Die Photographie im Hochgebirg

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Vorwort

Ausrüstung

Aufbruch

Talaufnahmen

Berggruppen vom Tal und von mittlerer Höhe

Berggruppen von oben Wolken- und Nebeltreiben Klettertouren

Sturm und Regen Temperaturschwankungen

Standpunkt und Vordergrund Schlusswort

Beleuchtung

Das Erscheinen einer zweiten Auflage ist mir eine erfreuliche Genugtuung und ein Beweis dafür, dass meine langjährigen eigenen Erfahrungen, die ausschliesslich in diesem Buche niedergelegt sind, Würdigung gefunden haben. Trotzdem ich`s nicht jedem recht machen konnte, erhielt ich doch viele herzliche, anerkennende Dankesworte für die unmassgeblichen Ratschläge meines Büchleins. Die erste Auflage erschien im Jahre 1900. Ich habe mir bis heute wieder einige neue Erfahrungen geholt, welche zum Nutzen anderer dienen sollen und hier ein geflochten sind. Im übrigen muss ich das Vorwort der ersten Auflage wiederholen da ich an dieser Stelle nichts Neues zu sagen wüsste. Wenn das Photographierenschon im allgemeinen eine nicht leichte Sache ist, so gipfelt die Schwierigkeit desselben hauptsächlich in den hochalpinen Aufnahmen, ich möchte sagen in den Aufnahmen über dem gewöhnlichen Standpunkte der Photographie. Die Schwierigkeiten, welche dem Hochgebirgsphotographen überall entgegentreten, sind meistens kaum zu bewältigen, die Bilder nur eine schwache Wiedergabe des Erschauten. Welche eminente Schwierigkeiten treten nur in der wechselnden Befeuchtung, in den Wolken (ob still oder sich bewegend) in ziehenden Nebelstreifen, in den verschiedenen Tages-und Jahreszeiten entgegen! Wie oft sehen wir in alpinen Prachtwerken Bilder, welche dem geübten Auge auf den ersten Blick zeigen, ein wie armseliges Ding die Photographie der Natur gegenüber ist; manche Bilder sind verquält und künstlich auf eine gewisse Stufe des dekorativen Effektes gebracht, so dass nicht mehr viel von der Originalaufnahme brig geblieben; z. B. wie oft sieht man Bilder, auf welchen die Luft direkt hineingemalt ist. Sobald einmal der sehr unangenehme Moment eintritt, dass der Hochgebirgsphotograph sich durch Misserfolge gezwungen sieht, seine Platten künstlich zu dem zu

Vorwort

machen, was sie sein sollen und demnach naturgemäss nicht werden können, so ist es besser, von einer Reproduktion abzusehen. Der Wert einer Aufnahme ist wohl nicht in der verquälten Mache, sondern in der reinen, keuschen Platte, ohne Retusche (abgesehen von Plattenfehlern) und in der Wiedergabe des Bildes, so wie es der Apparat gesehen zu suchen; aus einem Negative etwas anderes zu machen als was es eigentlich ist‚ kann man ja einem gewissen photographischen Verfahren überlassen. Viele Fachphotographen und hauptsächlich die Herren Amateure überlichten ihre Aufnahmen absichtlich, um ja sicher zu gehen; ist dies nötig? Gewiss nicht, denn wenn eine Aufnahme im Tal mit absoluter Sicherheit gemacht werden kann, so muss dieselbe auch auf einem Dreitausender mit Bestimmtheit gemacht werden können. Beim, Verstärken werden die Platten mehr oder weniger roh,

für

nicht

den

es ist schon nicht mehr die reine, keusche Platte. Die übliche Nervosität (oft ist seine Umschreibung
ein gewisses Nichtkönnen) des Photographen drückt der Aufnahme
Stempel der Unsicherheit auf, denn, wenn es anders wäre, würde er doch
überlichten, oder weiss er vielleicht gar nicht, dass er überlichtet?! Der Zweck dieses Buches ist, dem im Hochgebirge wandernden Photographen, glechviel ob Fachmann oder Amateur, mit praktischen Winken und Ratschlägen an die Hand zu gehen. Schreiber dieser Zeilen, in einem einsamen Bergdorf lebend, musste beinahe alles aus sich selbst lernen; es war dies doppelt schwer, da die zum Teil von anderer Seite empfangenen Ratschläge des praktischen Wertes entbehrten und für hochalpine Aufnahmen meistens nicht anzuwenden waren. Die durch eigene Kraft gesammelten Erfahrungen kosteten ein bitteres Lehrgeld, doch wenn das mühsam Erlernte anderen photographierenden Bergwanderern von Nutzen sein könnte, so wäre das Lehrgeld kein zu hohes.
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Die Rotspitze - Eosinplatte, kleinste Blende, 3 Sek., Ende September, 3 Uhr Nachmittags, 2000 Meter hoch.

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Dies ist eine so heikle Frage, dass der Hochgebirgsphotograph reiflich darüber nachdenken muss. Bei einer Handcamera oder einem 13x18 Apparat ist es einfach genug; ein gutes, festes, wasserdichtes Futteral und ein ebensolcher Rucksack genügen vollständig. Nehmen wir jedoch an, wir gehen ohne Träger und laden uns einen schweren 18 x 24 Apparat mit 6 Doppelkassetten auf die Schultern, es ist dies (nach meinem Apparat geurteilt) ein Gewicht inkl. Stativ von 18-19 Kilogramm, dazu ein Stück Brot, etwas Speck, ein Achtel Rum und der Wettermantel, wir haben also ca. 21 Kilogramm tagsüber weiter zu befördern

Wie verpacke ich meine Sachen möglichst praktisch und sicher?
5 Ausrüstung

Haben wir aber einen Träger, so packen wir ihm den Apparat im Futteral in den Rucksack oder auf die Kraxe, dafür können wir mehr Proviant und auch etwas Wein mitnehmen, haben jedoch einen Menschen mit, dem die Hauptsache sein Lohn und das zu erwartende Trinkgeld ist. Der Verfasser bestieg einmal in Gesellschaft einiger Freunde den grossen Valbonkogel im Rosengarten; ein Führeraspirant bat um die Erlaubnis, sich anschliessen zu dürfen, damit er die ihm fremde Tour kennen lerne, natürlich kamen wir seiner Bitte gerne nach und er erbot sich gnädigst, mein Stativ zu tragen. Als wir von der Scharte in die Felsen einstiegen, wurde dem Manne die Geschichte unheimlich und er eilte im Sturmschritt zur Grasleitenhütte zurück mit meinem Stativ.

Am Kumedel in der Geislergruppe verweigerte ein Groedner Träger das Weitergehen, weil die Sach`z`schiach is! Am Schneefeld unter dem Sass da Lec in der Sellagruppe rutschte ein Träger mit dem kostbaren Apparat eine ziemliche Strecke hinab, eigentlich auch unnötig! Bei Jochübergängen, leichten Touren, Hüttenbesuchen, da kann man einen Träger riskieren, aber bei schwierigen Touren ist es besser, den Mann, der doch nur an das Verdienen denkt und denken muss, unten zu lassen; in diesem Falle sind gute Freunde, die immer mit der Laterne zu suchen sind, die besten, und, wenn gute Bergsteiger, die begeistertsten Mitarbeiter.

Nach eigener Erfahrung besteht die Ausrüstung des Hochgebirgsphotographen, wenn er allein geht, in folgendem: Camera, in einem Futteral aus derbem schwarzem Filz, vier gefüllte Doppelkassetten, jede einzelne zuerst in ein Pappfutteral, dann in eine Hülse aus leichtem schwarzem Filz, Objektiv in einer starken Lederhülse, Staubpinsel in Seidenpapier zwischen zwei Pappendeckel, Dunkelkammerlaterne, Einstelltuch, Stativ im wasserdichtem Futteral, eventuell den Momentverschluss in einem starken Karton, um vor Druck geschützt zu sein, und ca. 5 Meter gute Rebschnur. Ausser dem Stativ alles in Rucksack ohne eigene Tasche, dieselbe nimmt nur unnötig Raum ein und hegt zu steif auf dem Rücken; als Unterlage kann eine gestrickte Jacke, das Reservehemd oder der von aussen durch die Riemen des Rucksackes gesteckte Wettermantel dienen. Natürlich darf Eispickel oder Bergstock, Je nachdem der Charakter der Tour ist, nicht vergessen werden. Fügt man noch etwas Proviant und eine kleine Quantiät guten Wein oder Rum bei, so hat man abends die Empfindung, dass man tagsüber etwas geleistet, man leckt und streckt Arme und Rücken und lässt sichs wohl sein bei einem guten Abendessen und bei frischem Bier; doch oft genug geht man abgehetzt und

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hungrig zu Bett, da in manchen sehr abgelegenen Bergdörfern kaum etwas Geniessbares zu erhalten ist. Schläft man dann endlich ein, so träumt man gewöhnlich von einem knusprig braunen Backhendl mit Gurkensalat, doch es ist nur ein Traum und am nächsten Tag erhalten wir für den schönen Traum einen Kaffee Brrr! Nur Andreas Hofer-Wasser mit darauf schwimmenden Fettaugen und lauwarm. Selbstverständlich sind die Ersatzplatten bei längeren Touren nicht zu vergessen, dieselben bleiben jedoch gewöhnlich, wenn kein Übergang gemacht wird, im jeweiligen Standquartier oder in der Unterkunftshütte zurück. Je nach den Verhältnissen ändert sich die Ausrüstung ganz wesentlich; es fragt sich, wie lange die Tour dauert, ob man in Fels oder Eis, oder Fels und Eis zu arbeiten hat und ob die Tour im Winter ausgeführt wird; doch wird es sich stets empfehlen, die längeren und schwierigeren Touren nicht allein in Ausführung zu bringen.

Es braucht nur wenig, um das Lebenslichtlein erlöschen zu sehen; ein Fehltritt, ein verstauchter Fuss und man bleibt liegen die Erschöpfung trägt dann das ihre dazu bei. Ringsum in der Bergeinsamkeit keine Menschenseele, die Hilfe bringen könnte, es ist ein langsames, erbarmungswürdiges Hinsterben. Wer nur einmal dem Tod in dieser Form ins Auge gesehen, vergisst die durchrungenen Stunden nie, muss er sich doch sagen, dass ihn nur ein glücklicher Zufall gerettet. Wenn nun in die öde, weltverlorene Bergwildnis nicht zufällig ein Tourist mit seinem Führer gekommen wäre? Das Lebenslichtlein wäre verlöscht. Ist man nicht in der Lage, gleichgesinnte, bergbegeisterte Freunde mit zu haben, so findet ein autorisierter Führer für die photographischen Arbeiten viel mehr Verständnis, wie ein gewöhnlicher Träger.

Eine andere Frage ist es, ob der erstklassige Führer die schweren Sachen trägt; gewöhnlich verhalten sich die Leute in dieser Beziehung sehr ablehnend, und auch nicht mit Unrecht muss er doch für seinen Herrn einstehen. Am besten ist es, bis zur Unterkunftshütte einen Träger zu nehmen und von da an nur das Nötigste auf sich selbst und den Führer zu verteilen. Aufnahmen im Hochgebirge, besonders Klettereien und Eistouren, sind eine kostspielige, gefahrvolle und anstrengende Arbeit, wovon sich der Nichteingeweihte nur schwer einen Begriff machen kann. Das grosse Publikum denkt sich beim Ansehen der Bilder die Sache sehr leicht und einfach, es sind ja nur Papierfetzen und die Motive, je nachdem, prachtvoll, gruselig, reizend, süss! Aber teuer, viel zu teuer, Sie müssen die Bilder billiger geben. Ja, wenn möglich, zu einem Quart- Kletterbild vom Langkofel noch zwei Gulden darauf. Die Kosten, die Lebensgefahr daran denkt

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dass süsse Publikum nicht. Ein wesentlicher, ja der wichtigste Punkt bei Hochtouren ist die Frage: Welche Platten sind die besten? Unbedingt die Silber-Eosinplatten Vogel-Obernetter, wie Otto Perutz-München sie liefert; es ist die Idealplatte für alpine Aufnahmen. Die Kontraste und die Weichheit in den Negativen sind unvergleichlich (siehe das Bild der Bocca Tuckett), die Exposition eine bedeutend leichtere, wie mit rapid arbeitenden Platten, ein Überlichten nahezu ausgeschlossen. Es ist nicht nötig, nur Zeitaufnahmen zu machen; mit halber Blende Moment werden Kletterbilder, selbst Talaufnahmen, bei sehr zweifelhaftem Lichte noch vorzüglich brauchbar und bleiben durch die Eigenschaften der Eosinplatte dennoch weich und kontrastreich. Es herrscht vielfach die Ansicht, dass die Eosinplatte nicht haltbar sei; Verfasser bewahrte Eosinplatten zehn Monate auf und waren die Negative tadellos, ohne den geringsten Schleier. Allerdings müssen die Platten an einem trockenen, nicht zu warmen und nicht zu kaltem Orte aufbewahrt werden und die Schachteln auf keinen Fall schon geöffnet worden sein. Die Gelbscheibe ist bei Eosinplatten nicht nötig (siehe Marmolata von der Boe, Presanella von der Bocca Mandron, Bocca Tuckett und Wolkenstudie von der Seiseralpe).

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Sollte auf Perutz Eosinplatte die Gelbscheibe (mittlere Farbe) dennoch zur Anwendung kommen, so ist die Belichtung zurnormalen Zeit im Sommer und bei normalem Licht mit kleinster Blende ca. 10 Sekunden, natürlich ist dabei die Lichtstärke der verwendeten Objektive in Betracht zu ziehen. Schreiber dieseskann allerdings nicht immer wissen, welche Objektive gebrauchtwerden; ich kann nur von jenen Objektiven sprechen, die ichselbst verwende und wird der Leser am Schluss die nötigenNotizen finden.

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Das gefährlichste bei Eosinplatten ist das Unterbelichten, besonders wenn die Aufnahmen ber 3000 Meter gemacht werden; man lässt sich in diesem Falle sehr leicht verleiten, Moment mit kleinster Blende zu machen, das Bild bleibt dann unfertig, ist nicht vollkommen durchgezeichnet. Z. B. ein Gipfelbild ohne Ferne auf 3000 Meter Höhe belichtet man im August, vormittags 10 Uhr 30 Minuten, bei tadellosem Lichte mit kleinster Blende 1/4 Sekunde (siehe Gipfel der Boe). Weder bei der Eosinplatte noch bei der hochempfindlichen Platte lässt sich in einem Buche die Belichtungszeit bestimmen, hauptsächlich wenn es sich um Hochgebirgsaufnahmen handelt; es spielen dabei stets besondere Umstände mit, welche man nicht im Voraus wissen kann. Erst wenn der Erfahrene an Ort und Stelle ist, kann er die Exposition sicherstellen, darum scheint mir eine Belichtungstabelle für alpine Aufnahmen sehr gewagt, es wird dann nur zu leicht, ohne Berücksichtigung der Verhältnisse, darauf losgeknipst meistens zum eigenen Schaden. Ausser mit meinen Lieblingsplatten (EosinPerutz) habe ich auch sehr schöne Resultate mit hochempfindlichen SchleussnerPlatten dann mit ortochromatischen Isolarplatten der A.-G. für Anilinfabrikation in Berlin und mit Imperial Spezial rapid erhalten. Doch bei Platten zu raten ist sehr schwer, es reitet dabei wohl jedermann sein Steckenpferd, es kommt doch nur immer auf die erzielten Resultate an. Auch mit dem neuen Kodak N. C.Film habe ich im letzten Jahre sehr gute Erfolge erhalten,

der kleine Klapp-Taschen-Kodak Nr. III a(Objektiv Bausch & Lomb), Postkartenformat 8X14, arbeitet gut, ist handlich und sehr leicht; zu empfehlen für Klettertouren und überhaupt für Menschen, die bequem sind und nicht viel tragen wollen .
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Monte Antelao - Ende September, Eosinplatte, halbe Blende, hintere Linse, 5 Sekunden, Nachmittag 4 Uhr.

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Ausserordentlich schwer ist es, den werten Leser mit Worten allein all die Licht- und Schattenseiten des Photographierens im Hochgebirge zu schildern, die Zufälligkeiten, welche dabei eine so grosse Rolle spielen, möchten den Ausübenden oft zurVerzweiflung bringen.

17 Aufabruch

Am besten wird es sein, wenn wir die Rucksäcke auf den Rücken legen und zusammen hinauswandern in die herrliche Gotteswelt und Leid und Freud zusammen durchkosten, im Tal und in luftiger Höhe. Wir wollen als zwei gute Freunde gehen, uns gegenseitig ratend und helfend.

Sind wir bergsteigende Photographen oder photographierende Bergsteiger? Letzteres wird wohl am zweckmäsigsten sein, denn der Photograph, welcher in den Alpen arbeiten will, muss in erster Linie Bergsteiger sein, und zwar um sich leicht und sicher bewegen zu können und um den Blick für die Schönheiten der Bergwelt zu besitzen. Es soll damit nicht gesagt sein, dass der Bergsteiger als solcher auch den richtigen Blick für die Aufnahmen sein Eigentum nennt, diese Eigenschaft lässt sich nicht erlernen, sie muss angeboren sein, doch werden ihn bergsteigerische Fähigkeiten sehr oft zu schönen photographischen Erfolgen verhelfen.

Ein herrlicher, sonniger Sommermorgen bricht an, die Luft ist angenehm kühl, so dass wir vorläufig das Gewicht unserer Rucksäcke nur wenig empfinden; unsere Stimmung ist die fröhlichste, wie könnte es auch anders sein? Wir lassen die Stube, die dumpfe Dunkelkammer und all die kleinlichen Kümmernisse daheim und wandern hinauf in die schimmernde Berglandschaft. Die Aufgabe, welche unser wartet, ist nicht leicht, denn hoch oben im Reiche der Bergfee zu photographieren, ist sehr schwer, es ist oftmals, wie wenn die Bergfee sich wehren wollte gegen das Wegnehmen ihrer landschaftlichen Perlen; dies haben vor uns andere, das haben wir und werden nach uns andere durchkosten müssen. Bald sind die letzten Häuser des Dorfes verschwunden, es wird still und einsam ringsum, der Bergzauber beginnt an uns seine Wirkung zu üben, wir sehen bewundernd auf das, was wir schon so oft geschaut. Die Liebe und Begeisterung für die Natur soll wohl die Haupttriebfeder des Landschaftsphotographen sein.

„Nehmen wir also an, wir sind Bergsteiger wie arrogant das klingt“
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Bei Talaufnahmen spielt die Jahreszeit eine bedeutende Rolle, viel grösser wie bei Aufnahmen in Felsoder Gletschergebiet; jedes Tal besitzt eine Schattenseite und sind z. B. die Spätherbstaufnahmen des Groednertales ausserordentlich schwer; die Schattenseite bleibt auf Kosten der Lichtseite nicht durchexponiert, ist überhaupt bei Sonnenbeleuchtung nicht herauszubringen, das Bild wird schwarz und weiss, ähnlich wie eine Porträtaufnahme im Sonnenschein. Muss man unbedingt eine derartige Talaufnahme haben, so warte man Streulicht ab oder den Frühherbst, wenn die gelb gewordenen Laubbestände die dunklen Fichtenwälder unterbrechen und so die Kontraste auf natürlichem Wege etwas gemildert werden. Das herbstgefärbte Laub, die gelb gewordenen Lärchenbäume sind bei gewissen, das ideale Seitenlicht entbehrenden

Motiven von unschätzbarem Werte. Eine Talaufnahme (zu berücksichtigen ist, dass wir in einem 1236 Meter hohem Tale stehen) belichtet man bei normalem Lichte mittags zwischen 11-12 Uhr im Juli ohne Gelbscheibe auf Eosinplatte mit kleinster Blende 3 Sekunden, d. h. wenn das Motiv nicht zuviel Schatten besitzt, vollständig genügend. Sehr schwierig ist Nebeltreiben im Tale (siehe Puflatsch im Nebeltreiben), hier hängt die Belichtung vom Re fl exe der ziehenden Nebel, von der Farbe des Vordergrundes und von dem durch die Wolken fallenden intensiven oder fl auen Streulicht ab; auch fragt es sich, ob die Nebel schnell oder langsam ziehen. Bei der vorliegenden Aufnahme war alles ziemlich normal,

h. soweit deratiges überhaupt normal sein kann. Belichtung 6 Sekunden mit halber Blende auf Eosinplatte, anfangs Juni, mittags. Die gleiche Belichtungszeit mit gleicher Blende wäre im Hochsommer kurz vor Sonnenuntergang anzuwenden, und zwar gegen die Sonne, wenn dieselbe hinter Wolken steht und ihre Strahlen weisslich gefärbt ins Tal herabsendet. (Siehe Sonnenuntergang bei St. Ulrich.) Im Frühherbst beginnen die Talaufnahmen je nach Lage des Objektes sehr kritisch zu werden; nehmen wir aus unserem Negativschatz eines der wertvollsten in dieser Beziehung, nämlich ein Motiv, auf welchem vorn alles in hellen, goldenen Sonnenlichte liegt, während der Berg im Hintergrund beinahe ganz im Schatten steht, nur an den westliche gelegenen Felsrippen grelles Licht empfängt. Die Aufnahme wurde Mitte September zwischen 1 und 2 Uhr nachmittags gemacht; kleinste Blende, 4 Sekunden Belichtungszeit, Eosinplatte, Die Hauptsache bei Talaufnahmen ist die Jahreszeit, die Farben-, Licht und Schattenverteilung, sowie die Lichtstärke des Objektives und die Höhe des Tales ber dem Meere.

d.

Cortina gegen CristalloPerutz-Platte, Goerz-Anschütz Klappkamera-Moment, Schlitzbreite 1/2cm, Blende 24.

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Die Aufnahmen der einzelnen Gebirgsgruppen vom Talboden aus decken sich so ziemlich mit der Belichtungszeit der Talaufnahmen selbst; zu berücksichtigen ist hier hauptsächlich, ob die als Motiv im Bilde stehenden Beige kahle Felsen, Gletscher oder bewaldet sind, ob ein dunkler Fichtenwald oder Wiesen im Vordergrunde, ob die Wiesen grün oder braun und frostverbrannt sind. Bei Aufnahmen von Berggruppen ist natürlich die Beleuchtung die erste Frage, halb Schatten, halb Licht gibt die malerischsten Bilder; bei vollem Lichte wirken die Motive flach, reizlos und zu wenig charakteristisch. Im allgemeinen dürfte bei bestem Lichte im Hochsommer eine Belichtung von drei Sekunden mit kleinster Blende auf Eosinplatte genügen (siehe Dorf Campitello), doch ist sehr genau darauf zu achten, ob im Vordergrunde tiefe Schattenpartien sind, in diesem Falle wären etwa 3 1/2 bis 4 Sekunden anzuwenden.

Bilden Gletscher den Talhintergrund, so wird die Sache schon schwieriger, besonders wenn sehr dunkler, lichtloser Wald im Vordergrunde steht; fällt nicht sehr schönes Licht hinein, so muss man wohl auf Kosten des Hintergrundes den Vordergrund meistens opfern, oder, wenn irgendwie möglich, Felsblöcke, Zäune, abgestorbene, verwetterte oder von der Sonne grell beschienene Bäume als teilweises Deckmittel für die Tiefen des Waldes zu bekommen suchen.

Bei Gletscherhintergrund genügen auf Eosinplatte mit kleinster Blende 2 Sekunden, der Vordergrund wird dann jedoch in den meisten Fällen nicht durchgezeichnet sein. Wir steigen nun die Talhänge empor, der Horizont weitet sich und die einzelnen Berggruppen ragen mächtig in den tiefdunkelblauen, südlichen Himmel; wir haben die Höhe von 1 800 Metern erreicht. Die derbschattigen Vordergründe sind grösstenteils im Tale zurückgeblieben, die Aufnahmen von Berggruppen über dem Talboden sind weniger schwer, wie solche vom Tale aus, die Kontraste zwischen Vorder- und Hintergrund werden weniger hart, dafür ist jedoch die Wahl der ,Staffage eine schwierigere. Immer eine Staffage zu finden, die zum Hauptmotiv passt, welche den Gesamteindruck des Bildes nicht stört, ist je nach Umständen nicht leicht; bei vielen Amateuraufnahmen findet man oft in der Mitte des Vordergrundes einen mächtigen Felsblock, einen Baum, welcher oben vom Rande des Bildes abgeschnitten wird.; dies wirkt sehr unschön, nimmt eventuell dem Motiv

Berggruppen vom Tal und von mittlerer Höhe 23
„die Landschaft liegt ziemlich frei vor uns, wir brauchen nur zuzugreifen“
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viel von seinem malerischen Reize. Der Schwerpunkt des Vordergrundes soll stets seitlich stehen, in diesemFalle können auch Bäume oben abgeschnitten sein. Die richtige Wahl des Standpunktes und der Staffageist eine Naturgabe, man kann diese Haupteigenschaften desLandschaftsphotographen niemanden lehren. Manche Amateurewundern sich, dass die Bilder anderer immer malerischer sind, wie die ihren. Oft genug ist dies eine ganz einfache Sache; man braucht ja nur nachzudenken und zu vergleichen, wo der bestePlatz, die sch nste Staffage ist. Dieser besitzt den Blick daf r, jener nicht, es muss angeboren sein. Bei Aufnahmenauf 1800 Metern unterscheidet sich die Belichtungszeit von denTalaufnahmen nicht sehr viel, stehen wir ja, wenn das lai 1236 Meterhoch liegt, nur 564 ber demselben, die Belichtung drfte also nur (wenn viel!) eine halbe Sekunde krzer werden. Hier ist haupts chlich das bewaldete Mittelgebirge, welches gr sstenteils in breiten Z gen im Mittelgrunde des Bildes steht, zu berücksichtigen.

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Berggruppen von oben

Wir stehen auf dem Gipfel eines Dreitausenders; dunkel liegen die Täler zwischen den hohen Bergen eingebettet, bei uns oben überall warmes, leuchtendes Sonnenlicht, wir stehen mitten in der schweren, doch ausserordentlich interessanten Arbeit. Mit dem Vordergrund haben wir bei Aufnahmen von so hoch oben nur wenig zu rechnen, höchstens eine kahle Felsrippe, ein nahe gelegenes Schuttfeld oder Blöcke; stellen wir einige Figuren hinein, so ist unser Vordergrund wohl erschöpft. Nehmen wir an, wir befinden uns auf dem Gipfel der Boe 3152 Meter über dem Meere und wollen die Marmolata aufnehmen. Es ist Ende August, vormittags 10 Uhr; die Lichtverhältnisse sind nicht die günstigsten. Die riesigen Plattenschüsse des grossen Vernel liegen beinahe ganz im blaugrauen, kaltfarbigen Schatten, ebenso in der Ferne die Punta del Uomo und der Zug des Mittelgebirges gegen Padon, der Blick hinab gegen Araba zeigt uns ein dunkles Chaos mit kaum wahrnehmbaren Details. Über all diesem zum Teil halb und zum Teil ganz im Schatten liegenden ragt leuchtend die Marmolata, die schimmernde Königin der Dolomiten, in den tiefblauen, mit gelblichen Haufwolken nur wenig bedeckten Himmel empor; der Vordergrund, ein gelbgraues Trümmerfeld, liegt im hellen Sonnenschein.

Dies sind die Schwierigkeiten, welche uns entgegentreten, und nun belichte man richtig, ohne Gelbscheibe und mit Eosin platte, mit kaltem Blute und ohne übliche Photographennervosität! 21-22 Bumm, fertig, aber ohne in der Aufregung den Objektivdeckel fehl zu stecken oder beim Abnehmen des selben dem Apparat einen derben Stoss zu versetzen. Die Belichtungszeit wäre also 2 Sekunden mit kleinster Blende. Da das Motiv sehr wertvoll ist und wir sicher gehen wollen, machen wir noch einige Aufnahmen, z. B. mit 1 1/2 und mit 31/2 Sekunden, es müsste dann schon ganz merkwürdig zugehen, wenn alle drei Aufnahmen unbrauchbar sein sollten.

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Ist bei einer derartigen Aufnahme ideale Beleuchtung vom Gipfel bis zur Talsohle, so können wir mit Eosinplatte und kleinster Blende ruhig eine Sekunde belichten. Es können jedoch unangenehme Zufälle eintreten, welche nicht in die hier angegebene Belichtungszeit zu rechnen sind; z. B. leichte Wölkchen, welche momentan und ganz unerwartet die Sonne teilweise verdecken, Höhenrauch, leichter Neuschnee in den bewaldeten Hängen und auf den Wiesen, da lässt sich nicht raten, ohne mitdabei zu sein, ohne die Schwierigkeiten mit eigenen Augen abzuschätzen. Ratschläge geben, heisst gewissermassen die Verantwortung übernehmen, dies ist jedoch unter anormalen Verhältnissen völlig ausgeschlossen. Bei Aufnahmen von Fernen, leicht blau verschleiert und etwas dunstig, wie es in den Dolomiten so oft der Fall ist (besonders im Hochsommer), empfiehlt sich eine Belichtungszeit von 1/21 ‚ Sekunde, ohne Gelbscheibe auf Eosinplatte mit kleinster Blende, bei einem Standpunkt von über 3000 Metern. Auch hier fragt es sich, ob die Täler jenen gewissen, eigenartigen, weissliehen Schleier haben oder ob dieselben als dunkle Streifen im Bilde stehen, ob die Ferne mehr oder weniger von der Sonne durchleuchtet ist

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Rosengarten vom Schlern (leichtes Alpenglühen)Hochempfindliche Platte, kleinste Blende, 4 Sek., Anfang September, nachmittags 5 Uhr, Höhe 2565 Meter.

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Fröstelnd steigen wir durch den feuchten Nebel aufwärts,erst wenn wir die Höhe von 2000 Metern erreicht haben, bleibt derselbe zurück; über uns schweben schwereHaufwolken, silbergerändert von den weisslichen Strahlender Nachmittagssonne. So weit überhaupt in dem wogendenNebelmeer zu unseren Füssen feste Gegenstände zu erblickensind, erscheinen dieselben dunkel; frostverbrannt; vereinzelte kleineSchneeflecken, welche sich hart und reizlos von dem dunklenHintergrunde, auf welchem sie liegen, abheben, geben dem ganzenBilde etwas Unstetes; was wir unter uns sehen, macht den Eindruck des Unfertigen. Manchmal ein greller Sonnenblitz,welcher durch die Nebel zittert, dann wieder alles grau in grauund trostlos; wie eine Karfreitagstimmung liegt es über dieganze Bergwelt ausgebreitet. Geduldig warten wir, bis sich derNebel in der Tiefe etwas lichtet, bis vereinzelte Bergspitzenzum Vorschein kommen. Bei einer Wolkenaufnahme ist dieHauptsache die vorteilhafte Beleuchtung, möglichst von derSeite kommend, damit die Wolken sich kräftig modellieren und alleDetails kräftig hervortreten. Bricht durch die Wolken blauerHimmel, so erleichtert dies die Aufnahmen ganz wesentlich.Also nehmen wir an, wir stehen auf einer Höhe von ungefähr2000 Metern unter den oben angeführten Verhältnissen, so belichtenwir 1/4 Sekunde mit kleinster Blende auf Eosinplatte (sieheWolkenstudie). Bei Wolkenaufnahmen ist auf den Vordergrund,wenn derselbe nicht zu vermeiden ist, sehr Rücksicht zu nehmen;Wälder, im tiefen Schatten liegende Berge und Häuser sindmöglichst zu vermeiden, derartiges zerreisst, wenn zu harthervortretend, die ganze Harmonie der Aufnahme, und diese istja doch die Hauptsache bei jedem,, gleichviel in welchem Genre

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Wolken und Nebeltreiben

sich bewegenden Bilde. In jeder Aufnahme soll die Individualität,die Empfindung des Photographen bemerkbar sein, man sollbeim Beschauen eines Bildes etwas Besonderes herausfühlen,man soll empfinden, dass der Autor nicht nur photographiert hat.Oft tragen ganz unscheinbare Bildchen dieses künstlerischeWollen und Empfinden, dieses Sichemporheben über dasGewöhnliche. In den Photographischen Mitteilungen ,1899, Nr.21 und 22, befinden sich einige derartige Aufnahmen von Dr. A.Michelis Pillauer Tief und Abend in Holstein, zwei Bilder,welche tief empfunden sind, bei welchen man ein ernstes Strebenund Wollen herausfühlt. Hier könnte mir nun entgegengehaltenwerden, dass dies ein ganz anderes Genre ist, ein Vergleichausgeschlossen. Doch wohl nicht ganz, denn ich spreche nur vondem Ausdruck der Empfindung des Autors, welche sich dochin der Mache bzw. im Charakter seines Werkes ausdrückenmuss. Eine künstlerisch empfundene Aufnahme besitzt doch mehrWert wie eine solche, die nur gesehen und photographiert undschliesslich mit allen Retuschehilfsmitteln herausgerissen ist, wieeine alte Kokette, welche sich mit künstlichen Mitteln jung zumachen versucht. Sehr schwer sind Aufnahmen bei Neuschneeund Nebeltreiben (siehe Langkofel im Nebeltreiben); dieseAufnahme habe ich auf einer hochempfindlichen Platte von O.Perutz mit kleinster Blende, Moment, Anfang Dezembergemacht. Für derartige Aufnahmen lässt sich absolut keineRegel auf stellen, es hängt alles von dem durch die Wolkenbrechenden Lichte ab ;mit Eosin platte hätte die Belichtung doch74 Sekunde dauern müssen und, da die Wolken schnell gezogen,wären die oberen Partien sehr unscharf ausgefallen.

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„In der Aufnahme von Klettereien verkörpert sich die ganze sportliche Schwierigkeit des Photographierens im Hochgebirge“ Nur selten finden wir einen sicheren Platz, um den Apparat ruhig aufstellen zu können, wo wir sorglos arbeiten können, ohne fürchten zu müssen, mitsamt dem Apparat in irgendeine Schlucht Kletterei am Langkofel oder über eine Wand zu stürzen. Bei dieser Art des Photographierens kommt hauptsächlich die bergsteigerische Eigenschaft des betreffenden in Frage, hier lässt sich die so interessant machende Nervosität nicht anwenden, und ist eine solche vorhanden, so lasse man überhaupt derartige Aufnahmen ganz sein. Bei Klettertouren wären Hand Cameras wohl das beste, wenn das Zittern der Hände und die erregte Herztätigkeit nicht wäre, welche jede Aufnahme unsicher macht. Ein Apparat 13x18 mit Stativ (Kugelgelenk), leicht und klein zusammenlegbar, ist hier ausreichend; ein 18x24 Apparat wäre natürlich das beste, auch auf Klettertouren, es dürfte jedoch mit dem Transport und dem Aufstellen seine Schwierigkeiten haben, überall ist dieser grosse Apparat nicht verwendbar. Interessant ist zu beobachten, dass die Herren Amateure mit der Handcamera bei Klettereien meistens Momentaufnahmen machen, unbekümmert, ob das Licht gut oder schlecht ist. Es ist ja richtig-, dass solche Aufnahmen einen besonderen Reiz haben, bei welchen sich die Figuren in den Felsen bewegen, die Handlung ist also direkt ausgedrückt ; gewöhnlich leidet jedoch die Photographie als solche an einer gewissen Unfertigkeit, die vielen reizvollen Details der Felsen gehen teilweise verloren. Es ist das beste, eine Zeitaufnahme zu machen, z. B. 1/4 Sekunde kann doch wohl jeder Kletterer aushalten und dabei ruhig sein. Auch die Görz-AnschützKlappcamera 12 x 16 1/2 mit Schlitzverschluss brachte mir schöne Resultate, dieselbe ist besonders für Momentaufnahmen zu empfehlen. Die Aufnahmen können aus der Hand und mit Stativ gemacht werden, bei Klettertouren nicht zu unterschätzen. Klapptaschen-Kodak Nr. 3 A fr Rollfilm 8 x 14 ist auch bei Tageslicht zu füllen, (was für Bergsteiger nicht zu unterschätzen ist). Dieser kleine Apparat ist sehr gut und vorzüglich, wenn er mit guten Objektiven versehen ist. Wenn sich jemand aus den, leider teilweise noch immer obligaten Filmfehlern (welche merkwürdigerweise chronisch zu sein scheinen!) nicht viel macht, so ist das seine Privatsache.

Klettertouren 36

Wandkletterei am grossen Fermedaturm, Cell. 6 * 15.

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Übrigens sind die neuen, von der Kodakgesellschaft eingeführten N.G. (non curling) Eosin-Films sehr gut, kontrastreich und doch nicht zu hart. Leider gibt es bei Film, sowie bei Platten Unterlassungssünden, welche sich der Photographierende in den meisten Fällen auf die eigene Rechnung schreiben muss. Zum Beispiel kann bei ein wenig Gedankenlosigkeit ein selbstverschuldeter Fehler Vorkommen, dann sind aber die Platten oder Films schuld. Der Amateur „jedoch wird seinen, wenn auch unfreiwillig begangenem Fehler nicht so leicht eingestehen. Wo bliebe da der so teuer erkaufte Nimbus der Unfehlbarkeit?! PhotoJumelle 6 1/2 x 9 für 18 Platten ist auch ein guter kleiner Apparat, zeichnet scharf und ist sehr handlich. Seine guten und sehr scharfen Aufnahmen eignen sich vorzüglich für Vergrösserungen. Für die Belichtung der Kletterbilder lässt sich nur schwer eine Regel aufstellen; wie ist es möglich, im voraus die Lichtverhältnisse zu bestimmen? Ganz abgesehen von der Farbe der Felspartien, der Gewänder der Kletternden usw. Unter ganz normalen Verhältnissen und in einer Höhe von etwa 2600 Meter genügt bei Verwendung der Eosinplatte 1/4 Sekunde mit kleinster Blende, sonst wechselt die Belichtungszeit von 1/4 bis 1 1/2 Sekunden, je nach der Licht Verteilung. Bei Momentaufnahmen empfiehlt sich halbe Blende, d. h. wenn die Ränder des Bildes vollständig ausgearbeitet sind. Die in diesem Buche befindlichen Kletteibilder dürften die Belichtungszeit im normalen sowie Streulicht richtig zur Anschauung bringen.Bei

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Hochgebirgsaufnahmen macht hauptsächlich das Licht die Stimmung im Bilde, besonders bei markanten Dolomitlandschaften; man stellt sich die Dolomiten stets lichtum fl ossen, in ihrer Farbenpracht völlig blendend vor, es ist dies auch ganz natürlich, wir befinden uns im sonnigen Süden, in einem Gebiete, welches man sich im Geiste nur vom goldenen Sonnenschein ber fl utet vorstellen kann. Die rotgelben und grauen Felsen, die gelben Schuttströme und manchmal die den Fels durchschneidenden Eisund Schneerinnen und die saftig grünen Almen und Täler wirken wahrhaft bezaubernd auf den empfindenden Beschauer; es sind Gegensätze, wie sie andere Alpengegenden nur selten aufzuweisen haben. In keinem anderen Gebiete wirkt der Wechsel der Beleuchtung so intensiv, so kontrastreich und drückt der Landschaft einen so besonderen Charakter auf, wie im Zauberreich der Dolomiten.

„Jetzt, während des Schreibens, ziehen im Geiste all die unvergleichlichen Bilder, die in südlicher Farbenglut getauchte Landschaft, ein Schönheitsganzes von wunderbarer Pracht vorüber.“

41 Beleutung

Ein Sonnenuntergang auf dem Gipfel der Boe! Langsam sinktdie Wärmespenderin ihrer Ruhe entgegen; wie Gold rieselt esvom Scheitel der Marmolata herab, ihr Mantel aus Firnund Eis leuchtet und funkelt, die Bergfee legt ihr Geschmeideder Dolomitkönigin auf den glitzernden Mantel. Tief unten in denTälern dunkelts, langsam steigt die Dämmerung blaugrau empor,bis nur die höchsten Gipfel purpurn aufleuchten. Bergfriedenringsum, so weihevoll, so erhaben, dass er tief ins Herzedringt! Gott schwebt über die einsame Bergwelt; Dank dir,dass du die Welt für uns Menschen so schön gemacht! Nocheinmal flammen die stolzen Bergeshäupter im Glutscheine dersinkenden Sonne auf, wie ein Rauschen und Klingen gehtsdurch die hehre Bergwelt, die Sonne ist hinabgegangen. Grauin Grau, nach der vorhergegangenen Farbenpracht beinahelichtlos, gleich wesenlosen Schemen schweben die Bergriesenweisslich leuchtend über den in Finsternis gehüllten Tälern. KalterNachtwind streicht über den trümmerbedeckten Gipfel der Boe,alles gigantisch und unheimlich es ist Nacht geworden. Träumendsehen wir hinaus, wir empfinden Gott in nächster Nähe,tausendmal mehr wie in der Kirche unten im Tal Allgewaltlässt uns erzittern bis ins Innerste, Da leuchtet es plötzlichauf dem Haupte der Königin, hell Funkelt ihre Krone und vomScheitel rieselt Silberlicht den aus Eis und Schnee gewobenenHermelinmantel hinab, immer tiefer und tiefer, bis hinab ins stilleHochtal, bis in die Hütte des ärmsten Menschen, der Mond ist im Osten heraufgezogen.

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Verzeihung, lieber Leser, die Feder ist mir durchgegangen, wenn ich aber die Bergwelt, in der ich lebe, schildern soll, so läuft das Herz mir über. Wenn nur die Menschen in den Hochtälern auch so wahrhaft wären, wie die Natur, dann wäre es ein Paradies! Doch Gegensätze berühren sich oft in der merkwürdigsten Form. Der Wechsel der Beleuchtung zu gewissen Tages- und Jahreszeiten ist bei Aufnahmen sehr zu berücksichtigen; oft erzählt die Landschaft innerhalb weniger Minuten durch Wechsellicht einen ganz anderen Charakter, manchmal bleibt kaum Zeit, den Apparat aufzustellen. Mit diesem Faktor hat der Hochgebirgsphotograph wesentlich zu rechnen. Es kann z. B. der Fall eintreten, dass ihm bei Aufnahme gegen 5 Uhr nachmittags alles missglückt, die Dämmerung steigt aus den Tälern beinahe ruckweise empor. Allerdings sollte man so spät nicht mehr photographieren, aber es kann doch sein, dass man das Motiv unbedingt haben muss. Als Beispiel diene die beigegebene Aufnahme Rosengarten; dieselbe wurde Mitte September, nachmittags 5 Uhr, gemacht, die Gipfel waren intensiv rötlich beleuchtet. Belichtungszeit auf hochempfindlicher Platte von O. Perutz 4 Sekunden mit kleinster Blende. Wenn der Hintergrund im vollen Abendlicht, der Vordergrund ganz im Schatten liegt und derselbe vorwiegend aus Wiesen besteht, so sind kleinere und grössere Felsblöcke, Geröllflecke, überhaupt hellere Gegenstände ein grosser Behelf, um die Monotonie des lichtlosen Vordergrundes zu unterbrechen. Künstlich darf derselbe allerdings nicht hergestellt werden; Verfasser

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gewöhnliche Sterbliche nicht sichtbar war. Die normale Zeit für Aufnahmen im Hochsommer ist von 10 Uhr vormittags bis nachmittags 2 Uhr; nun kann aber der Fall eintreten, dass wir ein von Osten nach Westen verlaufendes Hochtal photographieren wollen, hier wäre die beste Zeit etwa vormittags 10 - 11 Uhr und nachmittags 4 - 5 Uhr, doch kommt es auch auf die gegen Süden liegende Umrandung an und auf den Schlagschatten, welchen dieselbe wirft. Gegen Norden gekehrte Motive lassen sich grösstenteils nur am Spätnachmittag aufnehmen. Bezüglich der Beleuchtung lässt sich nur schwer Sicheres sagen, ohne selbst mit dabei zu sein; z. B. ein nach Süden offenes Hochtal, um die Mittagszeit aufgenommen, wird ein sehr zweifelhaftes Resultat geben. In diesem Falle ist Vor- und Nachmittag die richtige Zeit, dann vielleicht, wenn Licht und Schatten ziemlich gleichmässig verteilt und die Schlagschatten nicht zu groß und hart sind. Immer jedoch kommt es darauf an, nach welcher Himmelsrichtung das jeweilige Motiv gekehrt ist, nach dem Stande der Sonne und nach dem Geschmacke des Photographierenden. 200 Meter ber dem Einstieg; des Langkofel.

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Bei tiefer Dämmerung, Regen und Sturm werden doch nur höchst selten Aufnahmen gemacht, dieselben werden beinahe immer reizlos, selbst wenn man mit Retusche kräftigst nachhilft; das Resultat bleibt immer mehr wie fraglich. Die nachstehende Aufnahme Langkofel bei heraufziehendem Schneesturm wurde nachmittags zwei Uhr gemacht, und zwar auf Eosinplatte, mittlere Blende, sechs Sekunden.

Das Motiv ist bei guter Beleuchtung prächtig, wenn jedoch eine Stimmung, wie die dargestellte, darüber liegt, so wirkt alles fl ach. Die Aufnahme war ein Experiment, man kommt bei einer derartigen Beleuchtung nicht darüber hinweg, kann nichts Besonderes daraus machen. Bei Regen und Sturm ist es am besten, den Apparat gar nicht aufzustellen, schade um Zeit und Material; bei solchen Aufnahmen holt man sich höchstens einen moralischen Kater. Man

sieht häufig Photographien mit der Bezeichnung bei Sturm, gewöhnlich sind diese Bilder garnicht bei Unwetter gemacht worden, sondern bei bewölktem Himmel, wenn die Wolken sehr dekorativ von der Sonne durchleuchtet sind und der Vordergrund im Schatten liegt. Warum von der Platte mehr verlangen, wie sie überhaupt leisten kann? Die Herren Amateure verlangen oft genug Unmögliches von ihrem Material, und wenn dann die stimmungsvollen Abendaufnahmen missglücken, müssen selbstverständlich die Platten daran schuld sein. Sturm und Regen
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In den Alpen sind die Temperaturunterschiede oft ganz gewaltige,im grossen ganzen haben dieselben jedoch, wenigstens nachErfahrung des Verfassers, keine besonderen Einflüsse, esliegt wenigstens kein Beweis dafür vor, dass die Plattenirgendwie darunter leiden. Man sollte kaum glauben, dass diesmöglich wäre; nehmen wir z. B. an, wir füllen früh morgensim Tale, 1236 Meter hoch, die Kassetten, und zwar bei einerTemperatur von sagen wir 18 Grad Wärme, und wandern nuntagsüber hinauf zur Bambergerhütte. Im Verlauf des Tagessteigt die Temperatur in der Sonne auf 35 bis 40 Grad, glühendheiss brennt die Sonne oft stundenlang direkt auf den Rucksack,infolgedessen wird das Innere des Rucksackes eines teils vomRücken, andern teils von der Sonne mit Wärme versehen,welche nichts zu wünschen übrig lässt. (Wir dürfen nichtvergessen, dass wir uns im Süden befinden und nicht in denTauern oder bayerischen Alpen.) Die Nacht verbringen wirin einer Höhe von etwa 2950 Metern, die Temperatur in derHütte schwankt von abends bis früh zwischen 15 und 5 GradWärme. Am nächsten Morgen brechen wir ziemlich zeitigauf, haben vielleicht bis zum Sonnenaufgang 5 Grad R. Kälte,oben auf dem Gipfel weht ein eisiger Nordwind, welcher unsdurch die groben Lodenkleider dringt und die Temperatur etwaauf 10 Grad Kälte herabdrückt. Unendlich langsam vergeht dieZeit, bis die Sonne heraufkommt, eine halbe, eine ganze Stunde,und ist die Wärmespenderin endlich über die Berge im Ostenemporgestiegen, so müssen wir erst noch warten, bis sich derrauhe Morgenwind gelegt, bis ihm die Sonne seine Kältegenommen. Oft legt sich der Wind auch nicht und dann kommtdas Bitterste an der Sache, unverrichteter Dinge müssen wirwieder talwärts steigen.

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Auf den hohen Dolomitgipfeln hört der obligate Morgenwind oft ganz plötzlich auf und mit seinem Ersterben wird es auf einmal warm, je nach der Jahreszeit sogar heiss, die Platten machen also genug Temperatur Schwankungen durch, und dennoch zeigten die Eosin- sowie die hochempfindlichen Platten von O. Perutz nicht den geringsten Fehler, die Bilder waren tadellos, ohne den geringsten Schleier. Auch bei Wintertouren (siehe Winteraufnahmen) kam nur höchst selten ein Schleier vor, doch muss man im Winter die Kassetten noch mehr vor Einwirkung des grellen Lichtes zu schützen suchen, wie im Sommer.

Die Holzkassetten scheinen die Bezeichnung absolut lichtdicht doch nicht ganz zu verdienen; oft zeigen sich auf den Platten ganz eigentümliche, durch die Kassetten hervorgebrachte Fehler, es macht den Eindruck, wie wenn durch die Gliederung des Holzdeckels Licht eindringen würde. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass der im Innenraum der Kassette verwendete Lack oder die schwarze Farbe die Schuld daran trägt.

Blechkassetten, jede Platte einzeln in sich aufnehmend, wären wohl das Idealste, wie es z.B. bei den von Mader in Isny zum Apparat Invicibel gelieferten Kassetten der Fall ist. Warum werden nicht auch für 18 x 24 solche Kassetten gefertigt? Der Gewichtsunterschied wäre doch nicht so bedeutend, und wenn auch, ist ja doch für den Hochgebirgsphotographen eine ganz zuverlässig lichtdichte Kassette die Hauptsache. Bei Blechkassetten ist auch das ins Auge zu fassen, dass dieselben für feuchte Temperatur viel weniger empfindlich sind, wie Holzkassetten. Blechkassetten brauchen weder im Sommer noch im Winter Pappe oder Filzüberzüge, dieselben sind unbedingt lichtdicht; welche Beruhigung ist dies für den Photographierenden, wenn er sich nicht um die Platten zu sorgen braucht.

Am unangenehmsten ist das momentane Anlaufen des Objektives und der Mattscheibe; wenn man diesen oft recht lustigen Zufall sofort merkt, so hat es nicht viel Bedeutung auf sich, man wartet eben ruhig, bis der Beschlag verdunstet ist, vermeide jedoch, das Objektiv mit dem Einstelltuch oder Taschentuch abzuwischen, es bleiben immer Fasern vom Tuche hängen, am besten ist ein weicher Lederlappen. Bei Temperaturschwankungen sehe man genau, ob das Objektiv angelaufen ist; eine Aufnahme, unter solchen Umständen gemacht, sieht etwas eigentümlich aus. Ein sehr gutes Mittel bei Wechseltemperaturen ist, Objektiv und Mattscheibe mit einem fettgetränkten Lederlappen einzreihben, aber und dann mit einem reinen Leder die Prozedur vurzunehmen. Dieses

49 Temperaturschwankungen

einfache Hilfsmittel versagt nur selten seine Dienste. Wenn ein Photograph zur Winterszeit in die Alpen zieht, um Aufnahmen zu machen, so ist er in gewisser Beziehung zu bedauern, denn ausser den gut oder schlecht exponierten Platten bringt er gewöhnlich noch eine Reihe ansehnlicher, borstiger moralischer Kater mit, welche ihm, wenn er es ernst meint, manche schwere Stunde verschaffen. Geht man im Winter ohne Träger, ohne Begleitung gleichgesinnter Freunde, wie es der Verfasser dieser Zeilen oft genug tun muss, so macht sich derjenige, welcher derartiges nie kennen gelernt, nur schwer einen Begriff, welche manchmal beispiellosen Anstrengungen durchzumachen sind, um in der Höhe von etwa 2500 Metern überhaupt nur so weit zu kommen, eine wertvolle Aufnahme zu erzielen.

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„mindestens 10 Kilogramm Apparat, 1 Kilogramm Verp fl egung, Schneereifen usw., dabei vielleicht sehr schlechte Schneeverhältnisse, wie solche hauptsächlich im Hochwinter eintreten, wenn der Schnee meistens pulverig und Reifen nur wenig oder nichts ntüzen, so dass man oft stundenlang bis an die Hüften im Schnee watet. Gehen wir der Frühjahrszeit entgegen, so erleichtern uns die treuen Ski das Vorwärtskommen ausserordentlich, ja, die Bretteln verhelfen uns zu manchem touristischen, sowie photographischen Erfolg, wenn auch das Photographieren auf Ski mit einem Stativapparat zu dem denkbar Unangenehmsten gehört. Die ganze Geschmeidigkeit des Körpers, die Befolgung des Gleichgewichtes, was bei Skitouren doch die Hauptsache ist, geht durch den schweren Rucksack verloren, von einem wirklichen Genuss an der Tour, besonders bei Anfängern, kann selbstverständlich kaum mehr die Rede sein, man schindet und plagt sich wie ein Muli.“

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Bei Skitouren empfiehlt es sich sehr, den Rucksack, in welchem sich Apparat und Platten befinden, mit einer Eebschnur um den Leib zu befestigen; zwei gleichlange Rebschnüre werden an den unteren Enden der zwei Rucksackriemen befestigt (dort wo die Schliessen sind) und vorne an der Taille durch einen leicht lesbaren Knoten verbunden.

„Ganz anders liegt der Fall, des Formats wegen, bei Aufnahmen für Skioptiokon, da muss man sich nach der Decke strecken.“
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Auf diese Weise liegt nun der Rucksack auch mit seinem unteren, also schweren Teile fest an den Körper an und kann bei einem eventuellen Kopfsturz nicht in lustiger Weise überstülpen. Dieses einfache Hilfsmittel kann vor manch Unangenehmem bewahren, ganz abgesehen davon, dass Apparat und Platten mehr gesichert sind. Bezüglich der kleineren Apparate, welche ich selbst benutze.

Meiner Ansicht nach dürfte für alpine Aufnahmen das Format nicht kleiner wie 12 x 16 1/2 und höchstens 8 x 14 cm sein. Die breite, wuchtige Landschaft muss sich entwickeln können, nicht durch das kleine Format verschluckt werden. Man sieht ja prächtige Vergrösserungen aber es ist eben doch kein Original die Feinheiten einer Originalaufnahme werden immer fehlen.

Bei Winteraufnahmen, besonders wenn der Platz, auf welchem wir stehen, keinen festen Untergrund besitzt, wenn also der Schnee sotief ist, dass die Stativfüsse keinen festen Boden fassen können, ist das plötzliche Einsinken des einen der drei Stativfüsse recht lustig. Diesem belstand kann man leicht abhelfen, indem man drei etwa handgrosse Brettchen aus weichem Holz nimmt, welche in der Mitte durch aufgenagelte kleine Leisten ein vertieftes Viereck für die Stativfüsse haben; nun drücke man mittels des Statives die Brettchen ziemlich tief in den Schnee, so lange, bis man glaubt, dass der Schnee genügend zusammengedrückt ist, dann schraube man erst die Camera fest. Dieses Verfahren ist beinahe ganz sicher, nur muss man darauf sehen, das heißt, wenn der Photographierende auf Ski steht, also dieselben durch die Stativflüsse hindurchstecken muss, dass man nicht ins Gleiten kommt, man führt sonst in den Apparat, was für beide Teile unvorteilhaft sein soll und je nachdem ziemlich viel kostet.

Bei Winteraufnahmen genügt ohne Gelbscheibe auf Eosinplatte mit kleinster Blende in einer Höhe von etwa 2600 Metern 1/4 Sekunde; bei Aufnahmen von Skiläufern nehme man halbe Blende und belichte Moment, das heißt jedoch nur dann, wenn kein markanter Hintergrund vorhanden ist. Bevor man eine derartige Aufnahme macht, muss man wissen, was im Bilde die Hauptsache ist, die im Vordergrunde stehenden Figuren oder der Hintergrund, in diesem falle also die Landschaft. Will man beide ganz gleichwertig haben, so stelle man nach der Mitte zwischen Vorder- und Hintergrund ein und belichte mit kleinster Blende (bei Sonnenschein) 1/4 Sekunde.

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Langkofel im Nebeltreiben v.d. Regensburger HütteHochempfindliche Platte, kleinste Blende, Anfang Dezember, mittags.

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Die Beleuchtungseffekte im Winter sind, besonders in einer Höhe von über 2000 Metern, unvergleichlich, nur dürfen die Hänge in der Mittellage nicht schneefrei sein oder vom Schnee entlastete Fichten und Zirbeln auf dem weissen Untergrund stehen, dies stört die Harmonie des Bildes, nimmt demselben den winterlichen Reiz, Ein Winterbild soll, soweit das nur irgendwie möglich, auch das sein, was es darstellen soll, nicht ein halbes Ding zwischen Frühjahr und Winter. Dies bezieht sich natürlich nur auf Hochgebirgsaufnahmen.

Es ist gewiss nicht schwer, em richtiges Winterbild in den Alpen zu erzielen, man braucht ja nur zu gehen. Kälte, Nässe, Sturm und Nebel, selbst die im Winter so häu fi g vorkommenden Misserfolge dürfen uns nicht abhalten, mit dem schweren Rucksack hinaus zu ziehen in dass schneeumschlossene Reich der Bergfee, von wo wir uns das holen, was Stadtmenschen so selten zu sehen bekommen.

Sommeraufnahmen gibt es genug, gute und leider auch schlechte, doch wie selten sehen wir schöne, wirklich stimmungsvolle Winterbilder, solche Aufnahmen sind eben sehr schwer. Bei der beigegebenen Aufnahme der Marmolata im Winter hatte Verfasser grosses Glück; es traf alles zusammen, so dass beinahe im voraus ein Gelingen mit Sicherheit zu erwarten war. Wer in den Alpen nach dem Monat Dezember Touren gemacht, weiss, dass es vom Januar bis Ende Mai sehr stark weht; selten ist ein Tag ohne Wind. Dieser Umstand ist natürlich für den Photographen von höchster Bedeutung und oft genug schuld, dass eine teuere, anstrengende Tour (von den Gefahren zu schweigen) bei schönstem Wetter dennoch ganz resultatlos verläuft. Damals bei der Aufnahme der Marmolata, Anfang Februar war es ganz windstill; ein unbeschreiblicher Zauber lag über der stillen eis- und schneeumfangenen Bergwelt ausgebreitet. Die Belichtung war auf Eosinplatte 5 Sekunden kleinste Blende, jodoch nur mit einer Linse, und zwa, der rückwärtigen.

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Winteraufnahmen
„Anstrengungen dürfen eben den wahrhaft begeisterten Photographen und Naturfreund nicht abschrecken“
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Die Wahl des Standpunktes und des Vordergrundes ist der wunde, oft genug direkt schädigende Punkt so mancher, sonst ganz tüchtiger Photographen. Man sieht oft Sachen, dass man sich sagen muss, dass der Verbrauch der Platten und Films eine große Förderung durch solche Aufnahmen erfährt; nur losgeknipst und die Fabrikation der Platten unterstützt, bis ist selbstverständlich, dass nicht jeder und jede, die mit dem Fasti Terschak, hinausziehen, eine gewisse künstlerische Bildung haben können; aber während des Ansehens eines Motivs muss man denken, nicht sinnlos darau fl osknallen; das Bild welches wir haben wollen, müssen wir vor der Aufnahme studieren, nichts darf uns entgehen, kein Zaun, Baum, Strauch, Felsblock, Schuttoder Schnee fl ecken darf unbeachtet bleiben, sogar hohe Gräser und Blumen können je nachdem etwas

Standpunkt und Vordergrund
Unschönes im Mittelgrund verdecken. Natürlich ist es nicht immer möglich, einen interessanten, malerisch, wertvollen Vordergrund zu bekommen; besonders bei hochalpinen Aufnahmen, wo es leider oft genug vorkommt, dass die Tiefe, der Blick in ferne Täler hinab, die Details des Vordergrundes ausschliesst. Doch selbst unter so ungünstigen Umständen lassen sich schöne Effekte erzielen, das heißt wenn man die richtige Beleuchtung abwartet, wenn die Lichtverteilung an den Hängen des Mittelgebirges so kontrastreich ist, dass möglichst viel Details sichtbar sind. Die Wahl des Standpunktes und des malerischen Vordergrundes hängt in erster Linie vom Geschmacke des Photographen ab;

das Motiv bleibt natürlich die Hauptsache, d. h. das, was wir als solches bezeichnen; wenn nun dasselbe einen malerischen Vordergrund besitzt, so gewinnt das ganze Bild derartig, dass ein für sich langweiliges Motiv durch einen lebendigen Vordergrund herausgerissen wird. Wie bereits weiter oben bemerkt, sollen einzelne Bume, grosse Felsblöcke oder ein einzelnes Haus nie in die Mitte des Bildes zu stehen kommen, immer seitlich, ebenso Figurenstaffage. Bei Figuren sieht es geradezu fürchterlich aus, wenn sich dieselben in sogenannten Photographierstellungen gegen den Beschauer kehren, in möglichst steifer Stellung, das Gesicht direkt nach vorn, damit jeder sofort kenntlich ist. Sind Figuren im Vordergrund und sind es Menschen, welche für die Wünsche des Landschaftsphotographen kein inniges Verständnis haben, so kommt man oft genug der Verzwei fl ung nahe; menschliche Staffage soll nicht zu gross sein, niemals als Hauptsache im Vordergründe stehen, sie soll uns nur die Grössenverhältnisse der Landschaft zeigen

.

Natürlich gibt es auch manchmal Motive, besonders bei Aufnahmen von Klettereien, wo man mit dem Apparate nicht genügend weit zurück kann. Unter solchen Umständen heisst es dann selbstverständlich mit den gegebenen Verhältnissen rechnen.

Will man‚ ein ungünstig liegendes Motiv unbedingt haben, vielleicht aus sportlichem oder rein alpinem Interesse, wobei die Landschaft keine oder nur eine geringfügige Rolle spielt, so muss man die Sache nehmen wie sie ist, nicht wie sie sein soll. Bei Landschaftsaufnahmen, gleichviel ob hochalpine oder im Flachland, ist Standpunkt und Vordergrund sehr schwerwiegend, gibt manchem sonst reizlosen Bilde erst malerischen Wert. Der Blick für die Naturschönheiten, das Empfinden für alles Werden in der Natur muss uns die Triebfeder beim Schaffen sein. Mit offenen Augen und offenem Herzen müssen wir hinausziehen in die herrliche Gotteswelt, unser ganzes Empfinden müssen wir ihren Wundern entgegenbringen; nicht photographieren allein sollen wir, wir sollen auch das Erschaute im vollen Bewusstsein seines Wertes festzuhalten versuchen, wir sollen in dem intimen Verkehr mit der ewig schönen Mutter Natur noch etwas anderes erringen wollen, als eine wohlgelungene Photographie.

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Der geehrte Leser dieses Büchleins wird vielleicht ungeduldigwerden, da der Verfasser immer wieder darauf zurückkommt,dass der Landschaftsphotograph die Natur, welche er dochmöglichst wahrheitsgetreu festhalfen will und soll, nicht nur mitrein photographischen Augen betrachte; im grossen ganzenscheint besonders die Hochgebirgsphotographie sich nicht aufdem richtigen Wege zu befinden, es fehlt irgendwo, vielleicht inder Art, wie das Geschaute aufgefasst und zur Anschauunggebracht wird.

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Schlusswort 63

Die bei den vorliegenden Aufnahmen verwendeten Objektive gabenmir alle sehr gute Resultate; natürlich kann ich nur, wie bereitsschon vorher gesagt, von solchen Objektiven, Apparaten undPlatten sprechen, welche ich benutzt habe und muss den Leser umEntschuldigung bitten, dass ich nicht alle Objektive, Apparate undPlatten kennen kann, welche existieren. Ich kann mich doch nur aufmeine Erfahrungen verlassen. Zum Schluss will ich noch dieObjektive und Apparate angeben, womit ich nur schöne Erfolgeerzielt habe.

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C. P. Goerz-Berlin. Doppel-Anastigmat Serie III. Nr. 6 F = 300 mm, (Format 24 x 30)

Carl Zeiss-Jena. Doppel-Anastigmat Satz VII. a Nr.14.(Format18 x 24.)

G. Rodenstock - München. Bistigmat. (Format 24 x 30.) Bistigmat (Format 18 x 24) Weitwinkei-Bistigmat. (Format 18 X 24)

Objektive

H. Mader-Isny. Invincibel, (Format 13 x 18) C. P, Goerz-Berlin. Goerz- Anschütz- Klapp- Camera. Doppelanastigmat Typ. B. 1c Nr. 2. F. 180 mm (Format 12 x 16 1/2) für Hand- und Stativaufnahmen. Kodak Nr. 3 a, Objektiv Bausch & Lomb. VerschlussAutomatic, Format 8 x 14 cm für Rollfilms und Hand- und Stativaufnahmen, Photo- Jumelle, Format 6 1/2 x 9 cm für 18 Platten, für Hand- und Stativaufnahmen.

Apparate
Designed von Emma Sophie Hauser Typografie und Grafik SS 2022 Freie Universität Bozen
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