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Wer ist Werner Lampert? Der Biopionier, der aus dem Westen kam die Marken „Ja! Natürlich“ für Billa und „Zurück zum Ursprung“ für Hofer und machte Bio damit supermarkttauglich. Lampert ist aus Feldkirch gebürtiger Vorarlberger. Zur kleinen Landwirtschaft der Eltern gehörte ein großer Garten. „Ich hatte schon als Kind diesen Vogel“, erzählt er. Schon damals sei er mit Schweizer Pionierideen von Bircher-Benner und mit Bio-Strömungen in Berührung gekommen. Danach war er dann 20 Jahre lang Vegetarier, der Lebensmittelqualität wegen. Sektiererisch sei das in den 1960er- und 1970er-Jahren gewesen. Auch mit Anthroposophie kam er damals in Berührung, „die hat mich nicht mehr losgelassen“. Den nach der anthroposophischen Methode produzierten Demeter-Lebensmitteln schreibt er höchste Qualität zu, aber diese Methode könne man niemandem vorschreiben, die müssten Landwirte schon für sich selbst entdecken, sagt Lampert. Er gründete in Wien eine kleine Biovertriebsfirma, den „Gemüseboten“, erkannte aber bald, dass ihr die Perspektive fehlte. Anfang der 1990er-Jahre ging er mit seiner „Ja! Natürlich“-Idee zu Konsum. „Die waren aufgeschlossen, hatten aber andere Probleme. Bei Spar hielten sie mich für verrückt.“ :: Werner Lampert (67) kreierte
Gut, aber zuerst müssen wir die Menschen sättigen. Lampert: Billiges Fleisch ist eine Illusion. Die Rechnung für unser Billigfleisch zahlen Menschen in Südamerika, dort nehmen die Armut und Versklavung in Gebieten zu, wo Soya angebaut wird. Unsere Landwirtschaft ist ein Relikt der Kolonialisierung, unsere Bauern kolonisieren Südamerika, um Billigfleisch zu produzieren. Mit Biosoya? Lampert: Wenn der Regenwald für Bio eingeäschert wird, zeigt das nur, wie abstrakt Begriffe und Haltungen sind. In Afrika wird den Bauern das Land genommen, Landgrabbing heißt das. Es gibt kein Grundbuch, geraubte Felder werden zusammengelegt, indische und chinesische Arbeiter fahren mit indischen und chinesischen Landwirtschaftsmaschinen solange auf und ab, bis sie alles zugrundegerichtet haben. Dann ziehen sie weiter. Die ernähren in Afrika keinen Menschen. Wir müssen also den Begriff Bio durch Regionalität, durch nachhaltige Versorgung und durch Zukunftsfähigkeit erweitern.
Mächtige Männer säumten Werner Lamperts Weg: Karl Wlaschek, Veit Schalle, Hans Dichand (von oben). Projekte wie die Seinen könne man nur mit Eigentümern oder Eigentümervertretern durchsetzen, sagt er
Die Massen wachsen, ziehen in die Städte, kann man die anders als auf industrielle Weise überhaupt ernähren? Lampert: Diese Landwirtschaft wird es bald nicht mehr können. Wir müssen auch noch in 40 Jahren Nahrungsmittel aus unserer Umgebung bekommen. Die biologische Landwirtschaft kann uns alle problemlos ernähren. Auch in 20, 30 Jahren.
Bei Billa klappte es dann. Der Generalbevoll-
mächtigte Veit Schalle erkannte das Potenzial, sagte aber zu Lampert, zuerst müsse der den Billa-Gründer und Eigentümer Karl Wlaschek überzeugen. Lampert: „Bei Wlaschek hatte ich im Frühjahr 1994 einen bizarren Termin. Ich habe ihm Salamita-Demeter-Orangen mitgebracht und geschält, ihm von ätherischen Ölen erzählt, ihn riechen und kosten lassen. Ihn hat wohl meine Person und meine totale Eingenommenheit von meiner Idee fasziniert, die Sache war ihm völlig wurscht. Soll der Spinner
Denken Sie da an lauter Kleinbauern? Lampert: Nachhaltig kann man auf 600 oder Fortsetzung Seite 8
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Drum trenne, was ewig weiterleben soll. Glasrecycling bringt jedes Jahr rund 230.000 Tonnen Altglas wieder in den Wertstoffkreislauf zurück.
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das machen, dachte er, vielleicht bringt er ja was zusammen.“ Wlaschek schlug Lampert einen Test bis Weihnachten vor. „Wenn es was wird, kannst du bleiben, sonst musst du gehen. Einverstanden?“ Lampert schlug ein und handelte sich eine Beteiligung aus, deren Höhe er nicht nennen will. Ein Dreivierteljahr brachte sie ihm nichts ein, danach machte sie ihn reich. „Als Rewe bei Billa einstieg, zog sich Wlaschek zurück. Ich hatte eine wunderbare Beziehung zu Schalle, aber irgendwann kam es zum Bruch. Ich zog die Konsequenz, habe auf alles verzichtet und bin gegangen.“ Die Idee für „Zurück zum Ursprung“, die nach-
haltige Weiterentwicklung von Bio, hatte er da schon im Kopf. Seit 2006 realisiert er sie erfolgreich bei Hofer. Mit seiner rund 20-köpfigen Beratungsfirma besorgt er alles für dessen Biomarke: Produkt- und Qualitätsentwicklung, Futtermittel, Marketing bis zur Verpackung, Internetauftritt. Nebenbei führt Lampert den im Besitz der Familie Dichand befindlichen Gemüseproduzenten Csardahof im burgenländischen Pama. Wie es dazu kam? Lampert kaufte beim Csardahof für Billa Gemüse. Dichand-Sohn Michael hatte den Hof mit Verlusten geführt. Eines Tages besichtigte Lampert mit Wlaschek den Hof und ersuchte Hans Dichand, anwesend zu sein, denn Wlaschek und Dichand kannten einander nicht. Wlaschek war begeistert und kaufte den Hof auf der Stelle. Später bedauerte er den Spontankauf und bat Lampert, ihn bei Dichand rückgängig zu machen. Der willigte unter der Bedingung ein, dass Lampert Geschäftsführer würde. Dieser Nebenjob ist ihm bis heute geblieben. Im Hauptjob aber kämpft Lampert für seinen neuen Begriff von Bio. Der Vogel, würde er sagen, ist ihm geblieben. F
F o t o s : A p a / G e r t Egg e n b e r g e r ( 2 ) , A p a / H e r b e r t Pfa r r h o f e r
ist der Bauer als Selbstversorger. Er weiß genau, wo und wann und warum er sein Korn anbaut, das gibt er dann seiner Sau – und wenn er einen Schweinsbraten isst, kommt der ganze Kosmos auf den Tisch. Da ist was dran.