Für die Menschen ist entscheidend, dass wir genügend Ärzte und Schwestern haben, und nicht, ob wir genügend Funktionäre haben. Gesundheitslandesrat Christopher Drexler zur AUVA-Diskussion
Fotos: SPO Presse, Regina Aigner
SPÖ-Chef Christian Kern vergleicht die türkisblaue Regierung mit dem autoritären Ständestaatregime. Bekommt die ÖVP kalte Füße vor der Sozialversicherungsreform? Da fordert die ÖVP jahrzehntelang Reformen im Bereich der Sozialversicherungen und kaum wagt sich die von ihr dominierte Bundesregierung an diesen ewigen Stillstandsbereich heran, scheinen die schwarzen Sozialpartner kalte Füße zu bekommen. Ausgangspunkt der Diskussion war bekanntlich die Aussage von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein, dass sie davon ausgehe, dass die AUVA zerschlagen werden müsse, weil sie keine Möglichkeiten sehe, dass dort das Sparziel von 500 Millionen Euro, das die Regierung vorgegeben hat, erreicht werde. Das wäre schließlich ein Drittel des Gesamtbudgets von 1,5 Milliarden Euro.
Ist der Kampf um die AUVA bloß ein Kampf um Privilegien? Und sofort waren die Ärzte und die Mitarbeiter auf der Straße und die zahlreichen Funktionäre setzten die Lobbyismus-Maschinerie in Gang. Dabei gibt es im Bereich 14 /// FAZIT MAI 2018
der AUVA Überkapazitäten, die woanders im Gesundheitsbereich dringend benötigt werden. Nicht einmal bei der von den Mitarbeitern befürchteten vollständigen Auflösung der AUVA und der Schließung aller sieben österreichischen Unfallkrankenhäuser sowie der vier Rehabilitationszentren müsste irgendein Arzt oder sonstiger medizinischer Mitarbeiter um seinen Job bangen. Doch nirgendwo sonst im österreichischen Gesundheitsbereich ist das Arbeiten so angenehm wie bei den AUVA-Einrichtungen. Das mussten schon die steirischen Reformpartner Franz Voves und Hermann Schützenhöfer feststellen, als ihre damalige Gesundheitslandesrätin Christina Edlinger-Ploder mit der bestechenden Idee daherkam, die Krankenhäuser in Graz Eggenberg die von der KAGES, den Barmherzigen Brüdern und der AUVA betrieben werden, zu einem großen neuen Leitspital im Grazer Süden zusammenzufassen. Der Widerstand wurde angeführt von den AUVA-Mitarbeitern. Aber auch die KAGES-Angestellten stützten den Protest, denn nichts Schlimmeres hätte ihnen aus Sicht ihrer Personalvertreter passieren können, als zu den Bedingungen, die in den Ordensspitälern herrschen, arbeiten zu müssen. Und tatsächlich gingen die Reformpartner in die Knie. In der von der neuen steirischen rotschwarzen Regierungskoalition unter Gesundheitslandesrat Christopher Drexler vorgestellten Gesundheitsreform war übrigens keine Rede mehr von einer Einbindung der AUVA in die Reformpläne.
Die Sozialversicherungen als Funktionärs-Eldorado Wer die steirische Spitalsdiskussion der letzten Jahre verfolgt hat, dem muss klar sein, dass die Widerstände gegen die Reform des Sozialversicherungsbereichs riesig sein werden. Nicht nur die im Vergleich zu den übrigen Spitälern besser gestellten AUVA-Ärzte wollen kämpfen. Die Selbstverwaltung der Sozialversicherungen hat nämlich für ein gigantisches Funktionärseldorado gesorgt, mit einer Unzahl von gut
bezahlten hauptamtlichen und Aufwandsentschädigungen kassierenden ehrenamtlichen Mitarbeitern, die bereit sind, für ihre vermeintlich wohlerworbenen Rechte auf die Straße zu gehen. Zu den Gegnern der Sozialversicherungsreform gehören aber nicht nur die Sozialpartner und die Gesundheitslobby, sondern auch manche Bundesländer. Offensichtlich fehlt es den schwarzen Systemerhaltern am erforderlichen Mut, jene Neuordnung des Gesundheitsbereichs in die Tat umzusetzen, die sie selbst jahrzehntelang gefordert hatten, um den rotschwarzen Stillstand zu überwinden.
Die Wiener WK und die schwarze Tiroler AK wenden sich ab Inzwischen ist auch der mächtige Wiener WK-Präsident Walter Ruck in das Lager der Skeptiker übergetreten. Für Ruck sind steuerfinanzierte Sozialmodelle deshalb abzulehnen, weil sie eine kaum beeinflussbare Abhängigkeit des Gesundheitsbereichs vom Staat fördern. Er sieht die Gefahr, dass ein steuerfinanziertes Sozialversicherungswesen zu einer allgemeinen Verschlechterung der Gesundheitsversorgung der österreichischen Bevölkerung beitragen würde. Um seine AUVA-Funktionäre zu schützen, fällt Ruck also den WK-Mitgliedern in den Rücken, die schon lange nicht mehr einsehen, dass sie trotz der ständig sinkenden Zahl an Arbeitsunfällen über die Dienstgeberbeiträge jährlich 1,5 Milliarden zur Finanzierung der AUVA aufbringen müssen. Diese hat wiederum, um ihre großen Kapazitäten zu rechtfertigen, längst die Verunfallten im Freizeitbereich als Zielgruppe erkannt. Auch der schwarze Tiroler Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl sieht mit der Zusammenlegung der Sozialversicherungen seine Einflusssphäre schwinden. Denn offenbar will die Regierung die Selbstverwaltung durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber abbauen oder zumindest schwächen. Da die FPÖ weder in der AK noch in der Wirtschafts- und Bauernkammer so stark ist, dass sie bei