blank 3 - Grazer Magazin für Weltenbummler

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blank 3 Grazer Magazin f端r Weltenbummler

Entwicklungsarbeit

Kann ich wirklich helfen? Geteilte Stadt

Wie Sarajevo von Europa vergessen wurde Stylish Steirisch

Junges Design aus Graz

JUK 07 // Ausgabe 2010


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Liebe Leserinnen und Leser, das beste Magazin der Welt sollte es werden: mit beeindruckenden Bildern und fesselnden Texten von Pulitzerpreis-verdächtigen Autoren. Leicht war es nicht, unseren zugegebenermaßen hohen Ansprüchen gerecht zu werden. In den letzten Monaten lernten wir die quälende Unsicherheit beim Auswählen der perfekten Schriftart kennen, die hämmernden Kopfschmerzen beim Kürzen eines viel zu langen Textes und das sanfte Rauschen von vorbeiziehenden Deadlines. Die Schmerzen und Mühen haben sich gelohnt. So meinen wir. Denn nun liegt es druckfrisch vor Ihnen, das weltbeste Grazer blank-Magazin 2010. Viel Spaß beim Weltenbummeln! Ihre blank-Redaktion

Ein Magazin des Studiengangs für Journalismus und Unternehmenskommunikation der FH JOANNEUM

eDITORIAL

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08 16 32 34 Land & Leute 08 Smog über Sarajevo Eine Begegnung mit Fußballtrainer Ivica Osim 11 Piefke versus Ösi Über die schönste Hassliebe auf Erden 12 Angekommen! Wie Hussain Assadi in der Steiermark zum Kicken kam 15 Alles Roger? Die Schweiz mal anders betrachtet 16 Stylish-Steirisch So modern kann Tradition sein 23 Weltsichten Globale News

Kunst & Kultur 26 Eine Stadt wird kreativ Graz lässt sich zur Designstadt küren 28 Pizza alla Mustafa Kommt die beste Pizza wirklich aus Italien? 30 Ein Schluck Heimat Ein Bierführer durch Graz 32 Schwarz im Gegenlicht Die Geburtsstätte der bösesten Musik 34 Familienbande Über die integrative Qualität der Turbonegro 36 Volkskunde Kultur unterwegs

03 Editorial 82 Impressum COVER: Lisa Langmantel


inhalt

47 5466 73 Arbeiten & Lernen 40 An 200 Tagen um die Welt Wie man mit Weltreisen sein Geld verdient 44 Wann kommst du wieder? Freiwillige Helfer und ihre Motive 47 Der mit Walfängern spricht Ein Reisejournalist setzt auf Eigenständigkeit 50 Erfolgreich weltweit So läuft Ihr Jungunternehmen im Ausland

Nah & Fern 54 Wollkommen in Neuseeland Frauen, die auf Schafe starren 61 Der Reiseführer muss sterben Ein Plädoyer gegen Touristenpfade 62 Nomadin auf Zeit Über eine, die sich aufmachte, die Welt zu sehen 64 Pro & Contra Fernweh oder Reisephobie? Eine Gegenüberstellung 66 Das perfekte Souvenir Dieser Krimskrams macht den Urlaub unvergesslich

Wissen &Technik 70 Ein kleiner Weltuntergang Das Ende eines Alternativ-Reiseführers 73 Globales Glücksspiel Partnerwechsel im Sekundentakt 74 Land am Strome Das Elektroauto erobert Graz 78 APPsolut Graz Studenten programmieren eigene iPhone-Apps 80 Schon gewusst? Wissenschaftliche Entwicklungen


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Land & Leute S. 08 – Smog über Sarajevo: Was Ivica Osim und Gordana Andjelic-Galic gemeinsam haben? Markus Zottler fand es bei seiner Sarajevo-Reise heraus. S. 12 – Angekommen! Hussain Assadi floh aus seiner Heimat Afghanistan. In Österreich verliebte er sich ins runde Leder. S. 16 – Stylish Steirisch: Julia Jeschek und Palo Alto präsentieren modische Trends aus der Steiermark mit einem Hauch von Tradition. 


Land & LEUTE

Smog über Sarajevo Unser Autor Markus Zottler reiste einmal nach Sarajevo und wieder zurück. Gordana Andjelic-Galic und Ivica Osim gingen den umgekehrten Weg. Beide sind sie in Sarajevo geboren und beide sind sie aus der Stadt geflüchtet. Eine Künstlerin und ein Fußballtrainer. Heute leben beide wieder in Sarajevo.

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   „Es

wird schlimmer. Der Hass zwischen den einzelnen Volksgruppen wird immer stärker.“ Es sind Worte, die Gordana Andjelic-Galic sichtbar Überwindung kosten. Die selbstbewusste Frau zieht mit ihrem forschen Auftreten und ihren knalligen, roten Haaren alle Aufmerksamkeit auf sich. Auch hier, im weiten Oval des Café Imperial in Sarajevo. 1991, als in der Hauptstadt Bosnien-Herzegowinas bereits vieles auf den schrecklichen Bürgerkrieg hindeutete, ging Andjelic-Galic nach Deutschland. Im Gegensatz zu vielen ihrer Landsleute kehrte sie aber nach Kriegsende 1995 nach Sarajevo zurück. „Die Stadt hat einfach etwas Außergewöhnliches. Viele Leute fragen mich, was es denn sei, und ich kann es ihnen nicht wirklich sagen.Vielleicht ist es der starke Smog.“ Das Lächeln hat Andjelic-Galic nicht verloren. Obwohl sie nach ihrer Rückkehr aus der eigenen Wohnung geschmissen wurde und zunächst vier Jahre bei Freunden nächtigen musste, bevor sie in ihre völlig ausgeplünderte Wohnung zurückkehren durfte. Offiziell war der Krieg zu diesem Zeitpunkt bereits beendet, das Abkommen von Dayton, das für ein friedliches Nachkriegs-Bosnien sorgen sollte, beschlossene Sache. Der über Jahre entstandene Hass in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Vielvölkerstaates Jugoslawien hingegen manifestierte sich. Andjelic-Galic ist Kroatin, ihr Mann Serbe. Die beiden führen eine Mischehe – etwas, das in Sarajevo lange Zeit keine Ausnahme darstellte und plötzlich auf selbigem Territorium zu einem der größten menschlichen Verbrechen überhaupt wurde. Katholische Kroaten hatten seit Ewigkeiten Tür an Tür mit orthodoxen Serben und Bosniaken gelebt, die den Lehren des Islam folgen. Vor dem Krieg war es egal, welcher ethnischen Gruppe man angehörte, nach dem Krieg musste man sich schriftlich deklarieren. Etwas, das Andjelic-Galic immer wieder in Rage versetzt: „Ich bin Künstlerin und Einwohnerin von Sarajevo.Warum muss

ich da auf so einem blöden Blatt Papier ankreuzen, ob ich eine Kroatin, eine Serbin oder eine Muslima bin?“ Auf der Suche nach dem zweiten Exilanten fährt man knappe zehn Taximinuten vom Café Imperial im Zentrum von Sarajevo in den Stadtteil Grbavica. Hier findet man weder die engen Gassen mit den vielen Pflastersteinen noch das umtriebige Klopfen der Menschen in den Handwerksläden, das man aus der Altstadt kennt. Grbavica ist jener Ortsteil, der im Krieg am brutalsten verwüstet wurde, die zahlreichen Einschusslöcher

„Ich bin Künstlerin.

Warum muss ich da auf so einem blöden Blatt Papier ankreuzen, ob ich Kroatin, Serbin oder Muslima bin?

in den Mauern der Wohnhäuser wirken wie Mahnmäler. Bunt ist hier einzig ein hellblaues Minarett, das neben einer der zahlreichen Moscheen weit in den Himmel ragt. Mittendrin in diesem tristen Teil Sarajevos befindet sich das in die Jahre gekommene Stadion von Zeljeznicar Sarajevo, einem der beiden prominentesten Fußballklubs der Stadt. Das Café Macchiato liegt direkt davor und ist der ideale Ort, um Ivica Osim zu treffen. Jenen Mann, der 1941 in Sarajevo

geboren wurde und als letzter Teamchef eines gesamtjugoslawischen Fußballnationalteams Sportgeschichte schrieb. Doch Ivica Osim ist mehr als bloß ein Fußballtrainer. Er ist Philosoph, Ehrenbürger der Stadt Sarajevo, Idol einer ganzen Nation und bekennender Pessimist. Umso bemerkenswerter sind deswegen die ersten Sätze, die er, körperlich gezeichnet nach einem Schlaganfall, langsam aber deutlich formuliert: „Sarajevo ist nicht mehr die Stadt, die es einmal war. Es gibt politische Probleme und es gibt ökonomische Probleme. Aber es muss doch irgendwer auch einmal positiv denken. Sonst geht hier nie was weiter.“ Als Ivica Osim seine Jugend in Sarajevo verbrachte, war es tatsächlich noch eine andere Stadt. Eine Stadt, in der Multikulturalität gelebt wurde. So feierte der kleine Ivica das Weihnachtsfest zunächst am 24. Dezember mit den Christen, am 7. Jänner bekam er kleine Geschenke von den Familien seiner serbisch-orthodoxen Freunde, und auch die Feste der Muslime wusste der schelmische Sohn einer überzeugten Sozialistin auszunützen. Doch dann kam der Krieg und Sarajevo wurde ab April 1992 vier Jahre lang belagert, der Kessel von Sarajevo verwandelte sich in ein Synonym für Verachtung und Totschlag. Die Multikulturalität wurde im wahrsten Sinne des Wortes aus der Stadt vertrieben. Ivica Osim musste in den Anfangstagen der Belagerung die „einsamste Entscheidung“ seines Lebens treffen. Mit Sohn Zelimir ging er nach Griechenland, Frau Asima und Tochter Irma aber blieben in Sarajevo. Drei Jahre lang sieht er die beiden nicht, jeder einzelne Tag wird von der Angst bestimmt, seine Frau oder seine Tochter könnten unter den 11.000 Toten in Sarajevo sein. Im Jahr 1994 kommt Ivica Osim nach Graz und wird Trainer bei Sturm Graz. Die schwarz-weiße Traditionsmannschaft führt er zu deren größten Erfolgen. Die Reaktion des Trainers aus Bosnien auf den ersten 9


Land & LEUTE Meistertitel der Vereinsgeschichte: „Ich kann mich nicht freuen darüber. Freude gibt es nach all dem, was in meiner Heimat passiert ist, nicht mehr.“ Auch heute noch wirkt der Mann mit den stechend blauen Augen und dem mittlerweile feinen weißen Haar zutiefst betroffen und verärgert, wenn er an die Gräuel der Kriegszeit denkt: „Keiner hat Sarajevo geholfen. Kein Deutscher, kein Österreicher, kein Europäer. Sarajevo wurde zerstört und alle haben sie zugesehen.“ Der rechte Arm, der zu Trainerzeiten immer weit oben an der Trainerbank zu finden war, hängt während des Gespräches schlapp und kraftlos nach unten. Doch plötzlich hebt Osim den Arm, formt mit seiner Hand eine Faust und schlägt auf den Glastisch. „Wir alle wollen in einem gemeinsamen Europa leben. Aber es geht nicht.

„Das Bosnien-Problem

kann nicht in Bosnien gelöst werden. Das ist unmöglich. Zu viel ist in diesem Land passiert.

Solange keine Ehrlichkeit Einzug hält, geht es nicht.“ Schimpfend weist er auf das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag hin. Als „Farce“ bezeichnet er es. Einem „Zirkus“ komme es gleich, wenn sich Kriegsverbrecher wie Vojislav Šešelj oder Radovan Karadžic selbst verteidigen und so die Richter zum Narren hielten. „Die Menschen in Bosnien werden von Europa nicht ernst genommen. Dabei wäre es so wichtig. Das Bosnien-Problem kann nicht in Bosnien gelöst werden. Das ist unmöglich. Zu viel ist in diesem Land passiert.“ Wenn Ivica Osim von einem Bosnien-Problem spricht, meint er zahlreiche Probleme. Viele Einwohner Sarajevos bezeichnen sich selbst als Freelancer, um zynisch auf das Problem der 50-prozentigen Arbeitslosenquote hinzuweisen. Im Vergleich zu anderen Regionen in Bosnien liegt die Stadt mit dieser Quote noch sehr gut. Ein weiteres großes Problem ist der aufgeblähte Verwaltungsapparat, für den das Land ganze 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufwendet. Jede Position, die etwa in Österreich mit einer Person besetzt ist, muss in Bosnien dreifach besetzt werden. Ein Serbe, ein Kroate und ein Bosniake sollen im besten Fall einen Konsens erzielen. Oftmals wollen sie das aber gar 10

nicht. „Die Politiker leben doch von den Problemen, die das Volk hat“, meint der Fußballtrainer. An diesem Punkt treffen sich die Gedanken von Ivica Osim und Gordana Andjelic-Galic. Die Künstlerin formuliert es allerdings drastischer: „Ich glaube nicht an die Freiheit in Bosnien. Ich bin mir ja nicht einmal sicher, ob die Politiker das wollen.“ Und noch etwas haben die schrille Künstlerin und der zurückgezogene Denker gemeinsam: Im Gegensatz zu vielen Bosniern, die nur die bosnische Staatsbürgerschaft besitzen, könn-

ten sie dank ihrer Doppelstaatsbürgerschaft jederzeit ohne Visum aus Bosnien ausreisen. Beide hätten sie die Möglichkeit, vor den vielen Problemen zu flüchten. Beide aber bleiben sie. Die Stadt hat halt doch etwas Außergewöhnliches. Abgesehen vom Smog, der die Stadt an diesem Tag in einen bedrohlichen Schleier hüllt. 

Markus Zottler hat dem Muezzin gerne zugehört. Fotos: Clemens Ticar


Piefke versus Ösi Kleine Länder schimpfen mit Vorliebe über ihre großen Nachbarn. Wie Österreicher ihre Minderwertigkeitskomplexe ausleben und was Neuseeländer von Australiern halten.

Illustration: Manuel Draschl

   Sie

sind gründlich, fleißig und stets pünktlich – so will es zumindest das Klischee. Wer liebt sie nicht, unsere deutschen Freunde? Doch trotz all ihrer Vorzüge lässt sich eine gewisse Abneigung gegenüber dem großen Nachbarn nicht abstreiten. Die Deutschen sind hierzulande weithin als „Piefke“ bekannt, ein Begriff, der durchaus abwertend verstanden werden kann. Witze sowie sarkastische Bemerkungen über Deutschland sind an jedem österreichischen Stammtisch zu hören. „Deutschland ist ein Land, an dem die Österreicher nach wie vor ihre gut gepflegten Komplexe abarbeiten“, konstatiert die FAZ im Juni 2008. Aber ist es denn ein Wunder, dass die Österreicher unter Minderwertigkeitskomplexen leiden? Die meisten NichtÖsterreicher aus anderen Kontinenten sind der Ansicht, unsere berühmteste Touristenattraktion seien Kängurus. Der Rest fragt sich: „Where’s Austria?“ Früher war Österreich eine Großmacht, heute bestenfalls eine unbekannte Größe. Deutschland hingegen kennt die ganze Welt. Auch im Sport ist die Rivalität spürbar. Nach einem Zitat des ehemaligen englischen Fußballnationalspielers Gary Lineker gewinnen im Fußball am Ende immer die

Deutschen. Wahrscheinlich lebt gerade deshalb der Mythos um Córdoba 1978 in den Herzen der Österreicher weiter. Im letzten Spiel Österreichs bei dieser WM stand das Ausscheiden der Mannschaft schon fest. Überraschend schlug das Team in dieser Partie den vermeintlich übermächtigen Gegner Deutschland mit 3:2. Deutschland schied durch die Niederlage ebenfalls aus der WM aus. Seitdem sind mehr als 30 Jahre vergangen, aber der damalige Sieg dient den Österreichern noch immer als Quell hämischer Schadenfreude. Doch Konkurrenz zwischen einem kleinen Land und seinem großen Nachbarn gibt es nicht nur bei uns, sondern auch am anderen Ende der Welt. Zwischen Neuseeland und Australien herrscht die sogenannte „TransTasman rivalry“. Die Bezeichnung bezieht sich auf die Tasmanische See, die die beiden Länder voneinander trennt. Auch dort erfreut sich Humor auf Kosten der jeweils anderen Nation großer Beliebtheit. So werden die Besucher eines geothermischen Parks in Rotorua, Neuseeland, von Guides gewarnt: „Bleiben Sie bitte auf den Wegen, der Bereich hinter den Absperrungen kann gefährlich sein.“ Den australischen Touristen jedoch wird mit einem Augen-

zwinkern mitgeteilt: „Übersteigen Sie die Abgrenzungen und erkunden Sie das Gelände auf eigene Faust!“ Solcherlei Scherze gibt es auch auf höchster Staatsebene. In den Achtzigern wurde der damalige neuseeländische Premierminister Robert Muldoon zur zunehmenden Auswanderung der Neuseeländer nach Australien befragt. Seine Erklärung: Durch diese Auswanderung steige der Durchschnitts-IQ beider Länder an. Wie sieht ein „großes“ Land diese Rivalität? Man könnte meinen, wir Österreicher seien den Deutschen schlichtweg egal und diese arroganten Piefke würden unsere Existenz ohnehin nur belächeln. Doch auch die Deutschen scherzen gerne über ihren kleinen Nachbarn und bezeichnen uns liebevoll als „Ösis“ oder „Schluchtenscheißer“. Sich übereinander lustig zu machen, beruht also auf Gegenseitigkeit. Wie man diese Rivalität kreativ und geschäftlich nutzen kann, zeigte die (mittlerweile pleite gegangene) Billigfluglinie SkyEurope. Eines ihrer Werbesujets in Österreich warb provokant für die Destination Holland: „Besuchen Sie ein Land, wo Deutsche noch unbeliebter sind als hier.“ Für uns Österreicher ein Paradies.  11


Angekommen! Ein Krieg, zwei Monate Flucht – und plötzlich war Hussain Asadi in Österreich. Hier entdeckt er seine neue Leidenschaft: den Fußball. Und nicht nur deshalb will er bleiben.


Land & LEUTE    „In

Afghanistan wusste man nie, ob man am nächsten Tag noch lebt“, erzählt Hussain Asadi. Sein Blick ist zu Boden gerichtet, seine Stimme leise. Es fällt ihm nicht leicht, über sein Heimatland zu sprechen. „Die Taliban kämpfen in Afghanistan schon ungefähr 23 oder 24 Jahre lang. Ich weiß nicht einmal, warum sie kämpfen.“ Vor vier Jahren flieht der damals 15-Jährige aus Ghazni, über das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen kommt er nach Graz. Ohne seine Familie. In Österreich erkennt Hussain Asadi die Liebe zum Fußball. „In Afghanistan habe ich nie Fußball gespielt, in Österreich bin ich aber von Tag zu Tag besser geworden“, erzählt der schmächtige Afghane. Sein Talent ist auch dem ehemaligen Profifußballer Gilbert Prilasnig nicht entgangen. Als Trainer des Homeless-World-Cup-Teams ruft Prilasnig Hussain prompt in den Kader ein. Mit dem Team durfte er vergangenen September an der Weltmeisterschaft in Mailand teilnehmen. Für ihn eine glückliche Fügung – solche Momente hatte Hussain in seinem Leben nicht viele erlebt. Nachdem sein Vater im Krieg fällt, wollen seine Mutter und sein Onkel gemeinsam mit der ganzen Familie die Flucht ergreifen. „Wir hatten dann aber zu wenig Geld“, erklärt Hussain. Also muss er die Reise alleine antreten. Seit jenem Tag vor vier Jahren hat er von seiner Familie nichts mehr gehört. In Ghazni gibt es kein Telefon und keine Post. „Ich weiß nicht, ob meine Mutter und meine Schwester noch in Afghanistan leben oder nicht.“ Damit hat sich Hussain aber offenbar abgefunden. Oder er versucht, seine wahren Gefühle nicht zu zeigen. „Ich muss wohl akzeptieren, dass ich meine Familie eventuell nie wieder sehe.“ Wieder senkt sich sein Blick. Er erinnert sich, wie er mit einer Gruppe von anderen Flüchtlingen zu Fuß aus Afghanistan geflüchtet ist: „Wir sind zwei, drei Tage nur marschiert.“ Mit dem Schiff und dem Auto geht es dann zwei Monate lang weiter Richtung Europa. Hussain Asadi weiß damals nicht, wohin er unterwegs ist. „Die Schmuggler haben zu mir gesagt, ich soll nach Österreich gehen. Das sei das beste Land der Welt.“ Für Hussain hat sich das bis jetzt bewahrheitet. Nach zwei Wochen in Traiskirchen wird Hussain nach Graz geschickt. „Ich war nicht ganz alleine. Landsleute, die ich erst hier getroffen habe, sind mit mir nach Graz gekommen. Mit denen konnte ich mich unterhalten“, erzählt Hussain Asadi. Deutsch

konnte er damals nicht. Das hat sich geändert. „Ich hab schnell gemerkt, dass ich die Sprache lernen muss, damit ich mich mit den anderen Leuten verständigen kann.“ Heute ist der steirische Einschlag nicht zu überhören. Da mischt sich so manches „oa“ oder „öul“ in grammatikalisch völlig einwandfreie Sätze. „Nach dem Deutschkurs bin ich dann in die Hauptschule“, erzählt Hussain. Er steigt in die vierte Klasse ein, wo er auch gleich Bekanntschaft mit gleichaltrigen Grazern macht. Mit denen trifft Hussain sich auch heute noch regelmäßig zum Fußballspielen – wenn es seine Zeit erlaubt. Hussain spielt nämlich neben seiner Lehre zum Schweißer auch noch mit vollem Einsatz beim Grazer Sportklub. In diesen Verein ist Hussain aber erst nach dem Homeless World Cup in Mailand eingetreten. „Die Reise nach Italien war ein besonderes Erlebnis für mich. Es war meine erste Reise von Österreich ins Ausland“, erzählt der Afghane. „Ich hab damals für sechs Monate einen Pass bekommen, hatte aber leider kein Geld und keine Zeit für weitere Reisen in andere Länder.“ In Mailand haben sich alle 98 teilnehmenden Teams gemeinsam das San-Siro-Stadi2003 wurde der Homeless World Cup von den Österreichern Gilbert Prilasnig und Harald Schmied ins Leben gerufen. Das Turnier wird seither einmal im Jahr veranstaltet. Im Jahr 2003 nahmen in Graz 18 Mannschaften teil, in Rio de Janeiro werden im September 2010 bereits mehr als 60 Mannschaften erwartet. Teilnehmen dürfen Spielerinnen und Spieler,  die mindestens 16 Jahre alt sind  noch nie am Homeless World Cup teilgenommen haben und  die wohnungslos sind oder im vergangenen Jahr wohnungslos waren oder  deren Haupteinkommen der Verkauf von Straßenzeitungen ist oder  die AsylwerberInnen ohne positiven Bescheid sind oder ihren positiven Aufenthaltstitel im Vorjahr erhalten haben  die einen Alkohol- oder Drogenentzug machen und in den letzten zwei Jahren obdachlos waren.

on angeschaut. „Wir vom österreichischen Team sind dann auch noch zu einem Spiel von Inter Mailand ins Giuseppe-MeazzaStadion gegangen“, Hussains Augen blitzen, als er sich an die aufgeheizte Atmosphäre im Stadion des Championsleague-Siegers erinnert. „Samuel Eto spielt doch für Inter, oder?“, fragt er. Er wirkt dabei nicht unsicher, vielmehr will er beweisen, dass er weiß, wovon er redet. Ein halbes Jahr liegt die Reise nach Italien jetzt zurück. Fußball ist seitdem ein noch größerer Teil seines Lebens. Woche für Woche jagt er für den Grazer Sportklub in der „Gruabn“ dem Ball nach. Wenn es die Zeit erlaubt, feuert er auch noch Sturm Graz an. „Da steh ich dann mit meinen Freunden in der Kurve.“

„Die Schmuggler haben

zu mir gesagt, ich soll nach Österreich gehen. Das sei das beste Land der Welt.

In Mailand machte Hussain mit dem österreichischen Team den 23. Platz. Unzufrieden ist er trotzdem nicht. „Im Vorjahr ist Afghanistan Weltmeister geworden. Diesmal waren sie nicht dabei.“ Das ist ihm aber nicht so wichtig. „Ein tolles Gefühl, bei einem solchen Bewerb dabei zu sein“, sagt Hussein stolz. Er genießt es, als – wie bei Länderspielen üblich – die Nationalhymne erklingt. Fühlt er sich also mehr wie ein Österreicher und nicht wie ein Afghane? Hussain überlegt. „Von einer Seite ...“, beginnt er unsicher einen Satz. Dann aber setzt er mit fester Stimme und voller Überzeugung fort: „Nein, ich bin Afghane.“ Fast so, als hätte er Angst, sein Heimatland, aus dem er vor mittlerweile vier Jahren geflohen ist, zu verraten. Irgendwann, wenn Hussain genug Geld und einen Reisepass hat, will er noch einmal zurück nach Afghanistan, mag es noch so lange dauern. „Ich muss einfach nur schauen, wie es dort so ist.“ Leben möchte er aber in Österreich, oder? „Jo sicha.“ Ihm bleibt auch keine Wahl. 

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Clemens Ticar wird im nächsten Leben Fußballer. Foto: Michael Thurm 13


Land & LEUTE

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Gut so. Weiter so.3


Land & LEUTE

Alles Roger? Michael Thurm war ein halbes Jahr in der Schweiz und musste feststellen, dass die wichtigsten Männer des Landes fast alle den gleichen Namen haben. Mit Ausnahme von Josef Ackermann und Christoph Blocher. Ein Phänomen, für das es keinen Grund gibt.

ILLUSTRATION: Manuel Draschl

   Roger

ist der Beste. Er ist Weltranglistenerster und angeblich der klügste Schweizer. Und der Zweitklügste. Roger hat eine eigene Zeitschrift und 16 Grand-Slam-Titel. Roger hat Joschka Fischer beim Joggen interviewt. Roger hat sogar den Führerschein gemacht – mit 45. Roger ist Schweizer. Und die Schweiz ist Roger. Roger hat viele Gesichter. Als Federer zaubert er auf dem Hartplatz. Als Köppel schimpft er gegen Minarette und als de Weck reagiert er mit bedächtiger Weltgewandtheit, ohne dass ihm allzu viele Schweizer dabei zuhören würden. Sie alle gehören zu den bekanntesten Schweizern und das liegt wohl an ihrer medialen Omnipräsenz. Roger führte bekannte Medien wie DIE WELT und anschließend die WELTWO-

CHE (Köppel), die ZEIT (de Weck) oder SAT.1 und dann TeleZüri (Schawinski). Zwar meist nur kurz, dafür aber eigenwillig. Verliebt in Berlin, die ZEIT-Rubrik LEBEN. Wer hat’s erfunden? Die Schweizer Die Schweiz ist Roger. Alles Roger? Nein. Das können nur Ausländer behaupten, die keine Ahnung haben, mit welch weicher Schönheit dieser Name betont werden muss. ROSCHEE. Die Backenzähne für einen mutigen Moment knapp übereinander halten. Und ein stimmhaftes SCH: ROGER. Das klingt erst einmal ungewohnt, aber nach einiger Übung werden Sie die Schweiz gleich besser verstehen. Dieses Land ist so klein wie Österreich, besteht eigentlich nur aus Minderheiten und hat kein Córdoba. Dafür Roger. Und am

liebsten haben die Schweizer Roger Federer. Sein Erfolg ist unumstritten, anhaltend und global. Er ist die Nummer Eins. Im Tennis und unter den Rogers. Für eine „Willensnation“, die sich nur von EU-Bürokraten umzingelt sieht, ist das identitätsstiftend. Die Schweiz, um das abschließend festzuhalten, ist vielleicht etwas wunderlich, aber liebenswert. Mit all ihren Rogers. Österreich, um auch das abschließend festzuhalten, ist vielleicht ein „verschissenes Land“, wie es Entertainer und Fernsehmoderator Alfons Haider – für österreichische Verhältnisse erschreckend genau – auf den Punkt brachte. Aber in Österreich ist doch „alles Roger“, um nicht zu sagen „leiwand“. Und die Deutschen, die haben das erkannt und verlassen ihr Land in Richtung Süden.  15


LAND & LEUTE

Stylish Steirisch Modetrends kommen nicht nur aus Mailand, Paris und New York, sondern auch aus Graz – wie zum Beispiel die Kreationen von Julia Jeschek und Palo Alto. FOTOS: Guido Senger PRODUKTION: Claudia Aichhorn


„Hoch vom

Dachstein an ...“

Julia Jeschek: Shirt (€ 39) Rock (€ 145) tag.werk Graz: Tasche (€ 19)


Palo Alto: Kleid (€ 189) Schürze (€ 119)

Palo Alto: Hemd (€ 125) Hose (€ 350)

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Palo Alto: Sweater (€ 129) Hose (€ 139)

Palo Alto: Shirt (€ 119) Rock (€ 125)


„... wo die Gemse

keck von der Felswand springt ...“

Palo Alto: Kleid (€ 189)

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Julia Jeschek: T-Shirts (â‚Ź 36)


„... dieses

schöne Land, ist der Steirer Land ...“

Julia Jeschek: Kleid (€ 159) tag.werk Graz: Tasche (€ 19)

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„... ist

mein liebes teures Heimatland.“

Julia Jeschek Die Grazer Designerin greift in ihren Arbeiten Elemente der österreichischen Tradition auf. Erhältlich ist ihre Mode im Internet unter www.juliajeschek.at.

Palo Alto Christian Kastner arbeitet als Modedesigner in Graz. Sein Label Palo Alto ist im fashionLAB in der Klosterwiesgasse 5 und im tag.werk in der Mariahilferstraße 13 erhältlich. Julia Jeschek: Shirt (€ 36) Rock (€ 129)

Die Zitate der Fotostrecke stammen aus der Steirischen Landeshymne.


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Weltsichten

FOTO: GVB

Produkte und Projekte aus Graz, die um die Welt gehen. Eine globale News-Reise.

FOTO: Mojo

GVB-Busse in Peking

Legobauen für Afrika Was hat ein Legoturm in der Grazer Innenstadt mit einem Schulbau-Projekt in einer der ärmsten Regionen Südafrikas zu tun? Fünfzehn Architektur-Studenten der TU Graz und TU Wien planen und bauen eine Schule an der südafrikanischen Wild Coast. Einen Teil des Geldes für diese Aktion sammelten sie beim Grazer Lendwirbel, wo sie Passanten dazu anhielten, gegen eine kleine Spende beim Bau des Lego-Turms zu helfen. Den Rest der Projektkosten sollen Sponsoren finanzieren. Bis zur geplanten Eröffnung der Schule im Jänner 2011 ist noch viel zu tun: Im August und September werden die angehenden Architekten mit dem Bau des Schulareals beginnen. Außerdem wollen sie fünf Einheimische ausbilden, damit diese später die Schule fertig bauen können. Christine Sohar von der TU Graz freut sich auf die zwei Monate an der Wild Coast: „In der Region gab es bisher nur eine Schule, und die war komplett überfüllt. Wir ermöglichen den Kindern nun einen kostenlosen Schulbesuch.“ ar

Peking – Stadt der Fahrräder? Vor zwanzig Jahren noch war der Drahtesel das populärste Verkehrsmittel der Großstädter. Heute sind viele Chinesen zu faul zum Radeln – sie lassen sich lieber per U-Bahn, Bus oder Bim durch die Stadt chauffieren. Davon gibt es ja auch genug: Tag für Tag pendeln 25.000 Busse durch die chinesische Hauptstadt. Mit fast tausend Linien ist das öffentliche Busnetz in Peking sehr unübersichtlich, in Graz gibt es zum Vergleich gerade mal vierzig Busrouten. Eine Gemeinsamkeit haben die zwei Verkehrsnetze dennoch aufzuweisen: Neuerdings machen 13 alte GVB-Busse Pekings Straßen unsicher. Wie es dazu kam? Die GRAZ AG zieht Busse nach zwölf Jahren aus dem Verkehr – auch wenn diese noch funktionstüchtig sind. Über einen Hamburger Bushändler finden die ausrangierten Modelle dann neue Abnehmer und sind nicht nur in Peking, sondern auch auf Bosniens Straßen unterwegs. ar

FOTO: Hypercubus

Wie man sich bettet ... Überflutungen und Kakerlakenüberfälle – in manchen „normalen“ Hotels erwarten den Gast Überraschungen und Abenteuer. Aber auch abseits des „Komfortzimmer“-Mainstreams gibt es jede Menge kurioser Übernachtungsmöglichkeiten. Neben Eishotels bieten etwa die Schweden Touristen-Unterkünfte im Bergwerk 155 Meter unter der Erde an, im deutschen Rüdesheim kann man sich in ein Weinfass legen. Besonders sicher schläft es sich in Schweizer Armeebunkern, im Meeresaquarium in der Bretagne wird der Schlaf sogar von Haien bewacht. Sandburgen, Baumhäuser und Leuchttürme sind ebenfalls beziehbar. Einen Überblick gibt es auf www.crazyrooms.de. Sollte alles belegt sein, kann man sich noch immer einen Hypercubus per LKW liefern lassen. Diese mobile, überall einsetzbare 25-Quadratmeter-Wohnung mit Küche, Schlaf-, Wohnund Badezimmer (inklusive Anschlüsse) haben zwei Studenten der TU Graz entwickelt. Dem Urlaub steht also nichts mehr im Wege. cr 23


Alles was Sie schon immer 체ber Film wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten. Videolehrg채nge | Filmabende | Fotoworkshops f체r Kinder, Jugendliche, Studierende, Erwachsene

www.filmundmedien.at


kunst & kultur S. 26 – Eine Stadt wird kreativ: Graz gibt sich selbstbewusst und hat sich als City of Design beworben. S. 32 – Schwarz im Gegenlicht: Warum Norwegen monochrom und Black Metal abscheulich ist. S. 34 – Familienbande: Sabrina Luttenberger hat mit der Turbojugend in Oslo gerockt. Und erzählt, was dabei so richtig Spaß macht. 


kunst & kultur

Eine Stadt wird kreativ    Am

rechten Murufer thront ein Alien über den Hausdächern. Die Leute haben sich daran gewöhnt. Sie kennen den unförmigen Fremdkörper, besuchen ihn gerne und weisen stolz auf ihn hin. Das Kunsthaus, die blaue Blase, markiert schon seit sieben Jahren einen deutlichen Einschnitt in Graz. Weg von der ewigen Kleinstadt, hin zu einer weltoffenen Metropole. Erst Kulturhauptstadt und nun auch noch City of Design? Seit 2009 läuft die Bewerbung, und Eberhard Schrempf sieht gute Chancen für die Stadt. Er managt diesen weiteren Versuch der steirischen Landeshauptstadt, sich weltweit zu etablieren. Aber ist Graz dafür nicht etwas zu klein? „Das ist keine Frage der Größe. Das Potenzial von Graz stellt uns in eine Liga mit Montreal, Berlin und Shenzhen, sie alle gehören zu den Design-Städten.“ Eberhard Schrempf ist Chef der Creative Industries Styria (CIS), dem Netzwerk der Kreativen. Er spricht mit

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ruhiger Stimme, aber doch leidenschaftlich von den Vorzügen der Stadt. Ihm ist klar, dass Graz zwar einiges zu bieten hat, dass der Titel aber derzeit noch nicht verdient ist. Im Büroalltag entspannt sich der DesignManager mit Zigarillos. Zwischen den Zügen erklärt er: „Der Titel ist eigentlich unwichtig. Hier geht es um das Netzwerk, das sich immer weiter entwickelt.“ Denn jetzt zähle nicht, was Graz bereits im kreativen Bereich geleistet hat, sondern das, was kommen soll. Zwischen seinen Worten und den grau melierten Schläfen scheint Schrempf stets an Ideen zu arbeiten: Grazer Designer ins Ausland bringen, ausländische Projekte zu uns. So soll es anfangen. Auf dem Weg zur Zukunft

Seit dem Kulturhauptstadtjahr vor sieben Jahren hat sich viel getan. Die Bewohner und Macher der steirischen Metropole haben damals das kreative, urbane Gefühl ge-

nossen. Und wollten mehr. Das neue Selbstbewusstsein brachte Veränderungen. Mit modernen und aufregenden Ideen machte die Stadt immer wieder auf sich aufmerksam. Gern verweist sie auf die Grazer Designerin Lena Hoschek, das Mumuth-Gebäude der Kunstuni, den Designmonat, der nun jährlich und exemplarisch all diese Akzente bündelt. Hier tut sich Spannendes. Und das will man der Welt zeigen. Vor fast einem Jahr wurde die offizielle Bewerbung der Stadt Graz als UNESCO City of Design unter viel Pomp versendet. „Wir bewerben uns“, hieß es damals selbstbewusst auf der silbernen Tragetasche. Binnen eines Jahres sollte eine Entscheidung fallen, ob Graz in diesen kleinen, aber feinen Städtebund aufgenommen werden soll. Aber sind wir wirklich eine City of Design? Es sieht so aus.Tatsächlich arbeitet jeder achte berufstätige Grazer im kreativen Bereich, so eine Studie über die Kreativwirtschaft.

Illustration: Manuel Draschl

Montreal, Kobe und Buenos Aires sind es schon. Berlin sowieso. Shenzhen wurde es zuletzt. Was genau? Eine von der UNESCO zertifizierte City of Design. Und Graz möchte jetzt auch eine werden.


Das ist mehr als in anderen Städten des Netzwerks. Aber färbt das wirklich auf das Stadtbild ab? „Es geht in unserer Arbeit ja auch darum, ein Bewusstsein für Design und für das, was es bereits hier gibt, zu schaffen“, erklärt der einstige Kunststudent Eberhard Schrempf. Das Problem der Hauptstädte sieht Schrempf darin, dass sie nicht so leicht Identitäten entwickeln, weil sie sich nicht auf eine Besonderheit festlegen können. Hier liegen für ihn die Chancen der kleinen Städte. Auch die von Graz. „Ich will Wien nicht dissen. Eine kleinere Stadt kann Ideen einfach schneller umsetzen“, meint Markus Jausovec, einer der vielen kreativen Köpfe der Stadt. Nachts macht er unter dem Deckmantel Fiago Elektropop, am Tag betreibt er mit anderen die Gestaltungsgesellschaft Onomato in der Mariahilferstraße, im Trend-Bezirk Lend. In diesem Viertel wurden die Veränderungen der letzten Jahre am schnellsten wahrnehmbar. Hier kann man handgemachte Taschen im tag.werk kaufen, sich in der Haarschneiderei verschönern lassen oder auch sinnvolle Gestaltung bei Onomato beziehen. Ganz zu schweigen vom Lendwirbel, der im Mai eine Woche lang ANZEIGE

anscheinend die gesamte Grazer Jungbevölkerung in diese Gegend lockt. Auch Jausovecs Büro fühlt sich kaum wie ein Büro an, eher wie ein zweites Wohnzimmer. Bunte Vinylfiguren leuchten aus Vitrinen, Zeichnungen schmücken die Wände und die Kaffeemaschine rattert im Hintergrund. City of Design sieht man hier weniger als Ehrung, sondern als Projekt: „Mit dem Titel geht es darum, Graz zu motivieren und ein Bedürfnis für Design zu schaffen.“ Auf dem Weg zum öffentlichen Design

Wie auch Eberhard Schrempf spricht Jausovec davon, dass mit dem Titel City of Design das viel besungene kreative Potenzial der Stadt abgebildet werden soll. Die Bewerbung dient keinem fehlgeleiteten Selbstwertgefühl, sondern der Grazer Horizonterweiterung. Wie bei einer Self-fulfilling Prophecy soll Design als durchdachte Gestaltung auf vielen Ebenen zu einem Grazer Kompetenzbereich werden. Dazu gehören auch neue Ideen für Verkehrsgestaltung, Beleuchtung oder Stadtmöblierung. Eine Parkbank kann man beispielsweise nicht nur oberflächlich schön gestalten, sondern auch

designen – entsprechend den Anforderungen der Umgebung und der Leute. Der Titel ist eben ein Auftrag, den man leben muss, nicht nur Schmuck. Zuversichtlich zeigen sich die Kreativmanager. Sie gehen davon aus, dass die Bewerbung erfolgreich sein wird. Nach einem ersten Feedback der UNESCO arbeitet man derzeit wieder an der Bewerbung: „Das ist ein bisschen wie Ping-Pong“, berichtet Eberhard Schrempf. „Wir arbeiten die Verbesserungen ein und schicken alles wieder zurück.“ Was genau verbessert werden soll, sei zwar nicht unbedingt geheim, aber auch nicht öffentlich. Graz will also City of Design werden. Und man meint es ernst. Die ewige zweite Stadt scheint endlich eine Rolle gefunden zu haben, die zu ihr passt und an der sie wachsen möchte. 2010 wird die steirische Landeshauptstadt vielleicht endlich City of Design werden. Ob sie es danach auch wirklich ist, werden wir sehen.  Thomas Pokorn hat seinen Hang zum Design im Layout ausgelebt.

„Etwas, das herausfordert“

Mit seiner Bestellung zum Chef der Grazer Spielstätten hat er die Internationalität der Häuser verstärkt. Christoph Thoma im Gespräch über das Fremde. Ist das Grazer Publikum denn offen für das Fremde? Gute Frage. Prinzipiell war Graz immer Grenzmetropole zum Osten oder Süden. Und jetzt ist es eigentlich Zentrum Europas geworden. Ich hab den Eindruck, dass die Grazer schon offen sind. Vor allem weil immer viele Kulturen da waren. Herr Thoma, was fasziniert Sie an fremden Kulturen? Mich fasziniert in erster Linie Neues. Neue Menschen, Kulturkreise und andere Zugänge zum Leben. Wir leben in einer sehr selbst-fokussierten Gesellschaft, und bekommen von unserer Umwelt oft wenig mit. Graz beispielsweise hat in seiner Umgebung Slowenien, Ungarn und den Balkan. Wir nehmen all das aber nicht bewusst wahr. Mich fasziniert es, diese Strömungen in meiner täglichen Arbeit kennenzulernen und auch zu kommunizieren.

Wir Grazer haben ja oft den Ruf ein konservatives Publikum zu sein... Das würde ich nicht sagen. Für mich als Vorarlberger hat Graz immer den Ruf gehabt, innovativ zu sein. Dieses Neue und Zeitgemäße war immer da. Es gibt eine freie, befruchtende Szene. Hier lässt sich also viel umsetzen? Meine ganzen Bestrebungen im Ethno-Bereich, im Integrationsbereich, zielen ja auch darauf ab hier etwas wachsen zu lassen.

Was gefällt Ihnen an Graz? Die Bezirke Gries, Lend und die Annenstraße. Sie sind so voll an fremder Kultur. Was für Konzerte können wir uns in Zukunft erwarten? Ich möchte Programm mit überregionalem und internationalen Charakter machen. Mir geht es nicht so um die großen Namen, sondern um Unbekanntes. Etwas, dass die Leute herausfordert. Ich denke da an unsere Ethno-Projekte mit Bosnien, Ungarn, der Türkei oder dem Fado. Diese Auseinandersetzung wollen wir pushen. Wohin führt Ihre nächste Reise? Für einen Leseurlaub auf die Kykladen. Dann mach ich mich daran, unser Sarajevo-Netz auszubauen. 27


kunst & kultur

Pizza alla Mustafa Im Dolce Vita bekommt der Gast alles, was er sich von einem Italiener erwartet: Pizza Margherita, Penne Arrabbiata und Lasagne. Nur die Kebap-Pizza l채sst ahnen, woher der Inhaber tats채chlich kommt.

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   Aus

unserem Alltag ist die runde Teigscheibe mit Belag kaum wegzudenken. Klein oder groß, mit Schinken, Salami oder Käse, für Unerschrockene sogar mit Sahne, Sugo oder Ei. Bei Pizza denken wir an wild fuchtelnde Männer mit großen Sonnenbrillen, an Giuseppe, Flavio und Giovanni, an Vespa, Mode und Urlaub. Wir denken an Italien. Wer in Graz Lust auf die belegte Köstlichkeit hat, wird schnell fündig. Allein im Bezirk Eggenberg gibt es 13 Pizzerien. Eine davon ist das Dolce Vita in der Georgigasse. Der Inhaber ist kein Giuseppe, auch kein Flavio und schon gar kein Giovanni. Sein Name ist Mustafa Sevinc. Zusammen mit seiner Familie betreibt er das kleine Lokal. Klein ist eigentlich noch untertrieben, denn mit drei Tischen und neun Stühlen fällt der Gastraum eher winzig aus. Nach dem typischen Flair einer Pizzeria sucht man auf den geschätzten zwölf Quadratmetern vergebens. Nur der silbrig funkelnde Kaffeevollautomat italienischer Herkunft verleiht dem Dolce Vita einen Hauch von mediterranem Flair. Die pfirsichfarbene Wand des Lokals ist mit einer prominent platzierten Straßenkarte verziert. Auf jedem Tisch steht eine Vase mit gelblich verfärbtem Kunst-Blumenschmuck Made in China. Typisch italienisch ist das Dolce Vita nicht.

Das süße Leben kennt der Inhaber selbst nur von Erzählungen. Schon mit 22 Jahren verließ Mustafa die Türkei, um in Österreich Fuß zu fassen. Dass er einmal Besitzer einer Pizzeria sein würde, konnte er damals noch nicht ahnen. Für Türken zählt die Pizza nicht gerade zu den höchsten Gaumenfreuden. Dennoch entdeckte Mustafa die Möglichkeiten, die das italienische Gericht ihm in Graz eröffnen könnte „Jeder isst gerne Pizza“, bringt Mustafa sein Geschäftsmodell auf den Punkt. Also kocht er italienisch, auch wenn er türkisch denkt und fühlt. Graz ist ihm heute so vertraut, dass er die Verkehrsrouten mittlerweile besser kennt als so mancher Taxifahrer. Bei der Auslieferung der heißen Ware muss es schnell gehen. Dafür habe er auch schon ein paar Strafzettel gekriegt, gibt er mit verhaltenem Lächeln zu. Aber der Kunde ist für ihn eben König. In den letzten zwanzig Jahren hat Mustafa hart gearbeitet. Die kurzen grauen Haare und die markanten Kerben in seinem Gesicht lassen den 46-Jährigen älter aussehen als er ist. Sein Outfit ähnelt in keiner Weise dem eines modischen Italieners. Mustafa trägt mit Selbstverständlichkeit die alten Schuhe und die Jacke seines Sohnes. „Die Kinder wollen immer neue Sachen haben“, erklärt er mit türkischem Akzent.

Für seine Kinder nimmt er einiges auf sich. Immer, wenn Mustafa von ihnen erzählt, bekommen seine Augen diesen hoffnungsvollen Ausdruck. Auch das Dolce Vita habe er für sie gegründet: „Damit sie Arbeit haben und gut leben können.“ In einigen Wochen eröffnet nebenan eine andere Pizzeria. Angst vor der Konkurrenz hat Mustafa aber keine. Auf seine Stammkunden kann er sich schließlich verlassen. Die Hauszustellung ist dafür ein entscheidender Faktor. Hinter so mancher Wohnungstür, zwischen Bergen von alten Pizzaschachteln, bekommt Mustafa tiefe Einblicke in die sozialen Verhältnisse der Grazer. Manchmal müsse er sich die Nase zuhalten, weil er den Geruch in den Wohnungen sonst nicht ertragen könnte. Und auch die Einsamkeit bleibt ihm nicht verborgen. Menschen, die ihr Zuhause nur selten verlassen, sind froh, wenn der nette Pizzabote ihnen ihre tägliche Portion italienisch-türkische Lebensfreude serviert. Dabei ist es ihnen völlig egal, ob sie ein schicker Italiener oder ein legerer Türke zubereitet. 

Claudia Aichhorn isst am liebsten Pizza Tonno. Foto: Clemens Ticar

„Ich heiße Evgenija, bin Serbin und schon länger hier als 5,4 Millionen ÖsterreicherInnen.“

HOFFNUNG STATT HETZE steiermark.gruene.at

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kunst & kultur

Ein Schluck Heimat Es gibt knapp 50.000 Studenten in Graz, darunter auch viele ausländische. Sie bringen nicht nur ihre eigene Sprache mit, sondern auch die eigene (Bier-)Kultur.    Eine Umstellung ist es schon – wenn

bayerische oder irische Studenten mit dem österreichischen Bier anstoßen. Es gibt viele Biere, die durchaus in Richtung eines deutschen Pils oder eines Guiness gehen. Aber eben nur in die Richtung. Gerade viele Deutsche empfinden das ansässige Bier als etwas bitter. Auch hat man sich oft einfach an das heimatliche Bier gewöhnt, und so bedeutet ein Schluck des Lieblingsbieres auch einen Schluck Heimat. Doch wo bekommt der Biergenießer „sein“ Bier in Graz? Ist es überhaupt möglich, in der steirischen Hauptstadt seine heimatliche „Hopfenkaltschale“ zu bekommen? Was auffällt: Wenn es ausländisches Bier in den Grazer Lokalen gibt, laufen einem oft die gleichen Namen über den Weg. Die Auswahl ist also begrenzt. Aber ne-

ben deutschem Bier findet der verwöhnte Biertrinker durchaus auch „Exoten“ aus Australien, Holland, Mexiko oder etwa Tschechien. Absoluter Spitzenreiter, was die exotische Auswahl angeht, ist das Pub „O'Carolan’s“ – 14 ausländische Biersorten gibt es hier zu probieren. Mit etwas Abstand folgt das Irish-Pub „Flann O'Brian“ mit neun Bieren, die nicht aus Österreich kommen. Wer eine Bierreise durch Österreich machen möchte, der ist dagegen im Bierbaron richtig. Das Lokal macht seinem Namen alle Ehre und bietet die größte Auswahl, wenn auch nicht international gesehen. Wer die Karte aufschlägt, trifft auf 28 verschiedene Biere, vom Altbrünner Gold aus Tschechien bis hin zum Gösser Zwickl aus Leoben. In welchem Grazer Lokal Sie Ihr Heimatbier finden, verrät Ihnen der blank-Bierguide. 

 

Jochen Hencke ist ein ausgezeichneter Bierkenner.

 Brot und Spiele Mariahilferstraße 17, 8030 Graz Fass: Guinness, Foster’s, Weihenstephaner, Starobrno Flasche: Schneider Weisse, Beck’s, Heineken, Corona, Schneider Weisse Alkoholfrei

 Flann O'Brian Paradeisgasse 1, 8010 Graz Fass: Guinness, Kilkenny, Heineken, Foster’s, Warsteiner, Starobrno Flasche: Beck’s, Newcastle Brown Ale, Budweiser, Heineken, Foster’s Ice

 Centraal Mariahilferstraße 10, 8020 Graz Fass: Heineken, Franziskaner Flasche: Beck’s, Erdinger, Clausthaler

 O'Carolan’s Badgasse 2, 8010 Graz Fass: Guinness, Kilkenny, Newcastle Brown Ale, Beamish, Starobrno Flasche: Heineken, Budweiser, Corona, Foster’s, Stella Artois, Paulaner Hefe, Grolsch, Desperados, Beck’s Alkoholfrei

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 

 Continuum Sporgasse 29, 8010 Graz Fass: Starobrno Flasche: Heineken  Molly Malone Färbergasse 15, 8010 Graz Fass: Guinness, Kilkenny, Foster’s Flasche: Heineken, Beck’s, Budweiser, Salitos, Clausthaler


 



Illustration: Manuel Draschl

     Glöckl Bräu Glockenspielplatz 2, 8010 Graz Fass: Schneider Weisse Flasche: Schneider Aventinus, Schneider Aventinus Eisbock, Schneider Weisse Alkoholfrei  Eschenlaube Glacisstraße 63, 8010 Graz Fass: Starobrno Flasche: Weihenstephaner Weizen

 Thomawirt Leonhardstraße 40-42, 8010 Graz Fass: Erdinger Flasche: Clausthaler  Propeller Zinzendorfgasse 17, 8010 Graz Fass: Starobrno Flasche: Heineken, Beck’s, Beck’s Gold, Beck’s Lemon

 Drei Goldene Kugeln Heinrichstraße 18, 8010 Graz Fass: Heineken, Weihenstephaner Flasche: Beck’s, Heineken, Budweiser  Bierbaron Heinrichstraße 56, 8010 Graz Fass: Guinness, Heineken, Weihenstephaner Hefetrüb, Veltins Pils, Altbrünner Gold Flasche: Veltins, Desperados, Guinness, Weihenstephaner Dunkel

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Foto: mithrandir3 (flickr)

kunst & kultur

Schwarz im Gegenlicht

Schnee und Black Metal: Norwegen hat viele Farben, stellt die Grazerin Johanna Kompacher während ihres Auslandssemesters fest. Aber die Summe seiner Teile ist monochrom. Ein etwas anderes Länderportrait.    Norwegen

– eine frostige Bilderbuchidylle. Ein Land kahler Bäume, schneebedeckter Felder und roter Häuschen irgendwo im Nirgendwo. Auch die U-Bahn zur Loipe gibt es, und selbst im sonst so aus der Reihe tanzenden Oslo erinnern zentimeterdick vereiste Gehsteige daran, wie es sich hier mit der Sonne verhält.

Eine Musik, die das Böse predigt

Zwar hat sich Skandinavien in den letzten Jahren vom kühlen Eck im Norden zum Trend-Reiseziel gewandelt, aber die Norweger wollen davon nicht allzu viel wissen. Florierender Tourismus hin oder her, das „Raue“ kriegt man offensichtlich nicht aus diesem Land, wo alle per Du sind und man 32

auch bei minus 20 Grad im Schanigarten sitzt. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum vor rund zwanzig Jahren genau dort eine Szene entstand, die bis zum heutigen Tag stark polarisiert. Die musikalischen Anfänge des True Norwegian Black Metal werden von Genrekennern bis heute diskutiert, doch den Medien wurde das „enfant terrible“ spätestens in den Neunzigern ein Begriff. Darkthrone, Mayhem, Burzum: so kalt und unnahbar ihre Musik, so vehement die Ablehnung von Institutionen, Glaubensrichtungen und Trends. Der Black Metal, der aus Norwegen hervor- und darüber hereinbrach, sollte noch dunkler, böser und abscheulicher werden als die kurz davor in Schweden und Großbritannien be-

gründete „erste Welle“. Nicht alle Musiker jedoch schreckten davor zurück, die gepredigte Kompromisslosigkeit auch in die Tat umzusetzen. Kriminalität wurde schnell zu einem Wappen und Stigma der Bewegung. Die Metalszene etabliert sich

Bergen, 1992: Mit siebzehn Jahren nahm Varg Vikernes, besser bekannt als Burzum, sein Debütalbum auf, und sicherte sich einen Platz als Leitfigur der „zweiten Welle“. Drei Jahre und zwei Veröffentlichungen später wurde er verurteilt: wegen Brandstiftung und Mordes am Szene-Initiator Øystein Aarseth – ein sprichwörtlich schwarzer Tag, der Vikernes die Höchststrafe und der Black-Metal-Szene internationale Aufmerksamkeit einbrachte.


Foto: Johanna Kompacher

Von dem Moment an war das düstere Refugium keine Idee mehr, sondern bitterer Ernst. Um den norwegischen Black Metal rankt sich seitdem ein Mythos, der Begeisterte nach wie vor in sein Geburtsland zieht. Zwar relativiert dort niemand die Verbrechen der Vergangenheit, doch die Geschichte des Black Metal ist fixer Bestandteil der norwegischen Kultur, und zumindest die morbiden Basics sind jedem ein Begriff. Wenig verwunderlich also, dass Black-Metal-Neuerscheinungen auch von Norwegens größten Tageszeitungen rezensiert werden – so zum Beispiel die jüngste Veröffentlichung des vor wenigen Monaten freigelassenen Varg. „Die werden hier behandelt wie jeder andere Release auch“, stellt Ruben, Inhaber von Oslos Nummer-1-Adresse für metallische Tonträger, fest. Als Plattenhändler verfolgt der 38-Jährige das Geschehen in der norwegischen Metalszene seit knapp sieben Jahren. „Ich verkaufe meine Platten mittlerweile an alle möglichen Leute. Black Metal ist kein Underground mehr.“ Dementsprechend groß ist die Besucherzahl des maßgeschneiderten Mekkas: Für Metal-

fans findet im Frühling jeden Jahres das „Inferno Festival“ statt, bei dem ganz Oslo unter einem dunklen Stern steht. Pubs in der Innenstadt öffnen den 2500 Schwarzgewandeten ihre Pforten, und das Nobelhotel „Royal Christiania“ ist nur schwer wiederzuerkennen. In einer mit Konzertplakaten verkleideten Lobby schläft der eine oder andere Besucher seinen Rausch aus, während Metalheads in den übrigen Stockwerken feiern. Und wem die zwei Bühnen nicht Spektakel genug waren, der konnte sich zum diesjährigen Jubiläum auch Kuriositäten wie einer speziellen Sightseeing-Tour anschließen. Dabei wurden Plätze wie der erste Osloer Black-Metal-Plattenladen „Helvete“ („Hölle“) besucht, der zwar heute eine Bäckerei ist, in dessen Kellergewölbe man aber immer noch gerne hinunterklettern darf. Ein Mythos, der in den Norden passt

An den restlichen 360 Tagen des Jahres sind Oslos Straßen aber überraschend farbig und die Norweger wieder so, wie man sie normalerweise kennt: Kühl und unnahbar, dafür aber auf den zweiten Blick umso herzlicher.

Wer wegen des Mythos Black Metal gekommen ist, fragt sich dann: Wo sind sie denn alle hin? Nun, die verstecken sich längst in der Karl-Johanns-Gate, die auch um vier Uhr morgens von Partyvolk und elektrisch verstärkten Straßenmusikanten bevölkert wird; oder in einem der unzähligen Parks, in denen man beim ersten Sonnenstrahl die frischen Grashalme unter dem Hintern zerquetscht. Und was man eben nur zur richtigen Zeit hier spürt, ist diese vielzitierte und monochrome Einsamkeit, in der Himmel und Erde gleich weiß sind und nahtlos ineinander übergehen. Es liegt eine gewisse Melancholie über dem Land, die es trotz Mitternachtssonne dunkel macht.Vielleicht ist sie wirklich der Grund dafür, dass Black Metal genau hier seinen Anker ausgeworfen hat. Den Mythos am Leben zu erhalten, ist kein Tourismus-Gag; das ist hier schon eine kleine Philosophie. 

Johanna Kompacher hat ihr schwarzes Herz an Norwegen verloren. 33


kunst & kultur

Familienbande Wo Bier dicker als Blut ist, Matrosenkäppchen ein Muss und die Herkunft völlig egal, da ist eine lärmende Truppe sicher nicht weit: die Turbojugend.

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   Angenommen, verschiedene Musikrich-

tungen repräsentieren unterschiedliche Familienmitglieder. Dann wäre unsere Mutter wohl oder übel schmalziger Schlager und unser Vater viel zu cooler Rock aus den Siebzigern. Unsere kleine Schwester würde ihr Zimmer mit Miley-Cyrus-Postern tapezieren, während wir logischerweise Platten von britischen Underground-AlternativeBands auflegen würden, von denen keiner unserer Freunde jemals etwas gehört hat. Und dann gäbe es da noch unsere zwei Brüder. Der Ältere der beiden würde täglich wie eine schwarze Wolke durch unser Haus fegen, um sich ein kühles Bier zu holen, das er in seinem von wüstem Geschrei vibrierenden Zimmer genießt, bevor er zusammen mit seinen langhaarigen Freunden Kirchen anzündet und dem Metal-Gott Burzum huldigt. Der Jüngere der beiden, gekleidet in Jeansjacke und mit schriller Schminke im Gesicht, hätte es sich zur Lebensaufgabe gemacht, den Älteren zu provozieren und zu ärgern, wann und wo es nur irgendwie möglich ist. Am besten zusammen mit seinen Freunden, die mindestens genauso viele Biere wie ihre Konkurrenten schlürfen, aber deren Idole, die norwegischen Deathpunker Turbonegro, etwas weniger furchterregend brüllen. Im Grunde sind unsere Brüder sich ja ähnlich; beide lieben ihre Musik und leben den dazugehörigen Lifestyle. Doch während bei Metal letztendlich alles todernst ist – im wahrsten Sinne des Wortes – achtet man als Fan von Turbonegros Death Punk zuallererst auf Spaß.

deren zu meinem Freundeskreis.“ Es dauerte nicht lange, da hatte auch das Label „Blitzcore“ der skandinavischen Musiker diese Werte erkannt und bedruckte Jeansjacken mit dem Band-Logo. Die „Kutte“, wie das blaue Kleidungsstück im Fachjargon der Turbonegro-Fans genannt wird, wurde zum wichtigsten Markenzeichen des Clubs und neben dem immer vorhandenen Alkohol zum Härtetest für den Turbojugend-Magen: Sie darf unter keinen Umständen gewaschen werden. Zum einen ist die Kutte also weltweites Erkennungsmerkmal, zum anderen enthält sie zwei für die Szene essentielle Informationen: Das „Chapter“, in welchem mein Gegenüber Mitglied ist, und seinen „Warriornamen“. Turbonegro trifft das Lebensgefühl

„Chapter“ sind die Zweigstellen der Turbojugend. Die Basis befindet sich in Oslo. Mittlerweile gibt es neben dem nordischen Original über 2000 selbstständige Gruppierungen in Städten auf der ganzen Welt, unter anderem in Graz und Feldbach.

„In der Turbojugend

hat jeder einen gewaltigen Haufen Selbstironie. Eben darum haben wir Spaß und nur sehr selten Stress.

ILLUSTRATION: Lisa Langmantel (Fotos: EP/EPA)

Die Kutte ist das Markenzeichen

Den Beweis dafür liefert die „Turbojugend“, der Zusammenschluss der Turbonegro-Anhänger. Gegründet wurde sie in den 90erJahren im berüchtigten Hamburger SzeneStadtteil St. Pauli von niemand Geringerem als Bela B., dem immer etwas verrückten Schlagzeuger der Punk-Kombo „Die Ärzte“. Insofern dürfte schon von Beginn an festgestanden haben, dass es sich hier um eine Partytruppe handeln würde, die einfach auch zusammen feiern will. „Die Turbojugend ist eine Arena, in der die unterschiedlichsten Typen zusammen spielen können, auf eine anarchistische und nihilistische Weise. Aber es geht genauso sehr um Freundschaft“, meint Nazneen Khan-Østrem, Kulturjournalist in Oslo. Henning Havgom, langjähriges Mitglied der Turbojugend, bestätigt das: „Ursprünglich bin ich nur beigetreten, weil ich ein Fan von Turbonegro war. Doch jetzt gehören auch die vielen an-

Das Ergebnis der globalen Ausbreitung des Fanclubs sind unzählige und vor allem seltsame „Warriornamen“. Den darf sich jeder selbst aussuchen, weil er Interessen und Persönlichkeit des jeweiligen Mitglieds widerspiegeln soll. Dass die Namensgebung wie im Fall von „Dr. SlartibartfASS Busenfreund“ völlig ausartet, gehört zum guten Ton der Turbojugend. Der 35-jährige deutsche Busenfreund, Turbojugend-Mitglied in den zwei Chaptern Oslo und Neuseeland, erklärt: „Doktor, weil das anstrengendste, was ich jemals auf mich genommen habe, der Doktortitel war. SlartibartfASS, weil das der Planetenbauer in ‚Per Anhalter durch die Galaxis‘ ist, der die norwegischen Fjorde designt und gebaut hat. Das großgeschriebene ‚Ass‘ ist natürlich ein homophiler Seitenhieb. Busenfreund, weil ich extrem auf Titten stehe, und weil es gleichzeitig auch bester Freund bedeutet.“

Hier wird deutlich, dass Turbonegro und ihre Fans überaus gerne mit offener Sexualität provozieren, noch lieber mit Homosexualität kokettieren. Ein monatliches Treffen der mehrheitlich männlichen Mitglieder ohne Küsschen für den Sitznachbar wäre undenkbar. Für den Busenfreund war genau dieser Reibungspunkt zur prüden Metal-Szene das Interessante und ausschlaggebend dafür, sich in die Liste des Fanclubs einzutragen. Ein fanatischer Anhänger der Band war er nämlich nie, viel mehr spiegelt Turbonegro für ihn seine Lebenseinstellung wider. Und damit ist er kein Einzelfall. Viele sind mit den Entscheidungen, die die Bandmitglieder hinsichtlich ihrer Musik, aber auch ihres Privatlebens, getroffen haben, nicht einverstanden und wenden sich von Turbonegro ab. Der Zusammenhalt ist aber auch ohne Band gegeben. „Klar darf man seine Aufnäher von der Kutte nehmen. Man muss kein Turbonegro-Fan sein, um zur Turbojugend zu gehören.“ Khan-Østrem weiß: „Der Club besitzt ein gewisses Prestige und wirkt daher anziehend. Außerdem ist er richtig gut organisiert.“ Das lässt sich schon bei einem kurzen Blick auf die Hierarchie der Turbojugend erkennen. „Prospects“ sind Lehrlinge und warten auf eine Mitgliedschaft. Jeder Neuling bekommt beim Eintritt eine eigene Aufgabe, der Chapter-Präsident passt auf seine Jugend auf und Hank van Helvete, Turbonegro-Sänger, wacht über allem. Also doch nicht nur Spaß, sondern auch ein bisschen militärischer Ernst. Busenfreund relativiert: „In der Turbojugend hat jeder einen gewaltigen Haufen Selbstironie. Eben darum haben wir Spaß und nur sehr selten Stress.“ Und eben darum enden Streitereien zwischen unseren Brüdern auch immer glimpflich. Der Ältere der beiden holt letztendlich zwei gekühlte Biere aus der Küche, während der Jüngere sein Make-up mithilfe der Kutte entfernt. Unsere Eltern würden eine Ladung Pizza direkt vor unsere Nase liefern, die kleine Schwester, vertieft in ihre Bravo, nur ein Viertel von allem mitbekommen und wir im selben Moment eine viel zu große CD-Bestellung abschicken. Trotz aller Unterschiede sind wir halt doch eine glückliche Familie, die sich Samstagabend gemeinsam vor den Fernseher setzt, um sich an „Wetten, dass...?“ zu erfreuen. Da ist schließlich für alle etwas dabei.  Sabrina Luttenberger findet die „bösen“ TurbojugendJungs gar nicht so böse. 35


kunst & Kultur

Kroatien intim

Volkskunde

Foto: Tobis

Bücher und Filme über ferne Länder. Eine Auswahl der blank-Redaktion für die Reise im Kopf.

Endstation Alaska Into the Wild, USA 2007, Regie: Sean Penn, Verleih: Tobis Kaum ein Weltenbummler, den ein traurigeres Ende ereilt hat als Christopher Johnson McCandless (Emile Hirsch). Christopher hat scheinbar alles im Leben, kommt aus einem reichen Elternhaus, hat einen College-Abschluss und eine glanzvolle Zukunft vor sich. Trotzdem flüchtet der 22-Jährige aus dieser Unbeschwertheit in das Dasein eines Aussteigers. Die Gefühle anderer missachtend, folgt er dem Ruf der Wildnis. Ohne Geld trampt er als Alexander Supertramp zwei Jahre lang durch Nordamerika, bis er schließlich 1992 in der Wildnis Alaskas verhungert. Regisseur Sean Penn idealisiert Christopher zum Helden aller Aussteiger. Der kritische Ansatz fehlt. Skrupellos erreicht der Held sein Ziel. Der Preis dafür: sein Leben. Ohne Landkarte und Outdoor-Erfahrung stirbt Christopher nur wenige Kilometer von einem Dorf entfernt. Die wahre Begebenheit hinter der Geschichte bewegt, die Dummheit des Protagonisten überwältigt. kh

Wussten Sie eigentlich, dass Zagreb westlich von Wien und nördlich von Mailand liegt? Wenn nicht, machen Sie sich nichts draus. Sie dürfen Kroatien in aller Ruhe weiterhin als südosteuropäisches Land bezeichnen. Aber wenn Sie Norbert Mappes-Niediek einen Gefallen tun wollen, dann versuchen Sie, die Kroaten kennen zu lernen, bevor Sie diese in irgendwelche bereitgelegten Schubladen einordnen. Mappes-Niediek, freier Korrespondent für Südosteuropa, lebt seit 1992 in Graz. Der gebürtige Deutsche liefert mit seinem Buch „Kroatien – Das Land hinter der Adria-Kulisse“ einen amüsanten Einblick in das Land der 1.200 Inseln und dessen Bewohner. Da gibt es zum Beispiel Pedrag. Dem Serben, der in Kroatien aufwuchs, wird bei der Inskription an der Uni Zagreb klar, dass man am Balkan eine eindeutige, auch bürokratische Trennlinie zwischen Volk und Nation zieht. Der uneinsichtige Damir wiederum steht für eine Gesellschaft ohne funktionierende Autoritäten. Dafür wird das Bett eines Gastes in Kroatien immer „ganz zufällig“ fein säuberlich gemacht. Ein wahrlich gelungener Blick „hinter die Kulisse“. mz

Norbert MappesNiediek: Kroatien. Das Land hinter der AdriaKulisse. Ch. Links Verlag, 176 Seiten, 16,90 Euro

Über die Kraft der Leere

Foto: Polyfilm

Nord, Norwegen 2009, Regie: Rune Denstad Langlo, Verleih: Polyfilm Ein Off-Road-Movie ohne Autos und Motorräder, dafür aber mit einem kleinen Schneemobil. Damit macht sich der depressive Liftwärter Jomar auf, um seinen vierjährigen Sohn kennen zu lernen. Mehr Geschichte braucht die skandinavische Produktion nicht, um ihre hypnotische Wirkung zu entfalten. Cliffhanger, überraschende Wendungen, wechselndes Tempo – all das sucht man in Rune Denstad Langlos Spielfilmdebüt vergebens. Der eigentliche Hauptdarsteller ist die norwegische Schneelandschaft, deren kristallklare Weite unsere Gedanken schärft. Dennoch sind es die seltenen Begegnungen mit ihrer menschlichen Wärme, die Jomar ans Ziel geleiten. Und es ist der skurril-skandinavische Humor, der uns aufatmen lässt. Wenn Norweger über ihre Einsamkeit lachen können, können wir das auch. te 36


Lust an Untreue

Polarkreis-Pop

Heimatsuche

Pamela Druckerman sucht nach unterschiedlichen Formen von Seitensprüngen. Die gebürtige Amerikanerin spricht mit traumatisierten Landsmännern in Selbsthilfegruppen, russischen Paartherapeuten und südafrikanischen Gelegenheitsprostituierten. Die Autorin fliegt rund um den Globus und beleuchtet, wie Menschen mit dem „Kavaliersdelikt“ sexueller Untreue umgehen. Sie berichtet, wie Frankreichs Ex-Präsident Mitterrand eine halboffizielle Zweitfamilie unterhielt, wie sich in Japan umtriebige Ehemänner Fotos von den Haustieren ihrer Eskortdamen zeigen lassen, und dass in Südafrika notorischen Fremdgehern der Tod in Form von Aids über die Schultern schaut. „Lust in Translation“ ist kein Plädoyer für die Untreue, sondern vielmehr ein spannender soziologischer Abriss von kulturellen Gepflogenheiten. Druckerman kommt zu dem Resümee: Egal welche Hautfarbe, Religion oder welcher soziale Stand – alle Opfer dieses Vertrauensverlusts spüren das gleiche Gefühl der Verzweiflung in sich. Und, so traurig es klingt, oft sind es Frauen. lb

Es scheint ein ungeschriebenes Erfolgsrezept in der Popliteratur zu sein, für den Debütroman in die Tristesse der eigenen Jugend zurückzukehren. Auch Mikael Niemi macht in „Populärmusik aus Vittula“ seine Heimat, den hohen Norden Schwedens, zur Protagonistin. Dort an der Grenze zu Finnland, wo der Wodka zu jeder Tageszeit serviert wird, wo Arbeitslosigkeit und Langeweile den Alltag dominieren, liegt der kleine Ort Palaja. In dieser Einöde wachsen Matti und sein schweigsamer Freund Niila auf. Abseits der kulturellen Zentren dominieren Frömmigkeit und raue Sitten den Alltag. Bis eines Tages der Rock‘n‘Roll diesen abgelegenen Winkel Nordeuropas erreicht. Mit skurrilem Humor, dunkel wie die Tage nördlich des Polarkreises, schildert Niemi das Erwachsenwerden und die Absurditäten des Alltags. Da werden für eine elektrische Gitarre RattenGenozide heraufbeschworen und Saufgelage mit nicht destilliertem Alkohol veranstaltet. Niemi zeichnet mit seinem Roman ein tragisch-komisches Sittenbild der 60er-Jahre und zeigt das Land der Popmusik von einer Seite, die sich kaum ein Musikfan vorzustellen (ver)mag. aw

Der Dichter und Nervenarzt Alfred Döblin begibt sich 1924 ins Land seiner Vorfahren. Es waren die antisemitischen Pogrome in seiner Heimatstadt Berlin, die in dem säkularisierten Juden die Sehnsucht nach seiner Herkunft geweckt haben. Er besucht wichtige Zentren wie Lublin, Warschau, Krakau und das heute in der Ukraine liegende Lemberg, trifft auf die kapriziöse Polin, den wortgewandten Rabbiner, das laute Marktweib und den eloquenten Filou, geht in Prachtstraßen und Elendsghettos spazieren. Neben Döblins Wurzeln entdeckt man auch die tragische Geschichte Polens. Eines Landes, das damals erst seit ganz kurzer Zeit unter eigener Regentschaft lebte. Das Dramatische an dieser Geschichte: Die meisten der polnischen Juden, um die es in diesem Bericht geht, sind den Nazis zum Opfer gefallen. Döblin selbst hat im amerikanischen Exil überlebt. Der Expressionist Döblin liest sich sehr modern, erstaunlich sind Parallelen zur Gegenwart. Wie die damalige Klage jüdischer Händler über das Ladenöffnungsverbot am Sonntag, eine Einschränkung, die erst kürzlich in Graz für türkische Geschäfte eingeführt wurde. lb

Pamela Druckerman: Lust in Translation. The Rules of Infidelity from Tokyo to Tennessee. The Penguin Press, 304 Seiten, 12,99 Euro

Mikael Niemi: Populärmusik aus Vittula. btb 304 Seiten, 9,30 Euro

Alfred Döblin: Reise in Polen. Hg. v. Anthony W. Riley. Deutscher Taschenbuchverlag, 384 Seiten, 15,50 Euro

Foto: Joseph Wu Origami (flickr)

Im Land der Hühner Das Fest des Huhnes, Ö 1992, Regie: Walter Wippersberg, Verleih: ORF Wenn Sie einmal nach Österreich kommen, müssen Sie als Erstes ein Backhendl essen. Am besten mit Erdäpfelsalat und Kernöl. Wenn Sie jetzt, also Sie als Österreicher, anmerken wollen, dass ein Grillhendl in Oberösterreich mindestens ebenso viel Gusto bereitet wie das erwähnte Backhendl, dann haben Sie damit völlig Recht. Österreich ist das Land des Huhnes. Egal nach welchem Rezept. Es ist das neue Symbol des Friedens, zumindest von dem Moment an, ab dem es nicht mehr fliegt. In diesem von Minderwertigkeitskomplexen geprägten Land werden Hühner mit einer solchen Liebe behandelt, wie sie mitunter gegenüber den eigenen Mitmenschen zu vermissen ist. Walter Wippersberg nimmt alle, die das genauer verstehen wollen, mit auf eine satirische Reise. mt 37


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Maßnahmen-Offensive für die steirische Jugend Die Steiermärkische Landesregierung hat unter der Führung von Landeshauptmann Franz Voves in den letzten fünf Jahren vor allem für die jungen Menschen in unserem Land sehr viel weitergebracht. „Bildungspolitische Pionierarbeit wurde mit den meisten Standorten aller Bundesländer im Bereich der `Neuen Mittelschule´ geleistet. Die Steiermark ist hier in drei Modellregionen mit 35 Standorten und 131 Klassen mit rund 3.000 Schülerinnen und Schülern das absolute Vorzeigeland Österreichs“, zeigt sich LH Franz Voves erfreut. Ferner habe die Steiermark den GratisKindergarten im Gegensatz zu anderen Bundesländern bereits realisiert. Stichwort Gratis-Kindergarten: Während ÖVP-Chef Schützenhöfer diesen auch für die Kinder des Generaldirektors will, sollte laut Ansicht des Landeshauptmannes in Zukunft auch das wirtschaftliche Umfeld der Eltern berücksichtigt werden. Finanzielle Entlastung brachte auch die Abschaffung der Studiengebühren an den landeseigenen Fachhochschulen, diese Maßnahme hilft vor allem jenen, die es wirklich brauchen. Und 38

auch in Sachen Jugendbeschäftigung wurden vom Büro des zuständigen LH-Stv. Siegfried Schrittwieser zahlreiche nachhaltige Akzente gesetzt: „Mit der Initiative Job-Connect haben wir der steirischen Jugend eine Unterstützung zur Gewinnung eines Arbeitsplatzes gegeben. Durch diese wichtige Maßnahme erhöht sich die Chance auf einen langfristigen Job für rund 1.000 junge Steirerinnen und Steirer unter 27 Jahren“, so Voves. Unternehmen profitieren dabei nicht nur durch Lohn- und Qualifizierungszuschüsse, sondern vor allem auch durch die Einstellung junger, engagierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Weiteres garantiert die überbetriebliche Lehrausbildung jedem jungen Menschen in der Steiermark einen Ausbildungsplatz. Rund 1.400 Jugendliche profitieren davon. Und für junge Menschen mit besonderem Förderbedarf werden insgesamt vier Produktionsschulen

LH Franz Voves und sein Team haben im Interesse der steirischen Jugend sehr viel durchgesetzt.

in Kapfenberg, Leoben, Graz und Deutschlandsberg errichtet. „Durch dieses Projekt werden bis Ende 2011 weitere rund 450 Jugendliche in Beschäftigung bzw. Ausbildung gebracht. „Mit dieser Vielzahl an arbeitsmarktpolitischen Instrumenten geht die Steiermark beschäftigungspolitisch in die Offensive“, so der Landeshauptmann. Eine ausführliche Bilanz finden Sie im Internet unter www.landeshauptmann.steiermark.at.


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S. 40 – An 200 Tagen um die Welt: Chris Buchleitner bereist Länder auf allen Kontinenten, um sie den Daheimgebliebenen in Diashows zu zeigen. S. 44 – Wann kommst du wieder? Freiwillige Entwicklungshilfe boomt. Anja Reiter hat drei ehrenamtliche Helferinnen getroffen. S. 50 – Erfolg weltweit: Im globalen Business bestehen? Victoria Graf sprach mit einem Experten. 


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An 200 Tagen um die Welt Den Großteil des Jahres verbringt der Grazer Chris Buchleitner jenseits der Alpen, die restliche Zeit präsentiert er seine Erlebnisse in Diashows. Und lebt davon.

Chris beim Autostopp in Patagonien

   Es

ist Montagvormittag, es nieselt seit Stunden und die Farbe Grau dominiert den Alltag. Regenschirme, lange Mäntel und Taschentücher prägen diese nur allzu gut bekannten Frühlingstage in Graz.Während ich auf Buchleitner warte, kommt in mir der Wunsch nach einem Ortswechsel hoch, irgendwohin, wo die Sonne scheint, man Badekleidung trägt und das Eis nicht mit dem Euro zahlt. Die Philippinen zum Beispiel. Oder Australien. Indien, Chile und Bolivien hören sich auch ganz gut an. Aber das alles klingt nach Badeurlaub und ist nicht der Grund, warum es Christian Buchleitner, 32 Jahre alt und mitten in der Promotion zum Doktor der Geographie, regelmäßig in diese und andere Länder treibt. Als er im Café Kaiserfeld erscheint, sehe ich einen kräftigen, sportlichen Mann vor mir. Seine für diese Jahreszeit ungewöhnlich braune Haut zeugt von seiner letzten Reise

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„Luxusreisen in Clubs und Hotels haben wir auch vorher schon gemacht, aber nichts hat mir so gut gefallen wie das Herumtouren mit dem Wohnmobil. “ nach Äthiopien. „Davon handelt auch meine aktuelle Diashow.“ Ah ja, die Diashows. Ob man davon tatsächlich leben kann? Und noch viel wichtiger, ob sich damit auch die vielen Reisen finanzieren lassen? Aber schön der Reihe nach. 200 Tage hat Buchleitner im letzten Jahr im Ausland verbracht. Wenn er dann doch einmal in Österreich verweilt, fährt er für gewöhnlich durch die Bundesländer, um dem reiseinteressierten Publikum von seinen Erfahrungen, Eindrücken und auch Abenteuern zu erzählen. Das Interesse ist groß, im Jahr 2009 hat er an die 120 Vorträge gehalten.

Von so vielen Diashows kann man durchaus leben: „Bescheiden zwar, aber ich komme zurecht.“ Chris Buchleitner braucht bei seinen Erkundungen nicht viel, alles Notwendige passt in seinen Rucksack. Die Diashows finanzieren ihm auch die Reisen, bis auf den Flug halten sich die Kosten in Grenzen: „Bei Reisen durch Europa und den Fahrten zu den Diashows bin ich immer mit dem Campingbus unterwegs. Das reduziert den Aufwand für die Unterkunft natürlich enorm.“ Der Markt für Diashows in Österreich bleibt trotz des vollen Terminkalenders im


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Beeindruckender Tempelbau in Machu Picchu, Peru

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überschaubaren Rahmen. Nahezu alle Vorträge finden in Hotels statt, die Buchleitner gern für ihr Nachmittags- und Abendprogramm buchen. Sieben Shows bietet er momentan an: Nepal, Laos und Kambodscha, Nordindien, Patagonien, die Philippinen, Bolivien und Peru sowie Äthiopien. An Vorträgen über den Himalaya und – ich war kurz überrascht – auch Österreich arbeitet er schon seit ein paar Jahren. Schließlich bietet auch die Heimat beeindruckende Landschaften, die man selbst kaum jemals zu Gesicht bekommt. Sämtliche Shows basieren auf persönlichen Reiseerfahrungen. Jene Bilder, die er nicht selbst geschossen hat, zeigen ihn vor gigantischen Gebirgspanoramen, atemberaubenden Wasserfällen oder imposanten Felsschluchten. Bis zu diesen exotischen Trips war es aber ein weiter Weg. Angefangen hat alles mit einer vierwöchigen Wohnmobilreise der Eltern durch Holland, Belgien und Nordfrankreich. Mit dabei: der 15-jährige Chris, der mit leuchtenden Augen die aufregende Freiheit der ständig wechselnden Campingplätze lieben lernt. „Luxusreisen in Clubs und Hotels haben wir auch schon vorher gemacht, aber nichts hat mir so gut gefallen wie das abenteuerliche Herumtouren mit dem Wohnmobil.“ In den kommenden Jahren spart Buchleitner für den Führerschein und den ersten eigenen Campingbus, einen alten VW-Bus Baujahr 1972, den er sich zusammen mit

In den tropischen Regenwäldern Australiens 42

zwei Freunden finanziert. Damit geht es erstmal ab nach Skandinavien, das sie zu dritt völlig unabhängig erkunden. Buchleitner weiß nun, dass er seine Leidenschaft gefunden hat. Wieder zu Hause in Graz angekommen, beginnt er das Studium der Geographie. Auf den ersten Bus, der bald zu klein und klapprig erscheint, folgen weitere – mittlerweile ist Buchleitner mit dem fünften Wohnwagen durch die Länder unterwegs. Nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in Australien zieht es ihn mehr und mehr in abenteuerliche Dritte-Welt-Länder. Zunächst steht Nepal auf dem Plan. Die fremdartige Kultur der Laoten und die un-

anzuschreiben – und sein heutiger Beruf nahm allmählich immer mehr Form an. Mittlerweile ist die Nachfrage so hoch, dass er in guten Monaten auf bis zu 18 Vorträge kommt – ein gewöhnlicher Angestellter arbeitet etwa 21 Tage im Monat. Also ist der umtriebige Vielreisende selbst zu Hause ständig unterwegs. Bleibt da eigentlich noch Zeit für Freundschaften und Beziehungen? Seine Freunde besucht Buchleitner so oft es geht zwischen den Vorträgen und eine Freundin hat er seit zweieinhalb Jahren. „Wir führen zwar eine Wochenendbeziehung, die aber funktioniert – wir waren es ohnehin nie anders gewohnt.“ Die Urlaubstage spart seine

vergleichliche Gebirgslandschaft des Himalaya haben es dem passionierten Bergsportler sofort angetan. Nach der Rückkehr wollte er diese Begeisterung mit anderen teilen und entwickelte seinen ersten Vortrag. Dieser wurde an der Universität in Graz präsentiert, das Eintrittsgeld ging an ein Waisenhaus in Nepal. Buchleitner begann, Gefallen am Vortragen zu finden. Um beruflich davon leben zu können, musste er sich aber nach einem geeigneten Umfeld umsehen. Er begann, verschiedene Hotels

Freundin, sodass die beiden alle zwei Jahre eine gemeinsame, längere Reise antreten können. Und dank des Internets bleibt Buchleitner, wenn er nicht gerade extrem abgelegene Gegenden besucht, ohnehin in Reichweite. Angst um den erfahrenen Weltenbummler muss seine Freundin aber nicht haben, obwohl es mitunter schon etwas brenzlig werden kann. In Nepal beispielsweise ist er von bewaffneten Rebellen bedroht worden, in Lettland wurde überhaupt sein gesamter Campingbus inklusive Inhalt gestohlen, und wirklich auf seine Habseligkeiten achten sollte man vor allem in Spanien. Dennoch sind dies alles bloß einzelne Rückschläge, die das überwältigende Gefühl des Reisens und Entdeckens nicht trüben können. Wer dies selbst erleben will, sucht sich als unerfahrener Rucksacktourist am besten Länder im südostasiatischen Raum aus, so Buchleitners Rat: Thailand, Vietnam, Australien. Gut ausgebaute öffentliche Verkehrsnetze erleichtern die Routenplanung und auf seinen Reisen trifft man zahlreiche Gleichgesinnte, mit denen man sich für mehrere Tage oder Wochen zusammen auf den Weg machen kann. In den Rucksack muss neben Kamera und Notfallkoffer auch Feuchtpapier und Hirschseife – die sanitären Standards sollten im eigenen Interesse nicht überschätzt werden. Außerdem helfen die Grundvokabeln der jeweiligen Landessprache ungemein weiter. Wer so viel rumkommt, hat natürlich schon viel gesehen. Ich kann’s mir nicht

„Trotz allem hab ich noch kein Land gefunden, in dem ich lieber leben möchte als in Österreich. “


verkneifen und muss Buchleitner einfach fragen: Die schönsten Frauen leben seiner Meinung nach in Argentinien und Laos, dank der tollen Haut und dunklen Augen. Ob dieses Urteil wohl repräsentativ ist? Immerhin schöpft er aus einem großen Erfahrungsschatz – 51 Länder hat er bisher besucht, nicht gerechnet die Staaten, die er nur bei der Durchreise gestreift hat. So exotische Dinge er in den verschiedenen Ländern auch erleben durfte, eine Sache haben sie ihn alle gelehrt: „Je mehr Länder ich besucht habe, desto mehr habe ich Österreich zu schätzen gelernt. Das Sozialsystem sucht weltweit seinesgleichen, die Landschaft ist schlicht atemberaubend und die Lebensstandards sind dermaßen hoch, dass selbst der typische österreichische Grant dagegen verblasst.“ Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass Buchleitner in keinem einzigen Land Erfahrungen mit Rassismus machen musste – abgesehen von Situationen, in denen es ums Finanzielle ging: „Wenn in Äthiopien ein Weißer etwas kauft, zahlt er automatisch den zehnfachen Preis. Viele Gasthäuser haben überhaupt eine eigene Preisliste für Weiße.“ Doch sieht man sich die Lage der dortigen Bevölkerung an, entwickelt man dafür durchaus Verständnis, denn „viele Schwarze in bettelarmen Ländern verfügen über wenig Bildung. Sie wissen nur, dass alle Weißen extrem reich sind. Und da die meisten Touristen die Preise ohne zu fragen zahlen, versuchen sie es natürlich auch bei jedem Einzelnen.“ Trotzdem kann er aus Erfahrung behaupten: Je ärmer ein Land, desto eher wird man eingeladen und desto strikter wird angebotene Bezahlung zurückgewiesen. Ein Paradoxon, das sich quer durch alle Kontinente zieht und auch vor Österreich nicht Halt macht. So gesehen wächst die heimische Gastfreundschaft nur mit dem Geldbörsel der Touristen. Dennoch kehrt er immer wieder gern hierher zurück. „Ich hab trotz allem Fernweh noch kein Land gefunden, in dem ich lieber leben möchte.“ Nicht einmal die hiesige Form der Gastfreundschaft vermag daran etwas zu ändern. 

Thomas Dörflinger bleibt irgendwonn donn durt.

Am Lake Tlicho in Nepal

FOTOS: Chris Buchleitner

Mehr über Christian Buchleitner und seine Reisen gibt es unter www.globaltrips.at.

Chris zwischen den Devil Marbles in Northern Territory, Australien

Bootsfahrt auf dem Tonle Sap See in Kambodscha 43


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Wann kommst du wieder?

ILLUSTRATION: Lisa Langmantel

Tausende von jungen Menschen aus dem reichen Westen versuchen, in Entwicklungsländern zu helfen. Eine Generation will die Welt verbessern. Drei Frauen, drei Reisen, drei Beweggründe.

   Die

„Jugend von heute“ hat einen schlechten Ruf. Sie gilt als unpolitisch, egoistisch und zu träge, um durch Protest auf gesellschaftliche Missstände hinzuweisen. Lieber Party machen als Verantwortung übernehmen! Aber so brav und selbstbezogen, wie die junge Generation oft dargestellt wird, ist sie gar nicht. Viele junge Menschen wollen durchaus etwas bewegen und anderen helfen. Im Altersheim um die Ecke die Tageszeitung vorzulesen, ist für sie aber zu langweilig. Dann

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schon lieber ein Abenteuer am anderen Ende der Welt. Drei Aktionen zum Nachlesen, Nachdenken oder Nachmachen. Die Pragmatische

„Und, wie war dein Urlaub?“ Julia Tsikaloudakis fällt beinahe „das Ladl owa“, als der Kellner in ihrer Stammbar diese Frage über die Theke schmettert. Urlaub?! Eben erst von einem dreimonatigen Praktikum in einem indischen Frauenhaus zurückgekehrt,

kann sie mit burgenländischem Smalltalk wenig anfangen. Als wäre daheim die Welt stehen geblieben, während sie selbst plötzlich alles mit anderen Augen sieht. Die Entscheidung, sich bei einem indischen Hilfsprojekt zu engagieren, fällt die quirlige FH-Studentin spontan. „Nach der Matura wollte ich was Cooles machen, die Welt sehen.“ Soziales Engagement war ihr dabei nicht besonders wichtig. Eher zufällig wird die heute Zwanzigjährige über eine Be-


zwanzig Jahren ins Leben gerufen. Mit einem überschaubaren Team, bestehend aus einer Handvoll Ärzten, einer Physiotherapeutin und einigen anderen Helfern, fährt er seither dreimal im Jahr ins Dorf Kou Kou im Karenstaat. Dort führt er in einem schmucklosen Kasernenbau kleinere Operationen durch und bildet die Bevölkerung vor Ort aus. Hasselkus ist der einzige deutsche Helfer, der sich noch in die Region wagt, die vom Bürgerkrieg zwischen Sepa-

kannte auf das Frauenhaus in Indien aufmerksam und bewirbt sich. Es klappt. Wenige Wochen später sitzt Julia gemeinsam mit ihrem Freund im Flugzeug. Das Reiseziel: Die Organisation „Maher“ im eher ländlichen Dorf Pune – eine Einrichtung für Frauen aus schweren Familienverhältnissen und deren Kinder. Der Neubau mit den großzügigen Räumen wurde auch über österreichische Spendengelder finanziert. Wie in Indien üblich ist die Einrichtung eher spärlich. Schließlich wird fast alles am Boden erledigt – egal ob essen, schlafen oder Schreibaufgaben. Julia ist sofort beeindruckt von der Herzlichkeit der Leute. „Die haben es wahnsinnig geschätzt, dass wir uns als Weiße für ihre Probleme interessieren.“ Sie unterstützt den Tagesablauf der Frauen, muss dabei aber wenig Verantwortung übernehmen: Spielen und Englischunterricht mit den Kindern, Morgengymnastik mit den Frauen. Besonders viel Zeit verbringt sie mit einer Inderin, deren Mann Alkoholiker ist. Bevor Julia abreist, kritzelt sie noch schnell ihre Handynummer auf einen Zettel. Als sich die Inderin wenige Monate später tatsächlich meldet, um aufgeregt zu erzählen, dass ihr Mann an einem Herzinfarkt gestorben ist, ist Julia zu Tränen gerührt. Trotzdem, große Weltverbesserungs-Ambitionen hat Julia auch heute noch nicht: „Die Welt zu verändern, ist das Letzte, was mir einfallen würde. Ich weiß ja, dass das nicht geht“, sieht sie es pragmatisch und fährt sich nachdenklich mit zwei Fingern durch die langen, dunklen Haare. Eher sei die Indienreise eine wichtige Erfahrung für sie selbst gewesen. Über den positiven Eintrag im Lebenslauf freut sie sich aber: „Soziales Engagement macht sich da ja immer gut.“ Nadine Ponsel entspricht schon eher dem Bild der Frau mit den großen Visionen. Ein klassischer Urlaub kommt für sie nicht in Frage. „Warum soll ich mich auf Mallorca eine Woche lang an den Strand legen, wenn ich stattdessen helfen kann?“ Die 23-jährige Medizinstudentin aus dem bayrischen Coburg engagiert sich in München in der Studentenvertretung als Geschäftsführerin – freiwillig, versteht sich. Nadine will wissen, was um sie herum passiert und sie will es mitbestimmen. 2006 reist sie mit der Ärzteorganisation „Freunde für Asien e.V.“ zum ersten Mal nach Burma. Der deutsche Augenarzt Wolfgang Hasselkus hat die Organisation vor

In Burma führte Nadine Augen-OPs durch

FotoS: Privat

Die Visionäre

Julia in einem indischen Frauenhaus

einer Klimaanlage – viel mehr ist nicht vorhanden. Nadine lernt mit der ungewohnten Situation schnell umzugehen. Sie leistet kleine Hilfsdienste, medizinisch kann sie noch nicht viel tun. Als die Heimreise nach Deutschland näher rückt, fragen die Einheimischen immer wieder neugierig, beinahe ungeduldig: „Nadine, wann kommst du wieder?“ Sie kehrt zurück, im Februar 2010. „Mir war klar: Wenn du nochmal hinfährst, wirst du in die ganze Verantwortung hineingezogen“, sagt Nadine. Obwohl sie während ihres Medizinstudiums in Deutschland noch kein Wort über Augenheilkunde gehört hat, leistet sie Hilfsdienste bei Operationen, misst den Augendruck bei Patienten und kann schließlich selbst die weit verbreitete Tropenkrankheit des Auges mittels eines kleinen operativen Eingriffs verarzten. Das Vertrauen zum burmesischen Krankenhaus-Team wächst stetig. „Nach zwei oder drei Tagen hatten wir ein superlockeres Verhältnis.“ Die Ehrfurcht und der Respekt der Einheimischen gegenüber der studierten weißen Kollegin legen sich bald. Denn auch wenn Nadine theoretisch einiges aus ihrem Medizinstudium weiß, mehr Erfahrungen haben die Burmesen. Hasselkus ist schon Mitte 60 und Diabetiker, Nachfolger gibt es keinen. „Ich muss erstmal mein Studium in Deutschland fertigmachen“, seufzt Nadine fast schuldbewusst, „und mir dann einen Job suchen. Ich weiß nicht, wie oft ich noch mitfahren werde können.“ Manchmal denkt Nadine sich ohnehin, warum sie sich das alles antut. „Ich habe noch nichts von der Welt gesehen.Warum gebe ich das ganze Geld für Burma aus?“ Die Antwort kennt Nadine aber. Sie will helfen. Und in Burma kann sie helfen, hier wird sie gebraucht. Die Abenteuerlustige

Alexandra schminkte Kinder in Venezuela

ratisten und den burmesischen Militärs gezeichnet ist. Von der politischen Lage in Burma weiß Nadine vor ihrer ersten Reise wenig. Sie lernt Hasselkus über ein Schulprojekt kennen, im Zuge dessen sie Spenden für seine Aktion sammelt. Nadine ist gerade einmal 18 Jahre alt, als sie zum ersten Mal 2006 das spärlich ausgerüstete Krankenhaus in Kou Kou betritt. Ein Operationsraum mit Holztisch, einer OP-Lampe, zwei Mikroskopen,

Während Nadine in Kou Kou die Tropenkrankheit behandelt, schlürft Alexandra Posch in Graz ihren Cappuccino. Die Maturantin ist 18 Jahre jung, durch ihr gesundes Selbstbewusstsein wirkt sie jedoch viel reifer. Früher sei sie extrem schüchtern gewesen, erzählt Alexandra, das habe sich aber gewandelt. Kein Wunder, wenn man so viele Monate seines jungen Lebens auf sich allein gestellt an den verschiedensten Orten der Welt verbringt, immer auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer: Ein Auslandssemester in Amerika während der Schulzeit, eine Interrailreise durch Europa, drei Monate Freiwilligenarbeit in Venezuela und ein drei45


monatiger Trampingurlaub in Neuseeland. Vor zwei Tagen erst ist Alexandra aus Neuseeland zurückgekehrt. Wenige Monate davor, im Oktober 2009, macht sich die frischgebackene Maturantin auf, um die Welt ein Stück besser zu machen: Im kleinen Örtchen Playa Colorada in Venezuela betreut sie einheimische Kinder, die sonst nur auf der Straße spielen könnten. Die Organisation, für die Alexandra als freiwillige Helferin tätig ist, stellt den Kindern ein kleines Gebäude inklusive motivierter Betreuer aus Europa zur Verfügung. „Ich habe kein Wort Spanisch gesprochen“, erzählt Alexandra lachend, „und die Kinder kein Wort Englisch. Gleich zu Beginn habe ich zwei Stunden lang aus einem spanischen Bilderbuch vorgelesen – und selbst kein Wort davon verstanden.“ Das Dorf Playa Colorada besteht aus nur einer Straße. „Man hat uns gesagt: Das ist die

Bäckerei, das ist die Post – erkannt hat man aber nichts, es hat alles ausgesehen wie Ruinen.“ Alexandra wohnt mit den anderen Helfern in einer Art Jugendherberge, wo sie eine Hängematte zum Schlafen zugeteilt bekommt. „Wände gab es nicht, nur Stelzen“, erzählt sie. Einen Monat lang bleibt Alexandra in Playa Colorada, anschließend reist sie zwei weitere Monate durch das Land. Der dreimonatige Aufenthalt in Venezuela kostet Alexandra 3.000 Euro, gebucht hat sie ihn als Pauschalangebot über die Organisation „Work and Travel“. Ihr erscheint die Summe verhältnismäßig hoch, die Guides und Mitarbeiter vor Ort hätten sicher wenig davon gesehen. „Ich hab keine Ahnung, wohin das Geld gegangen ist“, kritisiert Alexandra. Trotzdem, die Erfahrungen waren ihr den finanziellen Aufwand wert. „Es ist total schön zu sehen, mit wie wenig man Men-

schen glücklich machen kann.“ Die Leute in Venezuela seien viel genügsamer als bei uns. „Die Kinder beobachten stundenlang eine Ameisenstraße, ohne sich zu langweilen.“ Generation Weltoffen

Julia, Nadine und Alexandra sind mittlerweile wieder daheim gelandet. Ihre Geschichten stehen für den Tatendrang und den leisen Unmut einer ganzen Generation. Einer Generation, die als unpolitisch gilt, die nicht wie die Generationen zuvor gemeinsam gegen die Regierenden auf die Barrikaden steigt. Stattdessen versucht jeder für sich, die Welt ein Stück gerechter zu machen. 

Anja Reiter leistete als Textchefin Entwicklungshilfe.

Foto: Privat

Ein Brunnen lindert keine Armut Wann ist ehrenamtliche Entwicklungshilfe sinnvoll? Mit dieser Frage hat sich Manuela Oberaigner in ihrer Diplomarbeit beschäftigt.

Junge Menschen als freiwillige Helfer in Entwicklungsländern – was bewegt sie? Einerseits haben sie altruistische, „weltverbesserische“ Gründe, andererseits verspüren sie den Drang, etwas Neues und Aufregendes zu erleben. Manche wollen auch nur sich selbst und anderen ihre Selbständigkeit beweisen. Welche Rolle spielt der „gute“ Eintrag im Lebenslauf bei ihrer Entscheidung? Das kann unter Umständen ein zusätzlicher Bonus sein. Aber nach der Auswertung der Interviews, die ich im Rahmen meiner Diplomarbeit geführt habe, hatte ich nicht den Eindruck, dass der Eintrag in einem Lebenslauf ein entscheidender Faktor ist. Erst im Nachhinein wird manchen bewusst, dass sich der Hilfseinsatz auch hier gut machen könnte. 46

So ein Auslandseinsatz verändert doch sicher die Einstellung. Man gewinnt neue Einsichten. Wie kehren die freiwilligen Helfer von ihrem Aufenthalt zurück? Sie haben gemerkt, dass man ohne entsprechende Ausbildung nur sehr wenig bewirken kann. Aber die meisten sind sensibler geworden gegenüber politischen und wirtschaftlichen Ursachen für Unterentwicklung.Viele Freiwillige sind nach der Rückkehr auch enttäuscht, weil sie nicht das erreichen konnten, was sie sich erhofft hatten. In gewisser Weise sind viele desillusioniert, weil sie merken, dass man durch einfache Maßnahmen, wie etwa einer Brunnenbohrung, die Leute nicht aus der Armut holen kann. Also können Studenten ohne einschlägige Ausbildung gar nicht wirklich helfen? Im Sinne des Kulturaustauschs kann Freiwil-

ligenhilfe schon einen Nutzen haben, allerdings müssten auch hier die jungen Menschen besser geschult werden. Viele junge Freiwillige haben eine sehr arrogante Haltung und möchten den „Leuten etwas beibringen“. Das ist problematisch. Sie waren selbst im Ausland. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Ich war an einer Freiwilligenaktion in Kenia und Uganda beteiligt. Dort habe ich gesehen, dass es unerlässlich ist, für solche Einsätze auch gut ausgebildet zu sein. Es ist anmaßend zu glauben, dass das Wissen und die Erfahrung, die man beispielsweise nach der Matura hat, für ein Entwicklungsland schon reicht. In Österreich käme auch niemand auf die Idee, eine Maturantin vor eine Klasse mit 100 Kindern zu stellen und zu sagen: „Nun mach schon, unterrichte!“


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Der mit Walfängern spricht Reisejournalist Thomas Brunnsteiner braucht keine Aufträge. Er entscheidet selbst, welche Geschichten er schreibt – und findet immer seine Leser.

Kylätie, ein 200-Seelen-Dorf im Norden Finnlands. Es ist Mitte März, bei minus 17 Grad gefriert die Atemluft in kleinen Wolken vor dem Gesicht. Trotz der klirrenden Kälte spricht der Journalist und Autor Thomas Brunnsteiner von Frühling. Was Brunnsteiner vom südländisch anmutenden Graz ins Land der Lappen und Rentiere trieb? Die Liebe. Seiner Frau folgte er zuerst in ihre südfinnische Heimat und danach weiter nach Kylätie, wo das Paar heute mit den drei Kindern wohnt. Als selbständiger Reisejournalist macht sich Brunnsteiner von hier aus auf die Suche nach spannenden und erzählenswerten Geschichten. Vor allem Nord- und Osteuropa haben es ihm angetan. „Diese Willkür der Macht hat es so in Westeuropa nicht wieder gegeben“, beschreibt Brunnsteiner seine Faszination für den ehemaligen Ostblock der Nachkriegszeit. Er besucht etwa das slowakische Dorf Mochovce, dessen Atomkraftwerk für Schlagzeilen sorgte – findet aber nur noch die Kirche und den Friedhof. Die Regierung hat die Bewohner nach dem Atomunfall in einen Wohnblock im Nachbarort umgesiedelt. Einige, das entdeckt Brunnsteiner später, sind wieder zurückgezogen – in die Gefahrenzone um das Atomkraftwerk, versteckt in Schrebergärten und Erdkellern, mitten in den an Mochovce grenzenden Wald. Um diese Reisen zu finanzieren, arbeitet der Autor nebenbei als Übersetzer, Touristenführer oder Zerleger in einer Rentierschlachterei. Außerdem will er seine Familie nicht ständig allein in Finnland lassen. Aber auch hier findet er immer wieder neue Themen. Aktuell hat es ihm das Schicksal eines nigerianischen Flüchtlings angetan, der zu Hause König eines Stammes von 5.000

Foto: Wilhelm Brunnsteiner

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Menschen sein könnte, dafür aber – so verlangt es die Stammestradition – eines seiner Kinder töten müsste. Und deshalb schaufelt er lieber in Helsinki Schnee. Brunnsteiner sucht und schreibt Geschichten jenseits aller Klischees. So begleitet er norwegische Walfänger auf einem kleinen Boot, kaum größer als die Tiere, die damit gefangen werden – und schreibt dann über seine Erlebnisse aus der Sicht der Crew. Eine von Tabus befangene Perspektive, die kaum einer haben wollte. Schließlich veröffentlicht die Süddeutsche Zeitung den Bericht. Der Journalist geht einen anderen Weg als die meisten seiner Kollegen. Während die mit einem festen Auftrag starten, sucht er sich ein Thema, schreibt es und versucht es dann zu verkaufen. Das ist die Freiheit, die er sich gönnt und die ihm wichtig ist. Er will kein Auftragsschreiber sein, aber trotzdem Leser finden – und das ist ihm bis heute immer gelungen. Auch sein neues Buch ist auf diese Weise entstanden: Vor zehn Jahren fand er das Volk der „Taten“ im Norden Aserbaidschans. Dieses Abenteuer verpackte er in einem fiktiven Reisebericht, der im Herbst erscheinen wird. Vorher jedoch steht noch eine weitere Reise auf dem Programm. Zum ersten Mal verlässt Brunnsteiner Europa. In Nepal will er im Schatten des Himalaya mit einem Heißluftballon durch die Lüfte fahren. Der Spaß soll dieses Mal im Vordergrund stehen – aber es wird auch über dieses Abenteuer wieder eine Geschichte geben. 

Christian Resch möchte unbedingt mehr von Thomas Brunnsteiner lesen. 47


Ich kann nur jedem empfehlen ein Auslandsstudium zu machen, da es die Chance bietet sich nicht nur kulturell, sondern auch persönlich weiterzuentwickeln. Wunderschöne und abwechslungsreiche Landschaft, beeindruckende Städte und weltoffene Menschen zeichnen die USA aus. Meine Erfahrungen dort waren größtenteils positiv und auch, wenn es hin und wieder kleine Rückschläge gibt, möchte ich behaupten: Manchmal muss man einen kleinen Schritt zurück machen, um einen großen Schritt nach vorne zu kommen. Astrid Fischer, USA/ New York

FH JOANNEUM

all over the world

Weil Graz nicht immer der Mittelpunkt der Welt ist.

Ich kann nur jedem empfehlen, ein Auslandssemester zu machen. Diese Erfahrungen sind einzigartig! Da es sich um einen kleineren Campus des Tec de Monterrey handelt, auf dem nur wenige Austauschstudenten sind, wurden wir besonders freundlich empfangen. Da wir immer mit Mexikanern unterwegs zu sein, hatten wir die Chance das mexikanische Leben und die Kultur besonders gut kennenzulernen. Martin Hofinger, Mexiko/ Monterrey

Bei meinem Auslandsstudium in Chile hatte ich die Chance das Land zu bereisen. Ich konnte auch die umliegenden Länder wie Argentinien und Peru kennenlernen. Die Universität hatte sehr viel Verständnis für uns Austauschstudenten und waren sehr entgegenkommend. Die Menschen in Chile sind sehr gastfreundlich und warmherzig und ich habe nicht nur viel gelernt, sondern auch viele neue Freunde gewonnen. Sarah Rädler, Chile/ Santiago de Chile

Internationale Partnerhochschulen und die Mobilität von Studierenden, Lehrenden sowie MitarbeiterInnen gewährleisten eine internationale Erfahrung während des Studiums an der FH JOANNEUM.

FH JOANNEUM international steht für:  180 Partnerhochschulen  Auslandsstudium  Auslandspraktikum  Fremdsprachen  Gastlehrende Information und Kontakt: FH JOANNEUM Internationale Beziehungen Tel.: +43 (0) 316 5453-8820 international@fh-joanneum.at www.fh-joanneum.at/int www.fh-joanneum.at/daf


Meine Zeit in Helsinki war eine tolle Erfahrung. Die größte Herausforderung war, sich in einem neuen Land, im täglichen Leben und im Unterricht zurecht zu finden. Besonders interessant ist die Teamarbeit mit Personen aus verschiedenen Ländern. Zu meinen schönsten Erinnerungen zählen die Reisen nach St. Petersburg und Stockholm, die von der finnischen Studentenvereinigung organisiert wurden. Kerstin Nageler, Finnland/ Helsini

Das war eines der schönsten Erlebnisse im Ausland, die ich je gemacht habe. Ich habe sehr viele Erfahrungen gesammelt und meine interkulturellen Perspektiven bereichern können. Für all jene, die noch nicht wissen, wo sie ihr Auslandssemester machen wollen, kann ich Seoul vom ganzen Herzen empfehlen. Mit einem Wort: Grandios! Jessica Budin, Südkorea/ Seoul

Warum ausgerechnet Russland? Der Aufenthalt in St. Petersburg war für mich deshalb so interessant, weil er sich als eine außergewöhnliche Erfahrung darstellte. Nach dem Überwinden einiger bürokratischer Hürden habe ich meine Zeit in dieser wunderschönen Stadt sehr genossen. Das Kennenlernen einer fremden Kultur ist spannend und abwechslungsreich, aus vielen neuen Bekannten werden gute Freunde. Victoria Graf, Russland/ St. Petersburg


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Erfolgreich weltweit Warum steirische Unternehmer das Ausland lockt, und was sie dort erwartet.

Von der Steiermark in die ganze Welt – durch die Globalisierung kein Problem. Doch wer hilft bei den ersten Schritten? Victoria Graf fragte Dr. Karl-Heinz Dernoscheg, Geschäftsführer des Internationalisierungscenters Steiermark, das steirische Unternehmen auf ihrem Weg ins Ausland unterstützt.

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Sie empfehlen Unternehmen, sich international aufzustellen. Warum? Weil unser Wohlstand von den Erfolgen auf internationalen Märkten abhängt. Wir erwirtschaften über sechzig Prozent unseres 50

Bruttoregionalprodukts im Auslandsgeschäft. Man kann also sagen, von einem Euro werden sechzig Cent am internationalen Markt verdient. Wie motivieren und unterstützen Sie und Ihre Mitarbeiter Unternehmer bei ihren internationalen Aktivitäten? Österreich ist ein kleiner Markt und braucht daher eine hohe Exportquote. Das wissen auch junge Manager. Fast alle denken von vornherein schon international. Junge Leute kennen diesbezüglich keine Barrieren mehr.

Unser Service besteht darin, permanent über mögliche Chancen auf internationalen Märkten zu informieren. Zudem gibt es die Möglichkeit, bei uns mit Geschäftspartnern und Repräsentanten aus dem Ausland in Kontakt zu treten. Sie sagen, es gibt keine Barrieren mehr, der Weg ins ausländische Business steht jungen Unternehmern also offen? Mit „keine Barrieren“ ist in erster Linie der gemeinsame europäische Markt gemeint. Im Binnenmarkt können wir uns relativ einfach


niederlassen und Geschäfte machen. Kleine Unterschiede bei den Vorschriften gibt es natürlich schon. Doch wer mit der österreichischen Bürokratie zurechtkommt, schafft das auch in anderen EU-Ländern. Ein viel größeres Problem sind die mangelnden Fremdsprachenkenntnisse. Fremdsprachenkenntnisse sind also ein wichtiger Faktor. Was sollte sich hier ändern? In Österreich ist es leider nicht selbstverständlich, dass eine Hochschulabsolventin zwei Fremdsprachen beherrscht. Perfektes Englisch und eine zweite Fremdsprache wären eine gute Basis für Unternehmer oder junge Mitarbeiter, die im Ausland Erfolg haben wollen. Im Facharbeiterbereich haben wir da auch ein Problem. Stellen Sie sich vor, eine österreichische Firma bekommt den Auftrag, in Lateinamerika ein Wasserkraftwerk zu errichten, aber auf der Baustelle sprechen die Leute nur Spanisch. Ohne Facharbeiter mit Fremdsprachenkenntnissen haben Sie dort keine Chance. Die Forderung der Zukunft ist deshalb: Sprachen, Sprachen, Sprachen! Abgesehen von der Bildungspolitik – wie kann man dem entgegenwirken? Werden Sprachkurse gefördert? Es gibt Unterstützungen von verschiedenen Organisationen. Aber in vielen Fällen ist nicht die Förderung entscheidend, denn ein guter Fremdsprachenkurs kostet nicht viel. Es geht um die Überwindung des inneren Schweinehundes, darum, sich hinzusetzen und anzufangen zu büffeln. Die Sprachbarriere lässt sich durch einen Sprachkurs überwinden, aber wie sieht es mit den interkulturellen Unterschieden aus? Da bieten wir Unterstützung. Ein Beispiel: Als wir voriges Jahr mit einer großen Wirt-

schaftsdelegation nach China gefahren sind, haben wir als Vorbereitung ein chinesisches Geschäftsessen nachgestellt. Wir haben alles gelernt – bis hin zum Übergeben von Visitenkarten mit beiden Händen. Aber natürlich ist interkulturelles Verständnis mehr, als nur Zeichen zu verstehen. Entscheidend ist, unterschiedliche Kulturen mitsamt ihrer Geschichte zu respektieren. Welche Jobs, welche Branchen sind momentan international gefragt? Mit welcher Ausbildung bin ich flexibel? Gefragt sind sogenannte Schlüsselarbeitskräfte mit einer technischen Ausbildung, beispielsweise Umwelttechniker oder Experten im Bereich erneuerbare Energie. Aber selbst wenn man diese Voraussetzungen mitbringt, so ist es heute in vielen Ländern schwierig, eine dauerhafte Aufenthaltsbewilligung zu bekommen. Auch typische Einwanderungsländer wie Kanada oder Neuseeland sind restriktiver geworden. Sie suchen sich Arbeitskräfte genau aus und selektieren unter anderem nach Alter und Ausbildung. Glauben Sie, dass die Bedingungen wieder leichter werden? Davon gehe ich aus. In Zeiten, in denen die Wirtschaft angespannt ist, schützen die Länder den eigenen Arbeitsmarkt. Durch die Finanzkrise wird die wirtschaftliche Globalisierung im Moment etwas gebremst. Ich bin aber überzeugt, dass sich das bald wieder legen wird. Und gerade im Bereich der Wissenschaft steigt der globale Austausch, wie wir es gerade auch schon bei Umweltthemen beobachten. 

Victoria Graf spricht Elbisch und fünf weitere Sprachen. Foto: Michael Thurm

Studieren im Ausland

 http://www.oeh.ac.at Die Österreichische HochschülerInnenschaft gibt einen Überblick über die verschiedenen Austauschprogramme, die ein Studium oder Praktikum im Ausland ermöglichen – von Erasmus bis zu Postgraduate Stipendien.  http://www.oead.at Der österreichische Austauschdienst bietet ein Portal mit zahlreichen Informationen über die Möglichkeit einer Auslandserfahrung.  http://www.erasmus.at Das wohl bekannteste europäische Austauschprogramm: Erasmus steht für „European Region Action Scheme for the Mobility of University Students“ und ist Teil des EU-Programms für lebenslanges Lernen. Arbeiten im Ausland

 http://www.travelworks.at Arbeiten und Reisen im Ausland, dabei Land und Leute kennenlernen: TravelWorks hilft bei Organisation und Umsetzung.  http://www.ifa.or.at Der Verein „Internationaler Fachkräfteaustausch“ informiert über Auslandspraktika und vergibt Fördermittel. Unternehmen im Ausland

 http://www.ic-steiermark.eu Das Internationalisierungscenter Steiermark unterstützt steirische Unternehmen bei ihren Auslandsaktivitäten.  http://www.wko.at In Fragen der Außenwirtschaft stellt die Wirtschaftskammer Beratung und Betreuung zur Verfügung.

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nah & fern S. 54 – Wollkommen in Neuseeland: In dem Land am anderen Ende der Welt gibt es jede Menge Schafe und auch Löcher. Eine Fotostrecke zwischen Hobbithöhlen und „Cathedral Caves“. S. 61 – Der Reiseführer muss sterben: Anna Wieder war bei ihrem Paris-Trip ohne Guide unterwegs – und fand trotzdem das perfekte Croissant. S. 62 – Nomadin auf Zeit: Irene Solly globetrottet aus Leidenschaft – seit über fünfundzwanzig Jahren. Eine Begegnung. 


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nah & fern

Wollkommen in Neuseeland Zwei Grazerinnen reisen nach Neuseeland, ans andere Ende der Welt. Fasziniert fotografieren und beschreiben sie die Schönheit des Landes, besuchen die Drehorte der Film-Trilogie „Herr der Ringe“ und treffen überall Schafe. Vierzig Millionen gibt es davon. „Wenn ihr keine Schafe mehr seht, dann seid ihr nicht mehr in Neuseeland“, hörten sie vor ihrer Reise.

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nah & fern

Die Maori nutzten die Blätter des berühmten neuseeländischen Silberfarns als Markierung: Immer, wenn sie auf neuen Wegen unterwegs waren, legten sie Farnwedel aus. Die silberne Unterseite der ansonsten grünen Blätter reflektierte das Mondlicht und führte die Maori nachts sicher nach Hause. 56


nah & fern

The Remarkables ist eine Bergkette im Süden Neuseelands.Woher sie ihren Namen (deutsch: die Bemerkenswerten) hat, kann man heute nicht mehr genau sagen. Sicher ist jedoch, dass Teile der „Herr der Ringe“-Trilogie hier gedreht wurden. Sir Peter Jackson, Regisseur der Filme und einer von Neuseelands größten Volkshelden, fand den Anblick der Berge wohl auch „remarkable“.

„In a hole in the ground there lived a Hobbit.“ Was in J.R.R. Tolkiens Kopf entstanden ist, verwirklichte die Filmcrew von „Herr der Ringe“ im Norden Neuseelands, in der Nähe des Ortes Matamata. Einige der für den Film gebauten Hobbit-Höhlen sind erhalten und eine beliebte Touristenattraktion.

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Was auf den ersten Blick wie ein riesiges Dinosaurierei erscheint, ist in Wirklichkeit ein großer, runder Felsblock – einer der viel besuchten Moeraki Boulders auf der Südinsel. Sie sind vor einigen Millionen Jahren aus Fossilien bzw. Knochen entstanden. Ein ähnlicher Kristallisierungsprozess findet auch statt, wenn sich in Meeresmuscheln Sandkörner in kostbare Perlen verwandeln.

Die „Cathedral Caves“ sind ein Höhlensystem an der rauen Pazifikküste der Catlins und nur bei Ebbe erreichbar (linkes Bild). Als „New Zealand’s best kept secret“ wird diese Region am südlichsten Zipfel Neuseelands bezeichnet. Die Catlins sind eine Hügelkette mit dem dichtesten Regenwald und den einsamsten Wasserfällen. Abseits der Adrenalin-Metropolen und ausgetretenen Touristenpfade verirrt sich kaum eine Menschenseele hierher. In dieser „geheimnisvollen“ Landschaft offenbaren sich gigantische Anblicke (rechtes Bild).

Maresa Mayer liebt Neuseeland über alles. Victoria Graf auch. Vier Wochen waren sie im „Land der langen weißen Wolke“ unterwegs und planen schon die nächste Reise. 58


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Brigitte Mühlwisch, Initiative „OMV Move & Help“ und AnaDolores, Ida, Michael, Moritz

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nah & fern

Der Reiseführer muss sterben Nach Freiheit, Individualität und dem ultimativen Croissant sucht Anna Wieder auf ihrem Trip nach Paris. Um diese Ziele zu erreichen, gibt es ihrer Meinung nach nur einen Weg: den Reiseführer abschaffen.

Illustration: Lisa Langmantel

   Ein

Besuch in Paris bedarf einiger Vorbereitung. Mit Reiseführer und stabiler Internetverbindung bewaffnet begebe ich mich also auf die Suche nach dem Bild, das ich bereits in meinem Kopf habe: Auf den Spuren von Sartre und Beauvoir will ich durch kleine Gassen spazieren, leckere Croissants in einer traditionellen Boulangerie kosten und über die Häuser im Belle-Epoque-Stil blicken. Doch bei der Suche nach Insider-Infos über das „echte“ Paris bin ich schnell enttäuscht. Überall lese ich, dass frühere Studenten- und Künstlerviertel von Fast-Food-Filialen überschwemmt und die letzten verbliebenen Cafés von Touristen belagert sind. Vor Ort versuche ich Touristen-Hotspots zu meiden, dennoch werden meine Befürchtungen bestätigt. Selbst das kleine Café von nebenan ist bereits zur Kette mutiert. Nett, aber nichts Besonderes. Wo ist die Einzigartigkeit dieser Orte geblieben, frage ich mich, das Flair, das sie einst so berühmt gemacht hat? Keine Frage, Paris ist eine Metropole und die Pariser haben ein Recht, im 21. Jahrhundert zu leben. Aber diese verlorene Individualität ist mehr als ein städtisches Phänomen: Es hat längst die Provinz erreicht. In Italien oder Spanien gleicht ein Küstenort dem nächsten, schließlich wählt das arrogante Urlaubervolk nur solche Ferienorte, wo es das findet, was es kennt. So serviert (fast) jedes Restaurant an der Adria und Costa Brava Pizza und Light-Bier und hofft, dadurch ein Stück vom Tourismuskuchen abzubekommen. Das geht natürlich leichter durch Angebote, die die breite Masse anlocken. Da bleibt das Echte, für die Region Typische oft auf der Strecke. Stirbt also auf der Suche danach schon die Individualität des jeweiligen Ortes?

Eine mögliche Antwort finde ich in einem Aufsatz von Hans-Magnus Enzensberger aus dem Jahr 1979. „Der Tourismus zerstört, was er sucht, indem er es findet“, schreibt der deutsche Schriftsteller. Schuld daran: der Reiseführer. Für Enzensberger hat die Sehnsucht zu reisen eine romantische Wurzel. Er nennt es die „Flucht vor der selbsterschaffenen Realität“. Schon im 19. Jahrhundert waren es der Wunsch nach Freiheit und die Suche nach Neuem, die Abenteurer in die Weite trieben. Diese Flucht ins Ungewisse wurde schnell wieder im Keim erstickt. 1836 nämlich, als der Engländer John Murray den ersten Reiseführer veröffentlichte. Das „Red Book“ enthält Hinweise auf sogenannte „Sehenswürdigkeiten“ und Reiserouten, die Murray nach einem Sternesystem bewertet. Klingt irgendwie vertraut, oder? Seither ist der Reiseführer unser stetiger Navigator, der uns sagt, wohin wir gehen und

was wir besuchen sollen. So hetzen Touristen damals wie heute von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten. Wie sehr unsere Wege dadurch kanalisiert werden, bemerken wir selten. Wo bleibt also die ersonnene Freiheit, wenn wir gedankenlos den vorgegebenen Routen folgen, nur das besichtigen, was „man eben gesehen haben muss“? Vielleicht ist genau das mein Fehler. Vielleicht sollte ich, anstatt auf den ausgetrampelten Pfaden des Reiseführers zu wandern, mich lieber an die echten Kenner wenden. Es sind die Einwohner, die mir das wahre Paris zeigen. So finde ich schlussendlich auch mein perfektes Croissant – so gut, dass ich mir gleich noch ein zweites kaufe. Wo das ist, werde ich allerdings nicht verraten. Sonst tummeln sich in Kürze auch dort Touristenschwärme, wo sich heute die echten Pariser nach dem sonntäglichen Kirchenbesuch ihr Gebäck holen.  61


nah & fern    Mindestens

Nomadin auf Zeit

FotoS: Irene Solly

Irene Solly litt nicht an Fernweh – bis sie ihre erste Weltreise machte. Von einer Reisenden, die versucht, keine Touristin zu sein.

hundert Menschen sind da, farbenfroh gekleidet, die Männer in langen Sarongs, die Frauen in Blusen. Mit Bussen sind sie hierher gekommen, zur Waldlichtung auf einem Plateau etwas außerhalb des Dorfes. Ein Familienmitglied ist gestorben, schon vor einem Monat. Der Sarg, in dem die Frau liegt, steht auf einem hohen Holzstapel. Drei Tage wird ihr Begräbnis dauern – Familienmitglieder aus ganz Indonesien sind dafür nach Tana Toraja in der indonesischen Provinz Sulawesi gekommen. Inmitten der vielen Leute stehen eine Frau und ein Mann. Mit ihrem hellen Teint wirken sie wie Fremdkörper in der Menge. Europäer. Sie sind Zeugen der rituellen Tierschlachtungen, einer Zeremonie, die dazu dient, den Verstorbenen ins nächste Leben zu begleiten. Tagsüber beteiligen sie sich an den Gesprächen der Menschen, die vor den für Trauernde errichteten Bambushütten sitzen. Und sie schämen sich ein bisschen für ihresgleichen: Touristen, die tagsüber mit Bussen anreisen und eine Stunde lang „dabei sind“; das heißt vor allem fotografieren und filmen. Irene Solly heißt die Frau, sie ist Weltreisende. Herbert ist ihr Freund und treuer Weggefährte. Szenenwechsel: ein verrauchtes Kaffeehaus in Wien. Irene Solly richtet ihren Blick nach oben, wenn sie erzählt. So, als ob sie mit ihren Gedanken ganz weit weg wäre.Vier dicke, etwas zerflederte Notizbücher liegen vor ihr auf dem Tisch. Die Frau mit den kurzen Haaren und der schmalen Brille blättert in einem der Bücher, liest einige handgeschriebene Zeilen, zieht an ihrer Zigarette. Dann wieder dieser verträumte Blick. In Gedanken kehrt die heute 52-Jährige in die Zeit zurück, als sie sich das erste Mal aufmachte, um die Welt zu bereisen. Über 25 Jahre ist das her. November 1984. Die angehende Lehrerin Irene Solly hat ihr erstes Probejahr an einem Wiener Gymnasium hinter sich. Sie ist 26 Jahre alt und gerade aus einer Wohngemeinschaft ausgezogen. Fast ihr gesamtes Hab und Gut hat sie bei den Eltern verstaut, ein kleiner Rest befindet sich in einem Reiserucksack auf ihrem Rücken. Irene hat ein „All around the world Ticket“, erst in 13 Monaten wird sie wieder österreichischen Boden betreten. Südostasien – Australien – die Südseeinseln – Kanada, so lautet die grobe Reiseroute.

Ohne Zeitplan hat sie keinen Zeitdruck Ein Markt in Burma 62

Auf den ersten Blick sieht man der zierlichen Frau ihre Abenteuerlust nicht an. Sie


spricht leise, wählt ihre Worte genau, wirkt eine ebenso gute Gastgeberin zu sein. Geretwas schüchtern. Der Anschein trügt. Irene ne spielt sie Wegweiser,Touristenführer, Aushat weite Teile der Welt bereist – ohne de- kunftsperson. „Wir sind damals bei dem Betaillierte Reisepläne. War in Krisengebieten, gräbnis wie Familienmitglieder aufgenommen an ausgestorbenen Orten, dort, wo sonst kei- worden.“ ne Fremden mehr vorbeischauen. Zeitpläne? Davon hält Irene Solly nichts. Sie reist lieber Entwöhnt vom Massenkonsum spontan, fernab vom Massentourismus. An Fragt man einen Weltreisenden nach seinen Orte wie die Inselgruppe Tokelau. Dorthin größten Kulturschocks, so fallen den meiskommen Fremde für gewöhnlich nur dann, wenn sie von Einheimischen eingeladen werden. Kein Wunder, gibt es doch keine öffentlichen Verkehrsmittel und nur wenige Touristenunterkünfte. Eine Woche dauert die Reise von der Südseeinsel Samoa bis Atofu, einem Atoll der Inselgruppe Tokelau. Hier findet einmal jährlich eine Rugbymeisterschaft statt. Unterwegs zum Austragungsort fährt das Schiff, „ein Mittelding aus Fähre und Frachter“, auch die Der Dal-See in Kaschmir anderen beiden Atolle der Inselgruppe ab – Fakaofo und Nukunono. Leute kommen an Bord, Familien, reich beladen mit Reiseproviant. „Offiziell durften 250 Personen an Bord sein – wir vermuteten aber, dass es um die 400 Passagiere waren“, erinnert sich Irene. Man versammelt sich an Deck, unterhält sich, genießt die Fahrt. Weiter unten gibt es Kabinen, in denen man schlafen könnte – aber auch nachts ist man lieber an Deck, liegt auf Irene gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten unterwegs in Indien den geflochtenen Matten wohl zwei Dinge ein: Armut und fehten, die über den Boden verteilt sind. Die Familien teilen ihren Proviant gerne – lende Hygiene. Nicht so Irene. Sie denkt etwas, an das sich Irene noch gut erinnert. kurz nach, greift sich ans Kinn, richtet ihren Die Zeit in der Südsee und in Ostasien ha- Blick auf die halbvolle Kaffeetasse und sagt: be sie verändert, sagt Solly lächelnd. Ob in „Das war auf Hawaii.“ Atofu oder Sulawesi, die Gastfreundschaft Es waren nicht die Lebensverhältnisse in den der Leute habe sie so beeindruckt, dass sie armen Gebieten Ostasiens, die Irene schosich nun in ihrer Heimatstadt Wien bemüht, ckierend fand, sondern die auf der bei Ame-

rikanern so beliebten Ferieninsel Hawaii. Die überlaufenen Strände, die Hula tanzenden Vorzeige-Hawaiianerinnen der Tourismus-Industrie, der schrille Konsum. Nach ihrer Zeit auf den „touristenfreien“ Südseeinseln war Irene dies alles nicht mehr gewohnt: „Obwohl man auf den kleineren Südseeinseln schon jederzeit alles, was man braucht, bekommt, ist das Flair ein ganz anderes. Vermarkten und verkaufen spielt dort keine Rolle.“ Auch ein Vierteljahrhundert nach ihrer ersten Weltreise vergeht kaum ein Jahr, ohne dass Irene Solly einen ihr unbekannten Ort besucht. Als Lehrerin kann sie es sich leisten: „Vier bis fünf Wochen sind wir immer unterwegs.“ Und obwohl sie mit fortschreitendem Alter „ein bisserl bequemer“ geworden ist, gilt für sie weiterhin: Wenig Planung, viel Freiheit, kein Zeitdruck. Irene Solly hat ihre Weltreisen genossen, und dennoch: Orte, die sie besucht hat, verlieren für sie den Reiz des Unbekannten. Noch einmal dorthin zurückkehren möchte sie nicht: „Ich glaube, es hat sich mittlerweile so viel verändert, dass ich eher enttäuscht wäre.“ Will Irene heute gedanklich doch noch einmal in bekannte Regionen zurückkehren, so braucht sie nur die Einträge zu lesen. Irene hat ihren Kaffee ausgetrunken. Sie verstaut die Tagebücher in ihrer Tasche, zieht ihre Jacke an, verabschiedet sich. Was sie heute noch unternimmt? Das entscheide sie dann spontan. 

Maresa Mayer spart schon für ihre eigene Weltreise.

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nah & fern

Pro

& Contra Totalbremsung

Tag für Tag lullt uns die österreichische Gemütlichkeit ein. Sie stumpft uns ab, macht schläfrig und die Jahre schlüpfrig. Zeit für einen Kübel kaltes Wasser und eine Reise ins Unbekannte.

Thomas Eder will weg hier und etwas erleben.    Es

ist schon verführerisch, sich dem Alltagstrott hinzugeben. Unser Horizont schrumpft zwar auf den Durchmesser des Gleinalmtunnels und die größten Teile unseres Gehirns machen Urlaub, aber der Rest funktioniert perfekt. Alle notwendigen Synapsen und Nervenbahnen sind geölt, unsere Pfade nicht nur ausgetreten, sondern ohne jeden Widerstand. Unser Alltag gleicht mehr und mehr einer Rodelbahn, deren bunte Ränder durch die hohe Geschwindigkeit zu einem indifferenten Weiß verschwimmen: Die Tage verfliegen, Kalenderblätter wehen an uns vorbei, wir rasen dem Tod entgegen – mit dümmlichem Grinsen und flatternden Lefzen. Also entspannt zurücklehnen und Autopilot aktivieren. Wer mir nun auf die Schulter klopfen möchte – mit einem Lächeln und den Worten

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„Was gibt es Schöneres?“ – sollte an dieser Stelle aufhören zu lesen, und stattdessen seine Fahrt weiterhin genießen. Allen anderen rate ich zu einer großen Ladung Rollsplitt, die sie in voller Fahrt aus ihrer Rodelbahn schleudert. Das wird zwar erst einmal wehtun, lohnt sich aber. Geschafft? Dann werfen wir mal einen Blick zurück über unsere Schulter: Ganz schön lange Bahn, die sich da irgendwo in den Alpen verliert. An den Rändern ein buntes Kaleidoskop des typisch Österreichischen. Hansi Hinterseer in bärig weißem Fell, ein Bein auf einen kleinen, grauen Felsen gestützt. Er winkt und bewegt den Mund. Nichts zu hören. Dafür dringt aus einer Felsspalte ein Echo: „Es geht um die Zukunft, um Österreichs Sache. Ich bin dabei, Dein HC Strache!“ Ich hol’ mein Fernglas aus der Tasche, um zu sehen, wer da so plötzlich seine Liebe zum Rap entdeckt hat – aber in der Ferne nichts als blauer Dunst. Weiter oben ein Hochsitz. Heinz Fischer, der Bundespräsident, hat es sich darin erneut gemütlich gemacht und hält ein Mittagsschläfchen. Sehr gut. Nichts wie weg. Ganz egal ob nach Südafrika, Mexiko oder

Indien: Hauptsache für einige Wochen alle Verbindungen kappen, ins kalte Wasser springen und den Kulturschock wirken lassen. Spüren, wie fremde Tagesrhythmen unsere innere Uhr lahm legen, wie unbekannte Wörter abstrakte Melodien formen, wie exotisches Essen durch die unerfahrenen Eingeweide schneidet. Klingt anstrengend und schmerzhaft? Ja, darf es aber auch sein. Immerhin wartet am Ende der Reise eine Belohnung auf uns. Selbstfindung? Nein, das wäre zu hoch gegriffen. Aber eine Entschleunigung, die unsere Sicht auf die Umwelt wieder in Perspektive rückt. Die unsere Sinne schärft, um uns selbst intensiver erleben zu können. Mit viel Glück bewahren wir uns diesen neuen inneren Takt auch nach dem Rückflug, wenn mit dem Jetlag ein großer Teil der fremden Magie verraucht ist. Dann haben wir die Möglichkeit, abseits des Alltagstrotts zu stehen, diesen riesigen Ameisenhaufen zu betrachten und dessen Absurdität zu begreifen. Zumindest eine Zeit lang, bevor wir uns wieder auf die Rodelbahn verirren, ausrutschen und an Fahrt gewinnen. 


Heimaturlaub Kein Strandverkäufer, der mich alle fünf Minuten anquatscht, kein schnarchender, ungepflegter Typ neben mir im Sand, keine Panik vor Handtaschendieben – endlich Urlaub zu Hause.

Gudrun Wölfl findet es zuhause auch wunderschön.    Sobald

das Ende des Sommersemesters in greifbarer Nähe ist, schießen sie wie Unkraut aus dem Boden: Jene belanglosen Gespräche, in denen ich vorgeben muss, mich für die sommerlichen Urlaubspläne meiner geschätzten Mitstudierenden zu interessieren. Während dieser nicht enden wollenden Monologe gleiten meine Gedanken in die düstere Urlaubsrealität ab. Bei 30 Grad im Schatten fünf Stunden lang im Stau stehen, umgeben von einer Horde deutscher Urlauber, die versucht, sich mit dem Spiel „Autokennzeichenraten“ die Zeit zu vertreiben. Um dann schließlich und endlich nach acht Stunden Fahrt, völlig verschwitzt und erschöpft im Hotelzimmer anzukommen, wo man den wunderschönen Ausblick vom Balkon zur nächsten Baustelle genießen kann. Ganz zu schweigen vom Strand: Nichts vom

versprochenen türkisblauen Wasser, keine kilometerlangen weißen Sandstrände, keine Spur von Ruhe und Erholung. Stattdessen schweißgebadete, rot glühende Bierbäuche neben schreienden Kindern und einer genervten Mutter, die kurz davor ist, in einen Heulkrampf auszubrechen. Und statt Muscheln sammelt man Plastikfetzen, die vom Meer angespült werden. Ich will mich nicht mehr zwischen die Sonnenöl-verschmierten Körper quetschen. Ich will nicht mehr meine miserablen Italienisch-Kenntnisse unter Beweis stellen müssen. Ich will nicht mehr um fünf Uhr in der Früh aufstehen, um mir eine Liege zu reservieren. Ich mache Urlaub in Graz oder sonst wo in Österreich. Und zigtausende Touristen aus aller Welt machen es mir nach. So wie meine holländischen Gäste in Zell am See, wo ich als Kellnerin gearbeitet habe. Interessierter als so mancher Einheimischer fragten sie mich, wie denn die Berge in der Umgebung hießen. Ich dachte mir: „Es ist komplett egal, was ich jetzt sage – die haben sowieso keine Ahnung.“ So stand plötzlich der Dachstein neben der Frauenalpe und dem Großglockner und dahinter sah man

die Gipfelgruppe der Karawanken. Für uns Österreicher ist es lustig, Touristen auf den Arm zu nehmen! Dass ich es in Wirklichkeit aber nicht mal besser wusste, war doch etwas beschämend. Seitdem denke ich mir, ich lerne einmal Österreich kennen, bevor ich mich zwischen Baguette-nagenden Franzosen, Burger-fressenden Amerikanern und Reis-schmatzenden Chinesen durchwühle. Da sitze ich doch lieber gemütlich in einem Gastgarten, genieße ein Wiener Schnitzerl und dazu ein gepflegtes Bier. Was kann es denn Schöneres geben? Doch trotzdem gibt es immer wieder diese mitleidigen Blicke, wenn ich erzähle, dass ich meine Ferien in Tirol oder im Burgenland verbringe. Oder noch schlimmer: Ich bleibe zu Hause in Graz. Das ist eben alles andere als „cool“, „in“ oder sonst irgendwas. Es ist eben leider so: Wenn es um Urlaub geht, ist vom sonst so leidenschaftlichen Patriotismus der Österreicher nur wenig zu spüren. Alle glauben sie, dass es überall anders schöner ist als zu Hause. Dabei hat selbst Goethe die Vorteile von Urlaub in der Heimat schon längst erkannt: „Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?“  65


nah & fern Im Ausgehviertel St. Pauli sind Glasflaschen draußen verboten. Zu gefährlich wegen der Scherben. Von dieser hat man länger was.

Die Glückskatze aus Berlin soll Geld bringen. In Kreuzberg wimmelt es vor Katzen. Wohl weil in Berlin fast alle pleite sind.

Das perfekte Souvenir In London gibt es Läden mit den seltsamsten Dingen. So soll auch dieser Mundspray fast alle Lebensprobleme lösen können.

Dieses Geschirrtuch ist Warhol‘s „Marilyn Diptych“ nachempfunden. So kommen auch die Schafe zu ihren „15 minutes of fame“. 66


Wenn ein „Luchador“ seine Maske verliert, ist damit auch seine Identität weg. Neue gibt’s dann am Marktplatz.

In China essen sie alles, was nicht rechtzeitig wegrennen kann, sagt man. Sogar aus Tomaten macht man in Hongkong Süßigkeiten.

Wenn einer eine Reise macht, dann kann er was verschenken. Bunte Mitbringsel versüßen den grauen Alltag und trösten Daheimgebliebene.

In Dubai muss frau sich nicht verschleiern. Diese Matrioshka-Puppen allerdings schon, und zwar bis zum allerkleinsten Figürchen.

Der Feuerteufel ist Symbol des Nationalparks Timanfaya auf Lanzarote. Die Insel besteht zu zwei Dritteln aus gehärteter Lava. 67


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Das Land Steiermark Kultur


wissen & technik

S. 70 – Ein kleiner Weltuntergang: Über den etwas anderen Reiseführer, der in den Weiten des Internet verschwand. S. 73 – Globales Glücksspiel: Für Chatroulette braucht man kein Cocktailkleid und keinen Smoking. Viele tragen gar nichts. S. 74 – Land am Strome: Auf der Grazer Frühjahrsmesse konnte man die E-Cars von morgen schon heute testen. 


wissen & technik

Ein kleiner Weltuntergang

Fotos: Teresa Brandstetter

Arbeiten und örtlich ungebunden sein – mit dem Ende von earth.org ist dieser Traum zerplatzt. Es bleibt die Hoffnung auf eine Wiedergeburt.

   Die

Apokalypse findet im Jänner dieses Jahres statt – nahezu unbemerkt in den Weiten des WWW-Universums. Lediglich ein paar Einträge bei der Google-Suche zeugen von der ehemaligen Existenz des Internetgestirns earth.org. Übrig bleibt nur mehr der Blog, der letzte Eintrag stammt hier vom 4. Februar 2010, geschrieben eine Minute vor zwölf Uhr Mittag. Ende April jedoch ein kleiner Hoffnungsschimmer: Eine Demoversion wird wieder online gestellt, zu finden unter http://www.earth.org/. Earth.org ist ein Online-Reiseführer – der

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Weltuntergang betrifft also nur einen relativ überschaubaren Zirkel von Mitarbeitern und Usern. Gegründet wird die Plattform als privat finanziertes Projekt zweier Brüder aus München unter dem ursprünglichen Namen „Hitiki“. Nach dem Vorbild Wikipedia und mit Hilfe von engagierten Internet-Usern soll eine Quelle für verlässliche Reiseinformationen entstehen. Das Ziel: kultur- und umweltbewusstes Reisen fördern, möglichst frei vom Einfluss von Tourismuswerbung. „Reisen muss vor allem ein kultureller Austausch sein“, beschreibt die

ehemalige earth.org-Mitarbeiterin Teresa Brandstetter den Grundgedanken hinter dem Projekt. Die Linzerin Teresa Brandstetter kommt über ein Praktikum im Jahr 2007 zum earth. org-Team. Damals gibt es noch ein Büro in Bangalore (Südindien), in dem Teresa mit anderen Praktikanten aus allen Teilen der Welt zusammenarbeitet. Dem Projekt bleibt sie danach als freie Mitarbeiterin auch von Österreich aus treu. Ihre Diplomarbeit widmet sie dem Online-Reiseführer. Für sie ist Reisen mehr als Strand, Sonne und Sight-


Arbeitsplätzen. „Das Einzige, was zählt, bist du und eine stabile Internetverbindung“, beschreibt Teresa Brandstetter das Leben als Remote-Work-Nomadin. Aber nicht nur die Ungebundenheit an einen bestimmten Ort, sondern auch den Kontakt zu den anderen Teammitgliedern aus den verschiedensten Ländern hat die 25-jährige Oberösterreicherin zu schätzen gelernt: „Earth. org war für mich das Fenster zur Welt.“ Remote-Work bedeutet aber nicht die absolute Freiheit. Disziplin, straffe Organisation, Flexibilität und natürlich Verlässlichkeit sind gefordert. Projektmeetings an Wochenenden und zu nachtschlafenden Zeiten müssen bei einem Team, das auf vier Kontinente verteilt ist, in Kauf genommen werden. „Es war eigentlich ein irrsinnig großer Lernprozess, der sich über drei Jahre hingezogen hat“, beschreibt Teresa den Weg hin zum 100-prozentigen Remote-Work-Modell

ziert“ sei das Online-Portal, erklärt Teresa Brandstetter das grundlegende Problem. Earth.org sei zu wenig „sticky“, es gebe zu wenige Stammgäste und damit kein Kapital, mit dem man Sponsoren an Land ziehen könne. Mit dem vergleichsweise kleinen Team sind die Probleme auch nicht auf die Schnelle lösbar. Schließlich geht den Gründern das Geld aus und das earth.org-Team steht plötzlich vor dem Nichts. Ob sich earth.org jemals wieder über den momentanen Demo-Status hinaus entwickeln wird, steht in den Sternen. Interessenten gibt es zwar, doch die deutschen Gründer wollen ihre Schöpfung in guten Händen sehen und nicht als Vehikel für Tourismusunternehmen und die Werbewirtschaft. Um das Portal in der ursprünglichen, nicht kommerziellen Form weiterzubetreiben, bräuchte es ein Team von engagierten Leuten, die bereit sind, viel Zeit und Arbeit zu investie-

Video-Dreh auf einer muslimischen Hochzeit in Bangalore

seeing. Nach Indien fahren, um zu arbeiten, das war eine „gute Erfahrung“ für die überzeugte Globetrotterin. Weil es gar nicht so einfach ist, Leute fürs indische Büro zu finden, wird es geschlossen. Wie Teresa Brandstetter arbeiten nun alle earth.org-Mitarbeiter als sogenannte „Remote-Worker“ – also von dem Ort aus, wo sie sich gerade befinden. Zusammen mit drei Studentinnen aus London ist Teresa zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit. Neben Österreich gehören in dieser Zeit auch Indien, Nepal und Frankreich zu ihren wechselnden

von earth.org. Das fehlende gemeinsame Büro ersetzt man mit Hilfe diverser OnlineTools: Google-Apps für Dokumente, Skype und das Business-Microblogging-Tool Yammer für die schnelle Kommunikation untereinander. Schließlich wurde die Kommunikation über einen speziell dafür angepassten Blog für die Internetöffentlichkeit zugänglich gemacht. Doch trotz Remote-Work und der Begeisterung des Teams für das Projekt gelingt es earth.org nicht, eine weitere Web 2.0-Erfolgsgeschichte zu werden. „Viel zu kompli-

ren, „Blut zu schwitzen“, wie es earth.orgGründer Otto Stricker ausdrückt. Er verweist auf den enormen Aufwand: „Zuletzt waren dreißig Leute im Team, davon nur die Hälfte bezahlt und auch die haben weit unterhalb der üblichen Sätze gearbeitet.“ Teresa Brandstetter wäre wohl trotzdem wieder mit dabei. 

Christian Resch recherchierte über earth.org und will jetzt auch nach Bangalore. 71


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Globales Glücksspiel Für Chatroulette braucht man kein Casino, nur eine funktionierende Webcam. Man trifft dort jede Menge Egozentriker. Ein Selbstversuch.

hat die Community der siebzehnjährige Andrei Ternowski. Der russische Schüler fand es langweilig, immer nur mit seinen Freunden zu chatten. Deshalb kreierte er Chatroulette. Per Zufallsprinzip werden zwei Menschen vor der Webcam verbunden. Gefällt der Gesprächspartner nicht, drückt man ihn einfach weg. F9 und Zack. Am Anfang des „Spiels“ stoße ich jedoch auf wenig Schönes: Schwitzende, behaarte Männerlenden mit mehr oder weniger erregten Geschlechtsteilen in Wurstfingern. Ab und zu erscheint eine Dame mit Riesenbrüsten, die sich „versehentlich“ auf ihre Webcam gesetzt hat, wie sie schreibt. Sie fordert mich auf, ihre Website zu besuchen. Ich lehne dankend ab. F9. Zack. Nächster, bitte! Es folgt ein Penis. Zack. Ein Stofftier mit der Bitte, meine Brüste zu zeigen. Zack. Penis. Zack. Ein weiterer Penis. Zack. Endlich ... ein bekleideter, junger Mann. Er kommt aus Kalifornien, ist 21 Jahre alt und studiert „Aerospace engineering“. „Metallica“ steht auf seinem T-Shirt und mit seiner schwarzen Hornbrille und dem RetroHaarschnitt sieht er akzeptabel aus. Kein schlechter Treffer. Ich erzähle ihm, dass ich aus der Heimatstadt seines Gouverneurs, Arnold Schwarzenegger, stamme. Das verbindet.Wir tauschen uns über unsere Erlebnisse auf Chatroulette aus. Auch ihm sind die vielen Penisse nicht entgangen. Plötzlich schwarzer Bildschirm. Ich war wohl nicht interessant genug. Nächster, bitte! Nach einer Stunde Chatroulette ist die Verteilung klar. Es gibt zehnmal so viele Männer wie Frauen. Etwa jeder dritte Zufallstreffer ist ein Penis. Diejenigen, die ihr Gesicht in die Kamera zeigen, sind meist verkleidet oder tanzen. Das Chatten steht nicht im Vordergrund. Eigentlich erinnert der Cyber-Treff mehr an eine bunte Mischung interaktiver Youtube-Videos. Der große Unterschied: Die Leute reagieren auf das, was sie sehen. Man feuert an, lacht,

Fotos: Capt Kodak (flickr)

  Erfunden

klatscht oder drückt bei Missfallen die F9Taste. Anders als in den Social Networks Facebook oder StudiVZ geht es hier weniger darum, alte oder neue Freunde zu treffen. Es gibt weder eine Suchfunktion noch einen Namen oder ein Profil. Nur den kleinen Ausschnitt der Webcam. Nach zwei Stunden im Spiel bin ich abgebrüht. Geschlechtsteile stören mich nicht mehr. Habe ich zu Beginn noch vor Entsetzen laut aufgekreischt, klicke ich sie nun wortlos weg. F9 und weiter. Wieder kein Gesicht, sondern nur drei Farben – schwarz/rot/gold. Fußballfans? Patrioten? Nein, dahinter verbergen sich drei Burschen aus Deutschland. „I am from Austria!“, tippe ich. „Kannst du Deutsch?“, kommt zurück. „Habt ihr keine Schule?“, wundere ich mich. „Heute nur bis ein Uhr“, antworten sie.Vielleicht wäre ein bisschen Nachhilfe am Nachmittag gar nicht so schlecht. Letzter Versuch. Ein hässlicher Mann mit schwarzem Rollkragenpullover fordert mich aufdringlich auf, mein Genital in die Kamera zu zeigen. Das ist zu viel. Statt meinem Genital zeige ich ihm den Mittelfinger und beende das Spiel. Anfangs noch spannend, verliert das Glücksspiel vor der eigenen Computerkamera schnell seinen Reiz. Die Dauerberieselung mit Masturbationsszenen ist anstrengend und die Werbebanner, die immer wieder durchs Bild laufen, machen nur Männern Lust auf Pornos. Chatroulette erinnert an einen großen Spielplatz für Perverse und Exhibitionisten. Interkultureller Austausch sieht anders aus. Ob sich der russische Erfinder das so vorgestellt hat? Globetrotten ohne trotten – eine gute Idee, aber mit viel zu vielen Trotteln. v

Katharina Hudelist kürt F9 zu ihrer Lieblingstaste.

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wissen & technik

Land am Strome Auch Graz hat den weltweiten Trend zum Elektroauto für sich entdeckt und setzt nun alles auf die E-Mobility von morgen.

   Wendig,

geschmeidig, geruchlos und gleichzeitig flüsterleise kurvt der kleine flotte Stadtflitzer durch die Grazer Straßen. Nur auf Knopfdruck ist ein Motorgeräusch aus den Lautsprechern unter der Motorhaube zu hören. Auf der Grazer Frühjahrsmesse Ende April 2010 konnte man den elektrisierenden Fahrspaß bereits ausprobieren. Vor allem das junge Publikum zeigte sich von der neuen E-Mobilität begeistert. Eine ältere Dame war da schon etwas skeptischer: „Das Auto

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hat ja nicht mal ein Radio“, beklagte sie sich. „Mit dem könnte ich nie und nimmer fahren, ich brauche Musik.“ E-Mobility mit Startschwierigkeiten

Für die Entwickler von Elektroautos ist das Einbauen eines Radios das geringste Problem. Die großen Herausforderungen liegen in anderen Bereichen, vor allem in der Finanzierbarkeit. Die Batterien für Elektroautos sind sehr teuer. Ein interessierter Messebesucher bringt es auf den Punkt: „Kaufen

würde ich so ein Auto nicht, der Preis ist mir zu hoch“, sagt er. „Außerdem kann man damit nur in der Stadt fahren, sonst steht man plötzlich ohne Saft da.“ Gerald Teuschl, Chefingenieur von Magna E-Car-Systems, kennt diese Bedenken nur zu gut, er sieht darin auch eine „große Herausforderung“. Weltweit beschäftigen sich die Entwickler mit dem Problem, wie Elektroautos längere Strecken zurücklegen können. Momentan reicht eine „Stromfüllung“ für circa 130 Kilometer. Wolfgang Lobeck,


Autoexperte bei Greenpeace: „Der Autonutzer kann nicht hindernisfrei von A nach B fahren. Er muss eine Terminplanung ausarbeiten und sein Fahrzeug einfach zu oft und zu lang an der Steckdose parken.“ Ingenieur Teuschl hat dennoch eine Vision: Sein Ziel ist es, das Elektroauto als Normalfahrzeug des 21. Jahrhunderts durchzusetzen. Seit seinem Elektronik- und Technologiemanagement-Studium an der FH JOANNEUM arbeitet Teuschl intensiv an der Weiterentwicklung von E-Mobilität. „Es geht darum, die Batteriekosten zu reduzieren und die Speicherkapazitäten zu erhöhen.“ Außerdem müsse das Elektroauto billiger werden. Der normale Verbraucher sei in keinem Land der Welt bereit, um die 30.000 Euro oder mehr für einen Kleinwagen zu bezahlen – solange es ein konventionelles Modell auch für 12.000 Euro gebe. „Wenn es hier keine Fortschritte gibt, wird der Markt für Elektroautos noch auf lange Zeit von direkten Zuschüssen, steuerlichen Subventionierungen oder deutlich höheren Treibstoffpreisen abhängen“, gibt Teuschl zu bedenken. Ist die Elektro-Euphorie voreilig?

Doch nicht alle sind von Teuschls Vision begeistert. Kritik kommt überraschenderweise von Umweltorganisationen wie Greenpeace. „Sowohl die Hersteller als auch die Politik machen sich etwas vor“, glaubt Wolfgang

„E-Mobility ist

Graz macht international mobil

ein weltweiter Trend und auch Graz will hier mitmischen.

Lobeck. „Der Strom, der zum Betrieb von Elektroautos erzeugt werden muss, verursacht in der Herstellung drei- bis viermal so viele Emissionen wie ein herkömmlicher Verbrennungsmotor, wenn er mit fossiler Energie betrieben wird. Herkömmliche Autos nur mit einem Elektromotor auszustatten, sei nicht sinnvoll. Langfristig wäre es umweltschonender, das Gewicht der Autos mit Verbrennungsmotor zu reduzieren. Gerfried Jungmeier, Mitarbeiter am Institut für Energieforschung am Joanneum Research, ist anderer Meinung: „Wir können nicht erwarten, dass die Elektroautos bald die großen Benzin- oder Dieselautos ersetzen. Aber man sollte darauf hinarbeiten, dass die Kunden statt einem kleinen Benziner lieber ein Elektroauto kaufen. Sie können so durchaus helfen, die CO²-Emissionen zu verringern. Wichtig ist nur, dass die Elektroautos mit erneuerbarem Strom betrieben werden. In Österreich müsste hierfür zusätzlich Strom in Form von Wasserkraft, Solarund Windenergie produziert werden.“

Trotz Kritik wird sich das Elektroauto jedoch nicht aufhalten lassen. Die Grazer Unternehmen folgen dem weltweiten Trend, wenn sie auf die neue Technologie setzen. Und sie sind dabei sehr erfolgreich: Trotz der starken Konkurrenz, vor allem aus China und Japan, hat sich Graz als Unternehmensstandort für die Automobilhersteller und Zulieferer international behauptet, nicht zuletzt durch Unternehmen wie die AVL oder Magna. Die E-Mobilität gewinnt an zunehmender Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Graz. Bis Ende 2011 sollen hier zwei vollelektrische Personenautos in Serienentwicklung gehen, „steirische“ Batterien werden schon jetzt weltweit in Elektroautos verwendet. Zusätzlich hat Magna ein neues Kompetenzzentrum für E-Mobility errichtet. „EMobility ist ein weltweiter Trend und auch die steirische Landeshauptstadt will hier mitmischen. Im Gegensatz zu anderen Städten hat Graz große Vorteile in diesem Bereich: Einerseits gibt es mit der TU Graz, der FH Joanneum und mit dem Institut Joanneum Research exzellente Forschungsstätten auf diesem Gebiet und andererseits existiert in der steirischen Landeshauptstadt eine starke Auto- und Zuliefererindustrie, die das Projekt E-Mobility in Graz zusätzlich vorantreiben“, erklärt Jungmeier.

Alles dreht sich um E-Mobilität:  Ein E-Auto hat eine Reichweite von 150 bis

300 Kilometer.  Die Tankfüllung kostet im Schnitt 4 Euro.  Selbst wenn 25 Prozent der Fahrzeuge in Öster-

Grafik: Austrian Mobile Power- Verbund • Foto: Fotolia

reich e-mobil wären, würde der Stromverbrauch um 4 Prozent steigen.  Das Teuerste an einem E-Fahrzeug ist der Akku.

Er kostet im Schnitt so viel wie ein handelsüblicher Kleinwagen.  Die Tankfüllung bei einer Spezial-Tanksäule dauert

im Schnitt ein bis zwei Stunden. Bei einer normalen Steckdose dauert sie ungefähr 6 bis 8 Stunden.  Ein E-Auto kostet zwischen ca. 30.000 (Klein-Pkw) und

ca. 120.000 Euro (Sportwagen).  Bis 2020 werden 50 Millionen Euro in die Einführung der

Elektromobilität in Österreich investiert.  Die Investitionskosten für 100.000 Fahrzeuge werden sich

auf 5 Milliarden Euro belaufen.

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wissen & technik E-Autos rollen durch die Stadt

Ende 2011 sollen in der steirischen Landeshauptstadt die ersten E-Fahrzeuge unterwegs sein. Magna wird 30 Elektroautos auf ihre Alltagstauglichkeit testen und in Kooperation mit der Graz AG und der Energie Steiermark rund 50 Ladestationen im Raum Graz errichten. Der Strom an diesen Säulen soll vergünstigt angeboten werden. Zusätzlich kann man mit einem Elektroauto gratis in grünen und blauen Zonen parken. Und auch die Politik hat die E-Mobilität als Thema für sich entdeckt: Mithilfe zusätzlicher Förderungen (1.000 Euro beim Ankauf von neuen E-Autos oder beim Umbau zum vollelektrischen Betrieb) soll Starthilfe für Elektroautos geleistet werden. Ähnliche Bemühungen gab es bereits im Juni 2001, als man im Gemeinderat beschloss, die Anschaffung von Elektrofahrzeugen mit bis zu 13.000 Schilling zu fördern. Diese Förderung holte sich jedoch niemand ab – aus Mangel an E-Autos. Vielleicht klappt es jetzt beim zweiten Versuch, Elektroautos auf die Grazer Straßen zu bringen. Das Interesse an E-Mobilität ist jedenfalls vorhanden: „Ich bin extra zur Frühjahrsmesse nach Graz gefahren, um mir die Elektroautos mal anzusehen. Ist schon irgendwie cool, so leise herumzufahren“, erzählt ein junger Messebesucher. Sein breites Grinsen signalisiert Begeisterung. v

Gudrun Wölfl steht auch ständig unter Strom. Foto: Victoria Graf „Einmal aufladen, bitte!“ Stromstation auf der Grazer Messe

Elektroautos, die man 2010 kaufen oder leasen kann TYP

kW/PS

REICHWEITE (Firmenangabe)

HÖCHST- PREIS AB WERK TEMPO (in Euro)

VERTRIEB/ INFORMATION

Peugot i-On

Kleinwagen, 4 Sitze

47/64

130 km

130 km/h

Leasing monatlich ca. 500,Lieferung Ende 2010

www.peugeot.de

Reva i/Reva L-ion

Kleinwagen, 2+2-Sitzer 13/18

50 bis 120 km, je nach Batterie

75 km/h

12.999 bis 20.999, je nach Batterie

www.smiles-world.de

Citroen C-Zero

Kleinwagen, 4 Sitze

47/64

130 km

130 km/h

keine Angabe/Lieferung Ende 2010

www.citroen.de

Tesla Roadster

Sportwagen, 2 Sitze

215/292 ca. 380 km

200 km/h

ab 99.960

www.tesla-roadster.de

Mercedes A-Klasse E-Cell

Kompaktwagen, 4 Sitze

70/95

keine Angabe

vierjähriges Leasing ab Oktober 2010

www.mercedes-benz.de

ca. 200km

Quelle: Aus dem Buch „E-Autos“, 192 S., Delius Klasing Verlag. 19,90 Euro, soeben erschienen. Stand: Mai 2010 76


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Franz Gosch Landesvorsitzender der FCG


wissen & technik    Apps

APPsolut Graz Die Grazer TU bietet die erste deutschsprachige Vorlesung zum Thema „iPhone-App-Programmierung“ an – und zeigt damit, wie Hochschulen aktuelle Themen wissenschaftlich begleiten können.

Eine Vorlesung, in der es nur um die Enwicklung von Apps geht. Wie kam es zu dieser Idee? Die Idee an sich ist von Apple selbst gekommen. Im November 2009 hat die TU angefangen, sich an „iTunes U“ – also dem Universitäts-Portal vom iTunes-Store – zu beteiligen. Dort werden zum Beispiel die Folien und PDFs unserer Lehrveranstaltungen für jeden zum Download angeboten. Aus dieser Beteiligung entwickelten sich weitere Gespräche mit Apple, und als sie europaweit ein paar Universitäten suchten, die mit einer App-Entwicklungs-Vorlesung betraut werden sollten, fiel die Wahl auf uns.

Foto: adesigna (flickr)

Wird die Vorlesung in irgendeiner Art von Apple gefördert? Nein, nicht direkt. Es ist eher eine Kooperation. Wir wurden vor Beginn der Veranstaltung zwar von Apple geschult, aber eine explizite Förderung gibt es nicht. Selbstverständlich ist so ein Angebot gut für unser Image. Die Grazer TU ist die einzige österreichische Universität, der die Kompetenz zugesprochen wurde, eine solche Lehrveranstaltung durchzuführen. Martin Ebner beim EduCamp in Graz

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(Applications) heißen die Programme, die das iPhone von Apple erst so richtig spannend machen. Inzwischen gibt es eine unüberschaubare Auswahl davon, die Entwicklerszene allerdings ist klein. Das könnte sich ändern, denn an der Technischen Universität in Graz können Studenten in der Vorlesung „iPhone Application Development“ jetzt lernen, wie iPhone-Apps entstehen und bekommen die Möglichkeit, eigene Programme zu entwickeln. Mit dieser Vorlesung ist die TU Vorreiter im deutschsprachigen Raum. Martin Ebner gehört zu den Wissenschaftlern, die hinter der Lehrveranstaltung stehen. Er war von Anfang an dabei. Wie die Vorlesung angenommen wird und wie sie überhaupt entstanden ist, verrät Ebner in einem Gespräch mit blank 3:

War es schwierig, die Lehrveranstaltung intern durchzusetzen? Die Vorlesung gehört nicht zum Pflichtprogramm, sie ist freiwillig. Natürlich gab es am Anfang etwas Skepsis. Viele fürchteten, dass das Ganze eine reine Werbeveranstaltung für Apple werden könnte. Aber wir bieten ja auch eine Veranstaltung an, die sich mit Android, also quasi dem Konkurrenzprodukt zu


Apples Betriebssystem OS, beschäftigt. Den Marktführer – egal in welchem Bereich – kann man nicht so einfach ignorieren. Die Lehrveranstaltung hat wohl mehr Workshop-Charakter. Wie läuft sie ab? Gearbeitet wird in mehreren Gruppen à vier oder fünf Personen. Als Abschlussleistung programmiert jede Gruppe eine App, die dann über die TU in den App-Store geladen und dort gratis zur Verfügung gestellt wird. Und wird das Angebot von den Studenten angenommen? Anfangs hatten wir mit 30 Teilnehmern gerechnet. Jetzt arbeiten wir mit fast 100 Studenten. Und das alles, ohne die Lehrveranstaltung im Vorfeld explizit beworben zu haben. Wir haben auch jetzt noch – also während die Vorlesung läuft – ständig Anfragen, ob es denn möglich wäre, noch einzusteigen. Natürlich spielt da auch der Hype um den Verkaufsstart des iPads eine Rolle. Sie brauchen ja auch eine entsprechende technische Ausstattung – muss jeder Teilnehmer ein iPhone mitbringen? Wir haben zehn iPod-Touch, die ja – abgesehen von der Telefonfunktion – gleichwertig mit dem iPhone sind. Die können sich die Teilnehmer im Rahmen der Vorlesung ausleihen. Die iPods hat die TU sich allerdings „privat“ gekauft – wir wurden nicht gesponsert. Die Programmierung der Apps funktioniert nur über Apple-Rechner. Inzwischen haben aber so viele Studenten ein MacBook, dass dies kein großes Problem darstellt.

konzept sicher. In Zukunft werden wir zudem andere Universitäten und Bildungseinrichtungen schulen, die ähnliche Lehrveranstaltungen anbieten wollen. So eine Vorlesung ausgerechnet in Graz – gibt es dafür einen Grund? Die Entwickler-Szene ist hier ziemlich groß, einige bekannte Apps sind in Graz entstan-

den.Witzig ist, dass sogar einige Entwickler bei uns in der Vorlesung sitzen. Denen bringen wir zwar wenig Neues bei, aber sie können den anderen in der Gruppe weiterhelfen. 

Jochen Hencke ist gegen Äpfel allergisch, wirklich.

Traumurlaube gesucht. Engagiertes Team im CITYPARK gefunden. 8020 Graz, CITYPARK/Lazarettgürtel 55 Tel.: 050 884 281-0, Fax: 050 884 281-10 e-mail: kreuzfahrten@tui.co.at

Wie wird die Vorlesung von außen wahrgenommen? Die komplette Veranstaltung wird über „iTunes U“ begleitet.Wir bieten dort die AudioMitschnitte der einzelnen Vorlesungen an, aber auch die dazugehörigen Folien und PDFs. Da wir die einzige deutschsprachige Universität sind, die eine solche Vorlesung anbietet, sind wir in „iTunes U“ ziemlich hoch gereiht. Gibt es Kooperationen mit anderen Bildungseinrichtungen? Wir arbeiten eng mit einer Grafikschule zusammen, die das Design für unsere Apps erarbeitet. Das nimmt den Programmierern viel Arbeit ab und stellt ein rundes Gesamt-

Ihr TUI ReiseCenter ist das Kreuzfahrtenkompetenzcenter ganz in Ihrer Nähe! Im CITYPARK halten wir die besten Geheimtipps vom legeren Clubschiff auf der klassischen Mittelmeerroute bis hin zur exklusiven Seereise um die Welt für Sie parat. Denn Kreuzfahrt ist nicht gleich Kreuzfahrt. Wir kennen die Unterschiede! Die Ausstattung der Schiffe, aber auch die gesamte Philosophie der Reedereien sind Kriterien, die Ihre Reise zu einem unvergesslichen Erlebnis machen. Um sich hier richtig entscheiden zu können, stehen wir Ihnen zur Seite! 79 Wir kennen unzählige Schiffe persönlich. Überzeugen Sie sich selbst!


wissen & technik

Schon gewusst?  FOTO: Sidekick Studios London

Ausgelernt hat man nie. Fünf Geschichten, die ein bisschen klüger machen.

FOTO: Axolot (flickr)

Status SOS

Per Gehirnwäsche rauchfrei Das österreichische Rauchergesetz für Lokale ist eineinhalb Jahre alt – ab Juli soll es durchgesetzt werden. Noch wird es Ausnahmen geben. Sobald die neuen EU-Gesetze in Kraft treten, wird es auch damit vorbei sein. Es gilt dann das absolute Rauchverbot. Die Luft für Raucher wird in Zukunft also noch dünner werden. Höchste Zeit für das Psychodynamische Modelltraining, kurz PDM. Von der Grazer Gesundheitspsychologin Ursula Grohs entwickelt, kommt das Verfahren ohne Medikamente aus. Mit Hilfe von inneren Bildern und Vorstellungen („Ich bin ein König“, „Ich fühle mich drei Meter groß“) soll es Rauchern gelingen, den Körper dazu zu bringen, Glückshormone auszuschütten – und damit die Zigarette überflüssig zu machen. Laut einer Studie der Uni Innsbruck liegt die Erfolgsquote bei 40 Prozent, was PDM zur vielversprechendsten Anti-Rauchen-Therapie macht. Die Therapie dauert eineinhalb Tage und kostet 350 Euro, in etwa soviel wie 90 Päckchen Zigaretten. cr

Leute, die ständig ihr Befinden auf Facebook mitteilen, nerven.Was aber, wenn diese Selbstdarstellung tatsächlich gesundheitlich relevant wäre? Das Buddy Radio vom englischen Designstudio Sidekick ermöglicht, eigene physische und mentale Beschwerden im Knopfumdrehen via Twitter, Facebook, SMS oder Email zu verschicken. Mit einem Knopf stellt man am Buddy Radio ein, wie es einem geht: gut, schlecht, mittel … Gesendet wird der „Status“ bei jeder Veränderung. Ein soziales Netzwerk entsteht – nicht nur Pfleger erhalten die Nachrichten, sondern auch Freunde oder die Familie. Gewünschter Nebeneffekt: Der „Kranke“, „Alte“ oder „psychisch Angeschlagene“ behält seine Selbstständigkeit, bekommt keine kontrollierenden Anrufe oder Besuche.Wie Zähneputzen gehört der Dreh am Radioknopf zum Tagesablauf. Die britische Krankenkasse NHS testet die Geräte bereits.Vielleicht werden unsere „status updates“ ja bald lebenswichtig. tp

Das Eyephone kommt

FOTO: Clemens Ticar

Mussten wir uns einst noch zu unserem Telefon bewegen, so ist es heute ständiger Wegbegleiter. Mussten wir einst reale Tasten drücken, so sind Touchscreens heute gang und gäbe. In Zukunft werden wir – im wahrsten Sinne der Worte – nicht einmal mehr einen Finger rühren müssen, um unser Handy zu bedienen. Am Dartmouth College im US-Bundesstaat New Hampshire hat eine Forschergruppe „Eyephone“ erfunden – eine Handysoftware, mit der ein Zwinkern zum Mausklick wird, die Augen selbst zum Cursor. Alles, was man dazu braucht, ist ein Handy mit eingebauter Kamera an der Vorderseite. Diese nimmt die Augenbewegungen des Benutzers auf und verwandelt sie in Cursorbewegungen. Die besondere Herausforderung für die Kamera: Handybenutzer bewegen sich zumeist, wenn sie das Gerät bedienen. Darunter leidet auch die Treffergenauigkeit der Software. mm 80


Feiern gegen Klimawandel

FOTO: Energy Union

Wenn Party und Information über erneuerbare, intelligente Energie zusammen auftreten, dann ist Energy Union unterwegs. Die 2008 gegründete Organisation will ohne erhobenen Zeigefinger die Menschen auf Möglichkeiten hinweisen, wie man dem Klimawandel Einhalt gebieten kann. Im Sommer 2009 wurden in acht europäischen Städten nicht nur Diskussionen veranstaltet, sondern ein audiovisuelles Spektakel der besonderen Art abgeliefert. Matt Black und Jonathan More alias Coldcut bringen die Menschen zum Tanzen und informieren gleichzeitig mit ihren Visuals. Da werden dramatische Bilder über den Zustand der Welt mit Statistiken vermengt. Im Video zu „Caution: Climate Bollocks“ bekommen etwa zahlreiche Klimawandel-Leugner ihr Fett ab. 2010 stoppte der Energy-Union-Zug unter anderem in Köln, Madrid, Barcelona und Prag. Informationen über Locations und Termine gibt es unter energyunion.eu. ct

Energy goes Europe

Sie haben einen Satz, um Ihr Projekt zu erklären.Wie würden Sie die Idee von Energy Union beschreiben? Energy Union propagiert für mich das Solarzeitalter und die erneuerbaren Energien als Lösung für die meisten der globalen Probleme. Das klingt ja so, als ob sich die Welt einfach retten ließe. Was verstehen Sie unter Solarzeitalter? Hermann Scheer beschreibt das in seinem Buch: „Sonnen-Strategie. Politik ohne Alternative“ sehr genau. Er zeigt, dass die Sonne fast alle unsere Energie-Probleme lösen kann, in Kombination mit guter Politik und moderner Technik. Sie ist gratis und scheint auf alle gleich. Das Buch hat mich auch zu meinem Projekt inspiriert. Eine Freundin hat es mir zu Beginn meines FH-Studiums geschenkt. Richtig gelesen habe ich es allerdings erst später – in meiner Anfangszeit in München. Eigentlich bin ich direkt von meiner Sponsionsparty in Graz verkatert mit dem Zug nach Deutschland gefahren. Mit meinem damaligen Freund war es damals auch gerade vorbei und so bin ich am Wochenende einsam und heimwehgebeutelt in meiner Wohnung in Sendling gesessen und habe angefangen, den Scheer zu lesen.

Wussten Sie sofort, wie Ihr Energie-Projekt aussehen sollte? Überhaupt nicht! Ich habe damals, noch während des Studiums, Gesangsunterricht genommen. Und die erste Idee war sowieso, eine moderne „Sonnenoper“ oder zumindest ein „Sonnenmusical“ zu machen. Mit mir als Sängerin, das versteht sich! Nein, es erschien mir praktisch, einfach weil ein Musical einen Handlungsstrang hat und ich das Buch von Scheer als Libretto ummünzen hätte können. Aber Party interessiert die Leute mehr als Oper! Von der Oper zur Party im Club ist es aber schon ein sehr weiter Bogen – wie kam es dazu? Das war Matt Black von Coldcut. Ich habe die Gruppe in Wien im Musikverein gesehen und da wusste ich – das ist es! Coldcut machen Live-Visuals zu Musik und beschäftigen sich schon sehr lange mit Umweltschutz und ähnlichen Themen. Na ja, und da ich sie schon von anderen Projekten gekannt habe, ist es nicht schwer gewesen, sie zu überzeugen. Sie sind beruflich sehr viel unterwegs. Haben Sie einen Profitipp für Weltenbummler parat? Was sollte man immer unbedingt dabei haben, was nicht?

FOTO: Flo Hanatschek

Martha Bißmann ist Expertin in Sachen Klimapolitik. Als Gründerin von Energy Union, einem EU-Projekt, informieren sie und ihre Mitstreiter mit Partys und Infos europaweit über den ökologischen Zustand der Welt.

Stimmt, eigentlich bin ich ja mehr unterwegs als zuhause. Immer dabei: Schlafmaske und Oropax. Und zu viele Unterhosen! Immer mehr Hosen als Tage. Unterwegs zieht man sich öfter um als zuhause – es gibt am Tag Programm und am Abend wieder Programm. Daheim gibt es am Tag Arbeit und am Abend Pyjamahose. Auf gar keinen Fall mitnehmen: Smartphone! Das wird nur teuer im Ausland! Und den Reisepass am besten immer am gleichen Ort aufbewahren. Wie kann man unterwegs Energie sparen? Im Meer Haare waschen. Und eigentlich reicht einmal am Tag duschen. lb 81


FotoS: Josephine Hetkamp

CHEFREDAKTION: Thomas Pokorn, Anna Wieder ART DIRECTOR: Claudia Aichhorn TEXTCHEFS: Thomas Eder, Anja Reiter CHEF VOM DIENST: Christian Resch BILDREDAKTION UND BILDBEARBEITUNG: Michael Thurm, Clemens Ticar SCHLUSSREDAKTION: Thomas Dörflinger, Maresa Mayer ANZEIGEN: Lydia Bißmann, Katharina Hudelist, Gudrun Wölfl PRESSE, ÖFFENTLICHKEITSARBEIT UND VERTRIEB: Jochen Hencke, Markus Zottler TEXTREDAKTION: JUK07 FREIE MITARBEITER: Manuel Draschl, Josephine Hetkamp, Lisa Langmantel, Guido Senger STUDIENGANGSLEITER: Dr. Heinz Fischer (verantwortlich im Sinne des Mediengesetzes), FH JOANNEUM, Alte Poststr. 152, 8020 Graz DOZENTEN FÜR BLANK: Rita Gerstenbrand (Grafik), Ursula Kronenberger (Magazin-Journalismus), Heinz Wittenbrink (Online) TECHNIK: Boris Böttger LEKTORAT: Karin Raffer FINANZEN: Tanja Schönbacher SEKRETARIAT: Carmen Peltea, Elisabeth Staggl

Ein Projekt des Studiengangs „Journalismus und Unternehmenskommunikation“ der FH JOANNEUM Graz DRUCK: Offsetdruck Dorrong OG, Graz

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