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SPANIEN
ACHTSAM REISEN
Unser Autor Richard Klein verbrachte seine erste Elternzeit im Reisemobil. Mit Frau und Baby brach er in seinem Clever-Kastenwagen nach Spanien auf. Zwei Monate genoss die junge Familie das Reisen und das enge Zusammensein von den Pyrenäen bis zur Costa Blanca.
TEXT +FOTOS: Richard Klein


STELLPLATZLIEBE In der kargen Tabernas-Wüste spielt unser Campervan verstecken (oben), an der Costa-Blanca nahe Santa-Pola dinieren wir in erster Reihe.


Das ist noch zu früh, das klappt doch gar nicht und dafür sie ist noch viel zu klein – die Rede ist von einer zweimonatigen Reise durch Spanien mit unserer knapp sieben Wochen alten Tochter. Gegen derartige Vorurteile hilft bekanntlich nur das Reisen selbst – das dürfen wir während unserer Elternzeit mit Baby auf Tour erfahren. Ein Stellplatz nahe La Seu d‘Urgell direkt am Bach, ein atemberaubender Blick in die Pyrenäen – so werden wir für die zwei Tage Anreise über Deutschland und Frankreich entlohnt. Sofort erkunden wir die Gegend, den Nachwuchs in die Manduka gepackt, eine Babytrage, welche in Südamerika schon seit Jahrhunderten verwendet wird. Nach einem kleinen dem Rückweg die wilden Feigen direkt vom Baum.
Weckruf der Pferde
Im Sommer und Herbst sind die Parkplätze der Skigebiete kaum besucht und das Freistehen ist dort meist geduldet. So auch in den Pyrenäen nahe Andorra im Skiresort Baqueira-Beret. Morgens werden wir von wilden Pferden geweckt, welche uns ein kleines Stück auf unserer Bergtour auf den Gipfel Cap de Blanhiblar auf 2247 Meter begleiten. Zurück am Wohnmobil und erschöpft von der ausgiebigen Wanderung hat sich unsere Tochter ein warmes Bad mit gigantischer Bergsicht im faltbaren Wäschekorb verdient. Auch wir lassen den Tag mit einem Kaffee aus unserer Bialetti ausklingen. Sommer, Sonne, Strand und natürlich Tapas. Das verbinden wir mit der Costa Blanca, von den Pyrenäen ans Meer statten wir unterwegs noch dem Dörfchen Anento in der Region Aragonien mit










REISEROUTE Achterbahnfahrt oder doch eher Achtsam Reisen? Unsere Elternzeit war beides.
NEUE FREUNDE Nach einer Wanderung nahe Bayárcal in der Sierra Nevada mit Blick bis aufs Mittelmeer bekommen wir tierischen Besuch.
seinen 106 Einwohnern einen Besuch ab. Dort campieren wir völlig allein am Rande eines Canyons, den Sonnenuntergang genießend. Am nächsten Tag steigen wir hinab, vorbei an der Lagune mit Wasserfall zum Castillo de Anento, einer gut erhaltenen Burgruine auf Sandstein. Das bekannteste Markenzeichen Calpes ist sicher der Penyal d’Ifac, ein 332 Meter hoher Fels, direkt an der Costa Blanca gelegen. Die Küstenstadt begeistert mit seinen weißen Häusern, engen Gassen, vielen Shopping-Möglichkeiten und Restaurants im südländischen Flair. App “park4night” ein wenig außerhalb von Calpe. Die Ruhe und den Ausblick auf die Berge der Serra de Bèrnia lassen wir bei einem Glas kalten Wasser,


LUST AUF MEHR MEER? Unsere Tochter zieht klar den heimischen Wäschekorb als Badewanne vor und begutachtet das Schauspiel der Wellen aus der sicheren Babytrage. mit Zitronen frisch vom Baum, auf uns wirken. In Elche bei Alicante treffen wir uns mit Freunden, deren Nachwuchs knüpft schon erste interkulturelle Kontakte mit unserer Tochter. Beim Abendessen im “Chico Calle Elche” bekommen wir neben lokalem Wein auch würzigen Ziegen- und Schafskäse und natürlich den legendären Serrano-Schinken serviert. So gestärkt macht es uns auch nichts aus, das Nachtleben in Elche links liegenzulassen. Stattdessen machen wir uns auf den Weg zurück zu unserem Wohnmobil. Dort stehen wir schon die dritte ruhige Nacht in einem riesigen Palmenpark, wie immer südländisch unkompliziert und nur ca. acht Minuten zu Fuß vom Zentrum entfernt. In Alicante bietet sich die Burg Castillo de Santa Bárbara mit ihrer exponierten Lage hoch über der Küste von milie an. Aus dem 9. Jahrhundert stammend, wurde sie jeweils von den Iberern, den Römern und dann von den Mauren erweitert. Nach dem Besuch des
PANORAMA VIEW Tolle Blicke haben wir auf unserer Reise häufig: Zum Beispiel vom Castillo de Santa Bárbara in Alicante (links) aufs Castillo de La Calahorra am Fuße der Sierra Nevada.

GENUSSMOMENT Serrano Jamon Iberico, der Serrano-Schinken, wird im „Chico Calle Elche“ frisch für uns geschnitten.

STEINIGER WEG 6,5 Millionen Marmorsteinchen pflastern die Promenade Explanada de España.

Castillo gelangt man über das Barrio de Santa Cruz mit seinen kleinen, strahlend weißen Häusern, engen Gassen und blumengeschmückten Hauseingängen ins Zentrum von Alicante. Dort lässt sich auf der Promenade Explanada de España, einer Palmenallee aus 6,5 Millionen Marmorsteinchen, das Gelato genießen. Zurück am Wohnmobil, fordert unsere Erstgeborene auch schon ihren alltäglichen Mittagsschlaf ein.
Der Berg ruft!

Als Naturliebhaber sehnen wir uns nach so viel Trubel nun doch wieder nach mehr Ruhe. Unseren Platz für die Nacht suchen wir uns daher direkt in erster Reihe am Strand abseits dem Dörfchen Santa Pola – die Polizei patrouilliert und grüßt sogar freundlich – so fühlt man sich gleich sicher. Im Allgäu aufgewachsen, zieht es uns immer wieder in die Berge. Durch einen Tipp unserer spanischen Freun die Nacht mit atemberaubender Aussicht auf einem Hochplateau. Nach der ersten Wanderung ist klar, hier wollen wir noch eine Weile bleiben. Die Markise ausgefahren, mit genügend Strom dank unserer Photovoltaik-Anlage und mit 180 Litern Frischwasser versorgt, haben wir








unser Plätzchen für die nächsten Tage gefunden. Weit ab der Hektik der Großstadt genießen wir ungestört die Aussicht bis aufs Mittelmeer. Dorthin führt uns auch unser nächstes Ziel, an die Punta de Loma Larga, eine kleine, kaum einsehbare, einsame Bucht mit traumhaft schönem Badestrand. Dass wir dort absolut keinen Handyempfang haben, stört uns in keiner Weise und trägt zur Entschleunigung bei. Am zweiten Tag gesellt sich ein junges Pärchen mit selbst ausgebauten Kastenwagen aus München zu uns. Am nächsten Tag fängt er mit der eigenen Harpune einige Calamari direkt aus dem Mittelmeer. So steuern wir noch eine Flasche gekühlten Weißwein und einen Salat bei und das gemeinsame Abendessen direkt an der Küste ist perfekt. Unsere Tochter schläft bereits tief und fest, während wir noch unsere Reiseerfahrungen unter freiem Sternenhimmel austauschen.
Filmreif
Die Tabernas-Wüste kennt man aus dem Kino, bekannte Filme wie “Für eine Handvoll Dollar” und “Indiana Jones” wurden dort gedreht. Das wollen wir uns aus nächster Nähe ansehen und nehmen dafür auch extrem ausgewaschene Pisten in Kauf, wo wir unseren Camper einige Male fast im weichen Sand festfahren. Aber die Mühe lohnt sich. Ende September bei Temperaturen um die 26 Grad stapfen wir am nächsten Tag durch die TabernasWüste und bestaunen die verlassenen Drehorte, Kakteen und vertrocknete Olivenbäume. Granada am Nationalfeiertag zu besuchen war eigentlich nicht geplant, umso mehr erfreuen wir uns an den Paraden und Umzü-

TYPISCH SPANISCH... ... sind die geschmückten Hauseingänge der weißen Häuser im Barrio de Santa Cruz mit ihren engen Gassen und die obligatorischen Tapas in den Straßencafés.
WOW-FAKTOR Die Alhambra beeindruckt mit detailreicher Architektur, wunderbaren Wasseranlagen und prächtigen Gärten.
ge. Die Tickets für die Hauptattraktion in Granada, die Alhambra, seit 1984 Weltkulturerbe, buchen wir daher für den nächsten Tag. Die Herkunft des Wortes Alhambra ist bis heute umstritten, wahrscheinlich kommt es aus dem Arabischen und bedeutet “die rote Festung“. Die Architektur der gearbeitete Stalaktitengewölbe in der Sala de los Abencerrajes beeindrucken noch heute und lassen den immensen Aufwand der Erbauer nur erahnen. Unsere Tochter hingegen zeigt sich selbst vom Sommerpalast Generalife wenig beeindruckt und schläft die meiste Zeit. Munter wird sie erst, als wir zum Parque Natural de las Sierras de Cazorla aufbrechen, wo wir nochmals abwechslungsreiche Wanderungen durch Schluchten und zu versteckten Wasserfällen planen. Die La Cerrada de Elias, eine hervorragend ausgebaute Schlucht, bietet eine ideale Wandermöglichkeit über gut gesicherte Wege.
Kulinarischer Abschied
Im Supermercado erstehen wir noch einen Lachs an der Fischtheke, den wir abends auf den Grill legen. Während sich nur einen Steinwurf von unserem Camper entfernt, Hirsche und Füchse schließlich gute Nacht sagen, schalten auch wir das Licht aus. Den Morgenkaffee bei geöffneten Hecktüren zu trinken, der Blick über das goldene Herbstlaub vor den Bergen von Cazorla – so haben wir uns das Reisen in Spanien vorgestellt. Nach einer letzten Nacht direkt am Meer neigt sich die Elternzeit dem Ende zu und wir machen uns mit vielen wundervollen Eindrücken und Erlebnissen im Gepäck auf den Rückweg ins winterliche Deutschland. Die nächste Elternzeit kommt bestimmt.

REISEINFOS
WOHNMOBIL:
Gereist sind wir in einem Clever Kids Vario Camper, einem sechs Meter langen Kastenwagen, mit vier Schlafplätzen im Stockbett. In Eigenregie erweitert haben wir den Camper um eine 260 Watt Photovoltaik-Anlage, eine Trocken-Trenntoilette und einen Frischwassertank, welcher ca. 180 Liter Wasser fasst. So ist autarkes Freistehen bis zu fünf Tagen möglich. ÜBERNACHTEN:
Gesetzlich ist das Freistehen, also das Übernachten außerhalb offizieller Campingplätze, überall verboten. Ernsthaft kontrolliert oder gar sanktioniert wird das unserer Erfahrung nach aber lediglich in stark touristischen Gebieten und in Nationalparks. Viele Städte und Dörfer bieten kostenlose Wohnmobil-Stellplätze mit Müllentsorgung, Stromanschluss, Wasserver- und -entsorgung an. Insgesamt verbrachten wir auf unserer zweimonatigen Reise nur drei Nächte auf einem offiziellen Campingplatz, im Nationalpark Cazorla. Unsere Stellplätze fanden wir mit diversen Apps wie „park4night“ oder entdeckten diese selbst.
ANDERS REISEN:
Unsere Reisegeschwindigkeit nahm gegenüber dem vorherigen Reiseverhalten ohne Kind deutlich ab. Dies brachte jedoch mehr Vor- als Nachteile. So konnten wir uns Zeit für die Familie nehmen und die kleinen Dinge des Reisens genießen. Die spanische Sprache flüssig zu beherrschen, öffnete uns viele Türen. Gekocht haben wir meist selbst im Wohnmobil, kleine Tapas-Bars sind mit Baby entspannter als ausgiebige Restaurantbesuche. In jedem größeren Einkaufszentrum sind mehrheitlich auch Waschsalons untergebracht.
ANREISE:
Die Anfahrt über Frankreich macht den größten Teil der Mautkosten aus, hier wird direkt an den Mautstationen auf der Autobahn bar oder mit Kreditkarte kassiert. So auch in Spanien, hier allerdings nur auf einem Bruchteil der Autobahnstrecken, viele davon sind gratis. Zudem sind viele Bundestraßen gut ausgebaut.


FILMREIF Abgestorbene Olivenbäume und Kakteen sind Teil vieler Filmkulissen in der Tabernas-Wüste. Doch statt Trubel am Filmset genießen wir die Ruhe der unberührten Wildnis.


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