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Mit Solarenergie zur Autarkie

In fast allen Bereichen werden Energieträger allmählich durch Elektrizität aus nachhaltigen Quellen ersetzt. Günstiger und effizienter werdende Photovoltaikanlagen bieten Privatpersonen dabei die Möglichkeit, nicht nur passiv Strom zu konsumieren, sondern aktiv bei der Stromerzeugung mitzumachen.

Text: Ursin Gstöhl, ETH Zürich

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 MSc Ursin Gstöhl, ehem. Department Umweltsystemwissenschaften, Institut für Umweltentscheidungen, ETH Zürich

Ein grosses Fragezeichen hinter der privaten Elektrizitätsproduktion und dem ausschliesslichen Konsum dieser Energie ist, ob sie für die ganzjährige Nachfrage des Haushaltes ausreicht. Funktionierende energieautarke Einfamilien- und Mehrfamilienhaushalte mit der zusätzlichen Verwendung von Elektroautos wären ein vortreffliches Ziel, um erneuerbare Energien zur Elektrizitätsproduktion einzusetzen und als Einzelperson aktiv in diese Technologien zu investieren. Doch sind solche autarke, also unabhängige, Systeme in der Schweiz überhaupt technisch realisierbar, und würden sie sich auch ohne finanzielle Unterstützung in naher Zukunft rechnen?

Technische Aspekte Bevor man überhaupt über die Frage nach den entstehenden Kosten sprechen kann, sollte die technische Umsetzbarkeit

von energieautarken Haushalten erhoben werden. Dies haben wir in einer Studie mit Annahmen für typische Ein- und Mehrfamilienhaushalte in der Schweiz gemacht. Zur Stromerzeugung werden ausschliesslich Photovoltaikanlagen auf Dach und Fassade und eine Luft-Wasser-Wärmepumpe für die Heizung berücksichtigt. Strom wird in Batterien und in Form von Wasserstoff in Wasserstofftanks gespeichert. Bei Bedarf – zum Beispiel an einem regnerischen Sommertag, aber auch während den kalten, grauen Wintermonaten – kann diese Energie wieder abgerufen werden. Dies ist nicht nur, wie bereits der Titel der Studie verraten lässt, im Jahr 2050 möglich, sondern schon heute so für Haushalte mit bestimmten Annahmen des Energieverbrauches.

«Eigenen Strom zu produzieren, ist attraktiver, als völlig vom Markt abhängig zu sein.»

So können sparsame Einfamilienhäuser mit einem typischen Schweizer Solarprofil, heutiger Solartechnologie und effizienten Wärmepumpen bereits die Voraussetzungen erfüllen, samt Elektromobilität. Dies wird in Zukunft mit verbesserten Technologien sogar für Mehrfamilienhäuser möglich sein. Sich heute schon Gedanken über diese Entwicklung zu machen, ist daher naheliegend.

Die Resultate sind nicht alleine an die Schweiz gebunden, sondern widerspiegeln Haushalte mit einem typischen Schweizer Energieverbrauch und einer solaren Einstrahlung von durchschnittlich 1000 Kilowattstunden pro Quadratmeter. Dabei sind die Haushalte auch auf solare Durstrecken mit einer angepassten solaren Einstrahlung auf ebendiese 1000 Kilowattstunden pro Quadratmeter von einer konkreten Ortschaft im Schweizer Mittelland robust getestet.

Neben der Dimension von Ein- und Mehrfamilienhäusern wurde ausserdem untersucht, wie sich die Energieverfügbarkeit aufgrund von neuen beziehungsweise renovierten Haushalten, der Elektrizitätsnachfrage und hinsichtlich der Elektromobilität in zwei Alternativen verhält. Wichtiger noch als diese Aufteilung ist jedoch die Effizienz der Photovoltaikanlagen und die Sonneneinstrahlung.

Ökonomische Perspektive Für die Photovoltaikmodule, die Wärmepumpe und die Speichergeräte werden auch 2050 gewisse Investitionskosten benötigt. Weil vor allem die Speicherung von Strom teuer ist, wären vollständig energieautarke Haushalte auch 2050 noch teurer als solche, die den Strom auf herkömmliche Weise erhalten. Herkömmlich bedeutet, dass mit dem Einsatz von fossilen Energieträgern das Haus beheizt und das Auto betankt wird. Allerdings wurde kein steigender Preis fossiler Energieträger aufgrund einer CO2-Steuer in Betracht gezogen, wo-

 Einfamilienhäuser können mit heutiger Solartechnologie, effizienten Wärmepumpen und in Kombination mit Elektromobilität bereits energieautark sein.

«Die Energiewende ist durch erneuerbare Energien zu schaffen.»

durch sich diese Art von Energiebezug erheblich verteuern könnte. Ausserdem wurde in der Studie gezeigt, dass mit erneuerbaren Energien ausgestattete Haushalte, die noch am Stromnetz angeschlossen sind, das günstigste Ergebnis erzielt werden kann, denn auf Langzeitspeichergeräte bezüglich Wasserstoff wurde bei dieser Annahme verzichtet. Somit ist die vollständige Energieautarkie als eine zusätzliche Möglichkeit zu sehen, die man sich leistet, wenn man es aus bestimmten Gründen wünscht. Zukünftig wird es laut dieser Studie so sein, dass es attraktiver sein wird, auch eigenen Strom zu produzieren, als völlig vom Markt abhängig zu bleiben. Im internationalen Vergleich ist die Schweiz kein besonders sonniges Land. Wenn es also hier möglich ist, ist das Potenzial im Rest von Europa und der Welt enorm. Der globale Klimawandel entwickelt sich zum weltweiten Problem unserer Zeit. Die Energiewende ist durch erneuerbare Energien zu schaffen, dafür müssen wir aber jetzt schon beste Rahmenbedingungen schaffen und bewusst Entscheidungen in diese Richtung treffen.

Die Studie

Im Rahmen einer Masterarbeit untersuchten ein ETH-Student und sein Betreuer, ob Haushalte, die sich mittels Photovoltaik mit Energie selbst versorgen, in der Schweiz bis 2050 technisch und wirtschaftlich machbar sind.

Die Studie berücksichtigt Haushalte, die sich in folgenden vier Dimensionen unterscheiden: • Einzel- bzw. Mehrfamilienhäuser • neue bzw. renovierte Häuser • fortschrittliche bzw. gemässigte

Elektrizitätsreduktion • städtische bzw. ländliche Umgebung

Somit entstehen 16 Kombinationen.