Heini Linkshänder_Ich bin ein Kopf der Leidenschaft_Buch_Auszug_2013

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»Ich bin ein Kopf der Leidenschaft.«

Heini Linkshänder

» Ich bin ein Kopf der Leidenschaft.« Heini Linkshänder



Heini nachgerufen Klaus Stadtmüller

Nachrufen. Als Kinder haben wir das gemacht:

wuchtig wie Wotruba, der einer seiner Meister

beim Flugzeugabsturz oder von einem

»Wer hat denn die Mütze als Letzter berührt?

war. Freilich – und ich sage glücklicherweise –

Kometen – aber, bitte sehr, die beiden

Du doch, Letzter, Verpetzter!« Keine Ahnung,

verliert sich das Spruchbandpathos in den

letzte­ren Erklärungen habe ich selbst erfunden,

damals, dass Nachrufen mal eine andere,

Bildern selbst. »Bilde, Künstler, rede nicht«,

nach Linkshänderart. Aber eben rein nichts

viel ernstere Bedeutung haben könnte. Das

hatte Goethe empfohlen – vergeblich. Aber die

vom »Schmerzensmann der Kunst«, wie man

letzte Mal, egal, wie zuletzt, damals wars

gemalten und gezeichneten Linkshänderhäuser

Beuys bezeichnet hat. Eher schon kommt

allenfalls vorläufig bis zum nächsten letzten

wie auch viele seiner Skulpturen stehen,

einem Anatol, der Schmied-Polizist-Künstler

Mal. Inzwischen sind wir älter geworden, sehr

umgeben von großer Stille und unter vollem

und Beuys-Schüler, in den Sinn mit seinem

viel älter, und vorsichtiger mit den Worten,

Himmel, in der platten Moor­landschaft, die

märchenhaften »Traumschiff Tante Olga«, das

schon gar mit diesem drohenden »zuletzt«.

er auch als Radler mochte, während der Baier,

auf seine Weise korrespondiert mit Heinis

Auch das Nachrufen haben wir uns abgewöhnt

Kraxler und Skilehrer in ihm bisweilen doch

Beton-Boot-Flotte, wie sie im Bunker F 38 in

oder aufgespart für den dunklen Anzug,

Sehnsucht nach den Bergen hatte.

Bremen ausgestellt war. Mir jedenfalls scheint eine Verwandtschaft mit den ungleich

eher als Nachsagen: dem kann man nichts Schlechtes ... So, also, sage ich nach, Letzter,

Diesem hemdsärmeligen Kraftbündel hatte

ernsteren Tuschzeichnungen von Walter Pichler

Entsetzter, was Heini anderen und mir gesagt

es der blass-keusche Josef Beuys angetan –

näher liegend, dem österreichischen Künstler

hat, vollmundig Kraft strotzend, wie‘s halt so

übrigens auch Einer, den er sich als Hörer

und Architekten, der Heini gerade um zwei

seine Art war: »Ich habe das Kreuz auf mich

pfiffig erschlichen hat, wie so manche Andere

Monate überlebt hat. Der pfiffige norddeutsche

genommen«, »Ich bin ein Kopf der Leiden-

landauf landab, so dass das wohlfeile Etikett

Baier hingegen kann lachen und lachen

schaft«, »Die Energie bin ich«, »Meine

vom Autodidakten nur bedingt seine Richtig-

machen. »Wo ist mein Hund?«, nennt er ein

Heimat ist die Kunst und die sitzt im Kopf«,

keit hat. Mit dem französisch-rumänischen

abstraktes Ölbild, »Merkur auf dem Weg zur

»Ohne mich zu fragen sollten Sie keine

Bildhauer Brancusi und seinen Eierschicht-

Venus« einen aquarellierten hockenden Mann.

Kunst kaufen«, »Ich habe den Unfall

Säulen, dem er eine Skulptur widmete, hat er,

Auf einen »Vogelleeren Himmel« blickt eine

gebraucht, um zur Vollendung zu kommen«.

scheint mir, wenig Gemeinsamkeiten. Mit

Frau vom Aussichtsturm und einer seiner

Joseph Beuys hingegen, dem schamanisti-

Stempel lautet »Botschaft an Jemanden«.

Wie gern entdeckt man hinter solch Maul­

schen Vielredner, hat Heini u. a. die Mythisie-

Auch vom Foto lacht er einen an, egal, ob er

huberei ein zartes Gemüt. In diesem Fall:

rung des Lebenslaufs gemein, zumindest, wie

sich uns, auf eine Axt gestützt, zuwendet,

Fehlanzeige. Mitfühlend, liebevoll, empfind-

er, der 22-jährige Tischler, zum Linkshänder

kurzbehost dasteht mit einer Plastik im Arm

sam, ansteckend, elektrisierend ja ... aber

wurde: abgeschossen, der Arm, im Schützen-

wie eine Heugabel oder mit gemaltem Kreuz

kraftvoll statt zart, wenn auch nicht gar so

graben, abgebissen von einem Hai, abgerissen

auf der Stirn im Gespräch mit einem Ausstel-


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Bitte nicht in die roten Kissen weinen

2000, Installation, 40 x 30 x 30 cm Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel


lungsbesucher – stets lachend, so vorbe­

Es folgten weitere Begegnungen in Worps­

Vollmundig hatte Heini Linkshänder 2000 auf

haltlos, so offen, so unausweichbar, wie ich

wede, in Neustadt und in Hannover, meist

einer Postkarte plakatiert »Ich beneide Beuys

ihn erlebt habe.

allerdings in wärmeren Jahreszeiten. Einmal

um seinen Tod«. Der war 1986, drei Jahre nach

brachte er mir, dem Schwitters-Freund, eine

Heinis Ankunft in Worpswede, im 64. Lebens-

Die Geschichte, wie wir einander kennen

kopierte Buchseite mit großem Portrait meines

jahr in seinem Atelier gestorben, elf Tage,

gelernt haben, verträgt die Wiederholung:

Hausheiligen mit; darüber hatte er links

nachdem ihm der Wilhelm-Lehmbruck-Preis

Winter war‘s in Worpswede, wo ich – dank

senkrecht einen groben Pinselstrich gezogen,

verliehen worden war. Sicher neidete Heini

Martin Kausche – Gast im Atelierhaus war, wie

oben rechts dazu einen dicken Punkt im

Linkshänder dem Lehrer damit nicht die

seinerzeit 1983 Heini Linkshänder, als er

Kreis, beides in kräftigem Rot, und rechts

Lungenentzündung, wohl aber vielleicht, dass

zum ersten Mal ins Künstlerdorf kam. Bei einer

unten im leeren Feld unter der faksimilisierten

es ihn mitten bei der Arbeit ereilte, eben

beliebigen Ausstellungseröffnung waren

Unterschrift von Kurt Schwitters stand Heinis

preisgekrönt. 1993 war der Wahlworpsweder

wir ins Gespräch gekommen. Der untersetzte

Widmung für mich und seine Signatur

2. Preisträger im Gestaltungswettbewerb

Graukopf hatte sich durch Widerspruch

»Linkshänder 93«. So lange ist das her. Weit

»Kunst im öffentlichen Raum Bremen«, nicht

bemerkbar gemacht. Bald drauf war ich bei

weg und ohne die geringste Ahnung, dass es

gerade üppig belohnt für ein so vielfältiges,

Glatteis und klirrender Kälte per Fahrrad

mit Heini zu Ende ging, habe ich noch im April

eindrückliches Œuvre. Immerhin, er ist ein

unterwegs zu ihm in die Mevenstedter Straße.

2012 nach 10-jährigen Auslandsaufenthalten,

Jahrzehnt älter geworden als Beuys und noch

Mit heißem Amaretto, gekrönt von einem

in denen wir einander nicht getroffen haben,

2008 gab es eine Einzelausstellung mit dem

Sahnehäubchen, und Linkshänderpfannkuchen

diese Freundschaftsgabe in der neuen

zutreffenden Titel »Mit Biss ins nächste

hat er mich aufgetaut und gesprächig

Behausung in Frankreich aufgehängt und die

Jahrzehnt – Heini Linkshänder 70«. Bei

gemacht, ehe er mit seinen Arbeiten heraus-

beiden Fluxus-Päckchen ausgepackt, deren

aller Vitalität hat er gewusst, dass es auch ihn

rückte. Darüber haben wir lange gesessen.

eines Fotos von seinen Arbeiten enthält und

einmal erwischen würde. Titel wie »Wo ist ein

Als es Zeit für den Aufbruch war, habe ich, faux

das andere ein knallrotes Kissen mit dem

bleiben?«, »Erde in den Mund«, »Tappe in

pas, ihn für den kalten Rückweg gefragt, ob

Aufdruck »Bitte nicht in die roten Kissen

der Schwärze umher«, »Der Tod ist wie ein

er mir ein Paar Handschuhe leihen könne, ja,

weinen«. So, wie er offenbar kurz vor seinem

Berg«, »Wo sind wir, wenn wir nicht mehr

ein Paar, habe ich gedankenlos gesagt.

Tod noch eine Abschiedsfeier gegeben hat,

sind?« zeugen davon. Einer wie Heini

Er quittierte es mit einem Lachen, seinem

würde er vermutlich diese Aufforderung jetzt

Linkshänder bleibt, davon bin ich überzeugt,

ansteckenden Lachen, und suchte mir ein paar

uns Hinterbliebenen gegenüber wiederholen:

in den Köpfen, in den Herzen und an der Wand

Wollsocken heraus, die ich über die Hände

»Bitte nicht weinen« – unabhängig davon,

bei denjenigen, die ihn und seine Arbeiten

ziehen konnte.

welche Farbe die Kissen haben mögen.

kannten und weiterhin mögen. Ich zumindest



9

Flotte der Gedankenschiffe

2005, Installation am Bunker F38 Bremen Privatbesitz

mag seine gezeichneten und gemalten archa-

Also bleibt er draußen vor und quicklebendig.

ischen Figuren, die so kraftvoll wie einsam

In den Achtzigerjahren des vorigen Jahr­

sind. Ich mag seine gekonnt reduzierten Köpfe.

hunderts wie bis heute war es wahrhaftig nicht

Ich mag seine kargen, horizontal gegliederten

leicht, unter den toten Worpsweder Zelebritä-

Landschaften. Ich mag seinen Sinn für

ten als Künstler lebendig zu sein. So oder

die Proportionen in der Fläche und in der

ganz ähnlich hatte ich vor Jahren einen Artikel

Mehrdimensionalität. Ich mag seine kompak-

über Heini Linkshänder und seine Formarbeit

ten, Schutz bietenden Holzbehausungen,

begonnen. Heini Linkshänder, dem Zuge­

seine plastischen Arbeiten in Metall,

reisten, ist das Kunststück gelungen, obgleich

die daherkommen, als hätten sie seit je in

oder weil er sich abgesetzt hat: »Das Moor

dieser guten Form gewohnt. (Übrigens: das

hat seine Schuldigkeit getan« und »Kultur

Knie, von dem Joseph Beuys keck verkündet

hat Konjunktur oder immer wieder Martha«.

hatte, dass es ihm zum Denken diene, Heini

Er war als Person und mit seiner Kunst gegen-

hat es gemacht als gediegen einfache und

wärtig, alles andere als ätherisch oder bloß

schöne Wandplastik, ein vertikal um die Ecke

ästhetisierend, ist angeeckt (nicht allein mit

gebogenes Rohrstück.) Und ich mag halt

seiner »Welle der Erregung«, die er in Beton

denjenigen, der dies alles ausgedacht und mit

vor das Alte Rathaus in Worpswede gegossen

Könnerschaft und Witz umgesetzt hat mit

und nächtens bewacht hat). Ich hege gern die

Hilfe von Säge, Klöpfel, Meißel, Schweiß- und

Vermutung, dass dieser vitale Künstler jetzt

Löt­gerät, mit Pinsel, Zeichenstift, gar mit

und künftig zu den lebendigeren Toten in und

dem eigenen Blut – und alles mit links, was

aus Worpswede gehören wird.

beileibe nicht heißen soll, dass es dem Hersteller in den Schoß gefallen wäre. In welche Schublade soll man ihn stecken? Es müsste eine sein, in der noch niemand drinsteckt. Aber dann ist es keine Schublade, jedenfalls keine, die bereits ein Etikett trägt.


Âť d ie energie bin ich.ÂŤ



12

ohne Titel (Plus-Zeichen) Wasserfarbe auf Papier, 3,5 x 4,7 cm

13 Energieschädel Druck vom Holz, 55,3 x 38,3 cm/  35,2 x 19,1 cm Heinrich Vogeler Stiftung Haus im Schluh Worpswede



Âť o hne denken kann der mensch seine form nicht findenÂŤ

15

Feuer des Denkens

1994, Wasserfarbe auf Papier, 20,9 x 29,7 cm Sammlung Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling



18

Ruhend und denkend

19

Sch채deldenken

2000, Kupfer, Eichenholz, 39 x 39 x 27 cm

2011, Oel auf Leinen, 30 x 24 cm Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel



» d ie würde des unbekannten«

21

Durchs Dunkelfeld

1992, Oel auf Papier, 29,5 x 20,7 cm Privatbesitz



22 Spiegel 1992, Oel auf Papier, 23

29,6 x 20,9 cm/  27,2 x 17,1 cm

Schnell zum Meer 1992, Oel auf Papier,

29,6 x 20,9 cm/  25,2 x 17,9 cm




Die Würde des Unbekannten – Zur Formarbeit des Heini Linkshänder Klaus Stadtmüller

Gerade in Worpswede ist es nicht leicht, unter

gesessen hat, dann treibt es ihn auf’s Renn-

lungen und auch einige Auszeichnungen

den Toten lebendig zu sein. Wenn dort nach

rad und um in der Landschaft, 60 Kilometer

hinzugekommen. Da kann er sich schon mal

gegenwärtigen Künstlern gefragt wird, kommt

leichterdings. So einer ist er, der Heini

eher abfällig über die akademische Ausbildung der Maler und Bildhauer auslassen.

die Rede unweigerlich auf Heini Linkshänder.

Linkshänder, der seit 1984 außerhalb des

»Das Moor hat seine Schuldigkeit getan.«

Dorfstädtchens Worpswede im Wald allein lebt.

Zu dem lässt sich etwas sagen, über den lässt

Da mag sich mancher oder manche einen

Für eine schubladengerechte Verortung gibt er

sich streiten, der strotzt vor Lebendigkeit,

groben Klotz vorstellen und sich auf Streit

sich zu sperrig, dieser Künstler, der so wenig

als Figur allemal. Drahtiger, untersetzter Typ,

einlassen mit diesem Urviech. Viele haben

verwechselbar ist mit einem Kunstmenschen.

vollbärtig grau wie die Stoppelglatze, ein

dabei den kürzeren gezogen und hernach

Lieber und richtiger läßt er sich erwischen

prächtiges und leibhaftiges »Macho«-Exemplar,

festgestellt, daß die Auseinandersetzung mit

beim Herausstellen und Herausarbeiten von

Jahrgang 1938. Der Mann ist hörbar Baier

ihm lohnt, auch mit seiner Empfindsamkeit,

Gegensätzen und deren Vermählung zu

und alles andere als blutleer. Der kann sich’s

und selbst oder gerade dort, wo er sich

Ästhetik. Heini Linkshänder zeichnet, malt,

leisten, wenn überhaupt jemand, mit dem

kraftmeierisch gibt: »Ich siege gern«

collagiert, druckt, aquarelliert, baut Objekte

eigenen Lebenssaft zu malen, was er denn

beziehungsweise »Ich denke, was ich tu

und Objektkästen, isoliert und verbindet

auch bisweilen ganz buchstäblich tut:

und was machst du?«

Fundstücke, inszeniert sich und Installationen,

»Ich zeige meine Wunde«.

arbeitet in und mit Metall, Holz, Wachs, Stoff, Als er 1983 erstmals mit einem Stipendium

Stein. Praller, sinnlicher und intensiver kann

Anderen sieht man kaum sofort an, daß sie

nach Worpswede kam, war er zwar immer noch

eigentlich die Befassung und Auseinander­

Linkshänder sind; diesem schon, weil ihm der

Autodidakt, aber einer mit einer kleinen

setzung mit Kunst kaum sein.

rechte Arm fehlt, abgebissen von einem Hai

Ausstellungsliste, war bei Kunstaktionen und

oder abgeschossen beim Hitlergruss aus dem

Performances mit der Polizei angeeckt, hatte

»Wenn ein Mensch auf die Welt kommt, wird

Schützengraben. Diese und andere Lügen­

Fluxus-, Stamp- und Concept-Art-Erfahrungen

Sehnsucht geboren«. Gemeinsam ist allen

erklärungen verbreitet er selbst, von der Kreis-

gesammelt und sich Beuys’ erweiterten

diesen unterschiedlichen Arbeiten ein kraftvoll

säge abzulenken, die ihm in seinem Vorleben

Kunstbegriff zueigen gemacht. Dann allerdings

schöpferischer Impetus, dem – gerade in den

als Tischler in die Quere kam. »Schmerzerfah-

hat er sich, und zwar vorbehaltlos, auf die

Zeichnungen und Aquarellen – mittlerweile

rung als Lebenserfahrung«. Das war vor

Kunst als Lebensform eingelassen. »Kunst ist

eine Sicherheit und Entschiedenheit eignet,

36 Jahren und hält ihn nicht ab von Skilauf,

eine Frage der Entscheidung« und »Meine

die beileibe nicht traumwandlerisch, wohl aber

Hausbau, Kochen, Goldschmieden. Und wenn

Heimat ist die Kunst und die sitzt im Kopf«.

das Ergebnis lang geübter Suche ist. »Ernte

er ein paar Stunden lang überm Feinlöten still

Inzwischen sind eine Reihe weiterer Ausstel-

langer Zeiten oder das Unkraut wächst mit


28 Ellbogen 1998, Grauguss, Eichenholz, 38 x 45,7 x 11,6 cm Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel


dem Weizen«. Die Zeichnungen auf Papier

keit so unmittelbar und schön zu Papier bringt

ebenso zulässt wie den vorgezeigten Stolz

werden in herkömmlicher Technik mit dem

und immer wieder auch in die Dreidimensio-

und die Weltversessenheit darüber, die

Bleistift oder aber mit dem Pinsel ausgeführt,

nalität. Als Beispiel die »Flotte der Gedan-

Entschiedenheit, Koketterie und das Verspon-

im letzteren Fall gern in schwerer Ölfarbe, die

kenschiffe«, eine traumhafte Installation von

nensein.

dann einen Hof, eine Art Fettrand als Kontur

Schiffskörpern, kruder Beton mit einem

bildet und die dargestellte Form zusätzlich

Kupfermast, die er später in einer Ausstellung

Hüten wir uns andererseits, aus diesem Kraft­-

heraushaut aus der hintergrundlosen Fläche.

kurzerhand durch 55 Ziegelsteine ersetzte.

bolzen, der so gar nicht resigniert und

Die Formen, die uns so entgegentreten, sind

weinerlich ist, einen Weichspüler zu machen.

von sparsamem Reiz, elementar und eigen-

Die vitale Stärke des Künstlers Linkshänder

Das würde nicht der Vorstellung gerecht, die er

ständig. Und sie sind entschlossen selbst da,

liegt im Erkennen, im Finden der Form und

von sich hat und – richtiger noch – die andere

wo der Stift behutsam graphisch geführt wird.

dem Mut, sie frei- und auszusetzen. Das wird

von ihm haben, solche beispielsweise, die sich

Entschlossen übrigens auch im wortwörtlichen

offenbar, wenn er einem Ast die vereinzelbare

von ihm provoziert fühlen, bisweilen zu Recht.

Sinn von unverstellt und direkt, was hier

Gestalt eines Ellenbogens abguckt, eine

Dazu könnte man die Stadtväter und -mütter

gewiss nicht als Andeutung von Naivität oder

Metallscheibe zum Exponat erhebt oder aus

von Worpswede oder einige seiner Künstler­

Plumpheit verstanden werden soll.

geschmeidigem Kupferrohr die Hirsch-Chiffre

kollegen dort nach ihren Gefühlen befragen.

beziehungsweise geometrische »kristalline

Es ist eben nicht leicht, auf einen stolz zu sein,

In den Kernsprüchen des Heini Linkshänder,

Eckstücke« lötet. Und die nämliche Form­

der grantelt: »Das Dorf ist schwanger, aber

die so plastisch wie poetisch sind, daß sie hier

sicherheit, nur noch vorbildlicher, treffen wir

Martha gebärt nicht mehr.« Immerhin, die

allenthalben wiedergegeben werden, tauchen

in seinen Zeichnungen, den »Weibsbildern«

Zweifler haben noch Zeit; Heini Linkshänder

häufiger Kopf- und Denkmetaphern auf.

zumal, die so gar nicht zu diesem Mannsbild

bleibt. Lauthals hat er 1993 eine Ausstellung in

Zumindest die Zeichnungen und Aquarelle

zu passen scheinen.

Worpswede betitelt: »Neun Jahre sind nicht

genug.«

entraten indes wohltuend jeglicher Rationalität. Sie sind nicht dem Kopf entsprungen

»Brechen wir das Eis von unseren Lippen«.

und gefroren, sondern Sturzgeburten aus

Es geht um »die Würde des Unbekannten«.

einem stets neu angereicherten Formenkanon.

In der Mehrzahl sind diese Weibsbilder

Sie leben kühn von und mit der Spannung

alleinstehende Frauen im wahrsten Sinn,

zwischen Linie, Farbe und Fläche. »Wir haben

unüberhöht und von einem Selbstbewusstsein,

zu wenig Blitze«, donnert einer, der seine

das eine Anmutung von Zweifel, Kummer,

Kraftfelder so packend entlädt, seine Lebendig-

Furcht und Einsamkeit sowie Gefangensein

Text erschienen in: »die horen«, Zeitschrift für Literatur, Kunst und Kritik, Nummer 183, 1996


» MEINE HEIMAT IST DIE KUNST UND DIE SITZT IM KOPF«

31

Wolkenzoo I

1998, Oel auf Nessel, Bienenwachs, 67 x 49 cm Privatbesitz



34

Werkzeug – Bild – Grab

1999/2000, Oel auf Nessel, Bienenwachs mit Kupferkreuz und Pappschachtel, 73 x 93 cm Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel

35 Sonnendolch 2000/2001, Oel auf Nessel, Kupfer, 110 x 140 cm Privatbesitz



36

Schönes Blühen

37

Denn der Brunnen ist das Ohr der Erde – Gruß an die Sonne

2000, Eichenholz, Kupfer, Lack, 27,5 x 27,5 x 40,4 cm Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel

Brunnenskulptur, 1998 Kreissparkasse Osterholz



» AM WASSER LEBEN, IN DEN BERGEN WOHNEN«

39

Am Wasser leben, in den Bergen wohnen 2002, Eichenholz, 31,7 x 27 x 14,2 cm



43

Kampfstier II

2012, Eichenholz, Kupfer, Oelfarbe, 32,5 x 16,4 x 37,2 cm Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel




Anmerkungen zu seinen Objekten und Skulpturen aus dem Zeitraum 2000 – 2002 Kurt Märzhäuser

Die künstlerische Arbeit Heini Linkshänders

es keinen Bruch, aus dem heraus ein Paradig-

Die Übergänge von einem zum anderen ver-

definiert sich aus dem Verhältnis des Menschen

menwechsel stattfand, sondern eine

mitteln sich fließend. Auch in diesen Arbeiten

zur Natur im Eingebundensein zu den

gewachsene Struktur aus Formen, Materialien

sind die Stoffe, Holz und Kupfer bestimmend.

gesellschaftlichen, kulturellen und politischen

und Stoffen. Darüber hinaus scheint mir seine

Einbezogen sind Eisen und Eisengüsse, wie

Ausformungen seiner Zeit, die sein Bewusst-

Position der Stellungnahme, sein Beharren

auch Bronzegüsse, die den skulpturalen Aspekt

sein und seine Handlungsweisen entscheidend

auf einem Standpunkt, in einer Zeit der

im Ensemble oder den Assemblierungen – wie

bestimmen. Die damit einhergehende

»Events« und immer rascher wechselnden

immer es definiert wird – betonen. Auffallend

Ent­fremdung des Individuums zu den ihm

Ausdrucks­formen im Focus der Aufmerksamkeit

ist eine vermehrte Verwendung von Farben, mit

naturhaft gegebenen Grundlagen und

mehr denn je von Bedeutung zu sein.

denen das Holz gefasst wird.

ist von Linkshänder in einem prozesshaften

Fraglos geht es auch hier substantiell um

Wobei nahezu ausschließlich Rot und Schwarz

Werklauf, in dem Zeichnungen, Malereien,

Kunst und nicht um die bloße Visualisierung

Verwendung finden. Rot für Energie, Wärme

Objekte, Installationen und Texte reflektierend

theoretischer Vorgaben und Postulate. Die

und Liebe, Schwarz für Sinnlichkeit und Kraft

miteinander korrespondieren, in einer beispiel-

Betonung des Artefaktes als ästhetischer

– wie Heini Linkshänder die Farben inhaltlich

haften Konsequenz der Vorgehens­weise

Bedeutungsträger über die von mir beschrie-

für sich definiert. Andererseits dienen Rot und

essentiell herausgefiltert worden. Das künstl-

benen inhaltlichen Vorgaben hinaus steht

Schwarz zur Akzentuierung der Formen­­-

erische Objekt nicht im Einklang zur »l’art pour

außer Frage, denn Heini Linkshänder ist ein

ele­mente im skulpturalen Prozess: zum

l’art«, sondern inhaltlich verstanden als

Künstler durch und durch. Er schafft und

Ausbalancieren der Kräfte und Formen ebenso

Impulsgeber und Energieträger im Zirkel­kreis

schöpft aus einer tief empfundenen inneren

wie zur Unterstreichung der Dominanz eines

von Intuition und Reflexion mit dem Rezi-

Notwendigkeit heraus, die die notwendige

einzelnen Formensegmentes. Als Holz

pienten.

Energie freisetzt, ohne die sich singuläre,

verwendet Linkshänder bevorzugt Eiche, die

bleibende Werte nicht herausbilden lassen.

schon immer in seinem Fundus an Stoffen eine

Ich habe diese Zusammenhänge in Heini

Dieser Blickpunkt auf den so genannten

bedeutende Rolle spielte, indem sie Dauer,

Linkshänders Arbeit meinen Ausführungen

»artistischen Prozess« und, daraus ableitend,

Festigkeit und Widerstand gegen äußere

über seine neueren Objekte und Skulpturen

das Artefakt vermittelt sich sehr deutlich in

Einflüsse assoziiert: Ihre Elemente tragen die

vorangestellt, weil auch sie naturgemäß

Heini Linkshänders Objekten und Skulpturen,

Patina der Zeit, ohne sich von ihr durchdringen

unmittelbar mit ihnen als Basis in Verbindung

die in den letzten Jahren von ihm geschaffen

zu lassen. In den neuen skulpturalen Zyklen

gebracht werden müssen. In der jahrzehnte-

wurden. Wobei hier zwischen Objekt und

Heini Linkshänders taucht nach wie vor die

langen künstlerischen Arbeit Linkshänders gibt

Skulptur nicht scharf getrennt werden soll:

Erscheinung des Hauses auf. Für Linkshänder

Energien, die Leben ermöglichen und erhalten,


46

Restverwertung oder Ruine

2001, Eichenholz, Kupfern채gel, Oelfarbe, 23,8 x 35,2 x 21,9 cm Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel


auch so etwas wie die dritte Haut des

oft wochenlang mit sich herumtragen, um das

keine, wie es auch keine Skulpturen im

Menschen. Dem Haus, unter dessen Dach er

Wesenhafte zu erfahren, ehe sie daran gehen,

eigentlichen definitorischen Sinne sind. Eben

Kraft und Wärme speichern kann, um diese

sie mit ihren Werkzeugen minimal zu bear­

doch skulpturale Inszenierungen, die sehr

Energien nach außen im Gegenspiel der Kräfte

beiten. Dagegen steht die von Menschen

viel Raum für Erweiterungen und Neuerungen

wirksam werden zu lassen – Energien auch

erfundene, zweckbestimmte Form, die positive

geben. Was allen Arbeiten neben ihrem

transistorisch als geistige Kraft verstanden. So

wie negative Kräfte gleichermaßen vermitteln

inhaltlichen intendierten Anspruch innewohnt,

versteht Linkshänder seine Verwendung von

kann: Artefakte des Menschen aus oder gegen

ist eine ganz eigene Poesie. Darin einbezogen

Kupfer als Leiter von geistigen Energien in der

die Urkraft und Spiritualität der Natur.

ist das »Hinterfragen einer Existenz, die es

ohne Geheimnisse nicht gibt«.

Vermittlung von Mensch und Natur. Aber auch hier vermittelt sich wieder eine Ambivalenz

Was sich auch neu in den jüngsten Objekten

des Materials, das in der Korrespondenz mit

Linkshänders vermittelt, ist eine vermehrte

den anderen Formen­elementen, vom Weichen

Hinwendung zum Figurativen. Es gibt Zyklen

zum Festen, vom Warmen zum Kalten, vom

von seiner Hand, in denen die Kopfform

Organischen zum Kristallinen, intuitiv erfasst

durch­dekliniert wird, wie andere, die Tier­

und erlebt wird.

formen evozieren. Dabei tendiert der Ausdruck vom Erhabenen zum augenzwinkernd

Auffallend ist eine zunehmende Tendenz Heini

Humorvollen. Ein gewisser Bezugspunkt zu

Linkshänders, vermehrt »Abfallmaterial« von

Schwitters lässt sich nicht verleugnen, und es

Holz o. ä. in seine Skulpturen einzubeziehen,

wäre einmal interessant, Linkshänders

indem er die Form dieser Fragmente in der

gesamtes Oeuvre zu dem des Merzkünstlers in

Möglichkeit ihrer Verwendung gewissermaßen

einen Bezug zu bringen. Eine eigene Serie

»abklopft«, sie in ihrem Zustand belässt.

beschreiben auch Heini Linkshänders neuen

In Korrespondenz dazu kommen stringent

Objekte, die in ihren Abstraktionen aus

geplante und vorskizzierte, komplizierte

figurativen Elementen und verschiedenen

Formensegmente zur Anwendung. Auch hier

Stoffen und Materialien eine eigene Kosmo­

vermittelt sich die Intention Linkshänders,

logie des Menschen beschreiben. Wo auf dem

Gegensätzliches zu verschmelzen. Die Holz-

relativ eng bemessenen Raum einer Sockel-

fragmente aus Tischlereien lassen sich analog

platte regelrecht von ihm »inszeniert« wird.

zu den Steinen von Eskimos sehen, die diese

Es sind Assemblierungen, aber eigentlich auch


54 Aggregat 1998/2001, Kupferrohr, Eichenholz, 27 x 55 x 6,5 cm 55

Kalt + Warm

1998, Kupferblech, Zinkblech auf Sperrholz, 30 x 15 x 2,5 cm



» Man wächst hinein in dieses Leben«

57

Januskopf II

Druck vom Holz, 65 x 50,2 cm/  31,3 x 22,7 cm Heinrich Vogeler Stiftung Haus im Schluh Worpswede



58 Kopfverschmelzung 1995, Druck vom Holz, 37,7 x 26,5 cm/  15,8 x 15,8 cm Heinrich Vogeler Stiftung Haus im Schluh Worpswede 59

In die Erde gebohrt

1995, Siebdruck, 26,5 x 37,7 cm/  20,8 x 8,6 cm Heinrich Vogeler Stiftung Haus im Schluh Worpswede



Âť w enn ein mensch auf die welt kommt, wird sehnsucht geborenÂŤ

67

Eros Sehnsucht

1984, Wasserfarbe auf Papier, Baumwollfaden, Sicherheitsnadel, 38 x 19,7 cm Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel



68

69

Ganz schรถn nackig

Bleistift auf Notenblatt, 20,8 x 14,9 cm Privatbesitz

Schรถner Gedanke

1993, Wasserfarbe auf Briefkuvert, 40,7 x 30,9 cm Privatbesitz



70 Geburtsrecht Bleistift auf Notenblatt, 21 x 14,8 cm Kulturstiftung Landkreis Osterholz (GroĂ&#x;e Kunstschau Worpswede) 71

Merkur auf dem Weg zur Venus

1993, Wasserfarbe auf Briefkuvert, 31 x 41 cm



»ich bin ein kopf der leidenschaft«

75

Kopf der Leidenschaft 2008, Oel auf Holz, 24 x 18 cm




Ich bin ein Kopf der Leidenschaft Heini Linkshänder

Mein unruhiger Geist ließ es einfach nicht zu,

ästhetischen Genuss der Objekte, sondern um

meine Bild- und Formensprache zu entwickeln.

mich für eine Kunstakademie zu bewerben.

das Herausarbeiten von Ästhetik als »geistige

Es geht mir aber dabei immer wieder darum,

Ich verdiente mir meine Studien als notori-

Ordnung«.

Spannungsmomente als Grenzerfahrung

scher Schwarzhörer unter anderem bei Prof.

herauszuarbeiten. Dabei liegt die Schwierigkeit

Wotruba in Wien und Salzburg, bei Prof. Ortner

Ende 2004 / Anfang 2005 stand für mich die

nicht in der Arbeit, sondern darin, in die

in Linz, bei Prof. Kirchner in München, bei

Frage im Raum, ob ich vor dem Hintergrund

erforderliche Bereitschaft zu kommen, dass

Prof. J. Beuys in Düsseldorf. So tingelte ich

meines kontinuierlichen künstlerischen

die Arbeiten entstehen können. Sowohl bei

einige Jahre durch die Akademien des Landes.

Werdegangs dennoch in der Lage bin eine

Figuren, Köpfen und Gesichtern als auch bei

Von 1977 bis 1979 besuchte ich als ordentli-

neue Bildformensprache zu entwickeln. Ich

Landschaften geht es eben um das Phänomen

cher Student die Sommerakademie in Salzburg

stellte mich wieder einmal in Frage, um einmal

der Vielschichtigkeit im menschlichen

(Radier- und Bildhauerklasse). Seit 1972

mehr auf Unbekanntes zuzugehen. Eine Zäsur

Ausdruck und landschaftlicher Skulptur sowie

arbeite ich ausschließlich als freischaffender

war angesagt. Die jahrelange Arbeit an der

um das Zusammenspiel beider Elemente.

Bildhauer.

Skulptur, Ölzeichnungen und Wasserfarbe auf

So vielschichtig wie das Leben mich trifft

Papier, sowie die Druckgrafik wurden vorerst

Im Prozess meiner malerischen Arbeiten

auf die lange Bank gelegt.

unterlege ich einen Grund aus vielen,

– innere und äußere Wirklichkeiten – so

überarbeiteten Farbschichten. Sie unterstrei-

arbeite ich am Material jeglicher Ausprägung

Die Zeichnung trat in neuer Form in Erschei-

chen das Streben nach Verdichtung und

in schöpferischem Vorgang. Ich nutze diese

nung. Wenig später folgte Malerei auf Holz­-

Konzentration im Sinne von Energie.

Eigenwerte, entwickle Sprache und Zitat.

platten, Leinen, Nessel und Papier, als ganz große, selbst gewählte Herausforderung. Ich

Ich bin in dem handwerklichen Betrieb meines

arbeite aber weiterhin figurativ und nicht

Vaters groß geworden. Aus dem spielerischen

figurativ. »Bildhaft – Wesenhaft – Zeichen-

Umgang mit Material der Kindheit und darüber

haft«. So möchte ich meine bildnerische

hinaus in einer Schreinerlehre habe ich das

Arbeit umschreiben.

Spiel mit den bildnerischen Mitteln wieder aufgenommen. Aus dem Prozess des Denkens

Dabei geht es mir um Bilder und nicht um

und der Stellungnahme versuche ich Form­

Abbilder! Anders gesagt, verstehe ich meine

zusammenhänge zu gültigen Wahrheiten zu

Arbeiten als Gegenbilder. Je aggressiver die

formulieren. Dabei geht es mir nicht um den

Außenwelt mich trifft, umso stiller versuche ich




78 Zentrum 2008, Oel auf Holz, 35 x 28 cm Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel 79

80

81

Du bist der Tag

2007, Oel auf Leinen, 47 x 37 cm

Fragment einer grossen Zeichnung

2006, Oelkreide auf Graupappe, 40 x 50 cm Privatbesitz

Sohn des Nordlichts

2009, Oel auf Nessel, 34 x 27 cm



82

Still wie ein Gedanke 2009, Oel auf Holz, 24 x 18 cm

Das Leben ist erschrocken

2009, Oel auf Holz, 24 x 18 cm

Die Werkstatt meiner Gedanken II

2009, Oel auf Holz, 24 x 18 cm

83 Schallschutz 2009, Oel auf Holz, 24 x 18 cm Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel

ohne Titel

2009, Oel auf Holz, 24 x 17,8 cm Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel

ohne Titel

2009, Oel auf Holz, 24,2 x 18,2 cm Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel



»ich denke was ich tu, und was machst du?«

91 Greifgefühl 2009, Oel auf Holz, 24 x 18 cm Privatbesitz



92

93

Ein Zeichen das markiert

2010, Oel auf Holz, 24 x 18 x cm

0hne Titel (Rot)

2009, Oel auf Leinen, 46 x 35 cm Privatbesitz



94

Die Wand

2010, Oel auf Nessel, 100 x 80,5 cm Privatbesitz

95 Mutprobe 2008, Oel auf Nessel, 61 x 49 cm 96 Musikbox 1992, Eichenholz, Kupfer, 14,7 x 10,3 x 14,7 cm Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel 97 Brodholen 2006, Oel auf Holz, 31,5 x 20 cm Privatbesitz



»Natur – kein ort nirgends«

101

Strecke gesperrt

2008/2009, Oel auf Leinen, 66 x 59 cm Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel



102

Das Ufer ist noch nass vom Wasser des Meeres

103

Leerer Raum?

2009, Oel auf Leinen, 40 x 31 cm

2008, Oel auf Leinen, 30 x 24 cm



104

105

Irgendwo im Garten – auf dem Felde

2006, Oel auf Leinen, 40 x 30 cm

Zwischen zwei Bilder schauen 2008, Oel auf Nessel, 43,5 x 37 cm



»schreiten in richtung horizont«

107

Das schaffst Du auch

2009, Oel auf Leinen, 70 x 57 cm Privatbesitz



108

Teil einer grossen Landschaft

2009, Oel auf Nessel, 45,5 x 60,5 cm

109 Zum Himmel geรถffnet das Fenster 2006/2008, Oel auf Nessel, 70 x 90 cm Privatbesitz



110

Geflochtene Stille

111

Landschaft in Schwefelgelb getaucht

2009, Oel auf Leinen, 60 x 90 cm Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel

2006, Oel auf Leinen, 35,5 x 46 cm



112 Fr端hjahrsgr端n 2009, Oel auf Leinen, 32 x 40 cm Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel 113

Sommerregen (aber kalt)

2007/2008, Oel auf Leinen, 50 x 40 cm Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel



116

2 Kreuze in rot

117

Ver채nderung im Garten

2011, Oel auf Leinen, 27 x 36 cm

2009, Oel auf Leinen, 31 x 38 cm




Frühstück mit Dessert: Heini Linkshänder – der Maler Dr. Birgit Nachtwey

Es ist der 25. 5. 2007, ich fahre mit dem Rad zu

sessel gegenüber dem Ofen, daran angrenzend

seinen pointierten Äußerungen und Kommen-

Heini Linkshänder – zum Frühstück. Persönlich

der große quadratische Esstisch, obligatorisch

taren Bahn bricht, den Zuhörer für sich

kennen gelernt haben wir uns Mitte der 1990er

mit Vase, Blumen und Kerzenleuchter,

einzunehmen.

Jahre, doch die Verbindung blieb vorerst lose.

schließlich die Nische mit dem aus Kupfer­

Von daher ist die Einladung mit Ankündigung

rohren selbst gebauten Bücherregal und dem

Vom Tisch, dem Kommunikationszentrum seiner

einer Überraschung schon Überraschung an

Schlafsofa mit der roten Decke.

Heimstatt, geht der Blick sowohl nach draußen

sich. Sein versteckt gelegenes Zuhause in

als auch an die Wände, die sich für jeden

Meven­stedt am Rande Worpswedes, mit Blick

Als ich samt Brötchentüte in diese Welt

Besucher als kleine Galerie mit Wechselausstel-

auf Wiesen, Weiden und Moorgraben, mutet an

eintrete, die ich als Gast der wiederkehrenden

lung präsentieren. Wann immer man kommt,

wie eine Hofstelle en miniature: Wohnhaus und

Einladungen zu »Künstlerbrot und

entdeckt man Neues. Papierarbeiten werden

Schuppen mit Werkstatt, umgeben von hohen

Kartoffel­suppe« schon erlebt habe, ist der

vorgeführt, dann kommt Heini Linkshänder auf

Laubbäumen und Kiefern sowie einer Mischung

Tisch gedeckt und der Hausherr verblüfft mit

den Punkt: Vor zwei Jahren, 2005, hat er

aus Skulpturengarten, Staudenbüschen und

einem kulinarischen Stillleben aus Früchten,

beschlossen, sich künstlerisch noch einmal neu

Gemüsebeet mit Blattsalat. Es scheint, als habe

das dekorativ auf dem Tellerrand arrangiert ist.

herauszufordern und die bildhauerische und

Heini Linkshänder das ländliche Leben seiner

Es duftet nach Omelette, das in der Pfanne

druckgrafische Arbeit aufzugeben, um sich

süddeutschen Heimat ein stückweit auf die

brutzelt. Kochen ist für Heini Linkshänder

neben Zeichnen bewusst auf Malerei zu konzen-

norddeutsche Wahlheimat übertragen und ganz

durchaus ein Thema, selbst Fachsimpeln über

trieren und diese autodidaktisch zu entwickeln.

selbstverständlich mit seinem Künstler­dasein

Rezepte gehört dazu, allerdings mit kompe­

Eine Reise zur Tochter, die damals in Italien in

verschmolzen.

tenteren Gesprächspartnern als mir. Mich

der Toscana lebt, hat den entscheidenden

konfrontiert er mit Gedanken zu Worpswede

Anstoß gegeben und als eines der ersten Bilder

Drinnen bilden Wohnen und Arbeiten eine

als Künstlerdorf und nimmt aus seiner Warte

die Darstellung einer Zypresse hervorgebracht.

Symbiose: am Eingang die Küchenzeile und der

Vergangenheit und Gegenwart, Verpasstes und

Kostproben seither entstandener kleiner Lein-

große Spiegel mit der Aufschrift »Die Energie

Potenziale unter die Lupe. Konzentration ist

wandbilder hängen ringsum. Um mir die

bin ich«, daneben sein Rennrad, das – anders

gefragt, denn in Heini Linkshänder mischen

größeren Formate zeigen zu können, muss die

als das Alltagsrad, mit dem er Besorgungen

sich kerniger süddeutscher Tonfall mit

Luke zum Dachboden herunter gelassen werden.

macht – besonders geschützt im Haus

notorisch-kritischem bis zynischem Blick und

untergebracht wird. Am Fenster der Schreib-

verbaler wie rhetorischer Stärke als provokanter

Was sich dort offenbart, löst das Versprechen

tisch, seitlich die Regalnische zum Verstauen

Querdenker. Und doch weiß er bei aller

der angekündigten Überraschung vollends ein:

kleinformatiger Arbeiten und der rote Lese­

Dominanz, Drastik und Bissigkeit, die sich in

Ordentlich aufgereiht stehen dicht an dicht


Gemälde. Sie sind zum Schutz in transparente

Heini Linkshänder sucht offenkundig auch

Situation zu nutzen und Bilder weitgehend

Luftpolsterfolie gehüllt und quasi »reisefertig«

in der Malerei die Nähe zum bevorzugten

allein zu hängen. Beidhändern, die ihn

für einen möglichen Transport. Leuchtstarke

Werkstoff, mit dem ihn nach wie vor die

punktuell unterstützen, bleibt es schleierhaft,

Motive scheinen hindurch und man erkennt

Tischlerei Kück in der Bahnhofstraße versorgt.

wie der Linkshänder das schafft.

sofort, dass mit diesen Arbeiten auch das

Rest-Zuschnitte dienen jetzt für Tafelmalerei im

Kapitel der um 1999/2000 entstandenen

besten Sinne und wecken Assoziationen an

Seine Einladungskarte ist Programm: »Mit

gegenstandslosen Nesselbilder, die in Blutrot

den Typus des Votivbildes. Rückseitig angefast,

neuem Biss ins nächste Jahrzehnt. Heini

getaucht und verschiedentlich mit Bienen-

entsteht beim Hängen an der Wand ein

Linkshänder 70.«. Die Innenseite zeigt das

wachs und Kupferelementen kombiniert sind,

schwebender Eindruck und die Bilderleiste

Ölgemälde »Barfußlaufendes Mädchen«

abgeschlossen ist.

erübrigt sich. Für das Rahmen der Leinwand-

(2006), das zusammen mit »Stilles Land«

bilder kann dagegen aus dem Vollen geschöpft

(2008) und vergleichbaren Arbeiten die frühe

Alles auszupacken reicht die Zeit nicht aus,

werden. Der Worps­weder Künstlerkollege Willy

Werkgruppe in der Malerei dokumentiert.

wir verabreden uns neu. Diesmal werfen wir

Meyer-Osburg (1934 – 2005) hat dem Freund

Sie wirken wie die Übersetzung der aus den

einem Blick in die Atelier-Werkstatt, die Heini

seinen Bestand an Leisten vermacht.

vorausgegangenen druckgrafischen Blättern vertrauten Bild- und Formensprache in Malerei

Linkshänder weitgehend in Eigenarbeit gebaut hat. Hier riecht es erwartungsgemäß nach

Die Zahl der entstandenen Bilder ist stattlich

und auch die poetischen Titel der Gemälde,

Ölfarbe und es finden sich diverse mit vielen

und die Zeit scheint reif, sie öffentlich zu

die Aphorismen ähneln, sind vertraut.

dünnen Lagen vorbereitete Malgründe, die

präsentieren. Erste Gelegenheit bietet im

darunter liegende Schichten an der Oberfläche

Herbst 2007 eine Ausstellung in Neustrelitz,

Chiffrehafte geometrische Elemente und

aufscheinen lassen. Bisher hatten die Farben

die den – rückblickend betrachtet – denkwür-

figürliche Darstellungen in archaischer Anmu-

Rot und Schwarz das Schaffen beherrscht, nun

digen Titel »Das Dasein verliert an Dauer«

tung werden vor unbestimmtem Hintergrund

öffnet sich das Spektrum auf Zwischentöne, die

hat. Mit der für Anfang 2008 geplanten

und Bildraum arrangiert. Flächig-abstrahieren-

zuvor nur in Aquarellen auftauchten. Neben

Ausstellung in der Galerie für gegenwärtige

der und erzählerischer Gestaltungsansatz

Rot und sonnigen Tönen wie Gelb und Orange

Kunst im Hotel Village will sich der Künstler

greifen ineinander. Darüber hinaus offenbaren

bevorzugt er unterschiedliche Nuancen von

den Worpswedern neu vorstellen, und zwar als

sich andere wiederkehrende Merkmale wie:

Grau und Grün, Beige und Braun sowie Violett

Maler mit abgeschlossenem bildhauerischen

Poesie und subtiler Witz, die Hommage an die

und Rosa; Blau interessiert den Maler offenbar

Schaffen, das exemplarisch gezeigt werden

Weiblichkeit, der kontrastreiche Farbenkanon

wenig. Außer Keilrahmen mit Leinwänden sind

soll. Konzeption und Aufbau liegen ganz in

bei reduzierter Palette und damit einher das

kleinformatige Holzplatten zu entdecken.

seiner Hand. Geschickt weiß er die räumliche

Bekenntnis zu den Lieblingsfarben Gelb und


Orange. Häufig treten auch rahmenverwandte

als Interpretationen der Worpsweder Land-

geschriebener Zweizeiler wirkt und eine

Formen auf, die als vertikaler oder horizontaler

schaft auffassen kann. Damit schließt sich der

interessante Variante in der Handhabung der

Streifen das Bildfeld begrenzen oder einteilen.

Maler den wenigen zeitgenössischen Worpswe-

chiffrehaften Stilisierung zeigt.

Sie dienen dazu, der Komposition Halt

der Künstlern an, in deren Werken die flache

beziehungsweise Gleichgewicht zu verleihen,

Niederungslandschaft des Teufelsmoores mit

Mit seinen bewussten oder unbewussten

Spannung zu erzeugen und dem kontrast­

ausgedehntem Himmel, flachem Horizont und

Annäherungen an die Charakteristika der

reichen Farbspiel zusätzliche Energie zu liefern.

seichter Erhebung des Weyerberges augen-

Worpsweder Landschaft, die ihm allein schon

Details wie Binnenzeichnung, Stofflichkeit

scheinlich ihren Niederschlag findet. Im Œvre

durch den Zugang zur moorig-dunklen

oder Plastizität sind ohne Belang; die Idee, die

entdeckt man aber auch einige Werke mit

Farbpalette und die horizontale Flächengliede-

dahinter steht, ist und bleibt im gesamten

Anspielungen auf Strand und Meer, zu denen

rung, gegen die sich einzelne Bildelemente

Werk das Vordringliche.

sommerliche Inselurlaube u. a. auf Spiekeroog

abzeichnen, gelingt, schlägt Heini Linkshänder

inspiriert haben, so dass ihnen eine autobio-

die leisesten Töne in seiner Malerei an. Die

grafische Attitüde anhaftet.

Bilder beeindrucken durch ihre farbliche

Nach »Hommage an Paula« (2005) spiegelt sich zwischen 2007 und 2009 verstärkt die

Harmonie, kompositorische Ausgewogenheit, Ästhetik und Poesie. In Werken wie »Die Sonne

Auseinandersetzung mit den Lichtgestalten der

Während sich die »worpswederisch« anmuten-

Worpsweder Kunstgeschichte, die ihn im

den Gemälde menschenleer präsentieren, sind

kommt« (2009), »Geflochtene Stille« (2009)

Rahmen des lokalen Ausstellungsprojektes

diejenigen ohne erkennbare Verortung symbo-

und »Begegnung mit einer schönen Land-

»Sehnsucht nach Landschaft« (2000) schon

lisch belebt: oft winzig klein im Verhältnis zur

schaft« (2009) erlaubt sich der Maler, seine

einmal intensiver beschäftigten. Als Maler

Weite des Bildraumes steht eine einzelne Figur

romantische Seite und sogar einen Hauch von

reagiert er auf die innere Zwiesprache mit den

stellvertretend für Mensch schlechthin, ein

Melancholie zum Klingen zu bringen. Assozi­

Gründervätern der Künstlerkolonie und

einzelner Baum für lebendige Natur und ein

ationen an Stille, Ruhe, Einsamkeit, Größe und

der posthum zu Weltruhm gelangten Paula

bauklötzchenartiges Haus für menschliche

Weite werden geweckt; Begriffe, die schon

Modersohn-Becker in Form von zwei Werkgrup-

Behausung. »In der Gegend meiner Gegend«

Rainer Maria Rilke in seinen um 1900 verfass-

pen, die dem Genre Landschaft und Bildnis

(2007) verquickt solche Elemente und liefert

ten Hymnen auf Worpswede verwendete.

zuzuordnen sind. Einmal mehr steht statt des

unterschwellig eine weitere autobiografische

Abbildes die Wesenheit von Mensch und Natur

Anspielung, die man ebenso dem »Winter-

So empfindsam die Landschaftsmalerei, so

im Fokus. Die Hinwendung zur Landschaft führt

wind« (2010) zuschreiben mag, jenem

beseelt und überaus sensibel erweisen sich die

überraschend zu naturalistischen Anklängen

kleinformatigen Bild, das in seiner Gliederung

späten figurativen Arbeiten, bei denen neben

und zu Motiven, die man im weitesten Sinne

und Reduktion auf das Lineament wie ein

einigen Kindermotiven (»Mama ich bin


122

Achtung! Bitte Ruhe ...

Schild, 22 x 26 cm Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel


dreckig«, 2010) ausdrucksstarke Köpfe vor­-

menschlicher Charaktere und deren Ausdruck.

sich attestieren. Und so liest sich die Liste

herrschen. Sie wirken oft androgyn und haben

Es geht ihm darum intuitiv auszuloten, wie

der für diesen künstlerischen Ansatz typischen

Bildnischarakter, ohne als Porträt gemeint

er mit einem Minimum ein Maximum an

Merkmale, als wollte man erneut das

zu sein. Universelles zeigt sich im scheinbar

Physio­gnomie und Mimik auf den Malgrund

malerische Schaffen von Heini Linkshänder

Individuellen, und gleichzeitig meint man

bannen und so menschliche Seelenbefindlich-

umschreiben: man findet die Poesie des

immer wieder autobiografische Einflüsse zu

keiten evozieren kann. In eben diesem

Gewöhnlichen und Alltäglichen, die menschli-

sehen. Anfangs erzählerisch-poetisch mit

Bestreben, das innere Wesen bildhaft sichtbar

che Anonymität, die verschlüsselte Andeutung,

naturalistischer Anmutung (»Das Kind allein

zu machen, spiegelt sich – bezogen auf das

das Spiel mit archaischen und meditativen

weiß es«, 2010), dann in der Art eines

Worpsweder Umfeld – die Bedeutung Paula

Bildzeichen, die Arbeit mit der Farbfigur als

groben farbigen Holzschnitts (»Die Werkstatt

Modersohn-Beckers als wichtige Impulsgeberin

Chiffre vor unbestimmtem Hintergrund, die

meiner Gedanken«, 2009), führt die formale

für das Spätwerk.

Annäherung ans Ästhetische, das Pendeln

Verknappung (»Zentrum«, 2008) zu naiv

zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit,

wirkenden, traumwandlerischen »Mondgesich-

Außerdem zeigt sich, dass der theoretische

die Betonung des Malprozesses bei stark

tern« (»Schädeldenken«, 2011), die in ihrer

Überbau, den Heini Linkshänder für seine

reduzierter Palette, die spannungs­reiche

Kahlköpfigkeit bloß noch als Umrisslinie

Kunst als Bildhauer, Druckgrafiker, Objekt- und

Dialektik zwischen malerischem Bildgrund und

erfasst und auf den Malgrund wie auf eine

Aktionskünstler gewählt hat, in seinem

den darauf gesetzten grafischen Zeichen

Tafel »geschrieben« sind. Werden sie im

Werk als Maler auf andere Anknüpfungspunkte

und schließlich die eigentümliche Ruhe und

Profil vorgeführt, nehmen sie umso heftiger

zugreift. War er durch die besondere Berüh-

Würde, die den Werken innewohnt.

kalligrafische Züge an. Gelegentlich tauchen

rung mit Joseph Beuys (1921 – 1986) über-

Kreise und Tupfen im Hintergrund als Begleiter

zeugter Verfechter der Idee, Kunstschaffen

Selbst mit der Kernbotschaft der informellen

auf. Sie fungieren formal als Medium

konsequent als sozialen Prozess zu verstehen,

Expressionisten stimmte Heini Linkshänder

spielerischer Leichtigkeit, Dynamik und

so folgt seine Malerei Maximen, die rezeptions-

überein und wurde nicht müde, sie zu

Ästhetik, während die Farbe ihnen die Rolle

geschichtlich betrachtet ihre Wurzeln bei

propagieren:

des Bedeutungsträgers zuweisen kann.

führenden Vertretern der Informellen Kunst

Es geht um sichtbar machen und nicht um die

haben. Sowohl eine Nähe zum Frühwerk von

Wiedergabe des Sichtbaren.

Heini Linkshänder ist auf der Suche nach den

Jean Dubuffet (1901 – 1985) als auch zum

Geheimnissen menschlicher Seele und

bedeutenden Vorläufer Paul Klee (1879 –

Emotion, und so streben seine späten Bilder

1940), der Kunstäußerung richtungweisend als

nach allgemeingültigen Festschreibungen

»psychische Improvisation« bezeichnete, lässt


ÂťWorte sind wie Steine, die nicht untergehenÂŤ

133

Wanderung der Steine

2010, Oel auf Leinen, 40 x 53 cm (Ausschnitt) Privatbesitz



134

Winterhimmel II

2011, Oel auf Nessel, 27 x 36 cm

135 In der Gegend meiner Gegend 2007, Oel auf Leinen, 36 x 47 cm Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel



136

137

Sonnenhimmel – Silberlinie

2009, Oel auf Nessel, 47 x 61,5 cm

Wilder grĂźner Fluss

2009, Oel auf Nessel, 46 x 60 cm




Mein Leben – meine Arbeit, ein fragender Prozess Heini Linkshänder

1938

Geboren in Laufen an der Salzach. Aufgewachsen,

»OMMASCH DA DA«, Galerie Lang, Wien

Schulbesuch und Schreinerlehre in Kirchanschöring.

Stempelworkshop Weserburg, Bremen

Unfall – Verlust des rechten Armes bis über das Ellbogen­

1982

»Skulpturen im Freien«, Alter Botanischer Garten München

gelenk. In verschiedenen Berufen tätig.

»KULTURSCHMERZ«, Straßenaktion in München

Prozess SCHMERZENSERFAHRUNG als LEBENSERFAHRUNG.

»KUNSTSPERRGEBIET«, Straßenaktion in München

seit 1972 »KUNST als WIRKLICHKEITS - BENENNUNG - BEWÄLTIGUNG«

»ICH MÖCHTE MEINE BERGE WIEDERSEHEN oder KUNST IST

1960

1976

1978

FÜR ALLE DA«, Kellergalerie, Bad Reichenhall

Staatliche Skilehrerprüfung – als Skilehrer bis 1981 tätig

1977 – 79 Internationale Sommerakademie Salzburg

1983

»ARBEITEN DER LETZTEN JAHRE«, Kreissparkasse Bad Aibling

Ehrenpreis der Landesregierung Salzburg für Radierung

Kulturzentrum bei den Minoriten, Graz, Österreich

Erste Einzelausstellung in der Galerie Armstorfer, Salzburg

Sechsmonatiger Arbeitsaufenthalt in Worpswede

14 Tage Arbeitsaufenthalt in der Villa Romana, Florenz –

»DAS MOOR HAT SEINE SCHULDIGKEIT GETAN«, Straßenaktion in Worpswede

Entstehung der »Florentiner Geheimnisse« 1979

1980

1981

»ARBEITEN AUF PAPIER«, Kreissparkasse Bad Aibling

Stempeltisch, Aktion auf der Spiellinie Kiel

»KÜNSTLER arbeiten für die GESELLSCHAFT wie andere

1984

Übersiedlung nach Niedersachsen

auch« Straßenaktion in München – Salzburg – Augsburg

»LEBENDES HOLZ – LEBENDES FEUER – LEBENDES LICHT«,

»JAHRHUNDERTLOCH«, Aktion in Laufen an der Salzach

Aktion mit Eu Nim Ro und Wittwolf Malik, Barkenhof,

»KÜNSTLER arbeiten die für die GESELLSCHAFT wie

Worpswede

andere auch« Aktion in Wien, Art 80 in Basel und Bremen

»FAST EIN TORSO«, Aktion am Barkenhof, Worpswede »VERFREMDUNGEN«, Aktion auf der Spiellinie Kiel

»SIGNALE – SIGNATUREN – SPUREN«, Galerie Armstorfer,

Salzburg

1984/85 Eigenbau der Wohnstatt in Worpswede

»KUNSTMACHT«, Straßenaktion am Kapitelplatz in Salzburg

Wohnstattausstellung

(durch Polizeieinsatz beendet, Organstrafmandat wegen

1985

»TAGESBILDER«, Aktion auf der Spiellinie Kiel

Straßenverunreinigung)

Die ersten Skulpturen entstehen.

»DIE TRADITION BESTIMMEN WIR«, Galerie Simmerl,

1986

»GIPFELKREUZ AM WEYERBERG«, Aktion in Worpswede

Saalfelden/Österreich

(wurde zerstört)

»DIE ENERGIE BIN ICH«, Interview im ORF

»ARBEITEN AUF PAPIER«, Galerie am Ostertor, Bremen

»DIE ENERGIE BIN ICH«, Straßenaktion

»WIR HABEN ZU WENIG BLITZE«, Aktion auf der Spiellinie Kiel »NATUR – KEIN ORT NIRGENDS«, Mittelpunktschule Worpswede


1987

Edition KÜNSTLERBROT, Eigenverlag

»JAGDSZENEN IN WORPSWEDE«, Straßenaktion, Worpswede

»KÜNSTLERBROT UND KARTOFFELSUPPE«,

»KOPFVERSCHMELZUNG«, Galerie Altes Rathaus, Worpswede.

Wohnstattausstellung

»ICH DENKE WAS ICH TU UND WAS MACHST DU!«,

1993

»Kunst im öffentlichen Raum Bremen«, Zweiter Preis im Gestaltungswettbewerb

»KÜNSTLER-BROT«, Mail-Art-Aktion

1988

»DIE WUNDE UNSERER KULTUR SITZT TIEF«,

»SCHWARZ-ROT-GOLD«, Galerie 149, Bremerhaven

Kommunale Galerie Bremen

»ICH BIN EIN KOPF DER LEIDENSCHAFT«,

»NORD-SÜD-DIALOG«, Aktion

1989

»KULTUR HAT KONJUNKTUR ODER IMMER WIEDER MARTHA«,

Galerie Kaos, Köln

Sparkasse Bad Reichenhall

DEM WEIZEN«, Kunstverein Cuxhaven

Aktion mit Max Schmalz, Worpswede

»ICH HABE MEINEN RECHTEN ARM DURCH DAS DENKEN

»Große Kunstschau NRW«, Düsseldorf-Ehrenhof

VERLÄNGERT ODER DIE ENERGIE BIN ICH«, Installation,

1994

»IN DIE ZEIT HINEIN VERLORENGEHEN«,

Atelierhof Bremen

»ERNTE LANGER ZEITEN ODER DAS UNKRAUT WÄCHST MIT

Studiengalerie Busse, Worpswede

»MEINE HEIMAT IST DIE KUNST UND DIE SITZT IM KOPF«,

Kreissparkasse Bad Aibling

»Große Kunstschau NRW«, Düsseldorf-Ehrenhof »Positionen neuer Tendenzen in der figurativen

»DIE WILDEN ALPEN«, Kulturetage Bremerhaven

»WELLE DER ERREGUNG«, Bildhauersymposium Worpswede

Galerie Schlehn, Neustadt am Rübenberge

1990

»WEIBSBILDER«, Kunstbuchhandlung Strehlow, Worpswede

»ARBEITEN AUF PAPIER«,

»ICH ZEIGE MEINE WUNDE«, Galerie Bänder, Düsseldorf

Zimmergalerie C. P. Schneider, Frankfurt a. M.

1991

»EINEN BERG ABTRAGEN ODER DIE WÄRME VERLÄSST DEN

Kulturpreis der Volksbank Osterholz-Scharmbeck

RAUM«, Studiengalerie Busse, Worpswede

1995

»AUFTRAG«, Kunstverein Osterholz-Scharmbeck

1992

»STADT UND LAND«, Aktion, Galerie Altes Rathaus, Worpswede

»DIE WÜRDE DES UNBEKANNTEN« und »OSTLAND-WEST-

»DAS MOOR HAT SEINE SCHULDIGKEIT GETAN«,

Kunstpreis des Landkreises Osterholz für Druckgrafik

Studiengalerie Busse, Worpswede

»Große Kunstschau NRW«, Düsseldorf-Ehrenhof

»WENN EIN MENSCH AUF DIE WELT KOMMT, WIRD SEHNSUCHT GEBOREN«, Atelierhof Bremen

Malerei«, Kunsthalle Faust, Hannover

LAND« (Aktion), Galerie für Gegenwärtige Kunst, Neustrelitz


1996

»OSTLAND-WESTLAND, BRECHEN WIR DAS EIS VON

1999

»DURCHGANG VON STRÖMEN«, Galerie im Griesbad, Ulm

UNSEREN LIPPEN«, mestna galerija ljubljana, Slowenien

2000

»DAS 5. ELEMENT«, Gerhard-Marcks-Pavillion, Bremen

»SCHREITEN IN RICHTUNG HORIZONT«, Produzentengalerie

»IMMER WACHSAM SEIN«, Galerie Seyffert-Stahl, Berlin

»ICH BIN EIN KÄMPFER, ABER KEIN WETTKÄMPFER«, Werkstatt-Galerie, Bremen

2001

Felix Droese, Peter Bömmels, Dieter Roth, Siegfried Anzinger,

Kunstmarkt Kunst Köln 2001 mit Grafikangebot Müller

M. Hinken, Galerie Schlehn, Neustadt a. Rbg.

2002

»IN DEN BERGEN WOHNEN, AM WASSER LEBEN«,

2003

»DAS MACHE ICH DOCH MIT LINKS«, Studiengalerie Busse,

»ICH ZEICHNE MIR DAS LEBEN INS GESICHT ODER DIE

Kunstforum Steinhude Worpswede

»GELÖSTES ROT«, Studiengalerie Busse, Worpswede

»FEUER UND FLAMME«, Murkens Hof, Lilienthal.

»MANCHE WORTE SIND WIE STEINE, DIE NICHT

2004

Galerie Junger, Oberndorf bei Salzburg

UNTERGEHEN«, Martin-Luther-Kirche, Bremen

2005

»STROM DER ERINNERUNG ODER DIE KRAFT ARBEITET UND BRINGT DAS RESULTAT«, Haus im Schluh, Worpswede

Wohnstattausstellung

Kunstmarkt Hannover mit Galerie Schlehn, Neustadt a. Rbg.

1998

»vom anderen Dieter Roth zu Ehren«,

Galerie Schlehn, Neustadt a. Rbg.

»DIE WÜRDE DES UNBEKANNTEN«, Grafikangebot Müller, Großpösner und Leipzig

Forum für Zeitgenössische Kunst Worpswede

»MAN WÄCHST HINEIN IN DIESES LEBEN«, Galerie im Marienkrankenhaus, Papenburg

»VOM SCHNEE« (Robert Waiser gewidmet) mit Walter Pichler,

KRAFT ARBEITET UND BRINGT DAS RESULTAT«, 1997

»OHNE MICH ZU FRAGEN, SOLLTEN SIE KEINE KUNST KAUFEN«, Werkraum, Dachau

Karg e. V., Oldenburg

Arbeiten auf Leinen Nessel Papier, Findorffstr. 26, Worpswede

»WAS IMMER WO IMMER WANN IMMER« mit Michael Lembke, Projektraum Künstlerhaus I, Worpswede

»subjektiv – reflektiv Positionen II«,

»DURCHGANG VON STRÖMEN«, Bunker F38, Bremen

Kunstverein Neustadt a. Rbg.

Schenkung des druckgrafischen Werks an die Heinrich

»MAN WÄCHST HINEIN IN DIESES LEBEN – HEINI LINKS-

Vogeler Stiftung Haus im Schluh Worpswede durch

HÄNDER 60«, Galerie Altes Rathaus, Worpswede

Heini Linkshänder.

»DENN DER BRUNNEN IST DAS OHR DER ERDE – GRUSS AN

2007

»Das kleine Format«, Galerie Kramer, Bremen

DIE SONNE«, Brunnenskulptur in der Hauptstelle der

»DIE ANWESENHEIT VERLIERT AN DAUER«, Galerie für

Kreissparkasse Osterholz

Gegenwärtige Kunst, Neustrelitz


2008

»HEINI LINKSHÄNDER 70. MIT NEUEM BISS INS NÄCHSTE

Literatur und Film

JAHRZEHNT«, Galerie für gegenwärtige Kunst im Hotel

1991

Village, Worpswede

1996

»Stint«, Literatur aus Bremen, Nr. 10 »DIE WÜRDE DES UNBEKANNTEN – Zur Formarbeit des

»ALLES IN ALLEM. Heini Linkshänder 70«, Galerie für

Heini Linkshänder«, Klaus Stadtmüller in: »die horen«,

gegenwärtige Kunst im Salitersaal, Kirchanschöring

Zeitschrift für Literatur, Kunst und Kritik, Nr. 183, Verlag Neue

2009

»25 Jahre Kunstverein Neustadt am Rübenberge«

Wissenschaften, Bremerhaven

»Jahresgaben«, Kunstverein Neustadt a. Rbg.

2011

»VON BLEISTIFTGRAU BIS ÖLFARBENSCHWARZ«,

Atelierhof Galerie Bremen

1998

Text Barbara Pannewick, Verlag Edition Temmen, Bremen 2000

»MEINE HEIMAT IST DIE KUNST UND DIE SITZT IM KOPF«, Kunstverein Osterholz-Scharmbeck

»Neues aus den Ateliers«, Eisfabrik Hannover

»ALLES IN ALLEM«, Kunstverein Fischerhude

»ICH BIN EIN KOPF DER LEIDENSCHAFT«, Galerie Mittelfeld,

»Im Land der Moore und Deiche«, Ein Reise- und Lesebuch, »Mythos, Moor & Marmorkuchen – Die Künstlerkolonie Worpswede«, ein Film von Günter Wallbrecht, NDR

2006

»Am Moore«, Worpsweder Situationen und Szenen, ein Film von Gert Bendel

2007 »profile«, Internationale Zeitschrift für Veränderung, Lernen, Dialog

Hannover 2012

Gestorben in Worpswede.

2013

Schenkung zahlreicher Werke an die Worpsweder

Sammlungen

Kunststiftung Friedrich Netzel durch die Erbengemeinschaft

Landesregierung von Salzburg

Heini Linkshänder.

Landkreis Osterholz

Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling

Sparkasse Bad Reichenhall

Kreissparkasse Osterholz

Heinrich Vogeler Stiftung Haus im Schluh Worpswede

Kulturstiftung Landkreis Osterholz (Große Kunstschau Worpswede)

QR Code mit geeigneter Smartphone-App scannen oder Seite besuchen: www.edition-kuenstlerbrot.de/videos/heini.mp4

Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel

sowie zahlreiche private Kunstsammlungen im In- und Ausland



Impressum

Herausgeber

Copyright

Konzeption und Gestaltung

Erbengemeinschaft Heini Linkshänder

Autoren und Fotografen

Claudia Santiago Areal, München

www.heini-linkshaender.de

Erbengemeinschaft Heini Linkshänder

studio 37, Andreas Wilhelm, Worpswede

VG Bild-Kunst

Verleger

Redaktion

Jürgen Strasser Verlag

Texte

Claudia Santiago Areal, München

Mevenstedter Straße 16

Klaus Stadtmüller, Les Granges

Jürgen Strasser, Worpswede

27726 Worpswede

Kurt Märzhäuser, Neustadt am Rübenberge

Andreas Wilhelm, Worpswede

www.strasserverlag.de

Dr. Birgit Nachtwey, Worpswede

redaktionelle Mitarbeit Fotografie

Barbara Pannewick, Bremen

Rüdiger Lubricht, Worpswede

Lektorat mit Ausnahme von

Karl-Heinz Straßer, München

Seite 8 (Rainer Mielke, Bremen) Seiten 21 – 24, 54 – 55, 68, 70, 97, 109, 111,

Herstellung

125, 140 (Andreas Wilhelm)

Druckerei Girzig + Gottschalk GmbH, Bremen

Seiten 144, 147 (Jürgen Strasser)

Printed in Germany ISBN 978-3-939737-91-9

by Jürgen Strasser Verlag


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