel Klausner schloss im Oktober 2018 sein Doktoratsstudium in Technischer Mathematik an der TU Wien mit einer Arbeit zum Thema „Creatures and Cardinals“ ab. Die Arbeit ist im Bereich der Mengenlehre ange­ siedelt und beschäftigt sich mit Kardinalzahl­ charakteristiken. Seine mathematischen Kenntnisse bringt Klausner an der FH St. Pölten am Institut für IT-Sicherheitsforschung ein. Er arbeitet an der Schnittstelle von IT-Sicherheit, Privatsphäre/Daten­ schutz und Machine Learning, unter anderem in einem Projekt zur Analyse von Big Data im Kontext anonymisierter Daten.


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Dossier: Nachhaltige ­Entwicklung 14 Coverstory Wiegen des Wandels 19 Wörtlich genommen Nachhaltiger Lebensstil: ­Gewissen beruhigen oder ­besser leben? 20 Im Dialog Potenziale der Digitalisierung 22 Auf Schiene Besser mit der Bahn 23 Ihre Meinung Ist ein nachhaltiger Lebensstil unbequem? 24 Projekte Nachhaltiges Engagement an der FH St. Pölten 25 Blick von außen Nachhaltigkeit im ­Ausnahmezustand: Politisch, nicht privat!

Hochschulen müssen ­vorangehen Jede und jeder kann in unterschiedlichem Ausmaß etwas zu nachhaltiger Entwicklung auf individueller, institutioneller und struktureller Ebene beitragen. Hochschulen haben eine besondere Verantwortung. Sie bilden kommende Generationen an Fach- und Führungskräften aus, sie sind Wissens- und Innova­ tionszentren unserer Gesellschaft und sie sind große Institutionen und Unternehmen. Wer, wenn nicht sie, sollte also im Engagement um nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft vorangehen? Aus diesen Überlegungen hat das Kollegium der FH St. Pölten nachhaltige Entwicklung zum Jahres­ thema 2018/2019 mit besonderen Aktivitäten ­auserkoren. Entstanden sind dabei eine Film- und Diskussionsreihe und eine Ringvorlesung zu Aspek­ ten der nachhaltigen Entwicklung. Mit der aktuellen Ausgabe widmet sich auch unser FH-Magazin „future“ diesem wichtigen Thema. Auf den nächsten Seiten lesen Sie daher unter anderem, welche Aktivitäten das Kollegium, Studierende und MitarbeiterInnen an unserer Fachhochschule setzen, um nachhaltige Entwicklung zu fördern, und welche Rolle Hochschulen und Bildung für nachhaltige ­Entwicklung generell spielen. Einzelne Beiträge wid­ men sich darüber hinaus Fragen rund um Mobilität und Digitalisierung mit einem Fokus auf nachhaltige Entwicklung. FH-Prof. Mag. Dr. Monika Vyslouzil Leiterin des FH-Kollegiums Silvia Udwary, Bakk. MA Assistentin des FH-Kollegiums

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Wiegen des Wandels

An den Hochschulen entsteht die Zukunft: Sie sind entscheidend f ü r g e s e l l s c h a f t l i c h e Ve r ä n d e r u n g e n , w e i l s i e I n n o v a t i o n e n hervorbringen, die Führungskräfte von morgen ausbilden und Wissen um nachhaltige Entwicklung vermitteln. V O N

M A R K

Regionales Essen in der Mensa, grüne Drucke­ reien, Niedrigenergiebau und nachhaltige Ent­ wicklung als Unterrichtsgegenstand: Hochschu­ len sind in mehrfacher Hinsicht wichtig für nachhaltige Entwicklung. Als öffentliche Ein­ richtungen und große Institutionen bzw. Firmen betreiben sie viel Infrastruktur und können da­ mit durch ihre Gebäude, Aktionen für Mitarbei­ terInnen und ihre Beschaffung selbst direkt et­ was beitragen. Zudem können sie Themen und Aspekte der nachhaltigen Entwicklung an ihre Studierenden vermitteln – und dies nicht nur in einschlägigen Fachbereichen, sondern in allen Studiengängen.

Allianz für eine bessere Zukunft. „Hochschulen bilden die Führungskräfte der Zukunft aus. Um nachhaltige Entwicklung zu fördern, sollten sie daher ein systemisches Verständnis und die pas­ senden persönlichen und strategischen Kompe­ tenzen vermitteln. Führungskräfte sollen antizi­ pieren können, wie die Zukunft aussehen kann. Und zum Thema nachhaltige Entwicklung ge­ hört auch das Befassen mit Werten und Normen – ein Punkt, der in vielen akademischen Ausbil­ dungen bisher zu kurz gekommen ist“, sagt Lisa Bohunovsky, Koordinatorin der Allianz Nach­ haltige Universitäten in Österreich. In der Allianz haben sich 15 Universitäten zu­ sammengeschlossen. Sie bündeln ihre Kräfte, um nachhaltige Entwicklung in Lehre, Forschung

H A M M E R

und Management zu stärken und so einen Bei­ trag für eine zukunftsfähige Gesellschaft zu leis­ ten. Erfahrungsaustausch und Nutzen von Sy­ nergien stehen im Vordergrund. Universitäten sind schließlich auch durch Vorgaben in ihren Leistungsvereinbarungen dazu verpflichtet, sich mit nachhaltiger Entwicklung zu befassen. Un­ ter dem Titel „UniNEtZ – Universitäten und Nach­ haltige Entwicklungsziele“ haben die Mitglieder der Allianz und weitere Hochschulen zudem ein Projekt gestartet, um zu erarbeiten, was Öster­ reich dazu beitragen kann, die Ziele der Verein­ ten Nationen für nachhaltige Entwicklung (UN Sustainable Development Goals) zu erreichen.

Fachhochschulen sind im Bereich Lehre und Forschung nahe an der Bevölkerung, nahe an ihrem regionalen Umfeld und den dort bestehenden Bedürfnissen. Mag. Heidi Esca-Scheuringer, Österreichische Fachhochschul-Konferenz (FHK)

„Hochschulen haben im Anthropozän eine ge­ sellschaftliche Verantwortung“, erklärt Chris­tian Rammel. Den Begriff des Anthropozäns haben Geologen als Vorschlag für ein Erdzeitalter ge­ prägt, in dem der Mensch einer der wichtigsten Einflussfaktoren auf die biologischen, geologi­ schen und atmosphärischen Prozesse der Erde Fortsetzung auf Seite 16

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I ND UST RI E, I NNOVAT I ON UND I NFRA ST RUKT UR

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In den Jahren und fanden die ersten großen UN-Konferenzen zu nachhaltiger Entwicklung statt: die Konferenz der Vereinten Nationen über die Umwelt des Menschen in Stockholm und die Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro. Ergebnisse der Konferenz in Brasilien 1992 waren mehrere internationale Verträge: die Agenda 21, die Rio-Erklärung über Umwelt und Entwicklung, die Klimarahmenkonvention, die „Forest Principles“ und die Biodiversitätskonvention.

HO C H W E RTI G E BI LD U N G

LEBEN AN LAND

S A U B E R E S WA S S E R U N D S A N I TÄ R VE R S O R G U N G G ESU ND HEI T UN D WOH LERG EHEN

MA S S N A H ME N Z U M K L I MA S CH U TZ

L E B E N U N TE R WA S S E R

N A CH H A LTI G E S TÄ DTE U N D G E ME I N DE N

www.un.org/sustainabledevelopment/sustainabledevelopment-goals

BE ZA HLB AR E U N D S AU BERE ENE RG IE

1972 1992

WENI GER UNGLEI C HHEI T EN

für nachhaltige Entwicklung, die Sustainable Development Goals, definiert. Sie sollen als Blaupause für eine bessere und nachhaltigere Zukunft für alle Menschen gelten und adressieren globale Herausforderungen. Die Ziele umfassen unter anderem den Kampf gegen Armut und Hunger, den Schutz der Natur, den Kampf gegen den Klimawandel, nachhaltige Entwicklung in Städten, nachhaltige Konsum- und Produktionsweisen sowie Frieden, Gerechtigkeit und ausreichende Mittel zur Stärkung einer globalen Partnerschaft.

G E S CH L E CH TE R G L EI CHST ELLUNG

ME N S CH E N W ÜR DI G E A RBEI T U N D W I RTS CHA F TSWA C HST UM

17 Ziele

V ERA NT WORT UNGSV OLLE KONSUM UND PROD UKT I ONSM UST ER

Die Vereinten Nationen haben

PA RTN E R S CH A F TE N Z U R E R R E I CH U N G DE R Z I E L E

K E I N E A R MU T

KEIN HUNGER

FRI ED EN, GEREC HT I GKEI T UND STA RKE I NST I T UT I ONEN

N A C H H A L T I G E

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ist. Rammel leitet in Wien das Regional Centre of Expertise zur Bildung für nachhaltige Entwick­ lung. Das Netzwerk betreibt Forschung, Bildung und Wissens­ transfer zu regionalen und trans­ regionalen Fragen. „Hochschulen erforschen und verbreiten Wissen, das uns helfen kann, Probleme der Nachhaltigkeit besser zu lösen. Und sie könn­ ten zukünftige Change-Maker ausbilden, auch wenn sie derzeit immer noch primär System­ erhalterinnen und -erhalter für eine Wachstums­ ökonomie produzieren“, so Rammel.

Nachhaltige Entwicklung: ­Jahresthema des Kollegiums der FH St. Pölten Das Kollegium der FH St. Pölten setzt in jedem Studienjahr Aktivitäten zu einem Schwerpunktthema, 2018/2019 war dies nachhaltige Entwicklung. Dazu organisierte das Kollegium eine Ringvorlesung sowie die Filmreihe „Sustainable Development Lounge“ mit Filmen und Diskussionen zu Themen der nach­ haltigen Einwicklung im St. Pöltener Cinema Paradiso. Das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus hat die Initiative mit einer Urkunde, „Bildung für nachhaltige Entwicklung – BEST OF AUSTRIA 2018“, anerkannt. Derzeit koordiniert das Kollegium zudem einen temporären Ausschuss für nachhaltige Entwicklung, in dem sich MitarbeiterInnen zumindest bis zum Ende der aktuellen Kollegiumsperiode im Juni 2020 mit dem Thema auseinandersetzen. https://kollegium-jt.fhstp.ac.at

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An der FH St. Pölten engagiert sich unter ande­ rem das FH-Kollegium zum Thema nachhaltige Entwicklung (siehe Infobox). „Wir sehen Hoch­ schulen in der Pflicht, gesellschaftliche Verant­ wortung zu vermitteln. Um einen Beitrag zu ei­ ner aufgeklärten Gesellschaft zu leisten, greift das Kollegium aktuelle Themen auf, zu denen wir Veranstaltungen und andere Aktivitäten organi­ sieren. Derzeit stehen nachhaltige Entwicklung und die Sustainable Development Goals im Fokus“, sagt FH-Kollegiumsleiterin Monika Vyslouzil. „In einer zunehmend komplexen und fragmentier­ ten Welt ist es wichtig, nicht aus dem Blick zu verlieren, dass wir alle für ein gutes ­Leben aller Menschen verantwortlich sind und einen Beitrag dazu leisten können und müssen.“

Lösungen für Alltagsfragen. Neben der Ausbil­ dung haben Hochschulen eine weitere wichtige Funktion: Sie sind die Wissens- und Innova­ tionszentren unserer Gesellschaft. „Fachhoch­ schulen sind im Bereich Lehre und Forschung nahe an der Bevölkerung, nahe an ihrem regiona­ len Umfeld und den dort bestehenden Bedürfnis­ sen. Menschen wollen Lösungen für ganz alltäg­ liche Situationen: Ist die Verpackung meiner Lebensmittel wiederverwertbar? Gibt es Möglich­ keiten, bei meinen täglichen Wegen auf den PKW zu verzichten? Kann ich meinen Haushalt mit erneuerbarer Energie versorgen? Fachhochschu­ len sind für diese Fragen die ersten regionalen Ansprechpartnerinnen – und an ihnen werden die entsprechenden hochschulischen Bildungs­ angebote und technologischen Lösungen entwi­ ckelt“, sagt Heidi Esca-Scheuringer von der öster­ reichischen Fachhochschul-Konferenz (FHK). Die Fachhochschulen befassen sich folglich in­ tensiv mit Themen der nachhaltigen Entwick­ lung und setzen eigene Aktivitäten. So widmete sich beim letzten Forschungsforum der Fach­ hochschulen ein wissenschaftliches Panel der „Nachhaltigkeit im Spannungsfeld von globalem Anspruch und lokaler Umsetzung: Ein Blick auf ökologische, ökonomische und soziale Aspekte“. Einige österreichische Fachhochschulen sind zu­ dem Mitglied von PRME (Principles for Respon­ sible Management Education), einer inter­ nationalen Initiative, die 2007 anlässlich der Finanzkrise von renommierten internationalen


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Im Jahr 2017 verbrauchte die Menschheit fast

90 Milliarden Tonnen natürliche Ressourcen. Das ist das Dreifache im Vergleich zu 1970, bis 2050 könnte sich der Wert laut einer Schätzung der UN sogar verdoppeln. 2017 machte das pro Kopf knapp 12 Tonnen Material pro Jahr – im Durchschnitt, denn Menschen in reichen Ländern verbrauchen circa 10 Mal so viel wie Menschen in Ländern mit geringem Einkommen. Quelle: Bericht „Assessing Global Resource Use“ des UN-Weltressoucenrats, www.resourcepanel.org/reports/assessing-global-resource-use

Wirtschaftshochschulen ins Leben gerufen wur­ de. Und auch im nationalen Steering Committee des UN Global Compact Österreich sind Fach­ hochschulen mit ihrer Expertise vertreten.

Paradigmenwechsel in der Hochschulbildung. Gemeinsam organisiert haben Universitäten und Fachhochschulen die Konferenz „Wissenschaft im Wandel“, die sich im Herbst 2018 damit be­ schäftigte, welche „Freiräume, Zeit, Netzwerke und Mut zum Wandel“ Gesellschaft und Wissen­ schaft brauchen, um zum Umsetzen der Sustain­ able Development Goals der UN beizutragen. Themen waren unter anderem transformatives Lernen und der Wandel von Weltbildern, die ­lokal-regionale und globale Verantwortung von Forschung und der Beitrag von Hochschulen und Forschung zu einer nachhaltigen Transforma­ tion der Gesellschaft. Die Kernbotschaft: Nachhaltige Entwicklung er­ fordere einen Paradigmenwechsel in der Hoch­ schulbildung, Wissenschaft und Wissenschafts­ förderung hin zu integrierten, systemischen und transformativen Herangehensweisen. Es brau­ che institutionalisierte Freiräume an wissen­ schaftlichen Einrichtungen, damit Experimente und kritisches Denken in Forschung und Lehre möglich sind – das trage zum Erreichen der UN-Nachhaltigkeitsziele bei. Zudem brauche es den Dialog mit Akteurinnen und Akteuren aller sozialen Schichten und eine Neudefinition von langfristigen Zielen und Werten, auch in der

Wir tragen ­Verantwortung

Change-Maker von morgen ausbilden

„Wir sehen Hochschulen in der Pflicht, gesellschaftliche Verant­ wortung zu vermitteln. Um einen Beitrag zu einer aufgeklärten Gesellschaft zu leisten, greift das Kollegium aktuelle Themen auf, zu denen wir Veranstaltungen und andere Aktivitäten organisie­ ren. Derzeit stehen nachhaltige Entwicklung und die Sustainable Development Goals im Fokus.“

„Hochschulen erforschen und ­verbreiten Wissen, das uns helfen kann, Probleme der Nachhaltigkeit besser zu lösen. Und sie könnten zukünftige Change-Maker aus­ bilden, auch wenn sie derzeit immer noch primär Systemerhalterinnen und -erhalter für eine Wachstums­ ökonomie produzieren.“ Dr. Christian Rammel, Regional Centre of Expertise zur Bildung für nachhaltige Entwicklung

FH-Prof. Mag. Dr. Monika Vyslouzil, Leiterin des Kollegiums der FH St. Pölten

Fortsetzung auf Seite 18

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Evaluierung von Forschungsleistungen, sowie Förderung von Forschung, die die UN-Nachhal­ tigkeitsziele unterstützt.

und ein besserer Zugang zu Bildung führen Wals zufolge schließlich nicht automatisch zu einer nach­haltigeren Welt.

Lehren und Lernen müssen sich ändern. In der Lehre sollen Themen nachhaltiger Entwicklung in Curricula eingebaut werden. Die Qualifika­ tion der Lehrenden und entsprechende Lern­ settings würden Freiräume für freies Denken schaffen und kritische Reflexion fördern, so der Tenor auf der Konferenz. Die Keynote hielt Arjen Wals, Professor für transformatives Lernen für sozio­ökonomische nachhaltige Entwicklung an der niederländischen Universität Wageningen. Wals beschäftigt sich mit dem Design von Lern­ prozessen und Lernräumen, die es Men­ schen ermöglichen, bedeutsam zu nachhaltiger Entwicklung bei­ zutragen. Laut dem Experten passiere jedoch immer noch zu viel „Business as usual“ und „Education as usual“. Mehr Bildung

Das Fazit der Konferenz „Wissenschaft im ­Wandel“: Lehren und Lernen müssen sich än­ dern, wenn Hochschulen zur Transformation in eine nachhaltige Gesellschaft beitragen sollen. Ähnlich sieht es auch Christian Freisleben-­ Teutscher vom Service- und Kompetenzzentrum für Innovatives Lehren und Lernen (SKILL) der FH St. Pölten: „Bildung und Forschung müssen sich intensiv mit aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen auseinandersetzen und da­ für Beiträge auf verschiedensten Ebenen leis­ ten. Ein Ansatz dazu, den wir auch an der FH St. Pölten unterstützen, ist etwa das Service Learning: Die Unter­ richtsmethode verbindet fach­ liches Lernen im Unterricht mit gesellschaftlichem Engagement von Studentinnen und Studenten.“

Linktipps Allianz Nachhaltige Universitäten in Österreich http://nachhaltigeuniversitaeten.at

Projekt „UniNEtZ – Universitäten und Nachhaltige Entwicklungsziele“

Bildung für nachhaltige Entwicklung Eines der 2015 von den Vereinten Nationen verabschiedeten Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals) lautet, „bis 2030 sicherzustellen, dass alle Lernenden die für nachhaltige ­Entwicklung notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben, u. a. durch Bildung für nachhaltige Entwicklung, für nachhaltige Lebens­ weise, für Menschenrechte, für Gleichberechtigung der Geschlechter, durch Förderung einer Kultur des Friedens und der Gewaltfreiheit, durch Global Citizenship Education und Wertschätzung kultureller Vielfalt und durch den Beitrag der Kultur zu nachhaltiger Entwicklung.“ Davor hat die UNESCO bereits die Jahre 2005 bis 2014 zur Welt­ dekade der Bildung für nachhaltige Entwicklung erklärt, um die Bedeutung der Wissens­vermittlung herauszustreichen. Von 2015 bis 2019 läuft das Nachfolgeprogramm, das Welt­aktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung. Ziel ist eine langfristige, syste­ matische Veränderung des Bildungssystems, um eine nachhaltige Entwicklung zu unterstützen. www.unesco.at/bildung/bildung-2030/bildung-fuer-nachhaltige-entwicklung www.weltaktionsprogramm.at

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http://nachhaltigeuniversitaeten.at/uninetz

Konferenz „Wissenschaft im Wandel“ http://nachhaltigeuniversitaeten.at/wissenschaft-im-wandel

Blog „Learning for Sustainability“ www.transformativelearning.nl

netzwerk n e. V. für einen Wandel an Hochschulen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung in allen ­Bereichen hochschulischen Handelns https://netzwerk-n.org

Regional Centre of Expertise zur Bildung für ­nachhaltige Entwicklung www.rce-vienna.at

Forum Umweltbildung für nachhaltige Entwicklung www.umweltbildung.at

Seite der European University Association (EUA) zu den Sustainable Development Goals https://eua.eu/issues/24:sustainable-development-goals.html


NACHHALTIGER LEBENSSTIL: Gewissen beruhigen oder besser leben?

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Kerstin Lampel

W i r d d i e N a c h h a l t i g k e i t n a c h h a l t i g e r, w e n n m a n s i c h n a c h h a l t i g damit beschäftigt? Ja, denn gelebte Nachhaltigkeit braucht e i n Vo r a u s d e n k e n w e i t ü b e r d a s e i g e n e b e s s e re L e b e n h i n a u s . Sie bezieht alle Menschen ein und durchdringt als Selbst­ verständnis jeden Lebensbereich. Und nach und nach wird aus dem schlechten Gewissen ein gutes, nachhaltiges Gefühl … FH-Prof. Kerstin Lampel, PT MSc, leitet den Studiengang Physiotherapie an der FH St. Pölten und ist Mitglied des FH-Kollegiums.

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Lena Weiderbauer

Nachhaltigkeit ist in den letzten Jahren zu einem allgegen­ wärtigen Modewort geworden, jedoch hat der Begriff nicht an Bedeutung verloren – ganz im Gegenteil! Ein nachhaltiger L e b e n s s t i l i s t h e u t e w i c h t i g e r d e n n j e . Vo r a l l e m b e i m Lebensmitteleinkauf kann jede und jeder Einzelne einen wichtigen B e i t r a g l e i s t e n . M i t d e m K a u f b i o l o g i s c h e r, r e g i o n a l e r u n d saisonaler Lebensmittel wird die Umwelt geschont, werden Tr a n s p o r t w e g e r e d u z i e r t u n d m e i s t k l e i n b ä u e r l i c h e S t r u k t u r e n i n der Umgebung unterstützt. Mag.ª Lena Weiderbauer ist Kultur- und Sozialanthropologin, diplomierte Kräuterpädagogin, Bio-Greißlerin der „Greißlerei 2.0!“ in St. Pölten und Lektorin an der FH St. Pölten an den Departments Gesundheit und Soziales.

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Anna Putz

Die Nachhaltigkeit geht Hand in Hand mit der Doppelmoral – vor allem in sozialen Medien: Nachhaltiges Outfit trifft auf neues iPhone, regionales Gemüse auf Billigflug nach Berlin. Wir müssen Nachhaltigkeit neu denken, ernst nehmen und anders leben. Damit Nachhaltigkeit nicht Einkommen von Influencern sichert, sondern unsere Zukunft. Anna Putz studiert im Bachelorstudium Medienmanagement an der FH St. Pölten.

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„Kein Nachhaltigkeitsziel kann ohne Digitalisierung erreicht werden“

S m a r t e L a n d w i r t s c h a f t , H ä u s l b a u e r- A p p s u n d f re i e r Z u g a n g z u W i s s e n : S i m o n T j o a v o n d e r F H S t .  P ö l t e n u n d Stefan Fenz von der TU Wien sprechen über die nachhaltigen Potenziale der Digitalisierung. I N T E R V I E W :

J A K O B

Welchen Beitrag kann die Digitalisierung zur nachhaltigen Entwicklung leisten? Tjoa: Die Informations- und Kommunikations­

technologie ist vor allem ein Enabler für die Er­ reichung der Sustainable Development Goals der United Nations (SDGs). Im Bereich der Mobilität können durch Carsharing-Konzepte und Smart Transportation die CO2-Emissionen und der Treib­ stoffverbrauch gesenkt werden. In der Bildung spielt Digitalisierung eine entscheidende Rolle, da Wissen und Information über das Internet für alle gleichermaßen zugänglich sind. Fenz: Der Beitrag der Digitalisierung liegt zum einen in der Ressourcenschonung und zum an­ deren in der Optimierung bereits bestehender Prozesse und Abläufe. Das gilt für alle Bereiche: sei es in der Industrie, wo mit ein paar Prozent Effizienzsteigerung enorme Erträge erreicht ­ ­werden, oder in der Landwirtschaft. Wenn alle verfügbaren Informationen und Rahmenpara­ meter in eine Berechnung miteinbezogen wer­ den, können gezielte Maßnahmen statt des Gießkannenprinzips angewendet werden.

Welche Bereiche haben das größte Potenzial? Fenz: Durch den hohen Einsatz von Ressourcen

besteht in der Landwirtschaft großes Optimie­ rungspotenzial. Dabei geht es nicht nur um eine Steigerung der Erträge. Weniger Dünger bedeu­ tet weniger Belastung für das Grundwasser. We­ niger Einsatz schwerer Traktoren im Gegensatz 20

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zu drohnengesteuerten oder leichten autonomen Systemen bedeutet weniger Bodenverdichtung und somit bessere Bodengesundheit. Bessere Planung der Saatausbringungs- und Erntezeit­ ­ punkte bedeutet sinnvolleres Wirtschaften im Einklang mit den natürlichen Prozessen. Das kommt schlussendlich allen, den Menschen und der ­Natur, zugute.

Ich bin überzeugt, dass keines der Sustainable Development Goals ohne den direkten oder indirekten Beitrag der Digitalisierung erreicht werden kann. Simon Tjoa, Studiengangsleiter Information Security

Tjoa: Meiner Ansicht nach leistet die Digitali­ sierung bei der Erreichung der Sustainable De­ velopment Goals „Bekämpfung von Hunger und Armut“ den größten Beitrag. Zum einen durch präzisere Verfahren in der Landwirtschaft, zum anderen durch Bildung, die Information und Wissen für alle Menschen zugänglich macht. Letztlich bin ich aber überzeugt, dass keines der Ziele ohne den direkten oder indirekten Beitrag der Digitalisierung erreicht werden kann. Was kann die Digitalisierung nicht leisten? Tjoa: Digitalisierung verlangt nach Fachkräften

und da haben wir derzeit einen großen Mangel.


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Wir brauchen Personen, die sich mit digitalen Technologien und Prozessen sowie in einem der jeweiligen Fachbereiche, wie Landwirtschaft oder Bildung, gut auskennen. Fenz: Digitalisierung bedarf genauer Planung. Der Nutzen muss klar erkennbar sein, denn Digi­ talisierung um jeden Preis bringt nicht die er­ hofften Effizienzgewinne. Digitalisierung darf kein Selbstzweck sein.

Immer wieder wird über den Energiebedarf der Digitalisierung geredet. Was sind hier Herausforderungen und Lösungsansätze? Fenz: Die Herausforderung besteht darin, den

Endenergiebedarf digitalisierter Prozesse mög­ lichst gering und durch Verwendung von Öko­ strom emissionsarm zu halten. Zum Beispiel bietet Cloud Computing durch Zentralisierung von Rechenkapazitäten die Möglichkeit, ent­ standene Abwärme wirtschaftlich in Fernwär­ menetze einzuspeisen.

Welche konkreten Projekte setzen sich momentan mit Digitalisierung und nachhaltiger Entwicklung auseinander? Tjoa: Der Analytics-Bereich spielt definitiv eine

wichtige Rolle. Prozessoptimierung und das Auf­ zeigen von ressourcensparenden Alternativen werden entscheidend für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele sein.

Fenz: Wir arbeiten momentan intensiv im Be­ reich der energetischen Gebäudesanierung. Mit der Applikation Semergy erleichtern wir es der Nutzerin oder dem Nutzer, Investitionsentschei­ dungen in Bezug auf Sanierung, verwendete ­Baumaterialien und mögliche Komfortsteigerung zu treffen. Jede Häuslbauerin und jeder Häusl­ bauer kann damit die ideale Bau- oder Sanie­ rungsoption für sich finden, um die eigenen ­Ziele, den angepeilten Ressourcenverbrauch, den Energieverbrauch plus die zur Verfügung stehen­ den Geldmittel optimal einzusetzen. Dies trägt zu einer nachhaltigen Bauweise, aber auch zu einer nachhaltigen Gebäudeinstandhaltung bei.

Dr. Stefan Fenz vom Institute of Software Technology & Interactive Systems der TU Wien

www.xylem-technologies.com isf.fhstp.ac.at

FH-Prof. Mag. Dr. Simon Tjoa, Studiengangsleiter Information Security der FH St. Pölten

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Besser mit der Bahn

Sie trägt direkt und indirekt zur Erreichung der meisten UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung bei – und trotzdem muss die Bahn noch beweisen, dass sie wettbewerbsfähig ist. V O N

Dipl.-Ing. Dipl.-Ing. Dr. Hirut Grossberger, Dozentin und Forscherin am Carl Ritter von Ghega ­Institut für ­integrierte Mobilitäts­ forschung

FH-Prof. Dipl.-Ing. (FH) Dipl.-Ing. Frank Michel­ berger, EURAIL-Ing., ­Institutsleiter am Carl Ritter von Ghega Institut für integrierte Mobilitäts­ forschung

J A K O B

Die Bahn ist umweltfreundlich. Dieser Aussage würde heutzutage wohl kaum jemand wider­ sprechen. Aber ist sie zum Beispiel für Unterneh­ men als Transportmittel auch preiswert genug? Hirut Grossberger und Frank Michelberger vom Carl Ritter von Ghega Institut für integrierte Mo­ bilitätsforschung beziehen ökologische, ökono­ mische und wirtschaftliche Faktoren in ihre For­ schung ein. Denn nur so lassen sich nachhaltige Entscheidungen über die Mobilität der Zukunft treffen.

Digitalisierung von großem Nutzen sein: Digita­ le Tools helfen, Schäden zu erfassen und sicher und ­ zuverlässig zu dokumentieren. Daraufhin können die Performance und Wirtschaftlichkeit der Infrastruktur verbessert werden. „Mit den Methoden Life Cycle Assessment, Life Cycle Cost und Life Cycle Performance analysieren wir ein System von Anfang bis Ende und können so eine ganzheitliche Entscheidungsgrundlage zur Ver­ fügung stellen.“

Frage der Wirtschaftlichkeit. Nach der Defini­

berger und Michelberger an einem Projekt, das vom Land Niederösterreich gefördert wird und in dem ein neuer Forschungsschwerpunkt im In­ ­ stitut zu den Themen Digitalisierung und Automatisierung aufgebaut wird. In einer der ­ Ak­tivitäten soll geklärt werden, ob und wo ein Hybridfahrzeug mit einer Kombination aus ­Stromabnehmer und Akku auf den noch nicht elektrifizierten Strecken – dies sind in Österreich ungefähr 29 Prozent – Dieselloks ersetzen kann. „Die Entscheidung hängt von zahlreichen Fak­ toren, wie dem Aufbau des Akkus, der Konfigura­ tion des Fahrzeugs und dem Strommix, ab“, be­ tont Michelberger.

tion der United Nations muss nachhaltige Ent­ wicklung ökologische, soziale und ökonomische Aspekte miteinbeziehen. Zu zeigen, dass die Bahn ein ökologisches Transportmittel ist, stellt laut Institutsleiter Frank Michelberger wenig Probleme dar. Zudem bringt leistbare Mobilität weit­reichende soziale Vorteile mit sich. „Bei der Entscheidung, ob der Güterverkehr von der ­Straße auf die Schiene verlegt wird, zählt aber in erster Linie die Wirtschaftlichkeit. Hier muss der Beweis erbracht werden, dass die Bahn im Wett­ bewerb mit der Straße mithalten kann“, sagt ­Michelberger. Nur über die Berechnung der indirekten Kosten lässt sich eine Entscheidung im Sinne der nachhaltigen Entwicklung treffen – und zeigen, dass sich vermeintlich teurere In­ vestitionen langfristig rechnen.

Verbesserung mit digitalen Tools. Das Einbe­ ziehen ökonomischer Aspekte und indirekter Kosten sei einerseits für die Forschung, anderer­ seits aber auch für die öffentliche Debatte ein wichtiges Fundament, so Hirut Grossberger, ­Dozentin und Researcherin im Carl Ritter von Ghega Institut für integrierte Mobilitäts­ forschung. „Wenn die Öffentlichkeit nichts davon weiß, kann sie auch keine nachhaltigen Entschei­ dungen einfordern“, so Gross­ berger. Gerade hier kann die 22

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L E I S S I N G

Weg mit den Dieselloks? Aktuell arbeiten Gross­

Spielerischer Ansatz. Unbestritten ist für die beiden Forschenden, dass nachhaltige Mobilität nicht nur auf die Bahn zu reduzieren ist. Auch das Fahrrad und das klassische Zufußgehen ­müssen in eine umfassende Betrachtung mitein­ bezogen werden. So entstand in Zusammenarbeit mit den Departments Medien & Digitale Techno­ logien und Gesundheit eine App, die Schülerin­ nen und Schülern über einen spielerischen An­ satz ein Bewusstsein für nachhaltige Mobilität näherbringt. „Es braucht beides: Die Perso­ nen müssen zur Mobilität gebracht wer­ den, aber auch die Mobilität zu den Personen“, sagt Grossberger. sustainabledevelopment.un.org mobility.fhstp.ac.at


IHRE MEINUNG

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Ist ein nachhaltiger Lebensstil unbequem?

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„future“ hat bei drei engagierten Personen nachgefragt: Wie halten sie es persönlich mit einem nachhaltigen Lebensstil? Schränkt ein nachhaltiger Lebensstil unsere Handlungs­räume ein? Und welche Initiativen zur nachhaltigen Entwicklung finden sie gut oder schlecht?

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Gertrude ­Eigelsreiter-Jashari

Persönlich: Ich bin während meiner Studienzeit in den 1980er-­ Jahren in Wien durch die Alternativ­ szene sozialisiert worden, sodass für mich seit Langem klar ist: möglichst wenig konsumieren, was ich habe, lange verwenden, und wenn kaufen, dann fair, regional, saisonal, biolo­ gisch – und so bemühe ich mich auch zu leben. Unbequem? Ganz im Gegen­ teil: Nachhaltigkeit befreit! Nicht nur vom Konsumwahn und ­Konsumzwang bei uns im globalen Norden, sondern sie schafft auch mehr Lebensfreude und klärt die Sinnfrage. Initiativen: Ausgezeichnet finde ich etwa die Kampagne „System Change not Climate Change“ von Attac, ganz aktuell den Streik der Jugend weltweit für das Klima, aber auch politische Maßnahmen wie die Förderung des Biolandbaus.

Mag. Dr. Gertrude Eigelsreiter-Jashari forscht zu ökonomischen Globalisierungsprozessen und Nachhaltigkeit, ist Lektorin an mehreren Univer­ sitäten sowie Projektleiterin am Zentrum für Migra­ tionsforschung in St. Pölten. Sie war langjährige Lektorin am Department Soziales der FH St. Pölten, zuletzt auch Referentin bei der Ringvorlesung an der FH zu Nachhaltiger Entwicklung.

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Friedrich Hinterberger

Persönlich: Ich besitze kein Auto (nicht mal einen Führerschein), versuche wenig zu fliegen (privat gar nicht) und mehr auf dem Markt und in kleinen Geschäften statt bei den großen Ketten einzukaufen. Unbequem? Nein. Nachhaltig­ keit befreit von den Zwängen der Wirtschaft und so aus dem Hamster­ rad des Immer-mehr-haben-und-­ arbeiten-Müssens. Leben ist immer eingeschränkt durch das Lebenlassen anderer. Das zu negieren, führt in die Einsamkeit. Initiativen: Gut finde ich die ­„Fridays for Future“-Bewegung ­ge­meinsam mit den Scientists for Future und Parents for Future. Schlecht finde ich die Aufrufe von politischer Seite, wir müssten privat mehr tun. Es sind die Rahmenbedin­ gungen, die der Nachhaltigkeit den entscheidenden Kick geben ­müssen.

Dr. Friedrich Hinterberger ist Volkswirt und Lehrbeauftragter an Universitäten im In- und Ausland. Er war Mitarbeiter am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, Gründungspräsident des Sustainable Europe Research Institute und ist derzeit Vizepräsident und Generalsekretär im Austrian Chapter des Club of Rome.

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Ernst Gugler

Persönlich: Ich achte auf Nach­ haltigkeit, wo immer es mir möglich ist: Ich trage Öko-Kleidung. In unse­ rem Bio-MitarbeiterInnen-Restaurant wird frisch vegetarisch gekocht. Ich nutze Zug statt Flugzeug – und wenn ich fliege, kompensiere ich. Ich fahre ein E-Auto, und mein Haus ist ein Greenbuilding, wie unsere beiden Firmengebäude auch. Unbequem? Nachhaltigkeit ist keine Frage der Bequemlichkeit, sondern der inneren Haltung. Wir geben jeden Tag Geld aus. Die Frage ist nur: Welches Unternehmen mit welcher Haltung „füttern“ wir damit? Mit jedem Euro, den wir aus­ geben, entscheiden wir uns für oder gegen die Zukunft. Initiativen: Begrüßenswert ist, was die Zukunft von Mensch und Natur im Fokus hat. Kreislaufwirt­ schaft sehe ich dabei als das Wirt­ schaftsmodell, das dies ermöglichen kann – eine Weltaufgabe. Es schont Ressourcen und vermeidet Abfall. Das Kommunikationshaus gugler* ist hier seit vielen Jahren Vorreiter.

Ernst Gugler ist Gründer und Geschäftsführer des Kommunikationshauses gugler* – Pionier im schadstofffreien Cradle-to-Cradle-Druck und Vorreiter für ganzheitliches Wirtschaften.

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Zweite Chance für krumme Gurken & Co. Studentinnen der FH St. Pölten haben in der Stadt eine Foodsharing-Initiative ins Leben gerufen, um Lebensmittel vor dem Wegwerfen zu bewahren. Die Diätologiestudentinnen Julia Kram, Kathrin Leit­ ner und Melanie Steindl sowie die Physiotherapie­ studentin Christine Dockner haben in St. Pölten eine Foodsharing-Aktion ins Leben gerufen: Sie sammeln Lebensmittel in Geschäften ein, die diese nicht mehr verkaufen können oder wollen – etwa abgelaufene Waren, Produkte mit unleserlichen Verpackungen, Obst mit Druckstellen oder krumme Gurken – sowie Lebensmittel von Privatpersonen wie überschüssiges Obst aus dem Garten. Das Essen verteilen sie dann kostenlos weiter. „Dabei kann man kreativ sein, hier gibt es keine fixen Ver­ teilungswege. Die einzige Regel ist, dass nichts von dem Abgeholten weggeworfen werden soll“, sagt Melanie Steindl.

Die Studentinnen haben dazu den „FairTeiler“ etab­ liert: einen Kühlschrank im Studierendenwohnheim in der Herzogenburger Straße. Neben den „gerette­ ten“, nicht mehr verkaufbaren Lebensmitteln können hier auch Privatpersonen direkt Lebensmittel weiter­ geben. Einen weiteren „FairTeiler“ möchten die ­Initiatorinnen an der FH aufstellen und mittelfristig zusätzliche in St. Pölten. Außerdem ist es ihr Ziel, ­weitere Partnerinnen und Partner für ihr Projekt zu gewinnen. Mittlerweile beteiligen sich mehr als 30 Personen an der I­nitiative – nicht nur Studierende aus fast allen Studiengängen, auch interessierte BürgerInnen. „Das ist gut so, so läuft das Food­ sharing auch in den Ferien weiter und kommt in der Stadt an“, sagt Steindl. Damit noch mehr St. PöltnerInnen dem Beispiel folgen, organisiert die Foodsharing-­Gruppe regelmäßig Info-Abende.

Gegen die Wegwerf-­ Gesellschaft: Die vier Studentinnen haben mit ihrem Foodsharing-­ Konzept Erfolg und wollen es noch aus­ weiten.

https://d.facebook.com/foodsharingSt.Poelten foodsharing.at

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es Wie sich MitarbeiterInnen und Studierende der FH St. Pölten für nachhaltige Entwicklung einsetzen. Mehrere Aktivitäten und Initiativen an der FH St. Pölten unterstützen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung. So nahmen etwa im vergangenen Jahr 23 Mitar­ beiterInnen in mehreren Teams an der Aktion „Wir radeln zur Arbeit“ teil. Mit mehr als 11.000 Fahrrad­ kilometern an fast 1.000 Radtagen haben sie knapp zwei Tonnen CO2 eingespart. Die FH St. Pölten lässt ihre Drucksorten in erster Linie bei Druckereien pro­ duzieren, die auf Nachhaltigkeit und Umwelt­ aspekte achten. c-tv, das Ausbildungsfernse­ hen an der FH, engagiert sich für Green Film Making, das heißt, Transporte werden fast ausschließlich mit Öffis durchgeführt, Dreh­ orte so gesucht, dass sie mit öffentlichen ­Verkehrsmitteln erreichbar sind, für Gäste und SchauspielerInnen organisiert man Zugreisen oder Sammeltransporte, und das Licht spenden immer häufiger energiesparende LED-Lampen.

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Bei der studentischen Peer-Beratung „Peers4You“ unterstützen Studierende ihre Kolleginnen und Kolle­ gen, wenn diese in schwierige Lebenssituationen geraten. Die Bibliothek der FH St. Pölten ist Partnerin des niederösterreichischen Projekts leseumwelt, das eine Sammlung an Büchern, Spielen und anderen Medien zum Thema Umwelt in öffentlichen Bibliothe­ ken zugänglich macht. Die von Sodexo betriebene Mensa an der FH St. Pölten bietet auf Anfrage reines Bio-Catering für Veranstaltungen sowie im laufenden Betrieb Fisch mit dem Gütesiegel des Marine Steward­ ship Council (MSC) und fast ausschließlich heimische Lebensmittel mit nachvollziehbarer Herkunft. Auch der geplante Neubau im Zuge der vorgesehe­ nen Erweiterung des FH-Standorts zum Campus St. Pölten (siehe Artikel S. 7) berücksichtigt Aspekte nachhaltiger Entwicklung: vom Betrachten des gesamten Lebenszyklus des Gebäudes in der Pla­ nung über die langlebige Ausstattung bis zur ange­ strebten Zertifizierung durch die Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft.


BLICK VON AUSSEN

N A C H H A L T I G E

E N T W I C K L U N G

Nachhaltigkeit im Ausnahme­zustand: Politisch, nicht privat! Ungebremste Klimaerwärmung, Populismus, weltweite Ungleich­ heit, disruptive Technologieveränderungen, wachsende Wissen­ schaftsfeindlichkeit: Diese unvollständige Liste ist kein Zeichen von Weltuntergangshype, sondern listet reale Entwicklungen auf, die uns beschäftigen sollten. Wir befinden uns im Ausnahmezustand, sind konfrontiert mit der Paradoxie, die für unsere Gegenwart charakteristisch ist: Wir müssen unsere westliche Lebensweise verteidigen, wenn wir auch in Zukunft gut leben wollen – und gleichzeitig eben diese Lebens­ weise radikal verändern, wenn sie sozial und ökologisch vertretbar sein soll. Ein „weiter so“ ist in dieser Situation keine Option. Dr. Fred Luks ist Nachhaltigkeits­ experte, Redner und Publizist. Er unterstützt Organisationen in Sachen Zukunftsfähigkeit. Mehr unter www.fredluks.com.

Das gilt auch für das Thema Wachstum. Die Politik ist hier voll und ganz vom Traum vom „grünen“ – also umweltverträglichen – Wachstum beherrscht. Das Problem ist, dass die Vorstellung eben das ist: ein Traum. Denn bisher, so zeigen empirische Studien, ­findet eine absolute Entkopplung von Wirtschaftsleistung und Umweltverbrauch nicht statt. Die Welt erlebt gerade das Gegenteil von „grünem Wachstum“. Davor die Augen zu verschließen, ist sicher keine nachhaltige Zukunftsstrategie. Dieser Befund gilt bislang leider auch für das „Postwachstum“ – sozusagen das Gegenkonzept zum „grünen Wachstum“. Die Idee – Wirtschaften ohne Wachstum – hat ökologisch einiges für sich. Wie sie sozial und politisch realisiert werden kann, ist allerdings völlig offen. Sicher ist es keine Option, angesichts globaler Armut den Ländern des Südens nahezulegen, auf Wachstum zu verzich­ ten. Doch gerade weil im globalen Süden Wachstum unverzicht­ bar ist, sollten reiche Länder sich ernsthaft Gedanken darüber machen, wie ein erfolgreiches Wirtschaften möglich ist, ohne auf Dauerexpansion angewiesen zu sein. Vor diesem Hintergrund ist es völlig verfehlt und höchst befremd­ lich, wenn um das Klima besorgte Jugendliche allen Ernstes nach der ökologischen Korrektheit ihres individuellen Verhaltens gefragt werden. Sicher ist es gut, bei Dingen wie Ernährung und Mobilität die Nachhaltigkeit im Blick zu haben. Eine wachstumsorientierte Gesellschaft nachhaltig und klimaverträglich zu organisieren, ist aber keine private Frage, sondern eine dezidiert politische. Und eine offene – und genau in dieser Offenheit liegt ein Grund zur Hoffnung.

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Z U

G A S T

I N

Pionierin im Reich der Mitte

Studieren in China: Als erste Studentin d e r F H S t .  P ö l t e n a b s o l v i e r t e C h r i s t i n a Svacina ein Auslandssemester in der Millionenmetropole Peking. Dort erlebte sie ein kulturelles Kontrastprogramm, lernte viel Neues und fand Freunde fürs Leben. V O N

Obwohl der Alltag in einer fremden Kultur auch anstrengend sein kann, ist er vor allem eines: extrem bereichernd.

J A K O B

L E I S S I N G

Obwohl Christina Svacina für ihr Auslands­ semester weit weg wollte, stand China ursprüng­ lich gar nicht auf ihrer Liste der möglichen Desti­ nationen. „Ich habe zufällig von Daniela Lohner, die sich an der FH um die Outgoing-Studierenden kümmert, erfahren, dass eine Kooperation mit Peking geplant ist – und war sofort begeistert von der Idee, mein Auslandssemester in China zu ver­ bringen“, sagt Svacina. Gerade rechtzeitig wurde für die Studentin der Media- und Kommunikati­ onsberatung die Zusammenarbeit mit der Beijing Foreign Studies University finalisiert. Fünf span­ nende, lehrreiche und intensive Monate verbrach­ te sie in der chinesischen Metropole. Ein glück­ licher Zufall – denn die Auslandserfahrung in China möchte die Studentin keinesfalls missen. „Ich würde es jedem empfehlen, während des Studiums eine Zeit im Ausland zu verbringen. Obwohl der Alltag in einer fremden Kultur auch anstrengend sein kann, ist er vor allem eines: ex­ trem bereichernd“, so Svacina. Das betrifft natür­ lich auch die Sprachkenntnisse. An der Universi­ tät besuchte sie die Kurse auf Englisch, vertiefte ihre Chinesisch-Kenntnisse und war in ständi­ gem Kontakt mit Austauschstudierenden aus der ganzen Welt.

Freunde fürs Leben. Mit den anderen Interna­

tional Students verbindet die Studentin seit ihrer Zeit in Peking enge Freundschaft. Nicht nur das Leben am Campus schweißt zusammen, sondern auch die gemeinsamen Reisen und Ausflüge. ­Neben bekannten Metropolen wie Shanghai ver­ schlug es die Niederösterreicherin auch in die Innere Mongolei: „Ausgedehnte Wanderungen ­ und Übernachten in traditionellen mongolischen

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Neben Großstadtdschungel erlebte Christina Svacina auch die stille Weite der Inneren Mongolei.

Hütten sind ein richtiges Kontrastprogramm zum Großstadtleben in Peking.“ Mit knapp 22 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern leben in der ­Metropole beinahe dreimal so viele Menschen wie in Österreich. Alleine die Universität verfügt über sieben Studierendenwohnheime, drei Kantinen, ein Fitnesscenter und eigene Schwimm­ hallen. Svacina: „Das Leben hat sich viel am Campus ab­ gespielt, die Universität ist wie eine eigene Stadt.“ Die Menschenmassen und einige der chinesischen Gepflogenheiten waren anfangs durchaus gewöh­ nungsbedürftig für sie: „Gerade im öffentlichen Leben muss man sich oft behaupten und durchset­ zen, weil sich einfach so extrem viele Menschen auf einem Fleck befinden. Das ist eine gute Schule fürs Leben.“

Einmalige Chance. Einen Ratschlag für alle jene,

die noch zweifeln, ob ein Auslandssemester das Richtige für sie sei, hat Christina Svacina gleich parat: „Ich rate allen, diese einmalige Chance zu nutzen und Erfahrungen im Ausland zu sammeln. Auch wenn die Vorbereitungen langwierig sein können, lohnt es sich auf jeden Fall, diesen Schritt zu wagen.“ Obwohl nun wieder der FH-Alltag in St. Pölten eingekehrt ist, bleiben die Erinnerun­ gen an die Zeit in China frisch – denn die nächsten Besuche bei ihren neuen europäischen Freunden hat die Studentin schon geplant.


S T .  P Ö L T E N

U N D

D I E

W E L T

Security in the “Cyber Wild West”

T h e a n n u a l I T- S e c u r i t y c o n f e r e n c e I T- S E C X b r i n g s i n t e r n a t i o n a l l y r e n o w n e d s p e c i a l i s t s t o S t .  P ö l t e n U A S . B Y

J A K O B

How can security be guaranteed in the age of the Internet of Things and Industry 4.0? What are the challenges ahead? How can companies use the benefits of an interconnected workplace and simultaneously minimise the threats posed to their critical infrastructure? Over 600 partici­ pants gathered at the Conference IT-Security Community Exchange (IT-SECX) to discuss and share their expertise on the topic of “Secure ­Digitization – Securing the Smart Factory for the Future”. Guest speakers Kevin Jones from Wales, Kirils Solovjovs from Latvia and Colombian IT-­ Security-Expert Sebastián Castro came to St. Pöl­ ten to share their views and perspectives.

New threats and solutions emerge. Keynote

speaker Kevin Jones, head of Cyber Security Ar­ chitecture, Innovation and Scouting at Airbus, made clear that the field of IT-Security requires a willingness to stay up to date with recent devel­ opments: “IT-security is changing and evolving very rapidly due to increasing digitisation and improvements in IT. New threats, security solu­ tions and techniques are continually emerging.” Latvian IT-Security expert and researcher Kirils Solovjovs emphasised the importance of interna­ tional collaboration, especially for smaller coun­ tries like Latvia or Austria. “Big countries like the United States or Russia already have a well-devel­ oped IT-security culture. In smaller countries, it is often hard to find adequate PHD positions or research opportunities. It is excellent that the St. Pölten UAS offers various degree programs in informatics and supports international collabo­ ration in the field,” Solovjovs said.

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and putting all their effort in innovation, ignor­ ing the information security curve of growth for their products. In the future, we will have amaz­ ing IoT devices, but they will not be as secure as they should,” he explained.

St. Pölten UAS has managed to establish a formidable reputation in the field over the past decade.

Protection of critical infrastructure. A key topic

of the conference was the protection of critical systems. “This task is more important than ever,” said Thomas Brandstetter, Lecturer in the Depart­ ment of Computer Science and Security at St. Pöl­ ten UAS and organiser of the event. Digitalisation has become a core issue for the industry as well. Industrial companies are networking their sys­ tems to a greater degree and increasingly equip­ ping them with software components to generate data, which can be used to improve operations. This opens a gateway for malware and continues to be an enormous challenge for IT-security.

International collaboration. Having initiated the conference in 2007, St. Pölten UAS has managed to establish a formidable reputation in the field over the past decade. “It is a privilege for us to have managed to attract such renowned guest speakers. International exchange and collabora­ tion pose a crucial incentive for innovative devel­ opments in the field,” says Brandstetter.

Keynote speaker Kevin Jones, Sebastián Castro, Kirils Solovjovs and Thomas Brandstetter

Development vs. Security. The rapid develop­ ments in IT-Security and the wide-ranging field of the Internet of Things (IoT) call for a reframe of priorities, underlined Sebastián Castro. “The principal issue in IoT-security is that companies are focused mainly on developing new devices   27


B L I T Z L I C H T

International Conference on Creative\Media/Technologies

Woche der Medientechnik

20. Forschungschillout

Bühne frei für die Forschung! Zwei Mal jährlich organisiert die Abteilung Forschung und Wissenstransfer der FH St. Pölten für MitarbeiterIn­ nen ein sogenanntes „Forschungschillout“, bei dem ForscherInnen der FH ihre Projekte präsentieren. Im Jänner fand die Veranstaltung zum 20. Mal statt. Thema waren diesmal Dissertationen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Ende 2018 fand an der FH St. Pölten die erste International Conference on Creative\Media/Technologies (IConCMT) statt. Die viertägige Konferenz bot interdisziplinären Aus­ tausch zu digitalen Medientechnologien und bündelte drei Fachtagungen an der FH St. Pölten: das Forum Medien­ technik, das All Around Audio Symposium und „In Wirklich­ keit Animation …“, die 4. Konferenz zur deutschsprachigen Animationsforschung. https://iconcmt.fhstp.ac.at

APA-ScienceEvent zu den „‚Grand Challenges‘ der Ethik“

APA Science Event & Symposium Medienethik

Tagungen zur Ethik Zu Jahresbeginn stand der diesjährige APA-Science-­ Event im Zeichen der „‚Grand Challenges‘ der Ethik“. Dabei wurden unter anderem Aspekte der Genetik und der Wirtschaftswissenschaften disku­ tiert. Am Podium war neben Barbara Prainsack (Uni Wien), Johann Čas (Institut für Technikfolgen­ abschätzung) und Lukas Kenner (Ludwig Boltzmann Institut für Krebsforschung) auch Michael Litschka,

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Medienethiker und Leiter des Masterstudiums Digital Media Management der FH St. Pölten, vertreten. Im März fand dann an der FH St. Pölten das Symposium Medienethik statt. Das diesjährige Thema „Algorithmen statt Ethik? Möglichkeiten und Grenzen technologisch ausgerichteter Geschäftsmodelle in der TIME-Branche“ richtete sich vor allem an Unternehmen aus Telekom­ munikation, IT, Medien und Entertainment.


B L I T Z L I C H T

Projektevernissage

10.000 Euro für Studierendenprojekte Bei der Projektevernissage haben die Studierenden der FH St. Pölten die Möglichkeit, ihre Projekt­ arbeiten einem großen Publikum zu präsentieren. In mehreren Kategorien werden dann die besten Arbeiten über ein TeilnehmerInnen-Voting ermittelt. Bei der diesjährigen Veranstaltung im Jänner stellte der FH-Förderverein außerdem zum ersten Mal im Rahmen der „Projektevernissage Plus“ Förderungen in der Höhe von insgesamt 10.000 Euro für vier ­Projekte zur Verfügung.

Ausstellung und Diskussion

Film-Frauen im Rampenlicht Aus Anlass des internationalen Frauentags zeigte die FH St. Pölten „See it, be it! Irgendwas mit Film!“. Die Ausstellung wurde gemeinsam mit dem Verein FC Gloria ins Leben gerufen. Sie macht Frauen im Film sichtbar und will junge Frauen zu einer Karriere in der männlich dominierten Film- und TV-Branche animieren. Neben weiblichen Größen aus dem Fach werden auch Absolventinnen der FH St. Pölten und

ihre Berufsbilder vorgestellt. Im Zuge der Eröffnung diskutierten Filmemacherinnen über aktuelle Entwick­ lungen und Strategien bei der Integration von Frauen im Filmbereich. Die Ausstellung wurde in ­weiterer Folge auch an Schulen als Wanderaus­stellung gezeigt. Unterstützt wurde sie von der Diagonale, dem Festival des österreichischen Films, bei dem sie ebenfalls zu sehen war.

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E M P F E H L E N S W E R T

Zur Ökonomie gemeinwohlorientierter Medien. Massenkommunikation in Deutschland, Österreich und der Schweiz Jan Krone, Andreas Gebesmair (Hrsg.) Nomos, 2019, Reihe: Medienstrukturen, Bd. 14 296 Seiten, Broschiert, 59,00 € ISBN 978-3-8487-4811-2 Das Internet hat neue Formen von Öffentlichkeit entstehen lassen, die für die klassische, gemein­ wohlorientierte Massenkommunikation eine Heraus­ forderung darstellen. Im Zentrum des Bandes steht die Frage, wie sich aktuelle medienpolitische und medienökonomische Veränderungen auf die Gemeinwohlorientierung von Medien auswirken. Der Band enthält die Beiträge zur Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und ­Kommunikationswissenschaften, die 2017 an der FH St. Pölten stattgefunden hat. ACHTUNG – Abwertung hat System. Vom Ringen um Anerkennung, Wertschätzung und Würde. Buch zur 11. Österreichischen Armutskonferenz Die Armutskonferenz, Verena Fabris, Alban Knecht, Michaela Moser, Robert Rybaczek-Schwarz, Christine Sallinger, Martin Schenk, Stefanie Stadlober, Manuela Wade (Hrsg.) Verlag des Österreichischen Gewerkschafts­ bundes, 2018 Ca. 240 Seiten, 19,90 € + Versandkosten ISBN 978-3-99046-395-6 Armut ist nicht nur ein Mangel an Einkommen. Armut ist auch verbunden mit einem Verlust an ­sozialem Status. In öffentlichen Debatten werden die jeweiligen VerliererInnen für ihre verschlechterte ökonomische Lage oft selbst verantwortlich gemacht, beschimpft und abgewertet. Die Beiträge dieses Buches machen die Abwertungsspirale und Begleitfolgen wie soziale Disqualifizierung und ­Ohnmachtserfahrungen ebenso zum Thema wie das Ringen um Anerkennung, Wertschätzung und Würde – mit Beiträgen der FH-Dozentinnen Eva ­Grigori und Michaela Moser. Zu bestellen unter office@armutskonferenz.at.

Handbuch Medien und Geschlecht. ­Perspektiven und Befunde der feministischen Kommunikations- und Medienforschung Johanna Dorer, Brigitte Geiger, Brigitte Hipfl, ­Viktorija Ratković (Hrsg.) Springer 2019 Ca. 800 Seiten, ca. 60 € ISBN: 978-3-658-20712-0 Der Band bietet einen Überblick über Grundlagen, Theorien und empirische Befunde der feministi­ schen Kommunikations- und Medienwissenschaft. Auch ein Beitrag von Astrid Ebner-Zarl, Forscherin

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am Institut für Medienwirtschaft der FH St. Pölten, zum Thema „Digitale Spiele als Gegenstand feminis­ tischer Game Studies“ ist enthalten. Ebner-Zarl untersucht darin Inhalt und Aufbau von Spielen, Nutzungsmuster, Strukturen der Games-Branche und Interaktionen, die zwischen Spielenden oder im Umfeld von Games stattfinden. Das Buch wurde „online first“ bei Springer Reference veröffentlicht. Hochschuldidaktik forscht zur Kultur des Ermöglichens. Profilbildung und Wertefragen in der Hochschulentwicklung II. Band 3. Susanne Gotzen, Sylvia Heuchemer und Timo van Treeck (Hrsg.) Cologne Open Science, 2019, Reihe Forschung und Innovation in der Hochschulbildung URN: urn:nbn:de:hbz:832-cos4-8096, online unter cos.bibl.th-koeln.de

Die Bände „Profilbildung und Wertefragen in der Hochschulentwicklung I – IV“ beschäftigen sich mit aktuellen hochschuldidaktischen Forschungsansät­ zen, -ergebnissen und -planungen. Band 3 enthält einen Artikel von Christian F. Freisleben-Teutscher vom Service- und Kompetenzzentrum für Innova­ tives Lehren & Lernen (SKILL) der FH St. Pölten. Freisleben-Teutscher thematisiert darin den Beitrag der Inverted-Classroom-Methode zur Übernahme aktiverer Rollen durch Studierende in der Lehre und präsentiert Ergebnisse einer Untersuchung zum Thema. Proceedings of the 11th Forum Media Technology and 4th All Around Audio Symposium Markus Seidl, Thomas Moser, Kerstin Blumenstein, Matthias Zeppelzauer, Michael Iber (Hrsg.) urn:nbn:de:0074-2299-1, ceur-ws.org/Vol-2299 Der Online-Tagungsband versammelt die Beiträge zum Forum Medientechnik und All Around Audio Symposium, die im November 2018 an der FH St. Pölten stattgefunden haben. Themen sind aktuelle Entwicklungen in der Medientechnik: vom Einsatz von Augmented und Virtual Reality bis zu Datenvisualisierung und Datenjournalismus. IMPRESSUM Herausgeberin: Fachhochschule St. Pölten GmbH, Matthias Corvinus-Straße 15, 3100 St. Pölten Chefredaktion: Mag. Daniela Kaser, MAS Redaktion: Mag. Mark Hammer, Jakob Leissing, MA Fotos und Illustrationen: NMPB Architekten (S. 2, 7), Foto Kraus (S. 2, 4, 19, 21), Carola Berger (S. 4, 17), FH St. Pölten (S. 4, 5, 12), Laura Breban (S. 5), Katarina Balgavy (S. 8), HCC/Wirlphoto (S. 11), Mohamad Hassan (S. 12), Dimiter Ovtcharov (S. 12), Alexander Gotter (S. 12), RCE Vienna (S. 17), Sabine Ziegelwanger (S. 19), Claudia Mann (S. 19), Leonardo Ramirez (S. 21), Martin Lifka Photography (S. 22), Fotostudio Wilke (S. 22), privat (S. 23), Rita Newman (S. 23), Julia Kram (S. 24), Nick Albert (S. 25), Lennart Spengler (S. 26), Altphart Fotografie (S. 27), FH St. Pölten/Ulricke Wieländer (S. 28), FH St. Pölten/Martin Konrad (S. 28), APA/Fotoservice Tesarek (S. 28), Felix Deschmann (S. 29), Jakob Higer (S. 29), Svacina (S. 31); Shutterstock: father (S. 1, 13, 16, 21, 24), Bay_Design (S. 17), Line Icons (S. 21), Vector.design (S. 21), Irina Adamovich (S. 22), Janis Abolins (S. 24) Grafik und Produktion: Egger & Lerch Ges.m.b.H., 1030 Wien Druck: Samson Druck, 5581 St. Margarethen


AUCH DA STECKT DRIN

Austauschstudierende sitzen auf der Chinesischen Mauer und betrachten den Sternenhimmel – das werden in Zukunft immer öfter auch junge Talente der FH St. Pölten sein. Denn mit der Beijing Foreign Studies University und der Jianghan University in Wuhan hat die Fachhochschule unter ihren mehr als 140 Partner­ hochschulen auch zwei in China. Und es sollen noch mehr werden: Rund um das Europe-China-Forum im März in Wien haben VertreterInnen der FH weitere Kooperationen mit chinesischen Universitäten angebahnt.

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„ D r. G o o g l e w e r d e n w i r nicht professionalisieren.“   Seite 11 „Wird die Nachhaltigkeit n a c h h a l t i g e r, w e n n m a n s i c h nachhaltig damit beschäftigt? Ja, denn gelebte Nachhaltigkeit braucht ein Vorausdenken weit über das eigene bessere Leben hinaus.“   Seite 19 „Wir müssen unsere westliche Lebensweise radikal verändern, wenn sie sozial und ökologisch vertretbar sein soll. Ein ‚weiter so‘ ist in dieser Situation keine Option.“   Seite 25 „Obwohl der Alltag in einer fremden Kultur auch anstrengend sein kann, ist er vor allem eines: extrem bereichernd.“   Seite 26

www.fhstp.ac.at


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