Fazit 159

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Mal schauen, wie aus Brocken Brücken werden.

Fotos: Dominik Butzmann, SPÖ Burgenland

Grünen-Chef Werner Kogler zu den Koalitionsgesprächen

Grüne Wachstumskritik verschärft das Klimaproblem Wie lange es die Grünen wohl noch schaffen, das Klimathema mit ihren wachstumsund wohlstandskritischen Positionen populistisch zu besetzen? Zuletzt wurden sie tatsächlich dafür gewählt, dass sie den Menschen vormachten, es hätte irgendeinen Einfluss auf das Weltklima, ob diese mit dem Auto oder dem Bus in die Arbeit fahren. In die Hände spielt den Grünen inzwischen ein ganzes Netzwerk von NGOs und sogenannten Klimawissenschaftlern, die sehr gut davon leben, ständig irgendwelche »points of no return« zu definieren, die in Bezug auf den CO2-Gehalt der Luft nicht überschritten werden dürfen. Sonst würde der Golfstrom versiegen, die Tundra auftauen oder die Alpen einstürzen. Vielleicht sind die Folgen der Erderwärmung sogar noch schlimmer als prophezeit. Trotzdem geht die Wachstumskritik völlig am Thema vorbei. Ein Bespiel: Der österreichische CO2-Ausstoß pro Kopf ist etwa gleich hoch wie der chinesische. Das österreichische BIP pro Kopf ist hingegen fünfmal so hoch wie das chinesische. Die steirische Wirtschaft beweist seit vielen Jahren, dass sie ohne zusätzlichen Energiebedarf wachsen kann – seit 2005 waren das 42 Prozentpunkte bei gleichbleibendem Energieeinsatz. Auch weltweit ist inzwischen nachgewiesen, dass mehr Wettbewerb dem Klima nützt. Die Treibhausgasemissionen der USA hatten ihren Höhepunkt im Jahr 2007. Auch in der EU zeigt sich, dass die Emissionen seit zehn Jahren sinken. Auch der gängige grüne Einwand, dass mit der Globalisierung die energieintensiven Produktionen in Drittländer verlagert werden, stimmt nicht. Die EU-Statistikabteilung hat dokumentiert, dass die Emissionen, die auf westlichen Konsum zurückgehen – egal wo die Waren herkommen – gesunken sind. Die Grünen haben die Wirtschaft als ihren Klimaklassenfeind definiert und liegen damit vollkommen falsch. Der Grund für sinkende CO2-Emissionen liegt übrigens im wettbewerbsbedingten technischen Fortschritt. Produkte müssen ständig besser und roh14 /// FAZIT JÄNNER 2020

Bei über 40 Prozent für Hans-Peter Doskozil werden die Rufe aus Wien lauter. stoffeffizienter werden, um konkurrenzfähig zu bleiben. Vielleicht gibt es tatsächlich Wege, die Erderwärmung bei 1,5 Grad zu stoppen. Ein Wachstumsverzicht ist keiner davon.

FPÖ – Tiefer geht’s nicht mehr Die Gründe, die dazu führten, dass die FPÖ sowohl bei der Nationalratswahl als auch bei der steirischen Landtagswahl abgestraft wurde, sind bekannt. Das Skandalpotenzial – von Ibiza, der Spesenaffäre und Hunderttausenden Euros, die in Rucksäcken und Sporttaschen durch die Stadt getragen wurden – war für viele jener Wähler, die in den letzten Jahren von anderen Parteien zur FPÖ gewechselt waren, einfach zu groß. Sowohl Norbert Hofer und Herbert Kickl als auch Mario Kunasek sollten daher froh darüber sein, dass ihre Partei der völligen Vernichtung entgangen ist. Denn es ist erstaunlich, dass der blaue Ab-

sturz nicht noch heftiger ausgefallen ist. Das klassische deutschnationale dritte Lager, aus dem die FPÖ bis heute den Großteil ihrer Funktionäre rekrutiert, umfasst nämlich bestenfalls fünf oder sechs Prozent der Bevölkerung. Da liegen die 16,2 Prozent bei der Nationalratswahl und die 17,5 Prozent bei der Landtagswahl deutlich höher. Das Nationalratswahlergebnis scheint demnach die neue Untergrenze für die Freiheitlichen zu sein, die kaum mehr unterschritten werden kann. Die Abgrenzung der neuen Parteiführung zu HC Strache ist daher parteitaktisch konsequent und richtig. Die Abkehr der ÖVP von ihrer Mitte-Rechts-Politik ermöglicht es der FPÖ außerdem, ihren Markenkern als Partei, die sich gegen die Zuwanderung stellt, zu verdichten. Norbert Hofer und Herbert Kickl verstehen es durchaus geschickt, die FPÖ als letzte verbliebene Partei zu positionieren, die wirkungsvoll gegen illegale Migration auftritt und die bei Asylmissbrauch kein Pardon kennt. Die beiden FPÖ-Frontmänner treten dabei wie der gute und der böse Polizist auf. Angesichts der Zerstrittenheit der EU beim Außengrenzschutz ist absehbar, dass die Zahl der illegalen Grenzübertritte in nächster Zeit weiter steigen wird. Vor diesem Hintergrund kann die FPÖ ihr Wiedererstarken wohl nur durch weitere Skandale selbst verhindern.

Die ÖVP muss ihre Migrationshaltung ändern Die ÖVP verdankt ihren großen Sieg bei der Nationalratswahl vor allem jenen 258.000 Stimmen, die sie von der FPÖ dazugewonnen hat. Die ehemaligen FPÖWähler sahen in Sebastian Kurz einen Garanten dafür, dass die restriktive Migrationspolitik der letzten beiden Jahre ihre Fortsetzung findet. Das ist jedoch auszuschließen. Denn Österreich benötigt in den nächsten zehn Jahren dringend an die 350.000 neue Arbeitskräfte. Und die gibt der heimische Arbeitsmarkt einfach nicht her. Die Unternehmen müssen die in den nächsten Jahren in Pension gehenden


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