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Ratgeber Recht

„Polenböller“ sagen zum Abschied leise Servus

Der Fall: Im August 2019 wurde dem Vermieter bekannt, dass der Mieter in einer seiner Wohnungen sogenannte „Polenböller“ in der Wohnung lagerte, die er zusätzlich mit Glasscherben ummantelt hatte. Aufgrund dessen wurde der Mieter im Zuge eines Strafverfahrens durch einen Strafbefehl zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Vermieter erklärte daraufhin die fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aufgrund unzumutbaren Mieterverhaltens, das der Mieter bestritt. Der Mieter widersprach der Kündigung mit dem Verweis auf den Grad seiner Behinderung von 30 %. Der Vermieter reichte beim Amtsgericht Hannover Räumungsklage ein und begehrte die Herausgabe der Wohnung.

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Die Entscheidung: Das Amtsgericht Hannover gab der Räumungsklage im Mai 2020 statt. Der Vermieter sei nach Auffassung des Gerichts berechtigt, die außerordentliche Kündigung auszusprechen, da insofern ein wichtiger Grund vorliege. Der Mieter habe Sprengkörper, nämlich sogenannte „Polenböller“ in der Wohnung gelagert, die er zusätzlich mit Glasscherben ummantelt habe. Diese seien nicht nur geeignet, die Mietsache in ihrer Substanz zu beschädigen, sondern stellten darüber hinaus auch eine Gefahr für die Gesundheit der Mitmieter des Hauses dar. Sprengkörper dieser Art seien in Deutschland nicht zugelassen. Die Sprengstoffmenge übersteige die in Deutschland erlaubte Grenze und zudem sei die Stoffzusammensetzung nicht immer bekannt. Darüber hinaus gebe es keine Qualitätsprüfungen der Produkte, wodurch diese eine gesteigerte Gefährlichkeit aufwiesen.

Der Mieter hatte behauptet, die Sprengkörper benutzen zu wollen, um Ratten im Garten des Hauses zu beseitigen. Das Gericht führte hierzu aus, dass es sich nicht um eine für Laien gängige und mitnichten um eine anerkannte Methode der Schädlingsbekämpfung handele. Dem Vermieter sei es auch unzumutbar, am Vertragsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist festzuhalten. Der mit dem Mieter geführte Schriftverkehr mache deutlich, dass es dem Mieter an der Einsichtsfähigkeit mangele, zu erkennen, welche Gefahr von den Sprengkörpern in seiner Wohnung ausgehe. Demnach durfte der Vermieter befürchten, dass der Mieter von seinem Vorhaben keinen Abstand nehmen oder zumindest erneut Sprengkörper ankaufen oder herstellen werde, die für sein Umfeld gefährlich seien. Eine Abmahnung sei entbehrlich, denn die vorgenannte konkrete Gefährdung der Hausbewohner werde gleichwohl für einen nicht absehbaren Zeitraum fortbestehen. Das Gericht führte weiter aus, dass auch kein Fall der sozialen Härte vorliege. Im Falle eines Umzuges sei keine Verschlechterung des allgemeinen Gesundheitszustandes des Mieters zu befürchten, die eine hinreichende Härte darstellen könnte.

Hinweis: Die Praxis zeigt, dass die Durchsetzung verhaltensbedingter fristloser Kündigungen von Wohnraum oftmals schwierig ist, da die Gerichte im Rahmen der Interessenabwägung an die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses hohe Anforderungen stellen, dies oftmals zu Recht. Im vorliegenden Fall war diese Zumutbarkeitsgrenze allerdings deutlich überschritten. Der Mieter hatte eine Straftat begangen und die Mietsache sowie Leib und Leben der Mitmieter konkret gefährdet. Zudem war er offenbar uneinsichtig. Dies rechtfertigt sowohl den Verzicht auf die sonst stets erforderliche Abmahnung, als auch nachvollziehbar die fristlose Kündigung durch den Vermieter. Barbara Schneeberg, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Hitzacker (Elbe)

Barbara Schneeberg

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Miet- und WEG-Recht

SP: Arbeitsrecht Verkehrsrecht Zwangsvollstreckung

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