Arbeitgeber aktuell Januar 2015

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Bundesregierung beschließt Entwurf des Tarifeinheitsgesetzes Am 11. Dezember 2014 hat das Bundeskabinett den Entwurf des Tarifeinheitsgesetzes beschlossen. Der Gesetzentwurf beruht auf Vorschlägen von BDA und DGB. Das Gesetz wird die Tarifautonomie stabilisieren, die Zerfaserung der Tarifordnung verhindern und die Friedenswirkung der Tarifverträge sichern. Der Gesetzentwurf wird nun dem Bundesrat zur Stellungnahme und danach dem Bundestag zugeleitet. Die BDA wird das Gesetzgebungsverfahren weiterhin aktiv begleiten und unterstützen. Der Gesetzentwurf betont die Funktion der Tarifautonomie, insbesondere die Ordnungsund Befriedungsfunktion. Um diese sicherzustellen, muss die Zerfaserung der Tariflandschaft verhindert werden. Dazu müssen Tarifkollisionen – wie es der Entwurf vorsieht – aufgelöst werden. Überschneiden sich nicht inhaltsgleiche Tarifverträge, bedarf es

einer Kollisionsregelung. Der Gesetzentwurf entscheidet sich zu Recht für das Mehrheitsprinzip. Dieses Mehrheitsprinzip findet sich auch in anderen Gesetzen des Tarifrechts, so z. B. im Tarifvertragsgesetz und im Arbeitnehmer-Entsendegesetz. > Fortsetzung auf S. 2

Arbeitsteilung und Zeitarbeit nicht gefährden Erste Diskussionsentwürfe zur Änderung des gesetzlichen Rahmens von Zeitarbeit und Werkverträgen sind für das erste Quartal 2015 angekündigt. Die BDA wirbt vor dem Hintergrund der zahlreichen gesetzlichen Änderungen im Jahr 2014 für ein Belastungsmoratorium. Wirtschaft und Arbeit dürfen nicht weiteren neuen Belastungen ausgesetzt werden. Nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns darf der Arbeitsmarkt nicht durch noch mehr Regulierungen und Beschäftigungsbarrieren beschränkt werden. Zeitarbeit sichert Beschäftigung in Deutschland und ist ein zentraler Beitrag für den Erst-

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und Wiedereinstieg in Arbeit. Werk- und Dienstverträge helfen Spezialisierung und Arbeitsteilung erfolgreich in den Unternehmen zu implementieren. > Fortsetzung auf S. 3

I N H A LT Arbeits- und Tarifrecht

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Lohn- und Tarifpolitik

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Beschäftigung

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Soziale Sicherung

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Bildung

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Europa

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Wirtschaft und Finanzen

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Bundesregierung beschließt ­ Entwurf des Tarifeinheitsgesetzes

Nähere Informationen: www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Tarifeinheit

Fortsetzung der Titelseite > Einer Auflösung solcher Kollisionen bedarf es nicht dort, wo Tarifverträge oder Tarifvertragssysteme ohne Widerspruch nebeneinander bestehen können. Das ist z. B. dann der Fall, wenn unterschiedliche Gewerkschaften für unterschiedliche Arbeitnehmergruppen Tarifverträge schließen und Tarifgemeinschaften bilden oder ein Anerkennungstarifvertrag inhaltsgleicher Art abgeschlossen wird. Eine Kollisionsregelung ist nur für nicht inhaltsgleiche, also widersprüchliche Regelungen notwendig. Mit dem Gesetzentwurf wird keine Gewerkschaft aus der Tarifautonomie hinausgedrängt oder in ihrer Tariffähigkeit beschränkt. Eine Minderheitsgewerkschaft kann jederzeit auch zur Mehrheitsgewerkschaft werden. Die Tarifeinheit sichert allein, dass der Flächentarifvertrag auch künftig eine seiner wesentlichen und zentralen Aufgaben erfüllen kann, den Streit unterschiedlicher Gewerkschaften und Arbeitnehmer aus den Betrieben herauszuhalten.

Der Gesetzentwurf enthält keine ausdrückliche Regelung des Arbeitskampfrechts. Er ändert das Arbeitskampfrecht auch nicht. Er unterstreicht, dass auch künftig ein Arbeitskampf nicht verhältnismäßig ist, wenn der mit dem Streik erstrebte Tarifvertrag im Betrieb nicht zur Anwendung kommen kann, weil es sich offensichtlich um einen Minderheitstarifvertrag handelt. Ein solcher Tarifvertrag, der nicht angewendet werden kann, ist von der Tarifautonomie nicht geschützt. Koalitionsfreiheit, Tarifautonomie und die durch die Branchen- und Flächentarifverträge vermittelte Friedensordnung des Tarifvertragssystems sind Markenkerne der Wirtschafts- und Arbeitsbeziehungen in Deutschland. Die Auflösung von Tarifkollisionen durch eine gesetzliche Wiederherstellung der Tarifeinheit ist ein wesentlicher Beitrag für die Sicherung dieses Markenkerns. Die BDA wird auch in den kommenden Monaten nachdrücklich auf die Umsetzung des Beschlusses des Bundeskabinetts hinwirken.

Geschlechterquote bleibt falscher Weg zur Frauenförderung Das Bundeskabinett hat am 11. Dezember 2014 den umstrittenen Gesetzentwurf zur Einführung einer Geschlechterquote in Führungspositionen von Unternehmen gebilligt. Trotz einiger Verbesserungen im Gesetzentwurf, die Forderungen der BDA aufgreifen, lehnt die BDA das Vorhaben weiter ab.

Nähere Informationen: www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Frauen sowie > Publikationen > kompakt > „Frauen in der Wirtschaft“ sowie > argumente > ­„Mehr Frauen in Führungs­ positionen“

Als zentrales Element verpflichtet der Gesetzentwurf Unternehmen, die börsennotiert sind und für deren Aufsichtsrat das Mitbestimmungsgesetz 1976 bzw. die Montanmitbestimmungsgesetze gelten, in Aufsichtsräten eine Geschlechterquote von mindestens 30 % vorzusehen. In letzter Minute ist in den Anwendungsbereich des Gesetzentwurfs neben der Aktiengesellschaft und der Kommanditgesellschaft auf Aktien auch die Europäische Aktiengesellschaft aufgenommen worden. Von dieser Regelung werden ca. 110 Gesellschaften betroffen sein. Börsennotierte oder mitbestimmte Unternehmen werden daneben verpflichtet, für Aufsichtsrat, Vorstand und die ersten beiden Führungsebenen eigene Zielgrößen zur Steigerung des Frauenanteils festzulegen. Diese Regelung wird ca. 3.500 Gesellschaften betreffen.

Es konnte verhindert werden, dass bei der Festlegung dieser Zielgrößen die Besetzung mit mindestens einem Mann und einer Frau (sog. Besetzungswirksamkeit) zu erfolgen hat. Andernfalls wäre für Unternehmen mit Kleinstgremien bis zu drei Personen „durch die Hintertür“ eine Quote von 33 % festgelegt worden. In Deutschland haben von ca. 850 börsennotierten Unternehmen knapp 500 einen dreiköpfigen Aufsichtsrat, über 80 % der Vorstände bestehen aus höchstens drei Personen. Daneben sind im Vorfeld des Kabinettsbeschlusses weitere Forderungen aufgegriffen worden, die BDA und BDI in der gemeinsamen Stellungnahme erhoben hatten. Dies betrifft u. a. Erleichterungen bei der Festlegung der Zielgrößen. Die ursprünglich vorgesehene Verpflichtung, dass bei einem erreichten Frauenanteil von 30 % die Ziel-


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Arbeits- und Tarifrecht   größen nicht mehr unterschritten werden dürfen, ist gestrichen worden. Daneben ist der Turnus zur Festlegung der Zielgrößen von drei auf fünf Jahre und damit an das Mandat von Aufsichtsräten bzw. die Bestellungsperioden von Vorständen angepasst worden. Trotz dieser Verbesserungen lehnt die BDA den Gesetzentwurf als einen massiven

Eingriff in die Rechte der Anteilseigner ab und wird sich im weiteren Gesetzgebungsverfahren für zusätzliche Änderungen einsetzen. Erforderlich ist insbesondere eine Härtefallregelung für Unternehmen, deren Frauenanteil branchenbedingt in der gesamten Belegschaft sehr niedrig ist. Dies betrifft z. B. Unternehmen der Automobil- und Automobilzuliefer-, der Stahl- und Metall- sowie der Bauindustrie.

Arbeitsteilung und Zeitarbeit nicht gefährden Fortsetzung der Titelseite > Sollten Änderungen im Bereich der Zeitarbeit erfolgen, dürfen diese nicht erneut, wie der gesetzliche Mindestlohn, unverhältnismäßig in Tarifverträge und damit in die Tarifautonomie eingreifen. Änderungen bei der Überlassungsdauer, wie auch im Bereich der Vergütung, müssen mit Tariföffnungsklauseln versehen sein. Die in der Zeitarbeit erfolgreiche Tarifautonomie, die sich ganz besonders in den Branchenzuschlagstarifverträgen und in Einsatztarifverträgen in einzelnen Branchen, wie z. B. in der Metall- und Elektroindustrie, erneut nachhaltig bewährt hat, darf durch den Gesetzgeber nicht in Frage gestellt werden. Dienst- und Werkverträge sind bewährte Instrumente, die für eine mo-

derne und arbeitsteilige Wirtschaft – auch vor dem Hintergrund zunehmender Digitalisierung – noch wichtiger werden. Klarstellende Regelungen über Informationsrechte bei der Vergabe von Werkverträgen dürfen keinesfalls dazu genutzt werden, durch die Hintertür Mitbestimmungsrechte zu schaffen. Für die im Rahmen von Dienst- und Werkverträgen eingesetzten Beschäftigten gilt schon heute das gesamte Arbeits-, Sozial- und Tarifrecht. Die Entscheidung, ob und wie mit eigenen oder mit fremden Betriebsmitteln bzw. Arbeitskräften produziert wird, kann nur der Arbeitgeber und nie der Betriebsrat treffen. Er haftet für Erfolg und Misserfolg einer Unternehmensentscheidung nicht.

KURZ NOTIERT Mindestlohn – unnötige Bürokratie bei ­Aufzeichnungspflichten

Elterngeld Plus und Neuregelungen zur ­Elternzeit gelten seit 1. Januar 2015

Der gesetzliche Mindestlohn greift nicht nur in die Tarifautonomie ein und schafft Einstiegshürden für Beschäftigungssuchende. Er bringt viele neue bürokratische Verfahrensvorschriften. Das Bundesarbeitsministerium hat eine Verordnung zur Einschränkung der Aufzeichnungspflichten erlassen. Diese sieht vor, dass die Aufzeichnung der geleisteten Arbeitszeit nach dem Mindestlohngesetz ab einem monatlichen Bruttoeinkommen von 2.958 € nicht notwendig ist. Das ist kein geeigneter Beitrag zur Bürokratieminderung. Die BDA fordert, dass die Grenze nicht über 2.400 € liegen darf und darüber hinaus leitende Angestellte sowie außertarifliche und sonstige vergleichbare Angestellte generell von den Aufzeichnungspflichten befreit werden müssen. Auch für die geringfügig Beschäftigten muss die Aufzeichnungspflicht begrenzt werden, um unnötige Bürokratie zu verhindern.

Die Neuregelung der Elternzeit ist am 1. Januar 2015 in Kraft getreten. Besonders problematisch ist, dass die Elternzeit nun in drei Zeitabschnitte unterteilt werden kann und die Elternzeit als Gesamtzeitraum betrachtet wird. Einem dritten Zeitraum kann der Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen dringende betriebliche Gründe entgegenhalten. Diese Dreiteilung geht deutlich über die Vereinbarung im Koalitionsvertrag hinaus und wird zu einer besonderen Belastung gerade kleiner und mittlerer Unternehmen führen. Das Finden einer qualitativ geeigneten Ersatzkraft und die notwendige Einarbeitung für einen begrenzten Zeitraum sind mit erheblichem Aufwand verbunden.

Nähere Informationen: www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Werkverträge sowie Zeitarbeit


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Gewerkschaften stellen realitätsferne ­Forderungen zum Auftakt des Tarifjahrs 2015 Die unsicheren Konjunkturaussichten, die Produktivitätsentwicklung sowie ausreichend betriebliche Flexibilität müssen in den Tarifverhandlungen der Metall- und Elektroindustrie sowie in den anstehenden Tarifrunden der Chemischen Industrie im Mittelpunkt stehen. Verlässliche Rahmenbedingungen sind auch Gradmesser für die weiteren im Jahr 2015 verhandelnden Branchen, wie z. B. Einzelhandel, Versicherungswirtschaft und Groß- und Außenhandel.

Nähere Informationen: www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Tarifverhandlungen

Noch liegen in der M+E-Branche sowie in der Chemischen Industrie Welten zwischen den Vorstellungen der Arbeitgeber und der Gewerkschaften: Die IG Metall hat sich eine Tariflohnsteigerung um 5,5 % für die nächsten zwölf Monate zum Ziel gesetzt und die IG BCE sieht den Anstieg der Tariflöhne zwischen 4 und 5 %. In puncto Arbeitszeitgestaltung fordert die IG Metall neben dem Ausbau der tariflichen Altersteilzeit einen individuellen Anspruch auf Bildungsteilzeit unter Fortzahlung eines Teillohns und bei nahezu gleichbleibenden Rentenbeiträgen. Die IG BCE strebt hingegen für Beschäftigte ab dem 60. Lebensjahr eine Drei- bzw. VierTage-Woche an, flankiert durch eine Teilrente sowie einen betrieblichen Lohnausgleich. Vor dem Hintergrund des vom Sachverständigen-

rat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung für 2015 pro­gnostizierten Produktivitätszuwachses von 0,5 % haben die Gewerkschaften die Chance auf eine realistische Forderung verpasst. In den Tarifrunden muss es um eine Lösung gehen, die fair für alle ist – für die Beschäftigten genauso wie für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Zudem ist die Weiterbildung in der M+EBranche schon längst gelebte Praxis und darf nicht auf Kosten der Betriebe unverhältnismäßig ausgeweitet werden. In der Chemischen Industrie wiederum existieren bereits heute unterschiedliche Möglichkeiten zur Reduzierung der Arbeitszeit im Alter. Darüber hinaus ist bei einer immer älter werdenden Gesellschaft eine gesetzliche Ausweitung der Teilrente ein vollkommen falsches Signal.

Übergangsregelungen zum gesetzlichen Mindestlohn Um negative Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns auf den Arbeitsmarkt möglichst gering zu halten, unterstützt die BDA Branchen bei der Nutzung der in § 24 Mindestlohngesetz (MiLoG) vorgesehenen Übergangsregelung.

Nähere Informationen: www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > ­Mindestlohn

Für das Friseurhandwerk, die Land- und Forstwirtschaft sowie Gartenbau und die Textil- und Bekleidungsindustrie gilt auf dieser Grundlage jeweils erstmals eine Mindestlohnverordnung nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Im Friseurhandwerk beträgt seit 1. Januar bis 31. Juli 2015 der Branchenmindestlohn 8,00 € (West) bzw. 7,50 € (Ost, einschließlich Berlin). In der Land- und Forstwirtschaft sowie Gartenbau liegt er zunächst bei 7,40 € (West) bzw. 7,20 € (Ost, einschließlich Berlin) und erreicht ab 1. November 2017 bundeseinheitlich 9,10 €. In der Textil- und Bekleidungsindustrie gilt in den ostdeutschen Bundesländern und BerlinOst zunächst ein Mindestlohn von 7,50 €, der ab 1. November 2016 auf 8,75 € steigt. Auch in anderen Branchen, wie dem Bäckerhandwerk oder dem Hotel- und Gaststät-

tengewerbe, hatten sich die Arbeitgeber um eine solche Übergangslösung bemüht. Entsprechende Vereinbarungen scheiterten aber am Widerstand der Gewerkschaften. Unter die Übergangsregelung im MiLoG fallen daneben die bereits im Wege einer Rechtsverordnung erstreckten Branchenmindestlöhne der Fleischwirtschaft, für Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft sowie die Lohnuntergrenze in der Zeitarbeitsbranche. In der Fleischwirtschaft steigt der Branchenmindestlohn zum Oktober 2015 bundesweit auf 8,60 €. Zum Juli 2016 wird der Mindestlohn für Wäschereidienstleistungen bundeseinheitlich 8,75 € betragen. In der Zeitarbeitsbranche liegt die Lohnuntergrenze in Ostdeutschland einschließlich Berlin ab Juni 2016 bei 8,50 €.


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Lohn- und Tarifpolitik

KURZ NOTIERT Tarifeinigung in der Papier-, Pappe- und Kunststoffverarbeitenden Industrie Die Tarifpartner der Papier-, Pappe- und Kunststoffverarbeitenden Industrie einigten sich am 31. Oktober 2014 auf einen Tarifabschluss. Der 26 Monate laufende Tarifvertrag sieht nach drei Nullmonaten eine zweistufige Tariflohnanhebung von zunächst 2,4 % im Dezember 2014 sowie von 2,6 % zum November 2015 vor. Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Tarifverhandlungen Tarifabschluss in der westdeutschen ­ Textil- und Modeindustrie Am 13. November 2014 einigten sich die Tarifpartner der westdeutschen Textil- und Modeindustrie auf einen Tarifvertrag mit einer 27-monatigen Laufzeit, der nach zwei Nullmonaten fünf betrieblich abdingbare monatliche Einmalzahlungen von 60 € vorsieht. Die Entgelte steigen ab Juni 2015 um 60 € und ab Juni 2016 um 2,4 %. Auch die erste Anhebung ist mit Zustimmung der Gewerkschaft teilweise oder vollständig absenkbar. Voraussetzung für die Nutzung der Öffnungsklauseln ist eine Beschäftigungszusage für den Betrieb. Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Tarifverhandlungen Zweite Pflegemindestlohnverordnung ­ in Kraft Die „Zweite Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche“ trat am 1. Januar 2015 in Kraft und regelt Mindeststundenlöhne von zunächst 9,40 € (West, einschließlich Berlin) bzw. 8,65 € (Ost). Die Verordnung gilt grundsätzlich auch für Wegezeiten und Bereitschaftsdienste, nicht dagegen für Zeiten der Rufbereitschaft. Auf kollektivrechtlicher oder einzelvertraglicher Grundlage können dabei Bereitschaftsdienste mit mindestens 25 % als Arbeitszeit bewertet werden. Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Arbeitnehmer-Entsendegesetz

Neue Mindestlohnverordnung für Gebäudereinigerhandwerk schon ab 1. Januar 2015 Am 1. Januar 2015 trat die Fünfte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Gebäudereinigung in Kraft. Die Lohngruppe 1 (im Wesentlichen Innenreinigung) sieht einen Mindeststundenlohn von 9,55 € (West, einschließlich Berlin) bzw. 8,50 € (Ost) vor und die Lohngruppe 6 (im Wesentlichen Außenreinigung) von 12,65 € (West, einschließlich Berlin) bzw. 10,63 € (Ost). Damit wurde die Vorgängerverordnung vorzeitig abgelöst, die sonst Ende Oktober 2015 außer Kraft getreten wäre. Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Arbeitnehmer-Entsendegesetz Preisanstiege und Personalabbau als Folge des gesetzlichen Mindestlohns Laut einer Sonderumfrage im ifo-Konjunkturtest vom Dezember 2014 planen 57 % der Unternehmen, die angegeben haben, direkt von den Mindestlohnregelungen betroffen zu sein, Maßnahmen zur Abfederung der durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns bedingten Folgen. So beabsichtigen z. B. rd. 26 % dieser Unternehmen, mit Preiserhöhungen zu reagieren, 22 % rechnen mit Personalabbau und fast 16 % werden voraussichtlich ihre Investitionstätigkeit verringern. Damit zeichnen sich bereits deutlich die ersten von der BDA befürchteten Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns ab. Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Mindestlohn


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Arbeitgeber aktuell | Januar 2015

Langzeitarbeitslosigkeit gezielt bekämpfen Die Bundesregierung hat im November 2014 ein Programm zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit angekündigt. Kernelemente der Initiative sind die intensive Betreuung von Langzeitarbeitslosen in sog. Aktivierungszentren, ein durch Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) kofinanziertes Programm zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt sowie ein Programm zur sozialen Teilhabe. Gesetzt wird vor allem auf öffentlich geförderte Beschäftigung.

Nähere Informationen: www.arbeitgeber.de > Themen A-Z > Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte

Das Programm der Bundesregierung wird nicht dazu beitragen, Langzeitarbeitslose in größerem Umfang in Arbeit zu vermitteln, kann aber, vor allem durch die geplante bessere Betreuung in den Jobcentern, zu Verbesserungen führen. Die Fokussierung auf öffentlich geförderte Beschäftigung birgt zudem die Gefahr, dass Arbeitslosigkeit verfestigt wird. Die BDA wird die Umsetzung des ESF-Programms sowie des Programms zur sozialen Teilhabe kritisch begleiten. Die Teilnehmenden des ESF-Programms müssen in qualifikationsadäquater Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt beschäftigt und dabei begleitet werden. Außerdem ist es wichtig, dass sie nach Auslaufen des Programms in dauerhafte Beschäftigung einmünden kön-

nen und die Notwendigkeit der Förderung regelmäßig überprüft wird. Die BDA setzt sich für wirkungsvolle und wirtschaftliche Maßnahmen ein, die eine zielgenaue Beratung und Vermittlung sowie passgenaue Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen beinhalten. Im Mittelpunkt müssen vor allem eine systematische stärkenorientierte Kompetenzdiagnostik und die genaue Kenntnis der regionalen Bedarfe auf dem Arbeitsmarkt stehen. Die BDA hat im Dezember 2014 ein 15-Punkte-Papier zur Senkung der Langzeitarbeitslosigkeit sowie ein Positionspapier „Perspektiven für Geringqualifizierte verbessern – Potenziale erschließen“ veröffentlicht.

KURZ NOTIERT Neue Lösungsansätze durch die „Partnerschaft für Fachkräfte in Deutschland“ Am 19. November 2014 haben Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer, weitere Spitzenvertreter der Wirtschaft, der Bundesregierung, der Gewerkschaften sowie der Bundesagentur für Arbeit (BA) die gemeinsame Initiative „Partnerschaft für Fachkräfte in Deutschland“ gestartet. Ziel ist, gemeinsam Lösungsansätze zur Fachkräftesicherung zu entwickeln. Die BDA setzt sich in diesem Rahmen für eine bessere Erschließung der Fachkräftepotenziale von Jugendlichen, Frauen, Älteren und Menschen mit Migrationshintergrund sowie für qualifizierte Zuwanderung ein. Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Inhalte > Beschäftigung > Fachkräftesicherung Gesetzentwurf zum Bleiberecht ermöglicht mehr Potenzialzuwanderung Der am 3. Dezember 2014 vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf zum Bleiberecht sieht u. a. die von der BDA geforderte Entfristung des Aufenthaltstitels zur Arbeitsplatzsuche vor. Darüber hinaus wird ein neuer Aufenthaltstitel für die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen geschaffen.

Nach der Anerkennung kann die Aufenthaltserlaubnis zur Suche eines Arbeitsplatzes bis zu einem Jahr verlängert werden. Dies entspricht den Forderungen der BDA zur Weiterentwicklung der Potenzialzuwanderung. Die BDA wird sich für weitere Verbesserungen einsetzen. Sprachförderung bedarfsgerecht ausbauen Die aus dem ESF geförderte berufsbezogene Sprachförderung ist mit 180 Mio. € (2014– 2020) nur unzureichend ausgestattet. Die BDA setzt sich u. a. mit den Gewerkschaften im Verwaltungsrat der BA dafür ein, dass sowohl die berufsbezogene als auch die allgemeine Sprachförderung mit ausreichenden Mitteln ausgestattet und auf eine tragfähige Grundlage gestellt werden. Alle Personen, die Sprachförderung benötigen, müssen Zugang dazu erhalten. Nach eigenen Schätzungen werden ca. 200 Mio. € zusätzlich pro Jahr benötigt werden. Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Inhalte > Beschäftigung > Zuwanderung und Integration


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Beschäftigung   Sozialleistungsausschluss für nicht erwerbstätige Unionsbürger ist europarechtskonform

Forschungsergebnisse zur „Arbeitsqualität in Zeitarbeitsverhältnissen“ werden veröffentlicht

Im Urteil vom 11. November 2014 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die deutsche Ausschlussregelung für SGB-IILeistungen gegenüber EU-Bürgern mit dem Unionsrecht vereinbar ist, sofern diesen kein Aufenthaltsrecht zusteht. Die BDA begrüßt, dass damit klargestellt ist, dass nicht erwerbstätige Unionsbürger, die sich in einen anderen Mitgliedstaat allein mit dem Ziel begeben, in den Genuss von Sozialleistungen zu kommen, von diesen ausgeschlossen werden können. Nähere Informationen unter www. arbeitgeber.de > Publikationen > Euro-Info 05/2014

Anfang 2015 werden erste Ergebnisse des Forschungsvorhabens „Arbeitsqualität in Zeitarbeitsverhältnissen“ des Bundesarbeitsministeriums veröffentlicht. Zielsetzung der Forschung war eine Status-quo-Messung der Arbeitsqualität von Zeitarbeitsverhältnissen. Neben den Beschäftigten in Zeitarbeitsunternehmen wurden auch die Unternehmen befragt, um zu untersuchen, welche Ansätze und Maßnahmen eines nachhaltigen Personalmanagements in der Zeitarbeitsbranche vorhanden sind. Die BDA hat das Vorhaben als Mitglied des vom Bundesarbeitsministerium eingesetzten Forschungsbeirats kritisch begleitet.

Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz diskutiert Neuausrichtung der Eingliederungshilfe Bis April 2015 wird in der vom Bundesarbeitsministerium eingerichteten Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz über die Reform der Eingliederungshilfe diskutiert. Für die BDA steht im Mittelpunkt, dass es eine bessere Koordinierung zwischen den Reha-Trägern geben und dass das Wunsch- und Wahlrecht durch personenzentrierte Leistungen verbessert werden muss. Sie setzt sich dafür ein, dass die Reform nicht zu Mehrkosten für Beitrags- und Steuerzahler führt, dass es z. B. nicht zur Ausweitung des Kreises der Leistungsberechtigten durch eine Änderung des Behinderungsbegriffs oder geänderte Vermögensanrechnungsregelungen kommt. Forschungsprogramm zur „Zukunft der Arbeit“ gestartet Das Bundesbildungsministerium erarbeitet einen Forschungsschwerpunkt „Zukunft der Arbeit“. Ziel ist es, im Hinblick auf technologische Entwicklungen neue Konzepte für die Arbeit in der Zukunft zu entwickeln. Technologische Innovationen, z. B. im Rahmen von Industrie 4.0, sollen durch soziale Innovationen ergänzt werden, um die sehr hohe Arbeitsqualität in Deutschland zu erhalten. Das Forschungsprogramm hat eine Laufzeit von sieben Jahren und ein Fördervolumen von 270 Mio. €. Die BDA ist über den Expertenbeirat eingebunden und setzt sich dafür ein, dass vor allem die Chancen der Arbeit in der Zukunft, z. B. durch Digitalisierung, ausreichend beachtet werden.

Entgeltgleichheit: Erwerbs- und Karrierechancen von Frauen verbessern statt neuer Regulierung Die Bundesregierung plant ein Entgeltgleichheitsgesetz, das u. a. Berichtspflichten und Verfahren zur Beseitigung vermeintlicher Entgeltdiskriminierung beinhaltet. Eckpunkte sollen im Frühjahr 2015 veröffentlicht werden. Die BDA hat einen verbandsinternen Workshop zu der Thematik durchgeführt und sich in Gesprächen mit dem zuständigen Bundesfamilienministerium gegen eine solche Gesetzesinitiative ausgesprochen. Stattdessen muss an den Erwerbs- und Karrierechancen von Frauen angesetzt werden. Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Entgeltgleichheit


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Verbesserungen für die betriebliche ­Altersvorsorge angehen Das Bundesarbeitsministerium hat angekündigt, einen Referentenentwurf zur Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie vorzulegen und eine Verbesserung der Rahmenbedingungen der betrieblichen Altersvorsorge zu prüfen. Am 6. Oktober 2014 hat das Bundesarbeitsministerium vorab einen Vorschlag zur „Aufwertung der tarifvertraglich gestalteten betrieblichen Altersvorsorge“ übermittelt.

Nähere Informationen: www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Betriebliche Altersvorsorge

Der Vorschlag sieht im Kern vor, dass die Haftung des Arbeitgebers für Betriebsrentenzusagen tarifvertraglich geregelt werden kann, jedoch nur im Rahmen von gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien und bei Mitgliedschaft im Sicherungsfonds der Versicherungen. Diesen Vorschlag lehnt die BDA ab, da er zur Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge ungeeignet ist. Insbesondere hätte die zwingend vorgesehene Mitgliedschaft im Sicherungsfonds der Versicherungen zur Folge, dass diese Einrichtungen die Eigenmittelvorgaben der Lebensversicherungsunternehmen erfüllen müssten. Dies würde nicht nur die Ertragschancen der gemeinsamen Einrichtungen erheblich einschränken und die betriebliche Altersvor-

sorge für die Arbeitgeber verteuern, sondern auch die Argumentation auf europäischer Ebene gegen die Verschärfung der Eigenmittelvorgaben für Pensionskassen und Pensionsfonds schwächen. Außerdem ist dieser Vorschlag kein Ersatz für die notwendigen Verbesserungen der Rahmenbedingungen der betrieblichen Altersvorsorge. Daher wird die BDA weiter darauf drängen, dass Verbesserungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen der betrieblichen Altersvorsorge angegangen werden, zu denen insbesondere die Erhöhung des steuer- und beitragsfreien Zuwendungsrahmens, die bessere Nutzungsmöglichkeit der Riester-Förderung sowie die Vereinfachung der Anpassungsregelungen für laufende Betriebsrenten gehören.

Syndici: Neben Vertrauensschutz ­ist ­Gesetzesänderung notwendig Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) hat am 12. Dezember 2014 die lange erwartete Information zur Umsetzung der BSG-Rechtsprechung zur Befreiung von Syndikusanwälten von der Rentenversicherungspflicht und dem einzuräumenden Vertrauensschutz veröffentlicht. Die BDA hatte sich in den Monaten zuvor in intensiven Gesprächen mit der DRV Bund und dem Bundesversicherungsamt für einen weitreichenden Vertrauensschutz für bereits befreite Syndikusanwälte eingesetzt. Nach der Information der DRV Bund bleiben alle Syndikusanwälte, die über einen aktuellen Befreiungsbescheid für ihre derzeit ausgeübte Beschäftigung verfügen, in dieser Tätigkeit befreit, solange es nicht bei dem bisherigen Arbeitgeber zu einer wesentlichen Änderung im Tätigkeitsfeld gekommen ist oder kommt, so dass die Tätigkeit ihren ursprünglich rechtsberatenden Charakter verliert. Die DRV Bund verzichtet zudem für die Vergangenheit auf Beitragsnachforderungen zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Syndikusanwälte, die nicht über einen Befreiungsbescheid für die aktuell ausgeübte Beschäftigung verfügen, unter der Bedin-

gung, dass die betroffenen Syndikusanwälte zum Stichtag 1. Januar 2015 zur gesetzlichen Rentenversicherung umgemeldet werden. Dies ist sehr erfreulich, da damit hohe Beitragsnachzahlungen für betroffene Arbeitgeber vermieden werden. Für Syndikusanwälte, die am 31. Dezember 2014 das 58. Lebensjahr vollendet haben, konnte die BDA überdies erreichen, dass ein besonderer Vertrauensschutz dahingehend gewährt wird, als dass sie in dem zuständigen Versorgungswerk versichert bleiben, auch wenn sie nicht über einen Befreiungsbescheid für die aktuell ausgeübte Beschäftigung verfügen oder ihren Arbeitgeber später wechseln. Ausgenommen von dem Vertrauensschutz sind Personen, die inzwischen einer Tätigkeit nachgehen, die unter keinen Umständen als rechtsberatend angesehen werden kann.


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Soziale Sicherung   Über den erreichten Vertrauensschutz hinaus sind Gesetzesänderungen notwendig, um auch zukünftig die Erteilung von Befreiungen für Syndikusanwälte zu ermöglichen. Es ist der BDA in den letzten Monaten gelungen, hierfür politische Unterstützung zu gewinnen. Auf ihrer Hauptversammlung im Dezember 2014 hat sich nunmehr auch die Bundesrechtsanwaltskammer erstmals

klar hinter diese Forderung gestellt, wobei sie eine rein sozialrechtliche Regelung favorisiert. Die Chance einer gesetzlichen Wiederherstellung des Befreiungsrechts bietet sich im Zusammenhang mit geplanten Änderungen des anwaltlichen Berufsrechts. Der Bundesjustizminister hat dafür am 13. Januar 2015 die Eckpunkte vorgelegt.

KURZ NOTIERT Einigung der Koalitionsarbeitsgruppe ­„Flexible Übergänge“ verzögert sich Die Koalitionsarbeitsgruppe zur weiteren Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand wird erst Ende Januar 2015 erneut zusammentreten. Bis dahin soll das Bundesarbeitsministerium den Arbeitsgruppenmitgliedern weitere Hintergrundinformationen zu offenen Punkten zukommen lassen. Nach der ursprünglichen Planung sollte die Koalitionsarbeitsgruppe ihre Beratungen bereits im Dezember 2014 abschließen. Die BDA hatte am 4. November 2014 die Gelegenheit, ihre umfangreichen und konkreten Vorstellungen unmittelbar den Arbeitsgruppenmitgliedern bei einem persönlichen Treffen darzulegen. Sie wird den Beratungsprozess weiterhin kritisch konstruktiv begleiten. Projekt zur Optimierung des Arbeitgeber­ meldeverfahrens beendet Das vom Bundesarbeitsministerium in Auftrag gegebene Projekt „Optimiertes Meldeverfahren in der sozialen Sicherung (OMS)“ endete am 31. Dezember 2014. Nach drei Jahren intensiver Arbeit der Beteiligten aus Ministerium, Sozialversicherung, Unternehmen und BDA wird am 22. Januar 2015 auf der Abschlussveranstaltung ein zweiteiliger Bericht veröffentlicht. Der erste Teil beinhaltet eine Zusammenfassung der Analysen und Optimierungsvorschläge, der zweite Teil, der aus mehr als 2.000 Seiten besteht, erläutert die Ergebnisse im Detail. Die Umsetzung der Optimierungsvorschläge aus OMS im 5. SGB-IV-Änderungsgesetz soll für Arbeitgeber mit jährlichen Einsparungen i. H. v. 126 Mio. € verbunden sein. BDA-Position zum Berufskrankheitenrecht aktualisiert und präzisiert Aktuell wird in der Politik, der Unfallversicherung und bei den Gewerkschaften das geltende Berufskrankheitenrecht vermehrt diskutiert. Die BDA hat deshalb ihre Positionen zu diesem Thema aktualisiert und präzisiert: Im Kern hat sich das bestehende Berufskrankheitenrecht

bewährt, Anpassungen sind jedoch erforderlich. Ziel einer Reform muss sein, dass das Kausalitätsprinzip, nach dem nur eindeutig berufsbedingte Erkrankungen zulasten der Unfallversicherung gehen, wieder stringenter zur Anwendung gelangt. Ferner müssen entgegen der Dritten Berufskrankheiten-Änderungsverordnung in jedem Fall Stichtagsregelungen für neue Berufskrankheiten, die durch die Unfallversicherung entschädigt werden sollen, festgelegt werden. Präventionsgesetz mit wenig Wirkung u ­ nd hohem Aufwand Der am 17. Dezember 2014 vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention knüpft insbesondere im Bereich der Finanzierung an den gescheiterten Entwurf der letzten Legislaturperiode an. Die BDA hält den Ansatz für grundsätzlich verfehlt und wird sich im Gesetzgebungsverfahren weiterhin intensiv dafür einsetzen, unnötige Regulierung der betrieblichen Gesundheitsförderung zu verhindern, die vorgesehene Zwangsabgabe der Krankenkassen von jährlich rd. 35 Mio. € an die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zu verhindern und unwirtschaftlichem Mitteleinsatz entgegenzuwirken. EU-Mitgliedstaaten einigen sich auf Kom­ promisstext zum Pensionsfondsrichtlinienvorschlag Die EU-Mitgliedstaaten haben sich am 10. Dezember 2014 auf einen Kompromisstext zum Pensionsfondsrichtlinienvorschlag der EUKommission geeinigt, der die Grundlage für die anstehenden Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament (EP) und der EU-Kommission sein wird. Dieser enthält gegenüber dem Kommissionsvorschlag vom 27. März 2014 deutliche Verbesserungen, auf die die BDA hingewirkt hatte. In den Anfang dieses Jahres beginnenden Beratungen im EP wird sich die BDA dafür einsetzen, dass der Vorschlag der Mitgliedstaaten unterstützt wird und weitere Verbesserungen erreicht werden.


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Arbeitgeber aktuell | Januar 2015

Berufliche und akademische Bildung ­ nicht gegeneinander ausspielen Die Ausbildung ruht in Deutschland auf zwei gleich starken Standbeinen: Hochschule und betriebliche Ausbildung. Dieser Qualifikationsmix aus akademischer und beruflicher Bildung ist das Rückgrat der wirtschaftlichen Leistungskraft Deutschlands. Eine zuletzt steigende Zahl von Studienanfängerinnen und -anfängern bei leicht rückläufigen Ausbildungsabschlüssen hat zu Sorgen um den Nachwuchs in der dualen Berufsausbildung und zu einer kontroversen Debatte über die richtige Akademisierungsquote für Deutschland geführt. Diese Debatte schadet dem Gedanken und den bereits bestehenden Modellen eines durchlässigen Bildungssystems. Es geht nicht um ein „Entweder-oder“, nicht um ein „Mehr oder Weniger“ an Ausbildungs- oder Studienplätzen. Unternehmen brauchen Absolventinnen und Absolventen sowohl aus der akademischen wie aus der beruflichen Bildung.

Nähere Informationen: www.arbeitgeber.de > Publikationen

Die laufende Diskussion über eine mögliche „Überakademisierung“ überlagert die eigentlichen aktuellen Herausforderungen in der Bildungspolitik: fehlende Ausbildungsreife, mangelnde Berufsorientierung, hohe Abbruchzahlen in Schule und Hochschule sowie eine immer noch hohe Zahl von Menschen ohne jeglichen Berufsabschluss. Diese Defizite müssen verringert werden – durch mehr Qualität im Bildungssystem und durch

die richtigen Weichenstellungen in der beruflichen Bildung. Die Broschüre „Wir brauchen alle“, die im Januar 2015 von BDA und BDI in Kooperation mit der Deutsche Telekom AG herausgegeben wurde, bietet Transparenz zu den wesentlichen Zahlen, Daten und Fakten im deutschen Bildungssystem und zeigt in neun konkreten Handlungsfeldern Wege auf, um berufliche und akademische Bildung gleichwertig voranzubringen.

Wirtschaft engagiert sich in neuer ­ Allianz für Aus- und Weiterbildung Am 12. Dezember 2014 haben Wirtschaft, Gewerkschaften, Bundesregierung und Länder die Vereinbarung für eine „Allianz für Aus- und Weiterbildung“ unterzeichnet. Die Allianz soll die erfolgreiche Arbeit des Ausbildungspakts fortsetzen und dabei – erstmalig mit den Gewerkschaften als Partner – die berufliche Bildung in Deutschland weiter stärken. Vereinbart wurde, Jugendliche künftig besser auf den Beruf und die Arbeitswelt vorzubereiten. Außerdem soll allen Jugendlichen eine Chance auf Ausbildung gegeben und betrieblicher Ausbildung dabei Vorrang gewährt werden. Die BDA konnte in den Verhandlungen durchsetzen, dass Maßnahmen für eine praxisorientierte Berufsorientierung an allen Schulformen vereinbart wurden. Das Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT vermittelt jeder interessierten Schule ein Partnerunternehmen. Die BDA hat sich ebenfalls erfolgreich dafür eingesetzt, dass künftig die „ausbildungsbegleitende Hilfe“ ausgeweitet und das neue, rechtskreisübergreifende Instrument der „Assistierten Ausbildung“ als Regelinstrument der Bundesagentur für Arbeit (BA) eingeführt wird. Beide Maßnahmen leisten einen wertvollen Beitrag, um die Betriebe bei der Ausbildung leistungsschwächerer Jugendlicher zu unterstützen.

Weiterhin wurde vereinbart, 2015 durch ein verändertes Meldeverhalten der Betriebe 20.000 bisher bereits angebotene, aber der BA nicht bekannte Ausbildungsplätze sichtbar zu machen. Der BA, die erstmals als Partner der Ausbildungsallianz angehört, wird so die Chance eröffnet, sich noch effektiver für das Marketing von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt zu engagieren und die neuen Instrumente einzusetzen.


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Bildung

KURZ NOTIERT Für mehr gute Ganztagsschulen Der Ausbau der Ganztagsschulen geht voran. Leider handelt es sich hierbei jedoch oft nur um Betreuungs- und Freizeitangebote am Nachmittag. Die BDA plädiert in ihrem neuen Positionspapier „Für mehr gute Ganztagsschulen“ vom Dezember 2014 deshalb für mehr Qualität: Der Ganztag muss aus einem Guss sein und mehr individuelle Förderung einschließen. In der weiterführenden Schule können die Berufsorientierung und die Kooperation mit Unternehmen gut in den Ganztag integriert werden. Die BDA und das Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT wollen beim Thema „Ganztagsschule“ in den nächsten Jahren einen Schwerpunkt ihres schulpolitischen Engagements setzen. Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Bildung > Schule Selbstverständnis des Netzwerks SCHULEWIRTSCHAFT verabschiedet Das Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT engagiert sich seit über 60 Jahren in der Zusammenarbeit von Schule und Wirtschaft am Übergang Schule-Arbeitswelt. Durch den Fachkräftemangel und die aktuelle Bildungsdiskussion hat sich in diesem Bereich ein Geschäftsfeld für kommerzielle Anbieter entwickelt. Deren Angebote und Materialien sind von unterschiedlicher Qualität und stehen oft in Konkurrenz zu SCHULE WIRTSCHAFT. Um die Marke und Positionierung zu stärken und die Qualität der Arbeit nach außen stärker sichtbar zu machen, wurde auf der Herbsttagung der Bundesarbeitsgemeinschaft SCHULEWIRTSCHAFT das „Selbstverständnis des Netzwerks SCHULEWIRTSCHAFT“ verabschiedet. Darin sind die Werte sowie die Leitlinien des Handelns (u. a. Unantastbarkeit des Bildungsauftrags der Schule, Zusammenarbeit mit Partnern) zusammengefasst. Nähere Informationen unter www.schulewirtschaft.de > Netzwerk > Leitbild University Business Forum Wie kann die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen besser gelingen? Wie können Unternehmertum und regionale Entwicklung von einer guten Kooperation profitieren? Wie kann die Arbeitsmarktrelevanz der Studienprogramme erhöht und lebensbegleitendes Lernen realisiert werden? Diese und weitere Fragen wurden auf dem University Business Forum am 20./21. November 2014 in Berlin von rd. 300

Teilnehmenden diskutiert. Auf der hochrangig besetzten Veranstaltung, zu der Europäische Kommission, BDA und Hochschulrektorenkonferenz gemeinsam eingeladen hatten, sprachen u. a. Bundesbildungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka und Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. Nähere Informationen unter www.ubforum-berlin.eu Unabhängige Evaluation zeigt: Der Studienkompass wirkt! Mehr Bildungsgerechtigkeit und mehr Bildungserfolg – die vom Bundesbildungsministerium geförderte Evaluation belegt, dass der Studienkompass Studierenden der ersten Generation erfolgreich den Weg an die Hochschule geebnet hat. Das bundesweit seit 2007 tätige Programm der Stiftung der Deutschen Wirtschaft (sdw) baut erfolgreich Hemmschwellen ab. Über 90 % der Teilnehmenden nehmen ein Studium auf, ebenso viele geben an, ihren Wunschstudiengang gefunden zu haben. Durch die gezielte Vorbereitung auf das Studium konnte auch die Studienabbrecherquote der Fachkräfte von morgen auf unter 5 % gesenkt werden. Nähere Informationen unter www.studienkompass.de Hauptschülerprogramm führt über 90 % der Teilnehmenden zum Erfolg Auch im Ausbildungsbereich wirken die Programme der sdw. Über 90 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an „Zeig, was Du kannst!“, einem Förderprogramm für Jugendliche mit herkunftsbedingten Startnachteilen, gelingt der direkte Übergang in die Ausbildung oder auf eine weiterführende Schule. Ohne Förderung sind es bundesweit durchschnittlich nur 60 %. Seit 2012 in Kooperation mit der Walter Blüchert Stiftung umgesetzt, bietet „Zeig, was Du kannst!“ bereits zwei Jahre vor dem Schulabschluss professionelle Berufsorientierung, vermittelt wichtige Sozialkompetenzen und unterstützt Jugendliche im ersten Ausbildungsjahr.


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Arbeitgeber aktuell | Januar 2015

Arbeitsprogramm der Kommission für 2015 Die Europäische Kommission hat am 16. Dezember 2014 ihr Arbeitsprogramm für 2015 vorgestellt. Es orientiert sich an den von Jean-Claude Juncker bereits im Juli 2014 vorgestellten „Politischen Leitlinien“ mit Fokus auf Arbeitsplätze, Wachstum und Investitionen. Die Kommission macht ihr Versprechen, sich auf weniger, aber dafür die richtigen Prioritäten zu konzentrieren, wahr: 23 neue Initiativen – in den Arbeitsprogrammen der vorangegangenen Kommission waren es immer über 100 Initiativen – werden vorgeschlagen, u. a. ein Investitionsplan für Europa, ein Paket zum digitalen Binnenmarkt, ein Zuwanderungskonzept, die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion sowie ein Maßnahmenpaket zur Stärkung der Industrie im Binnenmarkt. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil des Arbeitsprogramms betrifft den Bereich „Bessere Rechtsetzung“. So wird für 80 laufende Gesetzesinitiativen vorgeschlagen, sie

zu streichen oder zu ändern, weil die Gesetzesvorschläge entweder wegen technischer Vorbehalte nicht realisierbar oder seit Jahren im Rat blockiert sind. Letzteres betrifft die Revision der „Mutterschutzrichtlinie“, die zurückgezogen und durch einen neuen, „moderneren“ Vorschlag ersetzt werden soll, falls in den nächsten sechs Monaten keine Einigung zwischen dem Europäischen Parlament (EP) und dem Rat erfolgt. Hier hätte sich die BDA zwar etwas mehr Entschlossenheit gewünscht, dennoch weist der Gesamtansatz der Kommission in die richtige Richtung. Die BDA wird sich in den nächsten Monaten weiterhin dafür einsetzen, dass der realitätsferne Revisionsvorschlag zur Mutterschutzrichtlinie nicht weiterverfolgt wird.

KURZ NOTIERT Online-Konsultation zur Überarbeitung d ­ er Arbeitszeitrichtlinie gestartet Die EU-Kommission hat eine bis 15. März 2015 laufende öffentliche Konsultation zur Überarbeitung der Arbeitszeitrichtlinie eingeleitet, deren Beiträge in die Überprüfung und Folgenabschätzung zur Zukunft der Arbeitszeitrichtlinie einfließen sollen. Die BDA wird sich daran beteiligen und eine partielle Richtlinienüberarbeitung anmahnen, vor allem mit Blick auf die notwendige Korrektur der EuGH-Rechtsprechung zum Bereitschaftsdienst. Rat einigt sich beim ­Beschäftigtendatenschutz Der Rat für Justiz und Inneres hat Anfang Dezember 2014 eine partielle allgemeine Ausrichtung zu den wichtigen Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung zum Beschäftigtendatenschutz erzielt. Der Rat spricht sich dafür aus, dass die Mitgliedstaaten durch Gesetz oder Kollektivvereinbarung konkretere Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz festlegen können. Für Letzteres hatte sich die BDA intensiv eingesetzt. Das Thema „Einwilligung“ zur Verarbeitung personenbezogener Daten soll ebenfalls national geregelt werden können. Die BDA wird

sich weiterhin dafür einsetzen, dass auch der Beschäftigten­datenschutz in der EU weitgehend harmonisiert wird. Nähere Informationen im Rundschreiben II/189/14 vom 5. Dezember 2014 Rat und EP ­verständigen sich auf ­EU-Haushalt 2015 Nach monatelangen Verhandlungen haben sich Rat und EP auf einen Kompromiss für den EU-Haushalt 2015 verständigt. Das EP ist von seinen zu hohen Forderungen bezüglich des Anstiegs des EU-Haushalts im Jahr 2015 abgerückt. Statt 146,42 Mrd. € an Mitteln für Zahlungen sind im Kompromissvorschlag nun 141,2 Mrd. € vorgesehen. Auch beim zweiten wichtigen Konfliktpunkt, dem Nachtragshaushalt für 2014, wurde eine Einigung erzielt. Die BDA begrüßt den gefundenen Kompromiss, der ein klares Zeichen für eine solide Haushaltspolitik in der EU setzt und der weiterhin angespannten Haushaltslage in einigen EU-Staaten Rechnung trägt. Textilbündnis startet mit wenig Resonanz ­ in der Wirtschaft Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller hat am 16. Oktober 2014 das „Bündnis für nachhaltige Textilien“ gegründet und ei-


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Europa   nen 64-seitigen Aktionsplan vorgelegt. Die Anforderungen an Unternehmen durch diesen Aktionsplan sind realitätsfern und nicht umsetzbar. Sie gehen im Bereich der Sozialstandards sogar über das hinaus, was für Deutschland gilt. So müssen Unternehmen beispielsweise in der Lieferkette für alle textilen Verarbeitungsstufen die Kosten von berufsbedingten Krankheiten der Arbeitnehmer übernehmen, „wo keine berufsgenossenschaftlichen Systeme bestehen“. Im Aktionsplan spiegelt sich nicht ausreichend wider, dass globale Lieferketten sehr verzweigt und komplex sind. Die BDA ist deshalb – ebenso wie die allermeisten Unternehmen und die zuständigen BDA-Mitgliedsverbände – dem Textilbündnis nicht beigetreten. Bundesregierung startet Umsetzung ­ der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und ­Menschenrechte Das Auswärtige Amt hat die Arbeiten zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte eingeleitet. Die Eröffnungskonferenz hierfür fand am 6. November 2014 in Berlin statt und brachte rd. 170 Teilnehmer aus Ministerien, Wirtschaft, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Botschaften zusammen. Im Rahmen eines 24 Monate dauernden Prozesses sollen diese Stakeholder intensiv eingebunden und ein Nationaler Aktionsplan entworfen werden. Es wurde ein Steuerungskreis eingerichtet, in dem die betroffenen Ministerien, die Wirtschaft, NGOs und Gewerkschaften vertreten sind. Die BDA wird sich intensiv in diesen Prozess einbringen und die Interessen der deutschen Wirtschaft vertreten.

ILO: Arbeitgeber setzen tripartite ­Diskussion zum Streikrecht durch Zur Klärung der Frage, ob im ILO-Übereinkommen 87 zur Vereinigungsfreiheit auch das Streikrecht enthalten ist, konnte die Arbeitgeberseite bei der Sitzung des ILO-Verwaltungsrats im November 2014 einen großen Verhandlungserfolg erzielen. Anders als von den Gewerkschaften, der ILO-Verwaltung und einigen Regierungen gefordert, wird die Frage nach der globalen Normierung des Streikrechts nicht dem Internationalen Gerichtshof (IGH) vorgelegt, sondern im Rahmen eines tripartiten Treffens unter Einschluss der Regierungen, Arbeitgeber und Gewerkschaften fundiert erörtert. Erst nach diesem Treffen und auf der Grundlage der dabei erzielten Ergebnisse wird der Verwaltungsrat bei seiner nächsten Sitzung im März 2015 darüber befinden, ob der IGH mit dieser Frage befasst werden soll.


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Arbeitgeber aktuell | Januar 2015

Erbschaftsteuer: ­Neuregelung darf Unternehmensnachfolgen und Arbeitsplätze nicht gefährden Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 17. Dezember 2014 entschieden, dass die derzeit geltenden erbschaftsteuerlichen Verschonungsregeln für betriebliches Vermögen nicht vereinbar mit dem Grundgesetz sind. Dies betrifft u. a. die generelle Verschonung von größeren Unternehmen ohne Bedürfnisprüfung. Zugleich hat das BVerfG aber auch deutlich gemacht, dass die Zielsetzung der Verschonung, Unternehmen und ihre Arbeitsplätze zu schützen, verfassungsfest ist. Innerhalb der vom BVerfG gesetzten Frist (30. Juni 2016) muss der Gesetzgeber das Erbschaftsteuerrecht überarbeiten. Die BDA tritt entschieden dafür ein, die Verschonung des betrieblichen Vermögens auf verfassungsgemäßer Grundlage neu zu regeln. Es kommt darauf an, die vom BVerfG kritisierten Punkte gezielt zu korrigieren und zusätzliche Belastungen – vor allem der familiengeführten Unternehmen des Mittelstands – zu vermeiden. Praktikable Verschonungsregeln sind notwendig, damit den Unternehmen nicht durch den Erbfall notwendige Liquidität verloren geht und die Gefahr vermieden wird, dass zur Bezahlung der Erbschaftsteuer Unternehmensteile veräußert werden müssen. Ohne Verschonungsregelungen würden die Investitionsfähigkeit und die Eigenkapitalausstattung der Betriebe massiv geschädigt. Im

schlimmsten Fall stünden Unternehmen und ihre Arbeitsplätze auf dem Spiel. Die BDA wird sich dafür einsetzen, dass die Große Koalition möglichst schnell Rechtsund Planungssicherheit für die Unternehmen herstellt. Dabei kommt es darauf an, dass der Generationenwechsel in Unternehmen und der Fortbestand von Arbeitsplätzen nicht durch die Erbschaftsteuer gefährdet werden. Daher darf die Umsetzung der Vorgaben des BVerfG kein Einfallstor für zusätzliche Steuerbelastungen oder Bürokratie werden. Dies gilt auch mit Blick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstands am Standort Deutschland.

TTIP: Investitionsschutz und ­ Schiedsverfahren unverzichtbar Die seit Mitte 2013 stattfindenden Verhandlungen zwischen den USA und der EU zu einer Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) verfolgen das Ziel, die weltweit größten Wirtschaftsräume wirtschaftlich noch stärker miteinander zu verknüpfen. Dass TTIP entsprechend dem Verhandlungsmandat ein Kapitel zu Investitionsschutz und zur Investor-Staat-Streitbeilegung (ISDS) durch Schiedsgerichte beinhalten soll, ist nicht unumstritten. Die EU-Kommission hat – bemüht um Transparenz und Argumentationsaustausch – eine öffentliche Konsultation durchgeführt und die Verhandlungen zu diesem Thema vorerst gestoppt. Sie plant, unter Einbindung von EU-Parlament, Mitgliedstaaten und Öffentlichkeit den Anwendungsbereich und die Regeln für ISDS erneut vertieft zu beraten.

Nähere Informationen: www.arbeitgeber.de > Inhalte > Volkswirtschaft > Globalisierung und TTIP

BDA, BDI, DIHK und ZDH haben sich in einer gemeinsamen Erklärung für ein faires und ambitioniertes Abkommen zwischen den USA und der EU ausgesprochen und dabei die zentrale Bedeutung von Investitionsschutzverträgen und Investor-Staat-Schiedsverfahren betont. Dies sind seit Jahrzehnten bewährte Instrumente für deutsche Unternehmen, um ihre Investitionen im Ausland abzusichern. Gleichwohl müssen die TTIP-Verhandlungen genutzt werden, um ein modernes Investitionsschutzkapitel zu etablieren. Hierzu sind

Defizite in bestehenden Investitionsschutzverträgen und bei Schiedsverfahren zu ermitteln und Reformen umzusetzen. Dabei sollte vor allem mehr Transparenz erreicht, der Schutz vor unseriösen Klagen verbessert und ein Berufungsmechanismus eingeführt werden. Hierfür setzt sich die BDA ein. Denn ein modernes Investitionsschutzkapitel kann Investitionen fördern und als Messlatte für andere Abkommen dienen. Die BDA hat Argumente für Investitionsschutz in TTIP in einer gesonderten „argumente“-Publikation zusammengestellt.


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Wirtschaft und Finanzen

KURZ NOTIERT Neue Belastungen durch ­Finanztransaktionsteuer verhindern Die Beratungen auf EU-Ebene zur Einführung einer Finanztransaktionsteuer (FTT) nehmen wieder Fahrt auf. Die BDA hat gegenüber dem Bundesfinanzministerium mehrfach vor neuen Belastungen für Unternehmen und Altersvorsorge gewarnt. Gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung setzt sie sich insbesondere dafür ein, dass die betriebliche Altersvorsorge – mit langfristigen und sehr sicheren Anlagestrategien – nicht durch die FTT beeinträchtigt wird. Das Bundesfinanzministerium hat mit Blick auf die Verhandlungen in Brüssel bekräftigt, negative Wirkungen der FTT auf die Altersvorsorge und die Realwirtschaft vermeiden zu wollen. Jahressteuergesetz: Erleichterungen für Unternehmen durchgesetzt Bundestag und Bundesrat haben im Rahmen des Zollkodexanpassungsgesetzes zahlreiche Änderungen des Steuerrechts beschlossen. Die BDA brachte sich dazu gemeinsam mit sieben weiteren Spitzenverbänden der deutschen gewerblichen Wirtschaft wiederholt ein. Hierdurch konnten insbesondere praxisgerechte Regelungen zu Arbeitgeberaufwendungen bei Betriebsveranstaltungen erreicht werden (u. a. Umwandlung der bisherigen Freigrenze in einen Freibetrag). Außerdem wird mit dem Gesetz eine Regelung zur Steuerfreiheit von Arbeitgeberleistungen für die Notbetreuung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen von Arbeitnehmern geschaffen. Juncker-Investitionsplan: ­­ private Investitionen stärken Als Antwort auf die stagnierende Investitionstätigkeit in der EU hat Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am 26. November 2014 ein Investitionspaket vorgestellt: In den kommenden drei Jahren sollen mindestens 315 Mrd. € an zusätzlichem öffentlichen und privaten Kapital in Infrastruktur, Bildung und Forschung fließen. Dazu soll ein neuer 21 Mrd. € schwerer Investitionsfonds zusätzlich privates Kapital mobilisieren. Einen entsprechenden Verordnungsentwurf hat die EU-Kommission am 13. Januar 2015 vorgelegt. Die BDA hat zusammen mit dem BDI die haushaltsneutrale Gestaltung des Pakets begrüßt und die Bedeutung besserer Rahmenbedingungen für private Investitionen

herausgestellt. Für den Erfolg kommt es vor allem auf Qualität und Auswahl der Investitionsprojekte an. Es gilt, eine Politisierung der Mittelverteilung zu vermeiden. Mitarbeiterkapitalbeteiligung wichtiges Instrument der Personalpolitik Das Deutsche Aktieninstitut (DAI) veranstaltete am 19. November 2014 einen Workshop zur Belebung der Belegschaftsaktie. Zusammen mit Unternehmen, Arbeitgebern und Gewerkschaften sucht das DAI nach neuen Wegen, die Mitarbeiterkapitalbeteiligung politisch neu zu adressieren. Die BDA begrüßte dabei ausdrücklich die Mitarbeiterkapitalbeteiligung als wichtiges Instrument der Personalpolitik in Kapitalgesellschaften. Eine stärkere steuerliche Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung lehnt die BDA jedoch ab, auch weil es sonst zu einer problematischen Lenkungswirkung zulasten der betrieblichen Altersvorsorge käme. Diese Position wird die BDA weiter gegenüber der Politik einbringen. Bankenunion: Bankenabgabe für ­Abwicklungsfonds entlastet Kleininstitute Mit der Festlegung der Bankenabgabe am­ 9. Dezember 2014 haben die Mitgliedstaaten einem zentralen Baustein der auf Finanzstabilität ausgerichteten Bankenunion zugestimmt. Mit der Abgabe soll ab 2016 der gemeinsame Bankenabwicklungsfonds der Eurozone finanziert und so – wie von der BDA mehrfach gefordert – das Einspringen der Steuerzahler verhindert werden. Die Beiträge werden jährlich bestimmt und berücksichtigen Größe und Risikoprofil des Finanzinstituts. Die BDA begrüßt, dass kleinere Banken entlastet werden, wodurch eine ausgeglichene Verteilung der Lasten sichergestellt wird.


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BDA | Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Mitglied von BUSINESSEUROPE Hausadresse: Breite StraĂ&#x;e 29 | 10178 Berlin Briefadresse: 11054 Berlin T +49 30 2033-1070 F +49 30 2033-1075 grundsatz@arbeitgeber.de www.arbeitgeber.de Stand: 16. Januar 2015 ISSN: 2199-1316


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