DIE LINKE. Fraktionsbroschüre Kreis Offenbach - 2020

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Unsere Abgeordneten im Kreis Offenbach

Stadtverordnetenversammlung

Gemeindevertretung

Dietzenbach

Egelsbach

Nikola Pengacevic Jana Rosa

Wolfgang Klein

Stadtverordnetenversammlung

Stadtverordnetenversammlung

Langen

Neu-Isenburg

Marianne Wurm

Stadtverordnetenversammlung

Rodgau Heiko Stenzel

Renate Wissler Edgar Schultheiß

Kreistag Jona Löbcke Jeannette Hallmann Geschäftsführung (bis 10/2020):

Ann-Christine Sparn-Wolf Wissenschaftlicher Referent (Geschäftsführung ab 10/2020):

Erik Sparn-Wolf


Kreistagsfraktion DIE LINKE: Jona Lรถbcke, Jeannette Hallmann, Ann-Christine & Erik Sparn-Wolf (v.l.)


Am Puls der Zeit Revolution oder Evolution? Diese programmatische Frage nach dem Wesen gesellschaftlichen Wandels wirkt in vieler Hinsicht heute aktueller denn je, da die Umweltwirkungen unserer Zivilisation die planetaren Belastungsgrenzen der Erde zusehends überschreiten und sich weltweit soziale Ungleichheit und Spaltung in arm und reich immer weiter verschärfen. Als diejenigen, die wir das Glück haben auf der Sonnenseite des globalen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems geboren zu sein, tragen wir zwar nicht die Verantwortung dafür, wie sich die Welt bis zu diesem Zeitpunkt entwickelt hat, wohl aber dafür diese so weiterzuentwickeln, dass sie eine nachhaltige und lebenswerte Zukunft für alle Menschen ermöglicht. Doch wie kann eine solche sozial-ökologische Transformation gelingen? Braucht es für die Wende in Ökonomie und Gesellschaft eine tatsächliche Revolution im Sinne einer grundsätzlichen Neugestaltung oder kann ein solcher Wandel auch durch Anpassungen der bestehenden Grundlagen gelingen? In gewisser Weise braucht es wohl beides: Visionen und Konzepte eines grundlegend veränderten Wirtschaftssystems – etwa Ansätze von Marxismus, Postwachstumsökonomie, oder auch Regenerativer Ökonomie – erweitern unser wirtschaftliches Denken und bieten dem Wunsch nach Veränderung den so wichtigen inhaltlichen Kompass. Vorschläge zur konkreten Anpassung der Ordnungsgrundlagen unseres Wirtschaftssystems hingegen beinhalten die realistische Chance durch gezielte Reformen das marktwirtschaftliche Prinzip konsequent in den Dienst von Nachhaltigkeit und Gemeinwohl zu stellen. Denn klar ist auch: Die Komplexität und globale Verflechtung eines modernen Wirtschaftssystems kann nicht hinreichend theoretisch erschlossen werden, um quasi auf dem Papier eine funktionierende neue Ordnung zu entwerfen – das lehrt uns auch die Geschichte, in der radikale Umstürze aufgrund der unweigerlich folgenden Unsicherheit oftmals durch zerstörerische Kräfte korrumpiert und für die eigenen Machtinteressen genutzt wurden. Und dies entspricht auch nicht der Entwicklungslogik, mit der sich jenseits solch kurzfristiger Umbrüche unsere bestehende Ordnung in vielen Jahrhunderten entwickelt hat. Sie entspringt keinem Masterplan; sie kennt keine/n einzelnen Schöpfer*in oder einzigen historischen Ursprung. Vielmehr ist sie das Produkt


vielfältiger miteinander verbundener Dynamiken und Entwicklungspfade, durch die sich Politik, Gesellschaft, Technologie, Kultur und Wissenschaft gemeinsam und gegenseitig seit Jahrhunderten weiterentwickeln. Dabei sind es oftmals auf den ersten Blick kleine, unscheinbare Faktoren im Zusammenspiel der verschiedenen Akteure und Gruppen, durch die langfristig die Weichen der Entwicklungspfade gestellt werden. Zeit und Ort einer Innovation, deren gesellschaftliche Sicht sowie das Passungsverhältnis zur bestehenden Konstellation im jeweiligen Bereich – all dies und vieles mehr beeinflusst, wie sich die verschiedenen Teilsysteme und darauf das Gesamte weiterentwickeln. Gesellschaftliche Institutionen wie politische Organe, technologische Normen, architektonische Infrastrukturen oder auch Rechtssysteme sind so betrachtet die Kristallisationspunkte, an denen sich dieser unaufhörliche wechselwirksame Prozess in einer konkreten Gesellschaftsordnung zu einem bestimmten Zeitpunkt manifestiert. Und darum können gezielte Reformen an bestimmten Stellen durchaus dazu führen, dass sich mittel- und langfristig die gesamte Konfiguration und Wirkung dieses Zusammenspiels verändert. Und einige durchaus vorstellbare Ideen für solche Anpassungen liegen längst auf dem Tisch: Einführung einer Vermögenssteuer, Reform der Bodenbesteuerung, Schaffung bindender internationaler Institutionen oder die Internalisierung sozialökologischer Folgekosten in Wirtschaftsprozesse – Anpassungsvorschläge, mit denen sich unsere Gesellschaftsordnung in Richtung einer nachhaltigeren und gerechteren Zukunft weiterentwickeln könnte. Es fehlt also nicht an konkreten Vorschlägen, sondern offenkundig vielfach am politischen Willen der Gesellschaft diese umzusetzen. Und hier kommen jene Visionen und Alternativkonzepte wieder ins Spiel, die eine gänzlich andere Wirtschaftsordnung vorschlagen. Indem sie bestehende Denkmuster und Perspektiven aufbrechen, beinhalten revolutionäre Ansätze schließlich auch ein Momentum der kritischen Reflexion und Erkenntnis, das den Weg bereiten kann, um politische Veränderungen anzustoßen und die Menschheit in ihrer gesellschaftlichen Evolution gemeinsam weiterzuentwickeln. Erik Sparn-Wolf – Wissenschaftlicher Referent


Fraktion Rodgau • Corona mit großen Auswirkungen auf die Kommunalpolitik Die Coronakrise wird die städtischen und kommunalen Kassen vor erhebliche Herausforderungen stellen. Die Haushaltslage in Rodgau hat sich innerhalb eines Jahres von einem Überschuss von 600.000 Euro im Jahr 2019 in ein sattes Minus von 6,5 Millionen Euro 2020 gewandelt. Das werden vor allem die Bürger*innen zu spüren bekommen. Es steht zu befürchten, dass es zu einer drastischen Erhöhung der Grundsteuer, der Friedhofsgebühren – um mindestens das Doppelte für alle Gräber – oder auch der Wiedereinführung der Kindergartenbeiträge kommen wird. In Rödermark etwa wurde bereits jetzt die Grundsteuer im Zuge der aktuellen Haushaltsbeschlüsse deutlich erhöht. Hessenkasse und Schuldenbemse sind coronabedingt zurzeit ausgesetzt, werden aber ab 2022 wieder zum Tragen kommen und dann die Handlungsspielräume im kommunalen Finanzwesen zusätzlich einschränken. Aufgrund der chronischen defizitären Haushaltslage im Kreis Offenbach stehen zusätzlich auch weitere Erhöhungen der Kreis- und Schulumlage an. Parallel hat sich dabei die Einkommenslage ebenfalls dramatisch verändert: Die Gewerbesteuer ist allein in der Stadt Rodgau um mindestens 20% eingebrochen. In den nächsten zwei Jahren stehen durch das Auslaufen des Kurzarbeitergeldes zudem weitere Firmenpleiten auf der Tagesordnung, welche zu dramatischen Ausfällen der Einkommensteueranteile um circa 20% für die Kommunen führen werden. Aufgrund dieser absehbar desaströsen Haushaltslage, stehen dann alle freiwilligen Leistungen der Kommunen und Städte auf den Prüfstand. Sportvereinsförderung, städtische Kulturveranstaltungen wie auch die Unterstützung von Kulturinitiativen stehen dann zur Debatte. Chronisch defizitären Freizeiteinrichtungen, wie zum Beispiel den Schwimmbädern in unseren Nachbarstädten Rödermark und Heusenstamm, könnte dadurch die Schließung drohen.


Die Corona-Pandemie könnte so langfristige und schwerwiegende Folgen für die kommunalen Haushalte und damit die Spielräume der kommunalpolitischen Gestaltung in Rodgau, wie auch im gesamten Kreis Offenbach, nach sich ziehen. Nachdem man sich unter dem Mantra von Haushaltskonsolidierung und schwarzer Null mit diversen Entschuldungsprogrammen in den letzten Jahren enge, langfristig bindende haushalterische Grenzen gesetzt hat, könnte Corona nun ein regelrechter Brandbeschleuniger werden. So droht die finanzielle Krise auch über die Pandemie hinaus zu einer weitgehenden Entmachtung der Kommunen zu führen. Die Stadt Rodgau würde dann zu einer reinen Abnickstelle für überbehördliche Entscheidungen, mit denen viele kommunale Leistungen und Förderungen unseres Gemeinwesens endgültig kaputtgespart würden. Bleiben die getroffenen Regelungen von Schuldenbremse und Hessenkasse so bestehen, werden die Kommunen angesichts der dramatischen finanziellen und wirtschaftlichen Folgen dann per Gesetz regelrecht gezwungen an allen Ecken Geld einzusparen oder mit Gebührenerhöhungen zusätzliche Einnahmen zu generieren. DIE LINKE. Rodgau wird sich dieser schleichenden Aushöhlung der im Grundgesetz festgeschriebenen kommunalen Selbstverwaltung mit aller Macht entgegenstellen. Es darf nicht sein, dass die Folgen dieser Krise sich vor allem im Sozialbereich und Gemeinwesen unserer Städte und Kommunen niederschlagen und so einer bürger*innennahen Kommunalpolitik in den kommenden Jahren und Jahrzehnten faktisch die Hände gebunden werden.

Heiko Stenzel – Stadtverordneter Rodgau


Fraktion Kreistag • Treffer versenkt – Das Ende der Mühlheimer Fähre Keine Frage, der Fall der Mühlheimer Fähre ist sicher eines der größten kreispolitischen Fiaskos der letzten Jahrzehnte. Über vier Jahre hinweg wurde diese traditionsreiche Verkehrsverbindung durch Missmanagement der Verantwortlichen im Kreis heruntergewirtschaftet, um sie dann schließlich 2020 endgültig stillzulegen. Dabei hatte unsere Fraktion bereits 2016 versucht dem entgegenzuwirken und die Einplanung zusätzlicher Finanzmittel für die Sanierung des damals schon reparaturbedürftigen Fährboots gefordert. Nach der sicherheitsbedingten Stilllegung und Kündigung im Herbst 2017 begleiteten wir die Arbeit der Bürgerinitiative Mainfähre Mühlheim/Maintal zur Rettung der Fährverbindung von der Gründung an bis zuletzt. Als dann die Fähre im Juli 2019 unter neuem Betreiber endlich wieder in Betrieb ging, folgte unmittelbar der nächste Schock: Nach nur vier Stunden riss am dem nur unzureichend sanierten Fährboot das Führungsseil – erneut stand die Verbindung still. In der Folge erarbeiteten wir weitere konstruktive Vorschläge zur Rettung der beliebten Fährverbindung: Durch kommunale Investitionsmittel der KfW wäre eine umfassende Sanierung oder auch Neuanschaffung möglich gewesen. Auch ein Eigenbetrieb der Fähre durch den Kreis Offenbach oder in Kooperation mit dem Main-Kinzig-Kreis und den Kommunen Mühlheim und Maintal hätte so unterstützt werden können – doch all unsere Vorschläge hierzu wurden abgeblockt. Stattdessen beharrte die GroKo auf ihrem Sparkurs, obwohl längst klar war, dass man ohne weitere Investitionen in das marode Boot kaum einen neuen Pächter finden würde. Und so kam es wie es kommen musste: Nach der mehrfachen erfolglosen Ausschreibung wurde die Fährverbindung im Juni 2020 endgültig stillgelegt. Zuletzt hatten wir gemeinsam mit GRÜNEN und Freien Wählern per Eilverfahren versucht dies im Kreistag zu verhindern, doch CDU und SPD nutzten ihre Mehrheit, um den Beschluss durchzudrücken und die Mühlheimer Fähre damit endgültig zu versenken. Die Versteigerung des Fährboots bei Ebay – Endpreis 6.850€ – bildet im Dezember 2020 den passend unwürdigen Abschluss dieses kommunalpolitischen Desasters.


• Partnerschaft heißt auch Einstehen für die eigenen Werte Ab Frühjahr 2019 forcierte die polnische Regierungspartei PiS (Prawo i Sprawiedliwość; deutsch: Recht und Gerechtigkeit) die Deklaration polnischer Städte, Landkreise (Powiat) und Provinzen (Woiwodschaft) als so genannte LGBT-ideologiefreie Zonen (Strefa wolna od ideologii LGBT). In diesen Regionen werden Personen, die der LBGT-Gemeinde angehören oder nach dem Menschenbild der ultrakonservativen PiS eine „abweichende“ sexuelle Orientierung aufweisen, damit offiziell diskriminiert. Dies gilt auch für alle Personen, die öffentlich ihre Akzeptanz solcher Lebensstile ausdrücken. Auch wenn es sich dabei um eine vor allem symbolische Maßnahme handelt, wurde so die ohnehin bedenkliche Diskriminierung dieser gesellschaftlichen Gruppen in vielen Teilen Polens von staatlicher Seite zementiert. Nachdem dessen übergeordnete Woiwodschaft Łódź eine solche Deklaration gefasst hatte und dies damit auch in unserem polnischen Partnerkreis Radomszczański/ Radomsko zur Debatte stand, machte unsere Fraktion im Frühjahr 2020 im Kreistag sowie öffentlich mobil und forderte Landrat Quilling auf im Rahmen der regionalen Kooperation klar für unsere freiheitlichen Grundwerte einzustehen. Eine solche Partnerschaft muss schließlich auch bedeuten, dass man für die eigenen gesellschaftlichen Werte eintritt und versucht entgegenzuwirken, wenn der Partner droht sich von diesen zu entfernen. Andernfalls müsste konsequenterweise die Kooperation an sich in Frage gestellt werde, weshalb wir unserem Standpunkt mit einem Antrag auf die etwaige Aufkündigung des partnerschaftlichen Verhältnisses Nachdruck verliehen. Zum Glück musste es nicht soweit kommen, denn angeführt von der ‚Kreisstadt‘ Radomsko unterließ auch der Powiat Radomszczański, trotz der Bemühungen der PiS vor Ort, einen solchen Beschluss. Im Juli dann kippten polnische Gerichte diese unsäglichen Deklarationen, die vor allem im erzkonservativen Südosten des Landes von rund hundert Gebietskörperschaften getroffen worden waren, und erklärten sie für verfassungswidrig. Dabei hat auch die große Solidarität aus dem EU-Ausland polnische Bürgerrechtler ermutigt, vehement gegen die Diskriminierung der LGBT-Community einzutreten. Kreistagsfraktion DIE LINKE.


Fraktion Kreistag • Besser Kommunikation und mehr Transparenz bei der schulischen Teilhabeassistenz In der zweiten Jahreshälfte 2018 bereits, mehrten sich Presseberichte und Stimmen, die von Unstimmigkeiten und Streitfällen im Rahmen der Beantragung und Bewilligung einer schulischen Teilhabeassistenz für gehandicapte Schüler*innen durch den Fachdienst SGB XII, Asyl und sonstige soziale Leistungen des Kreis Offenbach berichteten. Gerade vor dem Hintergrund des Leitbilds der Inklusion als zentraler Säule des Bildungssystems, stimmten diese Einzelfallberichte bedenklich, verdeutlichten sie doch, dass gehandicapte Schüler*innen und ihre Familien in der Praxis nach wie vor vor teilweise schwierige Probleme gestellt sind, wenn es darum geht am Schulalltag teilzunehmen. Um sich ein besseres Bild von der Problemlage machen zu können, traf sich unsere Fraktion erstmals im Herbst 2018 mit Dr. Dorothea Terpitz von der Initiative Gemeinsam Lernen Stadt und Kreis Offenbach (IGEL-OF). Es folgte 2018 zunächst eine offizielle politische Anfrage zur Sichtweise der Streitfälle seitens der Verantwortlichen im Kreis (A 144 – online auf der Kreishomepage abrufbar), mit der deutlich wurde, dass es teilweise unklare Zuständigkeiten und nicht-standardisierte Vorgehensweisen bei der Antragsbearbeitung sind, die in Einzelfällen zu enormen Verzögerungen und Unklarheiten führen. Die Folgen sind teils langwierige juristische Auseinandersetzungen, die die betroffenen Kinder und ihre Eltern finanziell, aber vor allem auch psychisch, sehr stark belasten. Mit einer zweiten Anfrage 2019 (A 186) lenkten wir daher den Fokus auf die Organisations- und Personalstruktur des Fachdiensts selbst, da offenkundig in den betreffenden Fällen Kommunikation und Transparenz gegenüber den betroffenen Eltern unzureichend waren. Auch im zuständigen Sozialausschuss wurde dieses Thema daraufhin diskutiert, wobei Sozialdezernent Müller jeglichen konstruktiven Vorschlag zur Verbesserung der Organisation des Fachdiensts in diesem Thema ablehnte. Schließlich handele es sich hierbei lediglich um Einzelfälle.


Aus der Überzeugung, dass in diesem sensiblen Thema und angesichts der kritischen Folgen für die gehandicapten Schüler*innen und ihre Familien jeder Einzelfall bereits einer zu viel ist, entwickelten wir gemeinsam mit IGEL-OF und weiteren Expert*innen in der Folge eine grundlegende Richtlinie für die Verfahrensweise bei der Antragsbearbeitung zur schulischen Teilhabeassistenz im Kreis Offenbach. Diese umfasste mitnichten radikale Veränderungen: Durch Musteranträge, schriftliche Prozessdokumentation und klare Dialogorientierung bei sich abzeichnenden Konflikten, sollte lediglich ein möglichst reibungsloser und transparenter Ablauf gemäß des Bundesteilhabegesetzes unterstützt werden, um solchen Konflikten vorzubeugen. Ursprünglich von uns im September 2019 eingebracht, sollte es allerdings noch bis August 2020 dauern, bevor der Kreistag über die Einführung der Richtlinie abstimmte. Zunächst aufgrund der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes zum Jahresbeginn 2020 von uns auf die erste Sitzung dieses Jahres geschoben, folgte ein unwürdiges HickHack, in dem der Sozialdezernent letztlich seinen Einfluss im SPD-geführten Sozialausschuss nutzte, um die von uns vehement eingeforderte Einbeziehung externer Expert*innen zu verhindern. So holten wir stattdessen ergänzend ein schriftliches Gutachten einer Frankfurter Fachanwältin für Sozialrecht ein, die sich schwerpunktmäßig mit Streitfällen im Thema Teilhabeassistenz auseinandersetzt, und attestierte, dass mit der vorgeschlagenen Richtlinie solche Konflikte eingedämmt und teilweise vermieden werden könnten. Doch all dies half letztlich wenig, da die Verantwortlichen der GroKo im Kreistag – allen voran SPD-Sozialdezernent Carsten Müller – ihren Einfluss und ihre Mehrheit nutzten, um unsere Vorschläge abzublocken. Mit der Bereitstellung von Musterformularen für die Antragsstellung wurde dennoch zumindest ein Teilaspekt unserer Richtlinie durch die Verwaltung aufgegriffen, sodass wir hoffen können, dass mit diesem Mehr an Transparenz und Standardisierung vielleicht doch dem ein oder anderen Konfliktfall vorgebeugt werden kann.


Fraktion Kreistag • Neue strategische Ziele für eine bessere und zukunftsfähige Politik im Kreis Offenbach Im Rahmen der Haushaltsberatungen 2019 schon, hatte unsere Fraktion die veraltete und nicht zukunftsfähige Fassung der so genannten Kreisstrategischen Sachziele kritisiert und in zehn Änderungsvorschlägen deren weitreichende Anpassung gefordert. Diese Zielvorgaben – dem Haushaltsplan an sich vorangestellt – beschreiben schließlich den grundsätzlichen Rahmen, an dem sich das Handeln des Kreises und seiner Organe ausrichten soll und sind daher von übergreifender politischer Bedeutung für dessen zukünftige Entwicklung. Auf unser Drängen hin initiierte der Kreistag in der zweiten Hälfte 2019 dann die Interfraktionelle Arbeitsgruppe kreisstrategische Ziele, in der die verschiedenen Kreistagsfraktionen paritätisch eine Modernisierung jener Leitlinien erarbeiten sollten. Im Zuge der neuerlichen Haushaltsberatungen zum Ende 2020 schließlich wurden die Ergebnisse vorgelegt und diese Neufassung vom Kreistag beschlossen. Viele unserer Vorschläge wurden dabei übernommen und lassen auf effektive Verbesserungen der zukünftigen Kreispolitik hoffen. So erklären die neuen Zielsetzungen schulische Inklusion zur Norm und unterstützende Schulsozialarbeit zum Schwerpunkt im Kreis Offenbach. Zudem gibt es ein klares Bekenntnis zum Ausbau von ÖPNV und Radwegen sowie der konsequenten Verzahnung von ÖPNV und Individualverkehr. Weiter werden Klimaschutz und Digitalisierung als zentrale Zukunftsaufgaben für unseren Kreis und seine Entwicklung angenommen. Und auch die schriftliche Fixierung, dass die Kulturlandschaft im Kreis Offenbach einen besonders schützens- und förderungswürdigen Faktor einer lebenswerten Gesellschaft darstellt, hat vor dem Hintergrund der aktuellen CoronaPandemie eine wichtige Bedeutung. All diese Anpassungen gehen maßgeblich auf unsere Vorschläge zurück, die wir auch in der Arbeitsgruppe immer wieder stark gemacht hatten.


Damit ist für uns aber auch klar, dass wir uns selbst in der Verantwortung sehen, künftig dafür zu sorgen, dass es nicht nur bei Phrasen und Worten bleibt, sondern unser Handeln als Landkreis sich in den nächsten Jahren auch tatsächlich diesen Leitvorstellungen anpasst. Die künftigen politisch Verantwortlichen im Kreis dürfen daher versichert sein, dass wir als Opposition sie in Zukunft insbesondere daran messen werden, ob und inwieweit sie diesen, unseren gemeinsamen Grundsätzen mit Ihrem Handeln gerecht werden. Zudem werden wir aber auch den Druck aufrecht erhalten die strategischen Ziele unseres Kreises weiter zu modernisieren, denn in vielen Punkten greift die nun verabschiedete Neufassung weiterhin deutlich zu kurz. Gerade in den Bereichen Familienfreundlichkeit, soziale Infrastruktur, Integration sowie Umwelt- und Klimaschutz hinken die Zielsetzungen der gesellschaftlichen Realität nach wie vor hinterher und sind teilweise für eine zukunftsgerichtete Kommunalpolitik kaum tragfähig. So fehlt es etwa an einem klaren Bekenntnis zu sozialer Fürsorge und Förderung, um allen Kindern und Jugendlichen in unserem Kreis gleiche Bildungs- und Lebenschancen zu ermöglichen. Auch werden mit der Situation bei der Aufnahme und Integration Geflüchteter sowie dem Bereich Erneuerbarer Energien zentrale Zukunftsthemen ausgespart, die unsere Gesellschaft heute längst prägen. Kein Grund also sich auf dem Erreichten auszuruhen! Und so haben wir bereits in der besagten Haushaltsberatung Ende 2020 erneut umfassende Änderungsvorschläge eingebracht und vehement eine weitere Modernisierung der Kreisstrategischen Sachziele eingefordert. To be continued…

Jona Löbcke (Fraktionsvorsitzender) & Jeannette Hallmann (Parl. Geschäftsführerin)


Fraktion Kreistag Resümee unseres Fraktionsvorsitzenden im Kreistag, Jona Löbcke, zum Ende der Legislatur 2016-2021 Liebe Genoss*innen, liebe Bürger*innen, die Wahlperiode des Kreistages Offenbach 2016-2021 geht zu Ende. DIE LINKE. war angetreten, um eine soziale Stimme gegen eine vom konservativen und neoliberalen Zeitgeist geprägte Mehrheit in unserem Landkreis zu sein. Und das ist und bleibt notwendig! Denn in einer kommunalen Familie, in der Krankenhäuser schon vor Jahren privatisiert wurden, die Schulentwicklung immer nur auf den letzten Drücker erfolgt und Verkehrsverbindungen eingestellt werden, braucht es eine soziale Kraft, die solche Schieflagen benennt und ein Gegenangebot formuliert. So eine Kraft waren wir. In den zurückliegenden fünf Jahren haben wir versucht möglichst viele Themenbereiche abzudecken. Das ist als kleine Fraktion nicht leicht, da mit wenigen Köpfen die gleiche Arbeit erbracht werden muss, wie sie auch von großen Fraktionen erledigt wird. Dabei gibt es Bereiche, die für eine LINKE. Fraktion besonders wichtig sind, zum Beispiel Soziales, Integration oder Umwelt. Und so verwundert es nicht, dass eine Vielzahl unserer Arbeiten sich in diesen Thematiken wiederfindet. Unsere Fraktion hat dabei stets auf eine realitätsbasierte politische Grundlagenarbeit gesetzt und vielfach Kooperationen mit Expert*innen aus der Praxis gebildet, um den Wähler*innen auch als kleine Fraktion eine fundierte Oppositionspolitik anzubieten. Exemplarisch dafür möchte ich zwei politische Prozesse hier nochmals herausstellen: Erstens, die Unterbringung von Geflüchteten. Hier haben wir mit Anträgen und Anfragen sowie in enger Kooperation mit Geflüchtetenhelfer*innen Druck aufgebaut. Hintergrund des Konfliktes war die Gebührenerhöhung in Gemeinschaftsunterkünften 2018, die wir als zutiefst ungerecht und integrationsfeindlich gebrandmarkt haben. Mehrmals forderten wir eine sozial austarierte Härtefallregelung, um entgegenzuwirken. Mit dem Ziel dieses Thema breiter in die Öffentlichkeit zu tragen, veranstalteten wir


zudem 2019 einen kreisweiten Aktionstag mit Kundgebungen in Seligenstadt, Dietzenbach und Neu-Isenburg. Bis zuletzt haben wir uns im Kreistag für eine solche Härtefallregelung eingesetzt. Die nun auf Druck der Landesregierung 2020 in abgeschwächter Form eingeführte Klausel, erfüllt den Anspruch einer sozialen Integrationspolitik leider bei Weitem nicht. Zweitens, die Schulpolitik im Kreis Offenbach. Nachdem man über Jahrzehnte die bauliche Sanierung der Schulgebäude versäumt hatte, erlangten wir als Kreis eine traurige deutschlandweite Berühmtheit, als man im Zuge nachteiliger Sanierungsaufträge an private Firmen (so genannte PPP-Projekte) ab 2005 Mehrkosten von über 350 Millionen Euro versenkte, die noch heute den Kreishaushalt belasten. Auch wir mussten immer wieder feststellen, dass die Verantwortlichen fachlich kaum zeitgemäß oder auf Augenhöhe mit Privatwirtschaft und Expert*innen agieren, sei es beim über Jahre verschleppten und dürftigen Schulentwicklungsplan, der Digitalisierung, schulischen Inklusionsvoraussetzungen oder auch Schulsozialarbeit. In Zusammenarbeit mit GEW sowie auch IGEL-OF haben wir immer wieder versucht hier lösungsorientiert einzuwirken – leider zumeist vergeblich, auch wenn es zumindest einige Teilerfolge gab. Die beiden Themen zeigen, wie DIE LINKE. im Kreistag Offenbach Politik gemacht hat: Fundiert und in enger fachlicher Kooperation mit Fachorganisationen, Expert*innen und Gewerkschaften. Ein wichtiger Meilenstein war dabei auch das Kommunalwahlergebnis 2016 (+0,8%), mit dem wir durch die Stelle einer Fraktionsgeschäftsführung erstmals unsere Parlamentsarbeit professionalisieren konnten. Als Geschäftsführer und Wissenschaftliche Referenten haben unsere Genoss*innen Ann-Christine und Erik Sparn-Wolf hier großartige Grundlagenarbeit geleistet. Mit der Faustregel einer klugen, kontinuierlichen, sachbezogenen und kooperativen Politik im Kreistag Offenbach, werden auch die zukünftigen Mandatsträger*innen der LINKEN. auf diesem Fundament erfolgreiche politische Oppositionsarbeit leisten können, davon bin ich überzeugt. Jona Philip Löbcke


Fraktion Kreistag Statistische Datenbank der kommunalpolitischen Arbeit der Kreistagsfraktion DIE LINKE. 2016 - 2020 Auch wenn sie der Komplexität und Tiefe der vielen von uns in den letzten vier Jahren behandelten Themengebiete nicht gerecht wird, liefert die Statistik über unsere parlamentarisch und öffentlich eingebrachten Anträge, Anfragen und Pressemitteilungen gleichwohl einen guten Überblick über unsere Arbeit im Kreistag in der auslaufenden Legislatur 2016 – 2021.

Anträge Anfragen Pressemitteilungen Gesamt Soziales

14

13

13

40

Umwelt

13

12

15

40

4

8

8

20

11

4

4

19

Verkehr

6

3

9

18

Gesundheit

2

7

5

14

Schule

6

4

3

Gesamt

56

51

57

13 164

Integration Finanzen & Steuerung

Inhaltliche Kooperationen initiierten wir dabei mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie Funktionär*innen von Ver.di und DGB, dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) Kreisverband Offenbach, der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) Regionalverband Offenbach, der Wildtierarche Rodgau, der Initiative Gemeinsam Lernen für Stadt und Kreis Offenbach (IGEL-OF), insgesamt acht ehrenamtlichen lokalen Helferinitiativen für Geflüchtete sowie den kommunalen Mandatsträger*innen für DIE LINKE. im Kreis Offenbach.


So konnten wir bis Ende 2020 insgesamt 56 Anträge in den Kreistag einbringen, haben 51 parlamentarische Anfragen gestellt und 57 Pressemitteilungen veröffentlicht. Dabei wird unser thematischer Schwerpunkt auf die Themenbereiche Soziales und Umwelt (mitsamt Klimaschutz) ebenfalls statistisch deutlich. Auch im Kreis Offenbach arbeitet DIE LINKE. mit fundierten kommunalpolitischen Vorschlägen konsequent für eine sozial-ökologische Transformation und Weiterentwicklung unserer Gesellschaft.

Politische Arbeit im Kreistag 2016-2020 0

2

4

6

8

10

Anträge

Anfragen

Pressemitteilungen

12

14

Soziales

Umwelt

Integration

Finanzen & Steuerung

Verkehr

Gesundheit

Schule

Die statistischen Zahlen ergeben sich daneben aber auch naturgemäß aus dem dezidierten Zuständigkeitsbereich des Landkreises, der in vielen Bereichen – beispielsweise im Bereich Bildung als Schulträger, oder beim Verkehr – nur Teilaufgaben innehat, weshalb hier weniger politische Einwirkung möglich ist.

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Interview …mit Erik Sparn-Wolf, Wissenschaftlicher Referent der Kreistagsfraktion Wie war dein Weg zum Wissenschaftlichen Referenten für DIE LINKE. im Kreis Offenbach? Was waren die wichtigsten Schritte für dich? Als Soziologe mit Nebenfächern Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre begann ich bereits im Studium mich intensiver mit den verflochtenen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Dynamiken zu beschäftigen, die unsere Gesellschaft und deren Wandel prägen. Mein Parteieintritt 2015 war dann auch eine Art symbolischer Akt, um jenseits meines klar wissenschaftlichen Anspruchs, politisch Farbe zu bekennen. Mit meiner Arbeit für DIE LINKE. im Kreis Offenbach und darüber hinaus verbindet sich so meine wissenschaftliche Arbeit mit meinen persönlichen Überzeugungen. Was ist das wichtigste Thema für DIE LINKE. im Kreis Offenbach? Für mich persönlich ist es die Umwelt- und Klimapolitik im Rahmen einer grundlegenden sozialökologischen Transformation. Viele wichtige Entscheidungen und Maßnahmen hierzu müssen auch gerade auf der kommunalen Ebene getroffen und realisiert werden. Und gerade hier begegnet man leider nach wie vor vielfach Schönfärberei und gutgemeintem Unwissen. Darum gilt es aufzuzeigen, dass eine zukunftsfähige Umweltpolitik mehr sein muss als der Schutz heimischer Wälder oder Arten. Es geht um nicht weniger als einen ganzheitlichen Wandel unserer Lebens- und Wirtschaftsweise und hierfür braucht es konsequente Strategien und grundlegende Strukturveränderungen – in der Industrie, in unserer sozialen Gemeinschaft und im Alltag jedes Einzelnen, auch im Kreis Offenbach. Welche Ziele und Hoffnungen hast du für die aktuelle Legislaturperiode? Ich wünsche mir, dass auch in Zeiten eines ausufernden Populismus an unserer kommunalpolitischen Arbeit der Wert fundierter und lösungsorientierter Konzepte deutlich wird und bei der Kommunalwahl 2021 noch mehr Wähler*innen uns hierfür das Vertrauen Erik Sparn-Wolf – Wissenschaftlicher schenken. Referent der Kreistagsfraktion

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Haben Sie Fragen oder Anregungen zu dieser Broschüre? Möchten Sie mit uns weitere wichtige kommunale Themen in die politische Arbeit einbringen? Haben Sie Interesse uns in einem der hier dargestellten Themenbereiche mit Ihrem Fachwissen zu unterstützen?

Dann wenden Sie sich bitte entweder direkt an die jeweiligen Fraktionen und Ortsverbände oder an die Kreistagsfraktion im Kreishaus Dietzenbach – Raum 1.A.01. beziehungsweise mit untenstehenden Kontaktdaten.

Konzept und Erstellung dieser Broschüre: DIE LINKE. Fraktion im Kreistag Offenbach Redaktion: Erik Sparn-Wolf Autoren: Erik Sparn-Wolf, Heiko Stenzel, Jona Löbcke Bildquellen: www.pexels.com, eigene Aufnahmen Telefon: 06074 / 8180-2400 E-Mail: die-linke@kreis-offenbach.de Homepage: www.die-linke-kreis-offenbach.de/fraktionen/kreistag/ Facebook: DIE LINKE. Fraktion im Kreistag Offenbach



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