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Theater Kritiken
Die Kleinfamilie als Geisterbahn
L e x i k o n : t h e a t e r
Lexikon
spielt und und singt in diesem Solo das Leben und die Lieder der international erfolgreichen Wiener Chansonsängerin Greta Keller (1903–1977). Eckert macht das sehr gut, das Manko des Abends ist die umständliche, unnötige Rahmenhandlung. Volkstheater, Di 19.30 (18.45 Intro) Camera Clara von Anna Poloni. R: Krassnigg B: Lungennach dem Roman von mIcheL hoUeLLeBecQ schmid D: Feit, Gstrein, Schmieder, Schwab, Schwanda. Die „poetische Satire“ der italienisch-österreichischen G A R AG E Autorin handelt von einem Geschwisterpaar. Als Karen hinter dem Rücken ihres Bruders Marek eine AusstelW olfgang K ralicek , kralicek @ falter . at lung von dessen Fotos organisiert, wird dieser zum Künstler wider Willen – und mit dem idyllischen Leben der beiden ist es vorbei. Wiederaufnahme. Salon5, Di, ✷ empfohlen www.garage-x.at Premiere Mi 19.30 (Bis 30.11.) InszenIeRUng: aLI m. aBdULLah nur einmal / nur diese Woche Chuzpe nach Lilly Brett. R: Berner B: Chu D: Cervik, letzte Vorstellung Schenk, Krismer, Golpashin, Dylag, Schuchter. DramaÖe – aB 21.11. tisierung eines Romans von US-Autorin Brett: Ruth Eintritt frei lesbisch/schwul kann nicht begreifen, dass ihr 87-jähriger Vater Edek, ☺ auch für Kinder geeignet der erst vor wenigen Wochen erst aus Melbourne zu ihr nach New York gezogen, weit davon entfernt ist, einen 1, 2, 3 – Du bist frei Kollektivtheater. Das Kollektiv siehe auch GarageX_Falter46-2012-51x39.indd 1 12.11.12 14:37 ruhigen Lebensabend zu verbringen. Uraufführung! theater arbeitet mit den Methoden des Theaters der Kammerspiele, Voraufführung Mo, Di 20.00, Do Unterdrückten nach Augusto Boal: Die Stücke werden gemeinsam erarbeitet und mit dem Publikum disku20.00 tiert. Diesmal geht es um die „neue Selbstständigkeit“. Acht.Zehn.Einhalb frei nach Federico Fellini. Bernhard Amerlinghaus, Mi 19.30 Ensemble. R: Weigel/Voss B: Hoffmann-Axthelm D: Galli, Hurdes-Galli, Voss, Dick, Haller, Weigel. Wie in Fellinis ✷ Elektra von Hugo von Hofmannsthal. R: Thalheimer Empfohlen Kralicek legt nahe Film „Achteinhalb“ (1962), der von der Schaffenskrise B: Altmann M: Wrede, Soap&Skin D: von Poelnitz, des Regisseurs handelte, steht in dieser BühnenbearStriebeck, Vetter, Rockstroh, Nest. Hugo von Hofmannsbeitung der künstlerische Prozess im Mittelpunkt. Der thals Stück (1903) ist die Fin-de-Siècle-Version einer Regisseur und sein Stück werden permanent in Frage Sophokles-Tragödie: Das Drama findet im Inneren der gestellt und ad absurdum geführt. Was recht spannend von Hass zerfressenen Elektra statt. In Michael Thalheiund witzig beginnt, wird leider irgendwann zäh. Wer mers Inszenierung agieren starke Schauspielerinnen den Film nicht kennt, sollte ihn vor der Inszenierung (allen voran Christiane von Poelnitz als Elektra) in einer anschauen! Das Off-Theater, Sa, Mi 19.30 (Bis 11.12.) schwarzen Bühnenwand; ein 75 Minuten kurzer Abend Schon wieder Theater im Wien- Anleitung zum Glücklichsein Erzähl-Abend mit Birgit von unnahbarer Schönheit. Burgtheater, Mo 19.30 Museum: An unterschiedlichen Sta- (anschl. Gespräch) Lehner. Hat der Dumme das Glück oder der Schlaukopf? Wie sich das Glück und der Verstand einmal getroffen tionen der Dauerausstellung zeigen Endlich Schluss von Peter Turrini. R: Föttinger B: haben und andere Geschichten und Lieder rund um D: Pschill. „Ich zähle bis tausend und bringe der Figurentheatermacher Christoph Langenfass das Glück, begleitet von Musik zur Akkordzither. Ein mich um“: Alexander Pschill in Turrinis SelbstmörderBochdansky und der Musiker Vincenz monolog von 1997. Böse, traurig und witzig ist der Programm, bei dem auch das Publikum sein Glück machen kann: Zur Eintrittskarte kriegt jeder Besucher Wizlsperger (Kollegium Kalksburg) Text immer noch. Aber zu Herzen geht er einem immer ein Glücks-Los, und am Ende des Programms gibt's szenische Miniaturen. „Die Ballade vom noch nicht so recht. Theater in der Josefstadt, So 15.00 eine kleine Lotterie. Mikes Werkstatt, Sa 20.00 Eine Enthandung in Spokane von Martin McDonagh. Wien Museum“ versteht sich als „poe- R: Koukal B: Kepler D: Blume, Kleber, Kleingarn, Pesl. ✷ Die Ballade vom Wien Museum von und mit tisch-mikrotheatralische Erkundung“ Das jüngste Stück des tollen englischen Dramatikers Christoph Bochdansky und Vincenz Wizlsperger. Wien Museum Karlsplatz, Di 19.00, Do 19.00 entlang von Ausstellungsobjekten, die und Filmemachers McDonagh: Carmichael sucht linke Hand. Vor Jahren kam sie ihm in Spokane Empfohlen von Bochdansky ausgewählt wurden. seine auf spektakuläre Weise abhanden. Seine NachforBlütenträume von Lutz Hübner. R: Gampe B: LangenWien-Museum Karlsplatz, Di, Do 19.00 schungen treiben ihn in ein Kaff mitten in der tiefsten fass D: Nentwich, Schleyer, Siegl, Seibt, Srna, Sasse, amerikanischen Provinz. Eine schwarze Komödie. Das Fischer, Scholz. Drei Männer und vier Frauen wollen Off-Theater, Fr 20.00 es noch einmal wissen und buchen in der Volkshochschule einen Flirtkurs. Zielgruppe: die Generation 55 Faust III von Peter F. Schmid. Bretterhaus. R: Schmid Derwisch erzählt 7 mit Aret Güzel Aleksanyan und plus. Österreichische Erstaufführung. Kammerspiele, B: Kern D: Schuberth, Freund, Müllauer, Zolles u.a. Die Mandana Alavia Kia. Die Erfolgsserie (bisher über Mi 20.00 in den 1980er-Jahren hochaktive Amateurtheater50.000 Besucher!) geht weiter: In der siebenten gruppe Bretterhaus gab mit dieser Produktion wieder Folge („Der Duft des Orients“) erzählt der Leiter des Bon Voyage von Rupert Henning. R: Henning B: ein Lebenszeichen. Teil 3 einer Faust-Trilogie bietet Interkulttheaters neue und alte Geschichten aus dem Resetschnig M: Lichtenberger-Bozoki D: Eckert. Andrea existenzielle Dialoge und Slapstick, Rockmusik und Orient und aus seinem Leben; begleitet wird er von der Eckert, die im Volktheater jahrelang Maria Callas war, klassisches Versmaß, Tanz und Spiel im und mit dem Publikum. Letzte Wiederaufnahme! Theater Brett, So-Do 19.00 (Bis 25.11.) ✷ F. Zawrel – erbbiologisch und sozial minderwertig von Simon Meusburger und Nikolaus Habjan. R: Meusburger D: Habjan. NS-Zeitgeschichte als Figurentheater: Das dokumentarische Stück, ausgezeichnet mit dem Nestroy für die beste Off-Produktion 2012, basiert auf Interviews mit dem heute 83-jährigen Friedrich Zawrel, der als Kind die Euthanasie-Klinik am Spiegelgrund überlebte, später kriminell wurde – und seinem Peiniger, dem NS-Arzt Heinrich Gross, vor Gericht als Gutachter wiederbegegnete. „Kein Schauspieler könnte Opfer und Täter vom Spiegelgrund so überzeugend spielen wie diese Stofffiguren“, schrieb Florian Klenk im Falter. Schubert-Theater, So, Di 19.30 Geliebtes Scheusal von Joyce Rayburn. R: Stehr D: Papouschek, Haller, Hexmann, Johne, Wukov. Viktor hält sich für einen toleranten und liebevollen Familienvater. Seine Frau Jane sieht das etwas anders. Und auch Sohn Thomas, der zum Mittagessen erwartet wird, schickt erst mal seine Freundin Shirley voraus. Theater Die neue Tribüne, Fr, Mo, Di, Do 20.00 (Bis 29.1.) DAVE ST-PIERRE ✷ Geschichten aus dem Wiener Wald von Ödön von Horváth. R: Föttinger B: Langenfass D: TeichtmeisNew Creation 2012 ter, Hasun, Cervik, Steinhauer, Mraz, Mangold u.a. Die DO 15. NOV. – SA 17. NOV. Tragödie der jungen Marianne, die den falschen Mann liebt und vom falschen Mann geliebt wird, ist Horváths 20.30 h in TQW / Halle G vielleicht bestes Stück und wird in Wien alle paar Jahre gespielt. Herbert Föttingers Inszenierung punktet mit szenischer Intelligenz und einer starken Besetzung. Theater in der Josefstadt, Fr 19.30 (Bis 28.12.) Gespenster von Henrik Ibsen. R: Bösch B: Bannwart D: Dene, Meyer, Schwab, Krisch, Amuat. Familiendrama + 43 1 581 35 91 / Museumsplatz 1 (1881) um einen jungen Mann, der erfahren muss, dass ihm sein Vater die Syphilis vererbt hat. Der für seinen eminenten Spieltrieb bekannte David Bösch inszeniert das als etwas unausgegorene Mischung aus Gespens-
Theater
rmes Kind! Der kleine Otto in A „Vater Mutter Geisterbahn“ ist seinen Eltern ausgeliefert. Der Zuschauer muss mit ansehen, wie ein Möchtegernregisseur und eine Fast-Philosophin ihre Zukunftsängste an seinem formbaren Charakter abreagieren. Das Ganze ist dennoch nah am Leben – wer ist in der Kindererziehung schon ohne Selbstzweifel? Die Umsetzung aber ist weder Reality-Trash noch neurotisches Kammerspiel, für das eine ist der Text von Martin Heckmanns zu gewollt, für das andere sind die Themen zu banal. Dann bleibt aber nicht mehr viel. Die Schauspieler Fritz Hammel, Simon Jaritz und Alexandra M. Trimmel geben in der österreichischen Erstaufführung in der Drachengasse (Regie: Anselm Lipgens) ihr Bestes, doch es kommt nicht an. Am Ende geht der Sohn. Recht hat er. BE T TINA HAGEN Theater Drachengasse, Fr, Sa, Di–Do 20.00 (bis 8.12.)
Virtuelle Metzelei der Finanzriesen
Die Wiener Wortstaetten im Tag
ier Finanzgrößen treffen sich einV mal im Monat, um das brutalste Computerspiel aller Zeiten zu spielen:
„Kill Hill“. Wer die meisten Spieler um-
bringt, gewinnt auch das meiste Geld. Im gleichnamigen Stück von Viliam Klimáček werden die Superreichen zu unsympathischen Verrückten, die im Affenkäfig sitzen und sich gegenseitig für Millionen die Bäuche aufschlitzen; Bananen fungieren hier originellerweise als Joystick, Pistole, Koksunterlage und Handy. In Martina Schlegelovás Inszenierung kommen Trash und Splatter als ironisches Stilmittel nie wirklich auf der mit Stroh ausgelegten Bühne an. Uninspiriert und oberflächlich wird in dem von den Wiener Wortstaetten nach Wien geholten Stück die Welt der Finanzriesen gezeigt. SAR A SCHAUSBERGER Tag, Fr, Mo, Di 20.00
KARTE UND GEBIET
16.11.–22.11.
G A R AG E
Vater, Mutter, Kind in der Drachengasse
Tänzerin und Sängerin Mandana Alavia Kia. Am Beginn wird dem Publikum Tee aus dem Samowar kredenzt; in der Pause liest eine Wahrsagerin aus der Hand. Interkulttheater, Fr, Sa, Mi, Do 19.30 Eines langen Tages Reise in die Nacht von Eugene O'Neill. R: Fischer B: Schäfer D: Jesserer, Dangl, Gertken, Lohner. In dem 1941 geschriebenen Stück hat USDramatiker O'Neill die eigene Familiengeschichte verarbeitet: Der Vater ist tyrannischer Schauspieler, die Mutter tablettensüchtig, ein Sohn Alkoholiker. Torsten Fischers sehr handgreiflicher Inszenierung würde man zwischendurch weniger große Gesten wünschen. Big Drama! Theater in der Josefstadt, Di, Mi 19.30 (Bis 18.12.)
Theater
Mikrotheatrale Erkundung von Ausstellungsobjekten
www.tqw.at
f o t o s : A n d r e a s FR I ESS / p i c t u r e d e s k , B a r ba r a Pa l f f y
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