Fazit 166

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Es ist genug für alle da, aber nicht für jedermanns Gier. Michael Landau, Präsident der Caritas

Fotos: Rothwangl, Scheriau

Der steirische FPÖ-Chef Mario Kunasek sieht in der etwaigen Vorverlegung der Gastrosperrstunde auf 22 Uhr einen weiteren Schlag gegen den Tourismus. Linzer TU-Pläne sorgen für Kopfschütteln Mit der Ankündigung, in Linz eine weitere technische Universität errichten zu wollen, hat Bundeskanzler Sebastian Kurz nicht nur an den bestehenden TU-Standorten in Wien und Graz für Kopfschütteln gesorgt. Denn auch die Uni Salzburg plant die Abspaltung einer technischen Fakultät aus der naturwissenschaftlichen Fakultät, die dann in der Errichtung einer eigenständigen TU münden könnte. Offiziell wollen die Salzburger die Forschung sichtbarer machen und dazu die Biowissenschaften in der NaWi behalten und für digitale und analytische Wissenschaften einen eigenen Bereich aufbauen. Da wird eine Neugründung im nur eine Fahrstunde entfernten Linz natürlich als 14 /// FAZIT OKTOBER 2020

zu viel Konkurrenz auf zu kleinem Raum betrachtet. Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) soll sich daher beim Bundeskanzler telefonisch gemeldet haben, um seiner Verwunderung bzw. seinem Ärger Luft zu machen. Während der Salzburger Landeshauptmann sein Engagement gegen eine TU Linz – wohl aus Parteiräson – dementieren lässt, geht die steirische Forschungslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) diesbezüglich mutiger und offener vor. »Wir haben mit der TU Graz, der TU Wien und der Montanuniversität Leoben drei hervorragende technische Hochschulen im Osten Österreichs, die mit ihrem Ausbildungsangebot die aktuelle Nachfrage nach Studienplätzen gut abdecken«, ließ sie die steirischen Medien in einer Aussendung wissen. Ihre Forschungsaktivitäten seien gerade auch im Bereich der Digitalisierung international höchst anerkannt. Eibinger-Miedl befürchtet durch eine neue Einrichtung negative Auswirkungen auf die budgetäre Situation und damit auf die Ausstattung sowie die Attraktivität der bestehenden Hochschulen. Sie beschließt die Aussendung mit den Worten: »Wir müssen bestehende Stärken stärken, statt Doppelgleisigkeiten aufzubauen.« Die Politik plant die Linzer TU bereits im Jahr 2024 zu gründen. Wie aus dem Bildungsministerium bekannt wurde, haben sich Bildungsminister Heinz Fassmann und der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (beide ÖVP) bereits auf die entsprechenden Vorarbeiten geeinigt. Entsprechend groß ist die Sorge des Grazer TU-Rektors Harald Kainz. Dieser meinte, dass Österreich aufpassen müsse, sich nicht durch zu viele kleine Einheiten selbst zu schwächen. Die österreichischen Rektoren ärgern sich auch über die Art der Bekanntgabe der geplanten technischen Universität in Linz. Statt auf Basis einer Bedarfsanalyse mache die Regierung wissenschaftliche Standortpolitik per Dekret. Dazu kommt aktuell, dass sich die österreichischen Unis mit teilweise dramatischen Rück-

gängen der Hörerzahlen konfrontiert sehen.

Wienwahl – Türkis-Grün hebelt die Corona-Ampel aus Die Corona-Ampel war das Prestigeprojekt von Türkis-Grün zur Eindämmung der Pandemie. Ein Instrument, das es den Behörden ermöglichen sollte, die Verbreitung des Virus mit zuvor genau definierten und gesetzlich abgesicherten Maßnahmen auf die betroffenen politischen Bezirke einzuschränken. Stattdessen haben Bundeskanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) die Corona-Ampel kurzfristig zur unverbindlichen Richtlinie erklärt. Und so gelten für die grüngeschalteten Regionen, in denen es so gut wie keine Neuinfektionen gibt, auf einmal dieselben Maßnahmen wie in den gelben oder orangen Bezirken. Ursache für die Aushebelung der Ampel sind die hohen Infektionszahlen in Wien. Dort hätte die Ampel längst auf Orange gestellt werden müssen – mit Einschränkungen, die – würde sich die Regierung ernst nehmen – einem zweiten Lockdown nahe kämen. Stattdessen wurde ganz Österreich in Geiselhaft genommen. Denn weder die türkisen noch die grünen Regierungsmitglieder wollen dafür verantwortlich sein, dass ihre Parteien die am 11. Oktober stattfindende Wiener Gemeinderatswahl verklopfen. Das ist zwar nachvollziehbar, dass dieser Angst die monatelang vorbereitete Corona-Ampel geopfert wird. Warum der Anteil der Wienerinnen und Wiener unter den in Österreich lebenden Infizierten zuletzt auf 50 Prozent hinaufgeschnellt ist, hat – glaubt man den Experten – viele Gründe. Da ist zum Einen die große Mobilität mit dem signifikant hohen Anteil des öffentlichen Verkehrs am Wiener »Modal Split«. Da sind die Migranten, von denen es sich viele nicht nehmen ließen, den Sommer in ihrer ursprünglichen Heimat zu verbringen. Dazu kommt die räumliche Enge des Ballungsraums und immer mehr kaum gefährdete


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