BDA Geschäftsbericht 2012

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Demografie-Tarifverträgen niedergeschlagen. Mit branchenbezogenen Lösungen unterstützen die Tarifpartner die Betriebe bei der Bewältigung des demografischen Wandels. Dabei zeigt sich, dass die tariflichen Konzepte vielfältig sind und sich die Tarifpartner den Herausforderungen im Interesse von Beschäftigten und Betrieben auf sehr unterschiedliche Weise stellen. Auch hier gilt es, die für die jeweilige Branche richtige Lösung zu finden. Ein allgemeingültiger Ansatz scheidet wegen der verschiedenen Anforderungen und Bedürfnisse der einzelnen Wirtschaftsbereiche aus. So reagierten z. B. die Tarifpartner der chemischen Industrie frühzeitig mit dem innovativen Tarifvertrag „Lebensarbeitszeit und Demografie“ auf die anstehenden Herausforderungen. Die Weiterentwicklung dieses Tarifvertrags war ein zentraler Bestandteil des Tarifabschlusses im Jahr 2012. Damit wurde der zukunftsweisende Kurs in der Chemiebranche fortgesetzt. Kernstück der Regelung sind Modelle zur flexiblen Anpassung der Arbeitszeit im Hinblick auf die mit den demografischen Auswirkungen verbundenen Bedürfnisse von Betrieben und Beschäftigten. Ein zunächst bis Ende 2015 befristeter „DemografieKorridor“ ermöglicht eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit: Durch freiwillige Betriebsvereinbarung oder mit anschließender individueller Regelung kann befristet eine Wochenarbeitszeit zwischen 35 und 40 Stunden vereinbart werden. Der Ausgleich von Arbeitsstunden über die regelmäßige Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden hinaus erfolgt grundsätzlich in Zeit, eine entsprechende Vergütung ist aber möglich. Die Möglichkeit einer längeren Wochenarbeitszeit von bis zu 40 Stunden ist ein beachtenswerter Schritt, der auch für andere Branchen Vorbild sein kann. Für die Jahre 2013, 2014 und 2015 stellen die Arbeitgeber zudem einen zusätzlichen Demografiebeitrag von 200 € pro Tarifarbeitnehmer des jeweiligen Betriebs zur Verfügung. Der Beitrag kann im Rahmen einer freiwilligen Betriebsvereinbarung wie bisher für Langzeitkonten, Altersteilzeit und jetzt auch für eine lebensphasenorientierte Arbeitszeitgestaltung verwendet werden. Für die lebensphasenorientierte Arbeitszeitgestaltung können die Betriebsparteien künftig zusätzlich das Modell RV 80 (reduzierte Vollzeit mit 80 % Arbeitszeit) vereinbaren. Dafür kann der Arbeitnehmer seine Ansprüche auf Altersfreizeiten einbringen. Später

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erhält er eine Arbeitszeitentlastung von 20 % mit Entgeltausgleich, der durch die eingebrachten Altersfreizeiten sowie den zusätzlichen Demografiebeitrag finanziert wird. Damit ermöglicht das Modell eine flexible Arbeitszeitgestaltung in bestimmten Lebensphasen und einen flexiblen Übergang in den Ruhestand. Auch in der Kunststoff verarbeitenden Industrie Bayerns wurde mit dem Tarifergebnis vom 25. Oktober 2012 der bereits bestehende Tarifvertrag „Lebensarbeitszeit und Demografie“ um einen zusätzlichen, für mehrere Zwecke einsetzbaren Demografiebeitrag i. H. v. jährlich 200 € je Vollzeittarifarbeitnehmer sowie um einen Demografiekorridor mit einer rein betrieblich festlegbaren Wochenarbeitszeit zwischen 35 und 40 Stunden ergänzt. Die Tarifvertragsparteien in der Textil- und Bekleidungsindustrie verständigten sich im Rahmen ihres Tarifabschlusses darauf, die Ergebnisse ihrer bereits bestehenden Koordinierungsgruppe „Demografie“ ab Januar 2013 tarifpolitischen Verhandlungen zuzuführen. Weitere Verhandlungsverpflichtungen zum Thema „Demografie“ nahmen zudem die Schuhindustrie sowie die Metall- und Elektroindustrie in ihre Tarifvereinbarungen auf.


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