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Spiel- und Lesetipps

PROGRAMMMIEREN GEGEN DAS CHAOS

Mark Weisshaupt, Lernwerkstatt SPIEL

«Robo Rally» ist ein Klassiker im Genre der «Programmierspiele». Was zeichnet diese aus? Statt zu würfeln und zu setzen, wird die eigene Spielfigur immer wieder mit einer stets neu auszuwählenden Abfolge von Befehlskarten programmiert (z.B. «geh 2 Felder vorwärts», «dreh Dich nach links», «wiederhole die letzte Bewegung», «geh 1 Feld rückwärts»). Alle versuchen, die eigene (Roboter-) Figur auf dem Feld um Hindernisse herum als erste in Richtung Ziel zu steuern. Weil alle Spielenden jedoch

gleichzeitig programmieren, wissen sie nicht, wie die anderen Roboter sich gleich bewegen werden. Wenn sich nach der Programmierphase dann alle Figuren Schritt für Schritt in Bewegung setzen, kommen sich die Roboter des Öfteren ins Gehege und schieben sich gegenseitig von der geplanten Bahn. Damit passt der verbliebene Rest der fünfschrittigen eigenen Programmierung natürlich nicht mehr zur aktuellen Positionierung, wird aber dennoch bis zum Ende ausgeführt. Chaos ist programmiert. Man läuft dann beispielsweise gegen Wände, in die falsche Richtung, oder stürzt gar in Fallgruben.

Die Lust des Spiels besteht gerade darin, das mögliche Chaos zu antizipieren, seine Figur entsprechend klug und robust zu programmieren, um dann möglicherweise dennoch zu scheitern, da man nicht alles richtig antizipieren kann. Zugleich werden das Arbeitsgedächtnis und die räumliche Vorstellung gefordert, um die eigenen Schritte und die Blickrichtung folgerichtig zu programmieren. Zwei bis sechs Spieler können sich mit zunehmendem Chaos- und Lustfaktor in dem futuristisch-industriellen Setting tummeln.

Im Spiel und auf dem variabel aufbaubaren Feld gibt es viele weitere, teilweise optionale, Elemente, die zum Spielspass und zum Komplexitätsgrad beitragen können: etwa betretbare Förderbänder, die die Roboter selbsttätig weiterbewegen, Laserbeschuss und entsprechende Schadenskarten, die in der Folge die eigene Programmierung schwieriger machen oder kaufbare Upgrades für den eigenen Roboter. Die Spieldauer kann, nicht zuletzt abhängig von der gewählten Größe der Spielfläche, Anzahl der Zielpunkte und der Spieleranzahl von 30 Minuten bis hin zu einem ganzen Nachmittag selbst eingestellt werden.

Das Spiel ist in der aktuellen Fassung von Avalon Hill etwas leichter zugänglich als in früheren Versionen. Wenn die Programmierung noch etwas weniger komplex sein soll, dann bieten sich als Alternativen z.B. «Colt Express» (mit Western Setting) für die ganze Familie oder «Code & Go Maus-Mania», für die Jüngeren an.

«Robo Rally», ab 12 Jahren, von Richard Garfield, Avalon Hill

«Colt Express», ab 10 Jahren, von Christophe Raimbault, Ludonaute

«Code & Go Maus-Mania», 5 bis 9 Jahre, bei Learning Resources

VIRTUELLE ZEITREISEN MIT «ASSASSIN’S CREED»

Judith Mathez, Beratungsstelle Digitale Medien in Schule und Unterricht – imedias

Es braucht einiges an Vorwissen, um sich das Leben in vergangenen Epochen lebhaft vorstellen zu können. Wie verlockend wäre da eine Zeitmaschine, die uns ein Eintauchen in die Vergangenheit ermöglichen würde.

Die Gamereihe «Assassin’s Creed» kommt diesem Erlebnis verblüffend nah. In grossen Spielwelten kann man historisch bedeutsame Orte und Gegenden ausgiebig erkunden, beispielsweise das alte Ägypten, das antike Griechenland oder Nordeuropa während der Wikingerzeit. Die Spiele sind gemäss aktuellen historischen Erkenntnissen gestaltet, was Landschaft und Tierwelt, Architektur, Handwerk und Alltag angeht. Im eigens entwickelten Spielmodus «Discovery Tour» lassen sich die Spielwelten in Ruhe und absolut gewaltfrei erkunden.

Zusätzlich sind pädagogisch aufbereitete Hintergrundinformationen eingefügt. In Olympia erfährt man während des Erkundungsgangs über die belebte und mit Fahnen geschmückte Anlage vieles über den Ablauf der olympischen Spiele, die antiken Disziplinen und bedeutsame Personen. Auch Abbildungen von Artefakten wie bemalte Tongefässe oder Münzen mit Abbildungen der Athleten fehlen nicht, ebenso wenig wie ein kurzes Quiz am Ende jeder Entdeckungstour. Hätten Sie gewusst, welche Frau – trotz Teil-

nahmeverbot an den Spielen – als erste Olympiasiegerin gilt? Es ist die spartanische Königstochter Kyniska, die aus dem Wagenrennen mit dem Vierergespann 396 und 392 v. Chr. als Siegerin hervorging, weil sie die Besitzerin der Pferde war. Aber auch ein freies Herumstreifen ist möglich. So lassen sich mit etwas Geduld im Griechenland des 4. Jh. v. Chr. Delfine und sogar Löwen entdecken.

Die Spiele mit der Möglichkeit, interaktiv historische Welten zu erkunden, eignen sich auch für den Einsatz im Unterricht ab dem Zyklus 2. Die Gamewelten stellen dabei virtuelle Lernorte dar.

Die Spiele der Reihe, für Gamekonsolen oder PC, sind auf deutsch verfügbar und kosten rund 20 Franken.

«Assassin's Creed», Ubisoft

SPANNENDER PLOT ZU AKTUELLEM THEMA

Maria Riss, Zentrum Lesen

Seit dem Kindergarten sind Mischa und Nits beste Freunde. Aber jetzt ist Mischas Vater verschwunden, seit zwei Tagen schon. Mischa hat grosse Angst und muss sich zudem um seine kleine Schwester kümmern. Nits will seinem Freund helfen und besucht ihn deshalb zum ersten Mal in dessen Wohnung.

Was Nits da sieht, verschlägt ihm die Sprache: In der Wohnung gibt es keine Möbel, keine Spielsachen, nur Matratzen und einen leeren Kühlschrank. Und Mischa erzählt seinem Freund endlich von der Armut, von den vielen Notlügen, von seinem zwar liebevollen, aber völlig überforderten Vater. Aber am meisten spricht Mischa von seiner riesengrossen Scham. Er schämt sich für seinen alten Rucksack, die leere Wohnung, er schämt sich für seine Badehose und er schämt sich nicht nur vor seinem Freund, sondern vor der ganzen Welt. Als Nits seinem Freund die eigenen Ersparnisse schenken will, wird Mischa richtig böse, spricht eine Zeitlang kaum mehr ein Wort. Nits wird bewusst, wie schwierig es ist,

Betroffenen zu helfen, ohne dass diese ihre Würde verlieren. Das Buch beschreibt ein ernsthaftes, aktuelles Thema. Zugleich ist es aber auch ein spannender Krimi und eine Geschichte darüber, wie wichtige gute Freunde sind. Das Buch liest sich leicht, weil der Plot sehr spannend ist und die Autorin es versteht, schwierige Dinge in einer einfachen, aber niemals vereinfachenden Sprache auszudrücken. Ein wunderbares Buch, das sich sehr gut zum Vorlesen eignet und unbedingt in jede Schulbibliothek gehört.

Stefanie Höfler, «Feuerwanzen lügen nicht» Beltz 2022

Weitere Lesetipps gibt es unter: www.zentrumlesen.ch IMPRESSUM

«das HEFT» – das Magazin der Pädagogischen Hochschule FHNW erscheint zweimal jährlich, 4. Jahrgang, Nr. 8, Oktober 2022, www.fhnw.ch/ph

Herausgeberin: Pädagogische Hochschule FHNW

Verantwortlicher Redaktor: Marc Fischer

Autor*innen dieser Ausgabe: Barbara Ateras, Sandra Bucheli, Christoph Buchs, Sandra Däppen, Marc Fischer, Sabine Goldhahn, Michael Hunziker, Simone Kannengieser, Kathrin Kochs, Judith Mathez, Guido McCombie, Solange Morel, Dominik Muheim, Virginia Nolan, Pascal Pauli, Ricarda T.D. Reimer, Alexander Repenning, Maria Riss, Mark Weisshaupt

Bildessay: Dora Freiermuth

Fotograf*innen dieser Ausgabe: Lukas Buser, Marc Fischer, Claude Hurni, Christian Irgl, Barbara Keller

Gestaltung: HinderSchlatterFeuz, Zürich

Druck: Sprüngli Druck AG, Villmergen AG

Inserate: print-ad kretz gmbh, Austrasse 2, 8646 Wagen, Tel. 044 924 20 70, Fax 044 924 20 79, E-Mail: info@kretzgmbh.ch

Abonnement: «das HEFT» kann kostenlos abonniert werden: dasheft.ph@fhnw.ch

Postadresse: Pädagogische Hochschule FHNW, Kommunikation, Bahnhofstrasse 6, 5201 Windisch, 056 202 72 60

Auflage: 7000 Exemplare Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck von Artikeln nur mit Genehmigung der Redaktion.

ISSN 2624-8824

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