Madeleine

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»Ah, gestehen wir’s doch ehrlich, was wäre eine Republik, die aus all den Aristokratien zusammengesetzt wäre, die an uns nagen? Der Hort der allerrührigsten Tyrannei.« Honoré Gabriel Graf de Mirabeau (1749 – 1791)

Über 300 Jahre später leben wir in einer Welt, in der es keinen Sonnenkönig mehr gibt, dafür aber eine illustre Reihe Mazarins und Fouquets. Deren Namen sind jedermann ein Begriff oder können, ohne Aufwand, in den einschlägigen Wirtschaftsmagazinen ermittelt werden (abgesehen vielleicht von jenen, die es vorziehen, im Hintergrund zu bleiben). Wie konnte es also geschehen, dass die aufgeklärten und gebildeten Bürger des 20. Jahrhunderts ein Regierungs- und Wirtschaftssystem erwählten, das solch eine immense Habgier nicht nur duldete, sondern diese sogar noch förderte und nach ihr verlangte? Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise zu Beginn des 21. Jahrhunderts hat nichts an der ungleichen Verteilung zwischen Arm und Reich verändert, ganz im Gegenteil. In den Vereinigten Staaten von Amerika, die die erste Demokratie der Neuzeit mit den Worten

We the People begründeten, häuften 1 % der Bevölkerung etwa 70 % des gesamten Finanzvermögens an, während 40 % rein gar nichts besitzen. Was wir nun sehen werden, ist die langsame, aber beständige Aushöhlung des einstmals souveränen Nationalstaates durch multinationale Unternehmen. Diese global agierenden Machtund Profitzentren sind im Begriff, Verfassung und Menschenrechte aufzuweichen, um Einfluss und Gewinn bis ins Unendliche zu steigern. Die Habgier, wenn man so will, wurde nicht nur le-

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