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Der Metzgermeister Paul Lipp ist noch täglich im Betrieb

Paul Lipp genießt die Freizeit im Garten. Während des Corona-Lockdowns erfreute Paul Lipp die Nachbarn mit Drehorgel-Ständchen vor seiner Haustür.

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Vorletzter seiner Zunft

Metzgermeister Paul Lipp ist noch immer fast jeden Tag im Betrieb

text: holger schmidt I fotos: holger schmidt, privat

1969 gründete Paul Lipp als gerade einmal 26-Jähriger in Ötisheim seine eigene Metzgerei, 1974 übernahm er leerstehende Geschäftsräume im Sindelfinger Eichholz. „Damals gab es noch 15 Metzgereien in Sindelfingen und Maichingen, heute sind es noch zwei“, blickt der gebürtige Allgäuer als Vorletzter seiner Zunft fast ein bisschen wehmütig zurück.

Dafür, dass Paul Lipp schnell im Schwäbischen heimisch wurde und sich heute als echter Sindelfinger fühlt, sorgte auch der Erfolg des eigenen Unternehmens. Filialen im Schleicher und auf dem Goldberg kamen hinzu, aus vier Mitarbeitern wurden mit Teilzeitkräften über 30. Doch das Einkaufsverhalten veränderte sich über die Jahrzehnte. Die Kunden möchten alles zentral an einem Ort einkaufen, so dass Lipp eine Filiale im Maichinger Frischemarkt Vietz eröffnete, die sich als absoluter „Glücksgriff“ entpuppte. 2014 zog auch die Wurstküche aus dem Eichholz, wo es einfach zu eng wurde, in den Stadtteil um. Die breite Vielfalt der angebotenen Wurst- und Fleischwaren aber blieb oder wurde eher noch ausgeweitet. „Saugut in Frische Qualität“ so wie das Firmenmotto eben und die Kunden wissen es seit über 50 Jahren zu schätzen.

Aber auch neben der Arbeit als Metzgermeister mit Leib und Seele - immer alles andere als ein Acht-Stunden-Tag oder eine 40-Stunden-Woche - hat sich Paul Lipp noch an vielen anderen Stellen mit seiner Erfahrung und Menschenkenntnis eingebracht. Von 1992 bis 2013 war er Obermeister der Fleischerinnung im Kreis Böblingen und ist heute Ehrenobermeister, dessen Rat noch immer gerne gehört wird. Beim Arbeitsgericht Stuttgart fungierte er als Schöffenrichter, bei der früheren IKK Böblingen als Arbeitgeberbeirat und wirkte natürlich maßgeblich bei der von ihm mitgegründeten Schlachthof eG Landkreis Böblingen mit.

Zweites Standbein Drehorgelspiel

Seit dem ersten Corona-Lockdown hat sich Paul Lipp, auch weil die geliebte Vereinsbewirtung von einem Tag auf den anderen wegfiel, aus dem Geschäft zurückgezogen. Zwar ist er immer noch fast jeden Tag im Betrieb, aber wenn, dann nur noch für ein bis zwei Stunden. Dafür brachte er sich gerade in dieser schweren Zeit in der Nachbarschaft als Stimmungsaufheller in Erinnerung. Mit seiner Drehorgel nämlich, als er am Ostersamstag und –sonntag spontan zum Ständchen aufspielte und viele Leute auf Straße und Balkonen mittanzten und –sangen. „Mein zweites Standbein“, erklärt Paul Lipp schmunzelnd. Legte er sich das Instrument doch 1996 zu, als während der BSE-Krise andere Kollegen ihre Betriebe aufgeben mussten.

Die Metzgerei Lipp aber gibt es im Maichinger Frischemarkt Vietz unter Leitung von Paul Lipps Tochter Birgit und seinem Schwiegersohn Josef Klaußner noch immer. Ihr Vater kümmert sich in der gewonnenen freien Zeit um seine Frau Elfriede, mit der er seit 1964 verheiratet ist. Außerdem besteht die Familie aus zwei weiteren Töchtern, die ebenfalls im Metzgerhandwerk gelernt haben, und vier mittlerweile fast sämtlich erwachsenen Enkeln. Paul Lipp interessiert sich dafür, was in der Stadt kommunalpolitisch läuft. Und irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft will er dann auch wieder an anderen Stellen als vor der eigenen Haustür mit seiner Drehorgel für gute Stimmung sorgen. hs

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