Diogenes Magazin Nr. 8

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Interview

Loriot

Bitte sagen Sie jetzt nichts

Illustration: aus einem französischen zoologischen Stich des 18. Jahrhunderts

Kurz vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe des Diogenes Magazins erschütterte uns die traurige Nachricht, dass Loriot am 22. August im Alter von 87 Jahren in Ammerland gestorben ist. Die Tagesschau kommentierte: »Mit seinem Tod hat Loriot sein Publikum zum ersten Mal nicht zum Lachen, sondern zum Weinen gebracht.« Loriots letztes Buch, das soeben erschienen ist, versammelt die besten Gespräche mit ihm aus vierzig Jahren. Frage: Das Mikrophon ist jetzt an, Herr von Bülow. Wussten Sie, dass so ein Gerät bis zu zwölf Stunden aufnehmen kann? Loriot: Dann halte ich jetzt einfach den Mund. Frage: Ich würde doch gerne noch dieses Gespräch mit Ihnen führen. Herr von Bülow, in Umfragen zu den beliebtesten Schauspielern und Entertainern landen Sie oft auf Platz eins. Sie gelten als einer der bekanntesten Deutschen überhaupt. Wollen Sie versuchen, Ihre Popularität zu erklären? Loriot: Nein. Frage: Fühlen Sie sich beobachtet? Loriot: Merkwürdig war es schon, als ich einmal ein neues Bett benötigte und es ausprobieren musste. Da lag ich nun, der ganze Laden stand um mich rum, und jeder konnte den Text auswendig.

Frage: Hatte das Bett wenigstens Spannfedermuffen? Loriot: Das sind Ausgeburten meiner hemmungslosen Phantasie. Frage: Waren Sie ein fröhliches Kind? Loriot: Nicht besonders. Ich war still und schüchtern. Frage: Wird bei Ihnen alles komisch? Loriot: Alles, was ich zu machen versuche, ist dazu verurteilt, komisch sein zu müssen. Frage: Sie sagen das so traurig. Loriot: Nein, nein. Eine starke Mutter, die zur Unzeit ein Brahms-Lied singt, ist nun mal komischer als eine Leiche. Frage: 1968 schrieben Sie in das Vorwort Ihres Buchs Loriots großer Ratgeber: »Nach etwa zwanzig Lehrjahren sah ich mich nun im Stande, ein kleines Männchen zu zeichnen, das mich bis heute ernährt.« Womit fangen Sie an, wenn Sie das Knollennasenmännchen zeichnen?

Loriot: Mit den Haaren. Nicht mit der Nase. Frage: Wie viele waren das wohl so im Lauf der Jahre? Loriot: Keine Ahnung … vielleicht 20 000. Frage: Zu Ihren populärsten Figuren gehörten Wum und Wendelin. War Wendelin schwul? Loriot: Ach nein, er sprach nur so nasal, weil er einen Rüssel hatte. Frage: Aber er wirkte schon sehr weiblich. Loriot: Er war wohl noch vor der Pubertät, da kann man das nicht so genau unterscheiden. Frage: Sie sind in Brandenburg an der Havel geboren und in Berlin aufgewachsen. Wann fangen Ihre Erinnerungen an diese Stadt an? Loriot: Nachdem sich meine Eltern getrennt hatten, kam ich im Alter von vier Jahren zusammen mit meinem Diogenes Magazin

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