Av jahrbuch 052 1921 web

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Bergfahrten auf Schneeschuhen in der Glocknergruppe

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von ihm abstiegen. Langsam strebten wir unserer hochwarte zu, die wir um '/«8 llhr abends betraten. Das war eine Gipfelrast wie selten eine! I m ersterbenden Glanz der Abendsonne lagen die Gipfel vor uns ausgebreitet. Und der König unserer Träume ragte über» mächtig in den gelbgrünen Abendhimmel: der Glockner! I h m zur Seite, als treuer Wächter seiner kühnen Formen, lag wie ein treuer Hund zu Füßen seines Herrn ein sanfter Nucken, der Iohannisberg. Von feiner Wurzel schlängelte sich uns gegenüber ein Gletscherstrom zu Tal, in dessen geheimste Falten wir Einblick gewannen: — unser morgiger Weg über den Karlingergletscher. Abendglühen rötete den Westhimmel. Die schwindenden Streiflichter auf den Gletschern schufen unendlich weiche Formen. Wiesbachhorn und hochtenn hüllten sich in Purpurmäntel tiefer ein, die an ihren ins Schattental reichenden Säumen be-

Nordseite des Großglockners.mit Anstiegslinien, gesehen vom Großen Vurgstall reits bleigrau verbrämt waren. Cs war Zeit für uns, von der Pracht eines wunder» vollen Vergabends Abschied zu nehmen und ins dunkelnde T a l zu steigen. Schnell rannten wir den flachen Nucken abwärts, kletterten jenseits den Grieskogel empor und die Felsen hinab, um zu unseren Schneeschuhen zu gelangen. Nasch waren sie angelegt, und nun ging's im Saus zu Tal. Der Schnee wurde im Abendfchatten hart, doch war er vollkommen gleichmäßig, so daß auch Schwünge möglich waren, wobei allerdings der Querschwung zumeist zu Ehren kam. !lnd war der hang sehr steil, dann rasselten die parallel» und auergestellten Bretter rasch und sicher talab. So wechselte lautloser Schuß mit raffelnder Querfahrt. Vor dem letzten Abbruch, der im Dämmer« licht den Blick auf das gastliche Haus freigab, schnallten wir ab. Sehr bald wurde es finster und wir stapften, da wir unsere Spuren verloren hatten, geradewegs zu T a l , das Vrücklein suchend, das den unermüdlich tosenden Gletscherbach überspannt. Am 9 llhr 12 M i n . betraten wir die gastliche Küche, in der Geschirr, holz und Wasser vorgerichtet war. Ein Zettel mit der Iimmernummer bestimmte unser Schlafgemach, denn der Wächter hatte sich bereits zur Nuhe begeben. Gar bald prasselte ein lustiges Feuer im Herd und dampften herrliche abgeschmalzene Nudeln in der großen Schlüssel. Neichliche Mengen Tee stillten den infolge der anstrengenden Talfahrt stark aufgetre» tenen Durst. Dann zogen wir uns in unser Schlafgemach zurück. Mein Freund schlum» merte bereits, als ich die Gardinen zur Seite zog und auf den großen Erker trat: da flimmerten die Sterne vom Firnament zur Erde und des Mondes Silberlicht spann seine duftigen Schleier über die weiten, weißen Flächen da draußen, in die wir morgen unsere Spuren ziehen wollten — der höhe, dem Lichte zu!


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