Diogenes Magazin Nr. 14

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Die Zeitschrift der Kultur

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dominierenden Herren, die aufstanden und ihr Urteil verkündeten, und vorne saß ein Celan und schämte sich. Das wäre in Graz undenkbar gewesen. Das hat mich ungeheuer stimuliert. Damals war ich sehr fleißig und habe viel geschrieben. Sie haben unheimlich viele Menschen gekannt auch aus anderen Verlagen. Wie kam es zum Entscheid, zu Dioge­ nes zu gehen? Es gibt eine simple und lächerliche Antwort: Heimweh. Alle Schweizer Freunde, Dichter – Bichsel, Steiner, Muschg – wollten zu Suhrkamp, notfalls zu Hanser, wenn alles schiefgeht. Nach Deutschland jedenfalls. Das ist vielen, den Besseren auch gelungen. – Ich war ja schon in Deutschland, ich war so fest in Deutschland, dass die Deutschen, wenn sie nicht aufpassten, mich für einen Deutschen hielten. Ich war einfach auch da, ich war Teil der deutschen Literatur, was mir bis heute hilft. Ich bin einer der wenigen Schweizer, die freien Zugang zu Deutschland zu haben scheinen; ich werde rezensiert, ich werde verkauft. Ich verkaufe viel mehr in Deutschland als in der Schweiz. Das gilt nicht für alle. Ich hatte schon bei meiner Tätigkeit bei Walter diesen Dani Keel, diesen unendlich sympathischen Verrückten, kennengelernt, der damals auch noch ganz jung war. Das war kein großer Verlag und hatte vor allem in der deutschen Literatur kaum etwas. Da war Otto Jägersberg, das war es eigentlich schon. Dann hatte er seine Iren, dann hatte er Tomi Ungerer und Maurice Sendak. Das war eine Klitsche, bei der ich ausschließlich auf diese Figur Keel abstellte. Er kam mir wie ein großer Bruder vor. Er hat Alois gelesen und genommen. Damit war der Karren gelaufen. Seitdem sind wir pathologisch treu. Ich habe Alois nur einem einzigen Verlag angeboten. Wie haben Sie gemerkt, dass das, was Sie geschrieben haben, plötzlich taugt? Es war einfach eine Evidenz. Ich wusste das. Als ich den Alois unter etwas bizarren Umständen – ich hatte noch keine Wohnung und hockte im Speicher oben – begann, war mir nicht klar, dass ich dabei war, ein Buch zu schreiben. Ich habe einfach geschrieben, wei-

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