Fazit 161

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Keep cool down everybody! Vizekanzler Werner Kogler rät zur Besonnenheit

Fotos: Andy Wenzel/BKA, Andy Wenzel/BKA, ÖNB

»What ever it takes!« Vizekanzler Werner Kogler erweist sich als kompromissloser Anhänger des nicht Kleckerns, sondern Klotzens. »Whatever it takes!« – 38 Milliarden! Die türkis-grüne Bundesregierung macht Ernst mit »Whatever it takes!« Mit der Ankündigung eines Hilfspakets von unglaublichen 38 Milliarden Euro oder neun Prozent des BIP für die unter der Corona-Pandemie leidenden österreichischen Wirtschaft hat Bundeskanzler Sebastian Kurz nicht nur ganze Europa in Staunen versetzt, sondern gleichzeitig in Zugzwang gebracht. Der Staat müsse in guten Zeiten sparsam sein, damit er in schlechten Zeiten unter dem Motto »koste es, was es wolle« die Arbeitsplätze retten kann, so Kurz. Daher werde das beschlossene Paket von vier Milliarden Euro auf 38 Milliarden erhöht. Kurz spricht von 15 Milliarden an Notfallhilfen für Branchen, die besonders betroffen sind, von zehn Milliarden für Steuerstundungen und neun Milliarden Euro für Kreditgarantien. Vizekanzler Werner Kogler, der das Paket gemeinsam mit Kurz präsentierte, spricht von der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, mit Folgen, die auch jene der globalen Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009 in den Schatten stelle. 12 /// FAZIT APRIL 2020

Die Finanzhilfen werden grundsätzlich allen Unternehmen offenstehen, so Kogler. Zuerst müsse man aber den direkt von der Krise betroffenen Branchen helfen. Zu Beginn des »Shutdowns« hatte die Regierung ja noch auf einen V-förmigen Konjunkturverlauf gehofft. Damit war gemeint, dass dem tiefen wirtschaftlichen Corona-Absturz ein ebenso rascher Aufschwung folgen würde. Aber bereits nach kurzer Zeit wurde klar, dass der »Shutdown« wohl viel länger dauern werde als anfangs angekündigt. In den ersten Pressekonferenzen der Regierung wurden die Maßnahmen ja noch mit Ende März befristet. Damals war von einigen Tagen die Rede, in denen die sozialen Kontakte massiv reduziert werden sollten, um den Virus auszuhungern. Inzwischen spricht man von mehreren Wochen und der Bundeskanzler sogar von einigen Monaten. Je flacher die Infektionskurve verläuft, desto stärker muss sich der »Shutdown« natürlich in die Länge ziehen. Und da es in der Bevölkerung keinen Herdenschutz gegen das Corona-Virus gibt, wird sich

auf kurz oder eben lang der Großteil der Österreicherinnen und Österreicher damit anstecken. Je langsamer die Zahl der Infizierten steigt, desto besser wird bekanntlich das Gesundheitssystem damit fertig. Und je länger es dauert, bis sich halb Österreich angesteckt hat, desto größer wird auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Heilmittel oder gar ein Impfstoff entwickelt werden. Je länger der »Shutdown« dauert, umso tiefer wird jedoch der wirtschaftliche Fall. Dass die Regierung ihre Wirtschaftsrettung damit begann, das Epidemiegesetz für den »Corona-Shutdown« außer Kraft zu setzen, deutete noch darauf hin, dass das schon früh geäußerte »Whatever it takes!« bestenfalls halbherzig gemeint war. Denn nach dem Epidemiegesetz hätten die österreichischen Unternehmen Anspruch auf den Ersatz sämtlicher durch den »Shutdown« verlorener Umsatzerlöse gehabt. Eine Anwendung des Epidemiegesetzes hätte das Budget daher überfordert und geendet, noch bevor die Ansprüche der Unternehmen abgegolten gewesen wären. Mit der mittlerweile von vier Milliarden auf 38 Milliarden erhöhten Deckelung der Wirtschaftshilfen können die Wirtschaft und damit die Arbeitsplätze tatsächlich gerettet werden. Der Zombieökonomie könnte es trotzdem an den Kragen gehen. Für großen Unmut sorgte im Zusammenhang mit der Bewältigung der CoronaFolgen der der FPÖ zugerechnete Nationalbankgouverneur Robert Holzmann. Seine Aussage, dass nur wirtschaftlich gesunde Betriebe die Krise überleben sollen, klingt nämlich überhaupt nicht nach »Whatever it takes!« Auf die Liquiditätskrise, die von der Regierung nun unter anderem mit Zahlungsaufschüben, Steuerstundungen und Kreditgarantien bekämpft werden soll, wird nämlich unweigerlich eine Bonitätskrise folgen. Gestundete und aufgeschobene Steuern müssen nämlich ebenso irgendwann abbezahlt werden wie von


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