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SUCCESS STORY
DEN WANDEL VORANTREIBEN
13 von 14 Händen schnellten in die Höhe, als Nathanael Zingg in die Runde fragte: «Wollt ihr etwas verändern?» Dies war der Startschuss für ein Vorhaben, das mehr als notwendig war: Die Neuorganisation des Glaubensvereins Vineyard Bern. Diesem fehlte es an Strategie und schlanken Strukturen. Mit seiner Masterarbeit schaffte der FFHS-Absolvent Klarheit und nahm das Zepter gleich selbst in die Hand.
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TEXT: DEBORAH BISCHOF
«Es war für mich komplettes Neuland», erinnert sich Nathanael Zingg an seinen ersten Arbeitstag bei der Vineyard zurück. Der gelernte Metallbauer hatte 2012 ein Theologiestudium am International Seminary of Theology and Leadership (ISTL) begonnen. Parallel dazu absolvierte er ein Praktikum bei der Vineyard in seinem Heimatkanton Bern. Den eigenständigen Glaubensverein der evangelisch-reformierten Landeskirche kannte er zuvor nur aus Erzählungen. Trotz anfänglicher Unsicherheiten bewährte sich der zielstrebige Berner und erhielt 2017 eine Festanstellung. Als Assistent der Geschäftsleitung und Leiter der Jugendarbeit übernahm er vermehrt Verantwortung.
Zwischen Theorie und Praxis
In seiner neuen Funktion wurde ihm viel abverlangt. «Um mehr aus mir und meiner Arbeit herauszuholen, brauchte ich theoretisches Fachwissen», erklärt der 30-Jährige. Aus diesem Grund entschied sich der ehemalige Theologiestudent, eine weitere Ausbildung in Angriff zu nehmen. Das passende Angebot fand er im Weiterbildungsmaster Executive Master of Business Administration (EMBA) an der FFHS. Bereits nach wenigen Unterrichtswochen bewährte sich sein Entscheid: «Gefühlt lernte ich am Samstag im Studium das, was ich am Montag bei der Arbeit anwenden konnte», erzählt er. Das hohe Mass an Praxisbezug sollte auch bei seiner Masterthesis im letzten Studienjahr entscheidend sein. Denn fast zeitgleich zur Themenwahl kam bei der Vineyard Bern ein altbekanntes Thema zur Sprache: «Seit langer Zeit fehlten klare Organisations- und Führungsstrukturen sowie eine zukunftsorientierte und übergeordnete Strategie», erläutert Nathanael Zingg, «da sah ich meine Chance, mich dieser Herausforderung im Rahmen meiner Arbeit anzunehmen.» Begeistert von seiner Idee gelang es ihm, den Geschäftsführer für sein Vorhaben zu gewinnen. Voller Elan stürzte er sich in seine Masterarbeit. «Die Disposition ist die halbe
Dank seinem Studium fühlt sich Nathanael Zingg gewappnet für seine neue Funktion bei der Vineyard Bern.
Der Berner liebt es, betriebliche Herausforderungen anzupacken und Lösungen zu suchen.

Miete», weiss er, «nur wer hier konkrete Fragen stellt, findet später auch konkrete Antworten.» Diese formulierte der FFHS-Absolvent in Form eines Vorschlags für eine angepasste Aufbauorganisation der Vineyard Bern.
Gemeinsam auf zu neuen Ufern
Doch Theorie soll nicht theoretisch bleiben. «Letzten Endes war das Ziel von Anfang an die Umsetzung. Die Analyse ging daher stets Hand in Hand mit dem Veränderungsprozess innerhalb der Vineyard Bern», erzählt Nathanael Zingg. In einem ersten Schritt ging es darum, die komplex aufgebaute und starre Geschäftsleitungsstruktur neu zu definieren. «Dafür war eine Reduktion von ursprünglich 14 Mitgliedern auf sechs nötig. Im neuen Team übernahm jede Person konkrete Handlungsfelder.» Er selbst sei beispielsweise für das Umbau-Projekt sowie den Bereich Kommunikation zuständig.
Auf der Metaebene gilt es zudem, gemeinsam eine Strategie zu entwickeln. Dabei stellen sich Fragen wie: Wer ist die Vineyard Bern? Wo möchte man hin? Wie erreicht man die Mitglieder? Ziel dahinter sei es jedoch nicht, um jeden Preis neue Mitglieder anzuwerben, sondern vielmehr herauszufinden, was die Vineyard auszeichnet. «Wir müssen unser Profil schärfen und ein gemeinsames Verständnis über Gegenwart und Zukunft schaffen», erläutert Nathanael Zingg das Vorhaben.
Der Wissenshunger bleibt
«Wir sind momentan mitten im Umbruch», so der motivierte Projektleiter. Dank seiner effizienten Arbeitsweise ist er heute einer der sechs Köpfe in der Geschäftsleitung: «Es braucht jemanden, der Ziele festlegt, Aufgaben zuteilt und den Gesamtplan im Auge behält.» Den Wandel vorantreiben, das ist es, was Nathanael Zingg anspornt. Gleichzeitig braucht er immer neue Aufgaben: «Ich liebe es, herausgefordert zu werden», so der FFHS-Absolvent, «Strukturen und Prozesse zu analysieren und neue Wege zu finden, das ist meine Stärke.» Aktuell ist er an einem Punkt, an dem jeden Tag neue Herausforderungen auf ihn warten. Ob dies auch in Zukunft so bleibt, weiss er nicht. Einen Plan B hat er aber bereits: «Unternehmensberatung ist es, was mich fasziniert. Zurzeit tue ich genau das, bin aber gleichzeitig auch in der operativen Umsetzung tätig. Wer weiss, vielleicht ändert sich das eines Tages.»

NEUE WEGE GEHEN ODER WENN GUTE ALTERNATIVEN GEFRAGT SIND
Einen «Plan B» zu verfolgen scheint in diesem Jahr zur Normalität zu werden. Darunter versteht man landläufig, gute Alternativen zu finden, wenn der gewohnte Weg – der eigentliche Plan – nicht möglich ist. Auch an der
FFHS musste Gewohntes neu gedacht werden. Der Präsenzunterricht, der Support sowie sämtliche Arbeitssitzungen erfolgten remote, Events wurden auf Onlineplattformen verlegt und Diplome gelangten auf dem Postweg statt an der Diplomfeier zu den Absolventinnen und Absolventen. Unter dem Fokus «Plan B» beleuchten wir in dieser Ausgabe des Cloud verschiedene Vorhaben der FFHS, bei denen alternative Pfade betreten werden.
Die Dienstleistungen im Bereich E-Learning erleben eine nie dagewesene Nachfrage. Dem wachsenden Interesse kommt das Departement E-Didaktik entgegen und unterstützt Schulen und Institutionen dabei, neue Wege des Onlineunterrichtens zu gehen (S.8).
Für einen noch unbeschrittenen, mutigen Weg entschieden sich ehemalige Studierende des MSc Business Administration in Innovation Management, als sie ihr eigenes Start-up gegründet haben. Die beiden Gründer Andrea Schöllnast und Roland Keller beschreiben im Interview, wie sie durch Impulse des Zukunftsworkshops und des Projekts STUDENT’preneuership ihre Geschäftsideen geschärft und umgesetzt haben (S.12).
Alternativen suchen ist auch die Aufgabe des Teams rund um Diego Moretti, wenn es darum geht, ökologisch nachhaltige, eisenhaltige Nahrungsalternativen zu finden. Der Forscher aus dem Departement Gesundheit untersucht in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich, ob Mehlwürmer als nährstoffreiche Alternative zu Fisch und Fleisch dienen können (S.14).
Plan B verfolgt auch Eishockey-Profi Leonardo Genoni mit seinem mittlerweile dritten Studium an der FFHS. Was ihn antreibt und wie er den Lockdown im Hockeybusiness erlebt hat, erzählt er im Interview (S.16).
Eine weitere Alternative in dieser Ausgabe des Cloud stellen die erweiterten digitalen Inhalte dar, die Sie über die App «FFHS AR» zu einzelnen Artikeln aufrufen können. Wir von der Redaktion wünschen Ihnen viel Freude und Inspiration, neue Wege in einem positiven Licht zu sehen.
Caroline Huber