Pädagogische Intervention bei Kindern mit Legasthenie

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8 Möglichkeiten der pädagogischen Intervention mit dem Modell Maria Montessoris und der AFS-Methode nach Astrid Kopp-Duller

die sie entsprechend ihrer Entwicklungsphase leisten können. In diesem Kontext spricht Montessori von komischer Erziehung128 (Montessori 1988), einem wesentlichen Erziehungsansatz. „Einzelheiten lehren bedeutet Verwirrung stiften. Die Beziehung unter den Dingen herstellen bedeutet Erkenntnisse vermitteln“ (Montessori 1988, S. 126). Der Pädagoge soll dem Kind zunächst den Ablauf der betreffenden Tätigkeit zeigen, das Kind soll dann jedoch die Freiheit haben, die Aktion auf seine eigene Weise auszuführen. Montessori unterscheidet zwischen Zeigen129 und Lehren (vgl. Milz 1999, S. 91), besonders wichtig ist allerdings, dass dabei die Serialität, das geordnete Nacheinander, deutlich erfahren wird. Ist die Montessori-Pädagogik also eine moderne Pädagogik, die Neues oder zumindest anderes als die verschiedenen Varianten der konventionellen Pädagogik bringt, die wir alle mehr oder weniger kennen? Befindet sie sich auf der Höhe der Zeit, ohne nur eine modische Strömung zu sein? Betrachten wir dazu einige Punkte der Montessori-Pädagogik genauer. In der Montessori-Pädagogik hat jedes Kind das Recht, seinen eigenen individuellen Weg zu gehen, wodurch ein hohes Maß an individueller Unabhängigkeit entsteht, jedoch nur im Rahmen eines pädagogisch vorstrukturierten Raumes. In ihrem Werk „Die Entdeckung des Kindes“ beschreibt Montessori zahlreiche didaktische Materialien und gibt außerdem Hinweise zur deren Einsatzmöglichkeiten. Ein besonderes Maß an eigenständigem Lernen bietet die beliebige Wiederholbarkeit der Lernaktivitäten und eine Isolierung der Lernschwierigkeit im Material. Dieses von Montessori entwickelte Material und die zugeordneten Übungen fördern tätige, die Sinnesorgane ansprechende Vorgänge, die von geistiger Konzentration begleitet werden und zur Ordnung sowie zur Polarisation der Aufmerksamkeit führen. Das pädagogische Ziel Montessoris besteht demzufolge darin, durch die richtige erzieherische Methode zum Zusammentreffen von körperlicher und geistiger Konzentration beim Kinde beizutragen und die bestmögliche Selbstentfaltung des Kindes zu gewährleisten. Diesem Ziel kommt die Theorie einer Entwicklungspädagogik nach H. Roth sehr nahe, nach der Entwicklung in erzieherischer Perspektive als ein beeinflussbares Geschehen betrachtet wird, das durch das Interesse des Pädagogen und die Ermöglichung aktiver Entwicklungshilfe und aktiver Entwicklungssteigerung „bis zum Optimum der potentiellen Möglichkeiten eines Kindes“ (Roth 1971, S. 26) gelenkt wird. Die zwei vorausgesetzten Auffassungen dieser Theorie sind zum einen die Entwicklung des Menschen als eine aktiv zu betreibende Aufgabe im Sinne einer fördernden Beeinflussung und zum anderen die Einsicht, dass Entwicklung abhängig ist „von

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Die aktuelle Wissenschaft spricht von Tiefenökologie. Zum Begriff des Zeigens in der Pädagogik ausführlicher auch Prange/ Strobel-Eisele 2006.

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