1. Gebet Herr, schicke, was du willt, Ein liebes oder Leides! Ich bin vergnügt, dass beides Aus deinen Händen quillt. Wollest mit Freuden Und wollest mit Leiden Mich nicht überschütten! Doch in der Mitten Liegt holdes Bescheiden. 2. Er ist's Frühling lässt sein blaues Band Wieder flatten durch die Lüfte; Süsse, wohlbekannte Düfte Streifen ahnungsvoll das Land. Veilchen Träumen schon, Wollen balde kommen. Horch, von fern ein leiser Harfenton! Frühling, ja du bist's! Dich hab' ich vernommen! 3. Schlafendes Jesuskind Sohn der Jungfrau, Himmelskind! amBoden Auf dem Holz der Schmerzen eingeschlafen, Das der fromme Meister, sinnvoll spielend, Deinen leichten Träumen unterlegte; Blume du, noch in der Knospe dämmernd Eingehüllt die Herrlichkeit des Vaters! 0 wer sehen könnte, welche Bilder Hinter dieser Stirne, diesen schwarzen Wimpern, sich in sanftem Wechsel malen! 4. Septembermorgen Im Nebel ruhet noch die Welt, Noch träumen Wald und Wiesen: Bald siehst du, wenn der Schleier fällt, Den blauen Himmel unverstellt, Herbstkräftig die gedämpfte Welt In warmen Golde fliessen. 5. Auf eine Christblume Im Winterboden schläft, ein Blumenkeim, Der Schmetterling, der einst um Busch und Hügel! In Frühlingsnächten wiegt den samtnen Flügel; Nie soll er kosten deinen Honigseim. Wer aber weiss, ob nicht sein zarter Geist, Wenn jede Zier des Sommers hingesunken, Dereinst, von deinem leisen Dufte trunken, Mir unsichtbar, dich blühende umkreist? 6. Auf einen Kirchturm Ein Glockentonmeer wallet Zu Füssen uns und hallet Weit über Stadt und Land. So laut die Wellen schlagen, Wir fühlen mit Behagen Uns hoch zu Schiff getragen Und blicken schwindelnd von dem Rand.
7. In der Frühe Kein Schlaf noch kühlt das Auge mir, Dort gehet schon der Tag herfür An meinem Kammerfenster. Es wühlet mein verstörter Sinn Noch zwischen Zweifeln her und hin Und schaffet Nachtgespenster. – Angste, quäle Dich nicht länger, meine Seele! Freu' dich! schon sind da und dorten Morgenglocken wach geworden. 8. Lied vom Winde Sausewind, Brausewind, Dort und hier! Deine Heimat sage mir! „Kindlein, wir fahren Seit viel vielen Jahren Durch die weit weite Welt, Und möchten's erfragen, Die Antwort erjagen Bei den Bergen, den Meeren, Bei des Himmels klingenden Heeren: Die wissen es nie. Bist du klüger als sie, Magst du es sagen! – Fort, wohlauf! Halt uns nicht auf! Kommen andre nach, unsre Brüder, Da frag wieder!“ Halt an! Gemach, Eine kleine Frist! Sagt, wo der liebe Heimat ist, Ihr Anfang, ihr Ende? „Wer's nennen könnte! Schelmisches Kind, Lieb' ist wie Wind, Rasch und lebendig, Ruhet nie, Ewig ist sie, Aber nicht immer beständig. – Fort! Wohlauf! Auf! Halt uns nicht auf! Fort über Stoppel und Wälder und Wiesen! Wenn ich dein Schätzchen seh', Will ich es grüssen. Kindlein, ade!“