E Pluribus Eintracht - Katalog

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E Pluribus Eintracht Katalog



E Pluribus Eintracht Katalog

Dieser Katalog dokumentiert die Ausstellung „E Pluribus Eintracht“ die vom 2. Mai bis 8. August 2013 im Eintracht Frankfurt Museum gezeigt wurde. Alle gezeigten Arbeiten stammen von Dominik Dresel und Mathias Weinfurter. 24.03.2014



Einleitung

Am 1. Mai 2013 feierten wir die Eröffnung unserer Ausstellung im Eintracht Frankfurt Museum. Diese trug den Namen „E Pluribus Eintracht“. Sie stand gut drei Monate und wurde in dieser Zeit von tausenden Stadionbesuchern gesehen. Das gesamte Projekt E Pluribus Eintracht begann Ende Sommer 2012, als „Rumspinnerei“ in Altsachs und ging weit über den Abbau der Ausstellung am 8. August 2013 im Museum hinaus. Während der theoretischen Arbeiten am Konzept und dem praktischen Umsetzen der Ideen, erlebten wir eine Zeit, die besser nicht hätte verlaufen können. Neben den vielen Eindrücken, der erfahrenen Bereitschaft zur Hilfe von Außenstehenden und den Erkenntnissen aus der Auseinandersetzung mit Kultur und Ästhetik erlebten wir auch eine Eintracht die uns mit sensationellem Fussball inspirierte. Dieser Katalog enthält Abbildungen von allen in der Ausstellung gezeigten Arbeiten, sowie Texte über die Auseinandersetzung mit den für die Ausstellung relevanten Themen. Viel Spaß damit.


Inhalt

EDITION

18 - 25

UNIKATE

26 - 51

Die Kurve kriegen von Matthias Thoma

10 - 13

Unikate

26 - 29

E Pluribus Eintracht Das Konzept

14 - 15

Der Zaun

30 - 31

Der Blickwinkel

16 - 17

Der Stoff

42 - 43

Edition

20 - 21


SCHALS

52 - 61

Der Schal

54 - 55

INSTALLATION

62 - 69

Installation Unsere Farben, unsere Fahnen

64 - 65

Die Macher

70 - 71

Credit

72 - 73


Die Kurve kriegen von Matthias Thoma

Das Stadion lebt oft von der Kurve, die ja meist längst keine Kurve mehr ist, sondern eine Gerade. Der Fußball lebt oft von der Kurve und die Kurve lebt für den Fußball. Das Eintracht Frankfurt Museum stellt Fußballgeschichte aus und damit einhergehend auch Kurvengeschichte. Aber wie kriegt man die Kurve möglichst authentisch in ein Museum? Begeisterung, Niedergeschlagenheit, Freude, Wut, Farben, Fahnen, Konfetti & Kreativität sind nur schwer einzufangen und in Vitrinen zu packen. Selbst handfeste Bestandteile der Fankultur verlieren hinter Glas ihre einst mächtige, kraftvolle Wirkung. Als Mathias und Dominik Ende 2012 erstmals im Eintracht Frankfurt Museum zu Gast waren und Ihre Idee präsentierten, waren wir relativ zwiegespalten. Auf der einen Seite freuten wir uns über die Begeisterung der Beiden, über Ideen, Visionen & den Ehrgeiz, das eigentlich Unmögliche möglich zu machen. Auf der anderen Seite hatten wir natürlich auch den Tagesbetrieb in einem Museum im Kopf, und angesichts der ehrgeizigen Pläne der Beiden hatten wir eine gesunde Skepsis: Klappt das alles so, wie vorgestellt? Die einfache Idee, das Foyer des Museums für die Aus-

stellung umzugestalten, nahm in den folgenden Wochen konkretere Formen an. Umbauten bedeuten: Brandschutz, und so mussten die Stoffe, Installationen, Fahnen und Wände erstmal eingehend begutachtet werden – das kennt die Kurve ja von den Choreographien. Insofern gab es auch im Vorfeld der Ausstellung schon ein Kurvenfeeling im Museum. Als alles abgesegnet war, machte sich ein fleißiger Handwerker-, Fanprojektler- und Künstlertrupp an die Arbeit und legte los. Und wir staunten. Hatten wir alle Ideen bisher nur mit leuchtenden Augen vorgetragen bekommen, sahen wir nun, was wirklich auf uns zukam. Zunächst verschwand die große beleuchtete EintrachtElf von 1920 hinter einer Folie, kurze Zeit später auch die aktuelle Truppe, die uns in diesen Wochen in die EuroLeague schießen sollte. Zäune wurden eingebaut, Wände gezogen. Und zuletzt wurde die große Wand im Foyer mit einem Zaun verkleidet, der später hinter Fahnen, Fahnen, Fahnen, Fahnen, Fahnen, Fahnen und ganz viel Konfetti wieder verschwand. Da hatten wir sie, die Kreativität der Kurve, mitten in unserem Museum, in dem sonst Besuchergruppen die Unterschiede der Eintracht von 1920 zur aktuellen Eintracht anhand der Leuchtbilder erklärt bekommen – zukünftig unmöglich. Gerne zeigen wir auf


Matze Thoma leitet seit 6 Jahren das Eintracht Museum

dem großen Bildschirm im Foyer auch die Tore der letzten Spiele, aber der war mittlerweile auch weg. Beim Blick in Richtung Bildschirm sah man nur: NORDEND, eine Fahne, die sonst in der Kurve hängt, die längst keine Kurve mehr ist. Die Kreativität der Kurve im Museum machte

uns zugegen mächtig Angst, und Mathias und Dominik mögen mir verzeihen, dass ich bei jedem weiteren Aufbau nervöser und nervöser wurde und mir so manches Mal dachte: Wann verzieht sich diese Kurve endlich wieder in die Kurve. Das Ergebnis aber war überwältigend und schon zur Vernissage waren die meisten Vorbehalte wieder ausgeräumt. Mehr als 200 Gäste übertrafen alle Erwartungen der Künstler und des Museumsteams und die Stimmung anlässlich der Veranstaltung kam dem „Kurvenfeeling“ sehr nahe. In den folgenden Wochen wurde E Pluribus Eintracht zu einem festen Bestandteil des Museums und wenn immer gesagt wird, Kunst macht kreativ und bringt zum Nachdenken, kann ich das nur bestätigen. Die Führungen, die stets im Foyer starten, wurden jetzt nicht mehr mit der Eintracht von 1920 gestartet, sondern mit der Fankurve. Wie entsteht eine Choreographie, wie baut man einen Doppelhalter und woher kriegt man 4.000 rote Papptafeln waren Fragen, die im Museum beantwortet werden konnten. Besucher, Fans, Kindergruppen und Firmen erhielten im Museum fortan Eindrücke von der Kurve, die weit über das „sieht ja toll aus“ hinaus gingen. Endgültig geadelt wurde die Ausstellung bei der Saisoneröffnungsfeier,


als die Meistermannschaft von 1959, wie in jedem Jahr, Kaffee & Kuchen gereicht bekam. „Habt ihr keine Putzfrau mehr, gebt mir mal einen Besen, dann kehr ich das Konfetti weg“ war das ernstgemeinte Angebot einer nicht genannten Spielerfrau, das wir jedoch selbstverständlich ausschlugen. Weggekehrt haben Dominik, Mathias & all ihre Helfer das Konfetti selbst. Die Kurve wurde wieder in Autos gepackt und verschwand in der Kurve. Und wir standen abends in unserem Foyer und dachten: Mensch, ist das kahl hier! Das ist dann doch am Ende das beste Kompliment, das wir Euch machen können, oder? E Pluribus Eintracht war für unser Museum ein tolles Erlebnis und eine wunderschöne Ausstellung! Kommt gerne wieder, ihr seid herzlich eingeladen! Matthias Thoma für das ganze Team des Eintracht Frankfurt Museum



E Pluribus Eintracht Das Konzept

Der Versuch einer künstlerischen Interpretation des Begriffs der Eintracht. Wie verschieden sie alle doch sind, die Spieler auf dem Rasen, der Trainer am Spielfeldrand, der Fan in der Kurve, der Vater mit seinem Sohn im Familienblock. So groß die individuellen Unterschiede auch zu sein scheinen, in dem Moment in dem in letzter Sekunde der unmöglich geglaubte Sieg errungen wird, entsteht etwas unglaublich Faszinierendes: ein kleiner Lederball der die Torlinie überschreitet bewirkt ein kollektives Freudengefühl, die Welt steht still, wildfremde Menschen liegen sich in den Armen, alle Streitigkeiten und Sorgen sind vergessen, es herrscht für einen Moment etwas sehr seltenes und kostbares in unserer Welt: emotionale Eintracht. Doch so schön dieser Moment des Einklangs auch ist, allzu oft ist dessen Halbwertszeit leider viel zu kurz und so bleibt die absolute Eintracht eine Utopie, jedoch eine sehr erstrebenswerte. Wie schön wäre es doch diesen harmonischen Moment zu konservieren und seine Macht zu nutzen um etwas zu schaffen, das den Schlusspfiff überdauert. Als Künstler und Fans der Frankfurter Eintracht beschäftigen uns eben diese Gedanken tagtäglich. Wie lässt sich

jene emotionale Einigkeit visualisieren, wie lässt sich ein Teil dieser Magie des Moments in den Alltag übertragen? Wie bildet man etwas ab, was an sich nicht greifbar ist? Natürlich können unsere Interpretationen des Motivs der Eintracht nur subjektiv sein, so wie unsere Gefühle eben sind. Und trotzdem ist unser Anspruch etwas zu schaffen, in dem sich sowohl der Spieler auf dem Feld genauso wie der Fan in der Kurve, aber mehr noch ein jeder als Teil eines großen Ganzen wiederfindet. Aus vielen eines. E Pluribus Eintracht.




Der Blickwinkel

Der Fußball, die 22 Spieler die wild übers Feld rennen. Das Runde und das Eckige. Ein Spiel dauert 90 Minuten. Alles gelogen. Auch wenn selbstverständlich der Fußballsport seine ganz eigene Faszination hat, so gibt es rund um den Fußball weitaus mehr als Männerwaden, Elfmeterpfiffe und rote Karten. Der Fußball, zumindest in höheren Ligen lebt auch von seinen Fans, vom subjektivem Empfinden der Zuschauer des Spiels. Selbstverständlich nehmen die Zuschauer Einfluss auf den Spielverlauf und manchmal ist das Geschehen auf den Rängen gar interessanter als das was auf dem Rasen geschieht. Das Spiel beginnt für manch einen Fan schon Stunden, im Europacup ja sogar Tage, bevor das Spiel überhaupt angepfiffen ist. Fans stecken ihr ganzes Hab und Gut in ihren Verein und würden „über Leichen gehen“ nur um mit ihrem Verein einmal die Meisterschaft zu feiern. Diese Emotionen bleiben natürlich nicht unter der Oberfläche, sondern wollen gezeigt werden. Der Schal will getragen werden, die Fahne geschwenkt und der Block geschmückt. Jene Menschen die eine vielleicht abnormale Affinität zu Ihrem Verein verspüren und sich, ob sie wollen oder nicht, Woche für Woche auf zugigen Stehrängen wie-

derfinden, ja für die der soziale Kontakt rund um den Verein von großer Wichtigkeit ist, werden oftmals als Fanszene bezeichnet. Menschen unterschiedlichster Herkunft, die sich ein und das selbe Interesse teilen. Ein solcher sozialer Schmelztiegel findet sich heutzutage nicht mehr oft in den Weiten unserer Gesellschaft. Umso spannender ist es den Fokus ab und an weg vom Geschehen auf dem Rasen hin zu den Kurven zu wenden und zu versuchen, die vielen Emotionen und Situationen rund um den Fußball einzufangen. Diese Kultur die rund um den Fußball existiert ist nicht in Stein gemeißelt und wer weiss wie viel Zeit man in Deutschland noch hat bevor „englische Verhältnisse“ in deutschen Stadien Einzug halten. Allein dieser Umstand ist Motivation auf die Jagd nach Motiven zu gehen die diese Kultur widerspiegeln. Umso erfreulicher ist es natürlich diese eingefangenen Eindrücke in einer authentischen Weise zeigen zu können. Seht selbst, was wir sehen.


EDITION



Edition

Als wir uns überlegten auf welche Weise wir die Eindrücke aus der Fankurve ins Museum transportieren können, fiel die Wahl der Technik auf den Siebdruck. Warum gerade Siebdruck? Nun, wenn man sich eine Choreografie aus vielen kleinen farbigen Papierzetteln anschaut so sieht man zwei Dinge: viele Menschen die jeweils ein Papier hochhalten und eben das Gesamtbild, das sich aus der Summe der vielen Pappen ergibt. Um fotografische Motive mit einem Siebdruckverfahren abbilden zu können haben wir die Fotovorlagen zunächst auf ein Punkt-Raster reduziert. So druckten wir mit einem Sieb viele kleine Punkte aus denen dann wieder ein Bild entstand. Die Ästhetik des Drucks ist nicht so fein wie das originale Foto und durch die aufgetragene Farbe entsteht auf dem Träger eine Oberfläche. Die Motive die wir für eine Edition gewählt haben bestehen jeweils aus zwei unabhängigen Fotografien, von denen die jeweils untere in einem leuchtenden Rot gedruckt wurde, das wiederum von einer schwarzen Schicht überlagert wird. Wir erstellten drei verschiedene Drucke, in einer Auflage von jeweils 75 Stück. Alle Drucke sind von Hand gedruckt. Als Motive haben wir uns für Szenen aus dem Kurvenalltag entschieden, Menschen am Singen, Fans die ihre Schals hochhalten und ihre Fahne schwenken. Man

erkennt einzelne Menschen und doch sieht man die Masse, die wiederum ihr eigenes Bild kreiert. Diese Idee von vielen Individuen die in Ihrer Gesamtheit etwas bilden das größer ist als die Summe der Individuen ist für uns eben genau das worum es in unserer Ausstellung geht: E Pluribus Eintracht.

rechts: Edition 1 | 35 x 50 nächste Seite links: Edition 2 | 35 x 50 nächste Seite rechts: Edition 3 | 35 x 50







UNIKATE




Unikate

Wie auch für die drei Editions Drucke verwendeten wir die Technik des Siebdrucks für das Erstellen der in der Ausstellung gezeigten Unikate. Hierbei spielte neben der Ästhetik auch der Farbauftrag eine entscheidene Rolle. Denn um unseren Eindruck vom Fan-Dasein spürbar zu machen wollten wir mit möglichst authentischen Materialien arbeiten. Aus der Konsequenz heraus nutzten wir also Stoffe die aus der Fankurve stammten als Untergrund um den wahrgenommenen Blickwinkel auf zu tragen und damit vom Stoff transportieren zu lassen. Die durch das Sieb aufgetragene Farbe fügt sich perfekt in Gewebe von unterschiedlicher Beschaffenheit ein. Der Auftrag auf bereits durch Farben grundierte Flächen lässt unsere durchgehend in Schwarz aufgetragenen Druckgrafiken an einzelnen Stellen unterschiedlich reflektieren. Die Druckgrafiken erstellten wir alle auf der Grundlage von eigenen Fotografien, aus den vergangenen Jahren im Fanblock von Eintracht Frankfurt. Fast alle der Arbeiten sind von Hand gedruckt und auf Rahmen aufgezogen. Lediglich die beiden Unikate auf den Seiten 40 und 41 haben wir auf Grund ihrer Größe maschinell gedruckt.


Der Zaun

Räumliche Teilungen durch Zäune gehören zum Stadionerlebnis in Deutschland irgendwie dazu. Sie trennen Zuschauer von Spielern, VIPs vom Pöbel und die Heimkurvenbesucher von ihren Gästen. Die Doppelstabmattenzäune werden in erster Linie aus Sicherheitsaspekten aufgestellt, um die Zuschauer davon abzuhalten den Platz zu betreten. Überdies bilden sie ein Gerüst, das den Fans die Möglichkeit gibt sich optisch in Szene zu setzen und der Kurve ein Gesicht zu geben. Mit ein paar Rollen vom silbernen Gewebeband lassen sich an den Zäunen die großen Banner der Gruppen in der Kurve befestigen. Auch Spruchbänder von der Länge der ganzen Kurve werden auf ihm dem Stadion präsentiert. Betrachtet man den Zaun genau, bemerkt man, dass es wieder diese vielen kleinen Details sind, die das große Ganze formen. Es sind die verschiedenen Stoffe, das fast wahllos angebrachte Panzertape, die Papierbänder und andere Reste der letzten Choreografie, aber auch der Zaun selbst, der seinen Beitrag zur Gesamtästhetik leistet. Für die Inszenierung der für uns wichtigen Details der Fankurve haben wir deshalb besonders großen Wert darauf gelegt, einen authentischen Stadionzaun im Raum aufzustellen. Ein Stück aus dem echten Nordwestkurven-

zaun konnten wir uns leider nicht ausleihen, da dieser zu diesem Zeitpunkt noch in Benutzung gewesen ist, um die Saison erfolgreich mit der Qualifikation für den internationalen Wettbewerb zu beenden. Wir fanden allerdings Stücke, die dem Stadionzaun sehr ähnlich sind. Dass der organisierte Zaun nicht die passenden Maße für den Aufbau im Museum hatte, war an dieser Stelle weniger ein Problem, sondern einmal mehr eine Herausforderung. Wir hatten das große Glück das Frankfurter Fanprojekt an unserer Seite zu wissen, dessen Mitarbeiter nur darauf warteten den Zaun mit der Flex dem Museum anzupassen. Der Zaun ist auch eines der Motive, die Verwendung auf den angefertigten Unikaten gefunden haben. Nachdem wir die Stoffe, die ihn in der Regel schmücken, als Medium zur Übertragung von Stadion-Szenerien verwendet haben, ist es schließlich logisch ihn genau dort wieder zu platzieren. Die Ästhetik des Zauns, ob man ihn nun mag oder nicht, ist Teil des Gesamtbilds Fankurve.


Ohne Titel 1 | 45 x 60




Ohne Titel 2 | 60 x 80


Ohne Titel 3 | 60 x 80


Ohne Titel 4 | 45 x 60


Ohne Titel 5 | 80 x 110


Ohne Titel 6 | 80 x 110



Ohne Titel 7 | 110 x 150


Ohne Titel 8 | 110 x 150


Der Stoff

Ein Stück Stoff kann mitunter den Aufstieg und Fall einer Gemeinschaft bedeuten. Es wird durch die individuelle Bemalung Teil der Identität und Aushängeschild einer Gruppe von Menschen. Die mit den Namen und Farbcodes des Vereins und seiner Fans versehenen Stoffe werden mit allem was man hat bewahrt und verteidigt. Diese Banner verwandeln sich in Insignien, also einem Objekt mit dem sich Menschen identifizieren, das durch die Gefühle der Menschen mit Bedeutung aufgeladen wird. Es finden sich jedoch in einer Fankurve auch Stoffstücke, die nur für eine temporäre Einsatzzeit gedacht sind. Reste aus den Choreografien, Spruchbänder, alte Doppelhalter und Fahnen, die irgendwann ihren Zweck erfüllt haben und schließlich aussortiert werden oder repariert werden müssen. Jeder dieser Stoffe erzählt seine eigene Geschichte, denn in jedem der über Jahre verwendeten Stücke finden sich Spuren, wie Schuhabdrücke, Brandlöcher, Flecken von Getränken, Senf, Staub oder welche, die sich nicht identifizieren lassen. Der Stoff kann unter Umständen auch schon vor seiner Zeit im Stadion einen Zweck erfüllt haben. Immer wieder finden sich zwischen fabrikneuen Textilien alte Tischdecken oder Bettbezüge, die als solche nicht mehr verwendet

werden, aber noch gut genug sind, um mit der entsprechenden Bemalung im Stadion als Fahnen oder Doppelhalter zu dienen. Auch bei den Stoffen, die wir für unsere Arbeiten benutzt haben fand sich eine Tischdecke mit einem dezenten Blumenmuster. Diese wurde nicht nur zwischenzeitlich zum Doppelhalter, sondern im Anschluss mit Siebdruck und Rahmung zum Unikat in der Ausstellung. Mittlererweile hängt jene umfunktionierte Tischdecke in der Kanzlei eines Eintrachtfan, der auch beruflich viele Berührungspunkte mit der Fankultur hat.


Ohne Titel 9 | 60 x 80




Ohne Titel 10 | 60 x 80


Ohne Titel 11 | 45 x 60


Ohne Titel 12 | 45 x 60


Ohne Titel 13 | 45 x 60


Ohne Titel 14 | 80 x 110


Ohne Titel 15 | 80 x 110


SCHALS



Der Schal

Der Schal gehört zu den wohl wichtigsten Elementen der Fankultur. Seine ideelle Wertigkeit scheint auf den ersten Blick klar, jedoch ist sie sehr vielschichtig. Zunächst hat jeder Schal ein optisches Erscheinungsbild. Den einen Schal gibt es tausendfach, den anderen nur ein Mal. Der eigentliche Wert für den Träger des Schals setzt sich aus den endlosen Erlebnissen und Eindrücken zusammen, die er mit ihm verbindet. Angewendet auf die Formel „E Pluribus Eintracht“ bedeutet das, dass sich der ideele Wert eines Schals eben genauso aus vielen Fasern Stoff wie auch aus Erinnerungen und einer Identität zusammensetzt. Für die folgenden Arbeiten haben wir das Format Schal als Rahmen benutzt, um die vielen verschiedenen Eindrücke sichtbar zu machen, die ohnehin in einem mit Leidenschaft getragenen Fanschal stecken. Zusammengesetzt sind diese Schals aus den verschiedenen Stoffen, über die wir uns als Fans definieren. Von Mützen über Shirts, Hosen, Schals, Fahnen oder auch Bettwäsche ist alles dabei. Die Stoffe ihrem Liebhaber abzunehmen war nicht leicht, auch wenn es sich um alte Shirts handelte, die neben einigen Löchern nicht einmal mehr die richtige Größe besaßen. Um an die wertvollen Stücke zu kommen haben wir

eine kleine Auflage von Siebdrucken angefertigt, die nur im Tausch gegen den alten Stoff erhältlich war. Diesen haben wir dann sorgfältig collagiert und in Schalform wieder zusammengefügt. Wichtig sind neben den vielen Adlern und Schriftzügen auch wieder die nicht beabsichtigten Details. Die Ansammlung der Gebrauchsspuren auf den von uns verwendeten Stoffen erzählt somit in konzentrierter Form vom Leben der Eintrachtfans.




Schal 1 | 20 x 120

Schal 2 | 20 x 120



Schal 3 | 20 x 120

Schal 4 | 20 x 120



Schal 5 | 20 x 120


INSTALLATION



Installation Unsere Farben, unsere Fahnen

Wenn wir sagen Spieltag für Spieltag entsteht ein Kunstwerk namens Fankurve dann meinen wir das durchaus so. Aus vielen kleinen Mosaiksteinchen, den Fans, entsteht mit Hilfe verschiedenster optischer Mittel ein Gesamtbild. All die Trikots, Schals, Jacken, Doppelhalter und Schwenkfahnen, sie dienen dazu ein Bild zu kreieren - ein Bild der Eintracht. Es sammeln sich die unterschiedlichsten Individuen in farblicher Einheit hinter ihren Zaunfahnen und Bannern. Genau wie die unterschiedlichsten Menschen aufeinandertreffen, so spiegelt sich das auch im Erscheinungsbild ihrer Fahnen wieder. Hier treffen die unterschiedlichsten Schriftarten und Größen in individueller Form auf verschiedensten Stofflichkeiten aufeinander und bilden im wahrsten Sinne des Wortes neue „Zusammenhänge“. Jede Fahne hat ihre eigene Geschichte, von dem Moment in dem einem Stück Stoff mit einem Pinsel Leben eingehaucht wird, sich Menschen mit ihr zu identifizieren beginnen, so ist die Fahne geboren. Getauft wird sie vom Nieselregen und dem schlechten Spiel bei dem sie das erste Mal hängt. Je mehr Spiele sie sieht umso mehr muss sie aber auch mitmachen. Reisen um die halbe Welt, Schnee, dreckige Stadienböden, Brandlöcher, sengende Sonne - auch wenn es Risse gibt, der Lack bröckelt und die

Spuren von Klebeband wie ein Tattoo ein Teil des Körpers der Fahne geworden sind, so macht eben dies eine Fahne aus. All die Fahnen in der Kurve erzählen Geschichten. Die Geschichte der Ultras, die der Fanclubs, der Stadt und zu guter letzt die der Eintracht. Jede Fahne ist ein Stück der Geschichte der Eintracht. Für unsere Ausstellung wollten wir die Ästhetik der Fahne im Kontext des Chaos der Fankurve ins Museum holen. Doch wie lässt sich das Erscheinungsbild einer Fankurve in ein Museum bringen? Auch hierfür war uns zunächst wichtig mit einem authentischen Zaun zu arbeiten. Der Plan stand, eine chaotische Installation, nachempfunden einer Frontalansicht der Fankurve, im Museum aufzubauen. Wir sprachen Fahnenbesitzer an und konnten einige schöne Exemplare als Ausstellungsstücke gewinnen. So standen wir zwei Tage vor der Ausstellungseröffnung da, hingen Fahnen auf und bauten eine Fankurve. Und so kreierten wir unser eigenes visuelles Chaos, bestehend aus schwarz-weiss-roten Flächen, Buchstaben und Logos bei dem am Ende aber nur eine Aussage bleibt: Eintracht.








Die Macher

Mathias Weinfurter lebt und arbeitet in Frankfurt. Er studiert Visuelle Kommunikation an der Hochschule f端r Gestaltung in Offenbach.

Dominik Dresel studiert ebenfalls Visuelle Kommunikation an der Hochschule f端r Gestaltung in Offenbach. Sein Schwerpunkt ist die Fotografie.



Credit

An dieser Stelle ist es uns höchst wichtig unsere Dankbarkeit denen gegenüber zum Ausdruck zu bringen, die uns über die gesamte Zeit des Projekts und darüber hinaus unterschtützt haben und unterstützen. Vielen Dank an Alex T., Andreas Magnet, Andreas Von Chrzanowski, Axel „Beve“ Hoffmann, Büsi, Dieter Fritzsche, Eike König, Eintracht Frankfurt Museum, Elke Weinfurter, Dr. Eva Herrmann-Dresel, F+H. Siebdruck GmbH, Fabi, Fabian Böker, Frankfurter Fanprojekt, Gerhard Weinfurter, Gunnar Triebel, Prof. Dr. Dr. Hans Alois Dresel, Heiner Blum, Jens Triebel, Katinka Karell, Klaus Kramer, Maja Keltsch, Malik Eberhardt, Martin Weiss, Matthias Thoma, Montana-Cans, Oliver Seip, Patrick, Pawel, Philipp Wegener, Sarah-Jane Beutel, Sebastian Groß, Stefan Hebenstreit, Stephan Von Plötz, Tim Dockweiler und Ultras Frankfurt 1997. Die Fotografien in diesem Katalog stammen von Dominik Dresel, Tim Dockweiler, Jochen Stierberger und Mathias Weinfurter



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