Fazit 136

Page 14

Wenn das Modell der Preisfestsetzung funktioniert hätte, wären die Läden im Ostblock voll gewesen. Neos-Chef Matthias Strolz zu den Mietplänen der SPÖ

die einzige Unbekannte könnten die noch unentschlossenen Wähler sein, deren Wahlverhalten in die Umfrageergebnisse projiziert wird.

Fotos: ÖVP/Dominik Butzmann, SPÖ

Bundeskanzler Christian Kern muss nicht nur gegen die politische Konkurrenz, sondern auch gegen Heckenschützen aus der eigenen Partei wahlkämpfen. Alle gegen Sebastian Kurz Mit immer härteren Bandagen gegen den Führenden in den Meinungsumfragen, VP-Chef Sebastian Kurz, versuchen SPÖ und FPÖ das Momentum des Wahlkampfs in ihre Richtung zu ziehen. So bezeichnete SPÖ-Chef Christian Kern die ÖVP-Wirtschaftspläne erst kürzlich als völlig realitätsfremd. Die Kurz-Idee, der drohenden Altersarmut mit Eigentumsbildung am Eigenheim zu begegnen, verglich er sogar mit Marie Antoinettes entrücktem Sager »Sollen sie doch Kuchen essen«, den sie von sich gegeben haben soll, als ihr mitgeteilt wurde, dass das Volk hungere, weil es kein Brot gibt. Dass der Kanzler schlagfertig bis untergriffig sein kann, hat er in den bisherigen TV-Konfrontationen bewiesen. Aber die Pläne und Äußerungen der Mitbewerber als unsinnig hinzustellen, gehört zum Geschäft des Politikers. Mit dem von der ÖVP beklagten »Dirty Campaigning« hat das nichts zu tun. Anders verhält es sich da schon mit den Anti-Kurz-Videos, die die SPÖ bei ihrem mittlerweile geschass14 /// FAZIT OKTOBER 2017

ten Dirty-Campaigning-Experten Tal Silberstein beauftragt hatte. Auch die Plakatwelle der FPÖ, in der sie Kurz unterstellt, er unterstütze die Islamisierung Österreichs, ist grenzwertig. Kurz hatte bei einer Integrationsdebatte mit angehenden islamischen Religionslehrern gesagt »Der Islam gehört selbstverständlich zu Österreich.« Davon, dass er das im Zusammenhang mit der Forderung nach Eigenverantwortung der Muslime getan hat, sich nicht immer in eine Opferrolle zu begeben, sondern gegen jede Art von Radikalisierung vorzugehen, will die FPÖ in ihrer Polemik nichts wissen. Kurz legte den jungen Muslimen jedenfalls nahe, gegen den Terror auf die Straße zu gehen, denn wenn die Mobilisierung von 20.000 Muslimen beim Erdogan-Besuch in Wien funktioniere, müsse auch eine Großdemonstration gegen den Terror machbar sein. Bis jetzt scheinen Kurz die Angriffe von links und rechts jedenfalls nicht zu schaden. Sämtliche Meinungsumfragen sehen die ÖVP nach wie vor an der Spitze und

Grabenkämpfe in der SPÖ Nach dem holprigen Wahlkampfstart scheint es bei der SPÖ drunter und drüber zu gehen. Dabei schaffte es Bundeskanzler Christian Kern auf den beiden Großveranstaltungen in Graz und Linz durchaus, das rote Funktionärsvolk in seinen Bann zu ziehen. Für viele Beobachter war jedoch viel interessanter, wer alles nicht bei der großen Christian-Kern-Show dabei war. Erstmals scheint es innerhalb der SPÖ gleich mehrere Fraktionen zu geben, von denen zwei eine Wahlniederlage herbeizusehnen scheinen. Christian Kern muss nicht nur gegen die politische Konkurrenz, sondern auch gegen die Flügel der eigenen Partei wahlkämpfen. Politinsider machen in der SPÖ derzeit drei Fraktionen aus: Da ist die burgenländische SPÖ um Landeshauptmann Hans Niessl und Verteidigungsminister Hans-Peter Doskozil, die eine enge Allianz mit einer Gruppe rund um Ex-SPÖKanzler Werner Faymann eingegangen sein soll. Diese Gruppe habe das Ziel, Doskozil als Bundeskanzler einer rotblauen Regierung zu installieren und ihn, falls die SPÖ den zweiten Platz verfehlen sollte, zum Vizekanzler einer schwarzroten Regierung zu machen. Ob Doskozil, nachdem er Kern mehrfach konterkariert hat, etwa als er über die APA mitteilen ließ, dass die SPÖ den Gang in die Opposition unbedingt verhindern müsse, und als er sich mit VP-Chef Kurz fotografieren ließ, tatsächlich jene Integrationsfigur sein kann, die die Partei braucht, sollte der 15. Oktober so enden, wie es die Umfragen signalisieren, sei dahingestellt. Die zweite und immer noch wichtigste Gruppe in der SPÖ unterstützt Kern, so wie es früher die gesamte Partei getan hat. Dazu gehören Teile der Wiener SPÖ und die Landesparteiorganisationen mit Ausnahme der burgenländischen. Auch Teile der Gewerkschaft stehen an der Sei-


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.