Die Dominic Thiem Methode

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Günter Bresnik

Die

Dominic

Thiem Methode Erfolg gegen jede Regel

17

plus

Sieger-Tipps Für Beruf, Alltag und Sport

SACHBUCH



GüntER BREsnik

Die

Dominic

Thiem meThoDe Erfolg gegen jede Regel

SeIFert VerlAg


Inhalt

Die Dominic-Thiem-Methode

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Vorwort von Dominic Thiem

Einleitung von Günter Bresnik

Kapitel 1 | Familie Bresnik

Volle Post! Volle Post!

… was hätte Papa gemacht?

Urvertrauen

96

114 136

Kapitel 5 | Boris Becker

Kapitel 6 | Stefan Koubek

Kapitel 7 | Wolfgang Thiem

Die Lektion Boris Becker

Wieso Stefan Koubek nicht Top Ten wurde

Wie man Erfolg zulässt


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56

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Kapitel 2 | Eugen Gressl

Kapitel 3 | Horst Skoff

Kapitel 4 | Ion Tiriac

Herr Gressl

In Technik und in Kopf

Ion Tiriac ist dran

150 170 Kapitel 8 | Erfolgsprinzipien

Kapitel 9 | Dominic Thiem

17 Dinge, die ich Ăźber Erfolg gelernt habe

Vom Weg eines Champions


Vorwort

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Dominic Thiem


Volle Post! Volle Post! Ich habe keine Ahnung, was ich heute beruflich machen würde, wäre ich Günter nicht begegnet. Ich wäre vielleicht Tennislehrer, vielleicht ein besserer Hobbyspieler, vielleicht wäre ich Profi irgendwo auf Platz 100 oder 200. Ganz sicher weiß ich: Ich wäre nicht so erfolgreich. Und genauso sicher weiß ich: Ich wäre ein anderer Mensch.

Von Dominic Thiem

Meine erste Trainerstunde bei Günter hatte ich als Sieben- oder Achtjähriger. Mein Vater arbeitete damals schon ein paar Jahre als Trainer in Günters TennisAkademie in der Südstadt, ich trainierte fast jeden Tag mit ihm, gleich nach der Schule in seiner Mittagspause. Aber ein- oder zweimal im Monat durfte ich mit dem großen Chef spielen. Und Günter war der große Chef, Daviscup-Kapitän, Trainer von Österreichs Nummer eins Stefan Koubek, man kannte ihn aus dem Fernsehen und aus Zeitungen. Günter war die totale Respektsperson. Das merkte man sofort, wenn man in die Halle kam. Aber er war von Anfang an auch mehr: Er war ein anderer Trainer als die anderen. Auf eigenartige Weise veränderte sich die Stimmung, wenn er selbst auf den Platz kam, sie war gespannter, intensiver, mit viel mehr Energie. Wenn Günter auf dem Platz stand, arbeitete man ganz von selbst härter. Günter widmete sich mir total, genauso wie er sich Stefan Koubek widmete oder früher den anderen Profis gewidmet hatte, deren Namen ich kannte, Boris Becker, Horst Skoff, Henri Leconte. Dass er der Startrainer war und ich der Bub seines Angestellten, das war ihm völlig egal: Günter war in jeder Minute absolut konzentriert. Er arbeitete mit mir, dem schüchternen Achtjährigen, genauso ernsthaft wie mit einem Profi in den Top 20 der ATP-Weltrangliste.

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Einleitung

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GĂźnter Bresnik


… was hätte Papa gemacht? Warum es dieses Buch gibt. Warum es „Die Dominic-Thiem-Methode“ heißt, was es mit dem Untertitel „Erfolg gegen jede Regel“ auf sich hat. Und warum ich dieses Buch meinem Vater widme.

Es war der Nachmittag des 2. Juni 2016, Stade Roland Garros, ein kühler, regnerischer Donnerstag in Paris. Dominic hatte vor ein paar Minuten den Belgier David Goffin niedergerungen. Er hatte damit sein erstes Grand-Slam-Halbfinale erreicht, den Einzug unter die Top Ten der ATP fixiert. Dominic würde am kommenden Montag mindestens auf Platz sieben der Weltrangliste stehen, Aufsteiger der Saison, jüngster Spieler in der Weltspitze. Das war er also, der Moment, auf den wir 14 Jahre lang hingearbeitet hatten. Wir hatten das erste, das größte Ziel erreicht, Top Ten, Grand-Slam-Semi­ finale. An diesem 2. Juni 2016 hatten wir die Pflicht erledigt. Alles, was in Dominics Karriere noch folgen würde: Kür. Selbst wenn er kein einziges Match mehr im Leben gewinnen würde: Das gemeinsame Projekt von Dominic, seiner Familie und mir war ab diesem Moment ein Erfolg. „Gut gemacht, Kleiner, du kannst stolz sein“, sagte ich zu Dominic in der Spielergarderobe des Stadions. „Lass dich ordentlich durchmassieren, morgen wartet Djokovic.“ John McEnroe kam vorbei. Der Mann, der mich vor fast 40 Jahren für Tennis begeistert hatte, klopfte mir auf die Schulter. „Great work, Günter.“ Dieser 2. Juni 2016 war der größte Tag meiner beruflichen Laufbahn. Ich hatte einen achtjährigen Buben in die Weltklasse geführt. Keinem anderen Trainer war das vorher im professionellen Herren-Tennis gelungen. Ich setzte mich auf eine Holzbank in einer stillen Ecke der Garderobe, atmete einmal tief durch, Gedanken sammeln. Dann hielt ich die Hände vors Gesicht und heulte los. Ich heulte vor Stolz, vor Erleichterung und Freude, aber noch mehr vor

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Kapitel 1

Familie Bresnik

Wer meine Eltern versteht, die Werte und Prinzipien, mit denen sie mich fßr mein Leben geprägt haben, der versteht meine Arbeit mit Dominic.


Familie Bresnik, 1970: Mutter Elvira und Vater Walter (Mediziner), die Geschwister GĂźnter sowie Ingrid und Karin (Gymnasialprofessorinnen). Ich bin, akademisch betrachtet, das schwarze Schaf der Familie.


Kapitel 1

Familie Bresnik

Urvertrauen Ein Flegel als Idol. Der Vater als Lebensretter. Harte Schule. Frecher Schüler. Medizin an der Universität Wien. Ein Glücksfall namens Eugen Gressl. Plopp-Plopp-Plopp.

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I

ch begann wegen John McEnroe und wegen Gerhard Haidvogel Tennis zu spielen. McEnroe deswegen, weil ich im Schwarzweiß-Fernseher meiner Großmutter 1977 die Wimbledon-Übertragungen ansehen durfte – Tennis lief damals ja noch ganze Nachmittage im ersten ORF-Fernsehprogramm FS 1 –, McEnroe spielte im Halbfinale als Qualifikant gegen Jimmy Connors. McEnroe war ein 18-jähriger Nobody, ein Rebell, ein Rüpel, einer, der sich nichts gefallen ließ, der die Etablierten verschreckte, der sich über Regeln hinwegsetzte. „Superbrat“ nannten sie ihn deswegen, Superflegel. Für mich war er einfach ein extrem geiler Typ. Mein Mitschüler Gerhard Haidvogel deswegen, weil er ungefähr zur selben Zeit, in der 6. Klasse des Gymnasiums in der Keimgasse in Mödling südlich von Wien, keine Lust mehr auf Tennis hatte und deswegen seine weiße, kunstlederne Adidas-Tennistasche verkaufen wollte. In der befanden sich zwei bespannte Holzschläger – ein Dunlop Maxply und ein Slazenger Challenger No. 1 – sowie ein Karton beinahe noch makellos weißer Bälle. Haidvogel verlangte 150 Schilling. Die bettelte ich meinem Vater ab. Ich war 16 und sah mich in spätestens zwei Jahren im Schwarzweiß-Fernseher meiner Großmutter gegen John McEnroe spielen, oder, noch besser, gegen Björn Borg. Günter Bresnik als zweiter Superbrat. Mir war zwar klar, dass das ein aussichtsloses Unterfangen war. Aber Aussichtslosigkeiten galten mir schon damals nicht als überzeugendes Argument, etwas nicht wenigstens mit Hingabe zu probieren.

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Kapitel 3

Horst Skoff

Zu keinem anderen Spieler hatte ich ein so tiefes emotionales Verhältnis wie zu Horst Skoff. Ich liebte ihn wie einen kleinen Bruder. Und ich frage mich heute noch: Hätte ich seinen Abstieg und seinen tragischen Tod verhindern können?


Horst Skoff 1994. Ohne Skoffie wäre ich niemals internationaler Tennistrainer geworden.


Kapitel 3

Horst Skoff

In Technik und in Kopf Das gemeinsame Glück von Ronnie Leitgeb und mir. „Vorhand muss immer gefährliche Waffe bleiben.“ Wieso es mir heute noch die Kehle zuschnürt, wenn ich an Horst Skoff denke.

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S

koffie und ich begannen unsere Zusammenarbeit im Sommer 1987. Man kann uns nicht vorwerfen, dass wir die Sache übertrieben glamourös angegangen wären. Er war alles andere als fit, spielte schlecht, hatte – die sensationelle MonteCarlo-Woche im April ausgenommen – seit fast einem Jahr gegen keinen Spieler aus den Top 80 mehr gewonnen, zuletzt auch in Kitzbühel wieder enttäuscht, sich in der Woche drauf in Italien zu allem Überdruss verletzt. Es war Mitte August, also eigentlich Turnier-Hochsaison, als wir unsere Sachen packten und gemeinsam in Skoffies Heimatort fuhren, nach Kühnsdorf in Kärnten. Kukal und ich hatten beschlossen, dass ich mit Skoffie daran arbeiten sollte, den Trainingsrückstand aufzuholen, der sich über die letzten Monate angesammelt hatte – als er im Ranking nicht mit dem Rücken zur Wand stand, sondern in den Top 30, Top 40, nun immer noch den Top 50. Aber das Ranking trog: Schon im September würden ihm die guten Punkte des Stuttgart-Viertel­ finales und des Barcelona-Halbfinales von 1986 aus der Wertung fallen. Mittel der Wahl war ein Trainingslager weit weg von allen Ablenkungen: nur Skoffie, ich, ein Korb voller Trainingsbälle und die Plätze des Tennisclub Kühnsdorf, auf denen er als Vierjähriger zu spielen begonnen hatte. Wir quartierten uns im Haus von Mutter Skoff ein, ich bezog das Gästezimmer, Skoffie sein altes Kinderzimmer. Während es auf den US-Hartplätzen und bei den US Open in New York um fette Punkte ging, arbeiteten wir einen Monat lang hinter den Maschendrahtzäunen des TC Kühnsdorf, sieben Tage pro Woche, von 9 bis 18 Uhr, Mittagspause 12 bis 14 Uhr. Die Abende verbrachten wir im Billardcafé von Kühnsdorf. Wir spielten Pool, tranken Cola und aßen Schinken-Käse-Toast.

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Reportage

Trainingsalltag in der SĂźdstadt

Training Blicke hinter die Kulissen eines SĂźdstadt-Tags von Dominic Thiem und GĂźnter Bresnik.

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Tennispoint Südstadt, ein Dienstagvormittag im Frühjahr 2016. Auch wenn die Rückhand der Schlag ist, über den die Leute sprechen: Seine Matches gewinnt Dominic bis heute mit der „heavy“ Vorhand, mit der Kombination aus Speed und Spin.


Kapitel 7

Wolfgang Thiem

Wer spielt – abgesehen vom Kind selbst – die wichtigste Rolle in jeder jungen Tenniskarriere? Es ist nicht der Trainer. Es sind die Eltern. Bei Dominic machten Karin und Wolfgang alles richtig. Ihre Leistung ist viel höher einzuschätzen als meine.


Wolfgang, Dominic (hinten), Karin, Moritz (vorne): Tennis-Familie Thiem, 2009. „Ich hab ihr gesagt, was ich bei dir verdienen kann. Sie hat mir mit der Scheidung gedroht. Aber sie hat gesagt, dass ich es machen darf, wenn ich unbedingt will.“


Kapitel 7

Wolfgang Thiem

Wie man Erfolg zulässt „Geh nach Hause und kümmer dich um deine Familie!“ Verliebt in einen Tennisschläger. Gute Eltern-Sätze, schlechte Eltern-Sätze. Das totale Spielenwollen.

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I

ch hatte die Plätze in der Baumgasse, ich arbeitete neben Stefan Koubek mit mehr und mehr Spielern, ATP-Profis, zunehmend auch Jugendlichen, ich war zwischendurch immer wieder unterwegs auf Turnieren. Interessante Spieler nicht zu betreuen, die sich von mir betreuen lassen wollten, verbot mir mein Tatendrang. Angemietete Plätze leer stehen zu lassen, verbot mir mein Sinn für nachhaltigen Einsatz meiner ökonomischen Mittel. Alleine war das alles bald nicht mehr zu bewältigen. Ich brauchte also zusätzliche Trainer. Schnell machte ich die Erfahrung, dass sich erstaunlich viele Trainer in erster Linie den Klischees unseres Berufs verpflichtet fühlen: wesentlich mit der Darstellung der eigenen Kompetenz beschäftigt, nach gelungenen Schlägen gönnerhaft nicken, nach Schlagfehlern die Augen verdrehen. Durch keine Argumente zu erschütterndes Vertrauen in die eigenen Ansichten. Grundsätzlich entspanntes Verhältnis zu Arbeitsbeginn, -intensität und -dauer, Erfolge durch die eigene Arbeit begründen, Misserfolge durch mangelnde Fähigkeiten des Spielers. Karriereziel: mit bedeutungsschwerer Miene in der Loge am Centercourt großer Turniere sitzen. Ich begann also, nicht nur Spieler, sondern auch Trainer nach meinen Vorstellungen auszubilden. Das machte mich zum Chef eines kleinen Unternehmens. Was man als solcher zu tun hatte, wusste ich nicht genau. Aber ich hatte eine gute Richtlinie, nämlich das Berufsethos, das mir Eugen Gressl und mein Vater mitgegeben hatten. Es ließ sich auf drei Sätze reduzieren, und ich fand es eine gute Idee, diese Sätze an alle weiterzugeben, die mit mir arbeiteten. Erstens: Morgens mit der Arbeit anfangen, wenn etwas zu tun ist.

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Kapitel 8

Erfolgsprinzipien

17 Dinge, die ich über Erfolg gelernt habe Sieg oder Niederlage, kein Remis. Richtig oder falsch, kein Vielleicht. Entscheidungen und Konsequenzen, keine Kompromisse oder Rechtfertigungen: Professionelles Tennis auf Weltklasse-Niveau ist ein faszinierendes Labor unserer Gesellschaft. Es zeigt, was der Mensch mit Eigenverantwortung, Durchsetzungskraft und Leistungsbereitschaft zu erreichen imstande ist. Ich lebe seit Mitte der 1980er-Jahre in dieser Welt. Ich habe gelernt, dass hinter dauerhafter Leistung und dauerhaftem Erfolg vor allem Werte und Prinzipien stehen. Sie haben meiner Arbeit mit Dominic Orientierung gegeben. 17 der wichtigsten davon fasse ich in der folgenden Übersicht zusammen. Viele davon werden Sie nicht überraschen. Aber Erfolg – das ist gleich vorab der erste und wohl auch wichtigste Grundsatz – ist nicht Folge davon, möglichst oft Neues zu probieren, sondern möglichst konsequent das Richtige zu tun.

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Am Anfang steht das Ziel.

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Nichts gelingt, das nicht von Anfang an als Ziel formuliert wurde. Als exaktes Ziel, bis ins Detail durchdacht und definiert. Erst wenn man das Ziel kennt, sollte man sein Vorhaben beginnen. Ein Ziel gibt Orientierung bei jeder Entscheidung, die auf dem Weg zu treffen ist – bringt sie mich dem Ziel näher oder nicht? –, ein Ziel ist die beste Motivationshilfe. Und es hilft, falsche Entscheidungen schnell zu erkennen. Erst das Ziel gibt einem Vorhaben Struktur und Verbindlichkeit. Das Ziel meiner gemeinsamen Arbeit mit Dominic war und ist das Bild eines Tennisspielers mit allen für Erfolg nötigen Fähigkeiten. Seit über zehn Jahren sehe ich vor mir, wie sich dieser Spieler bewegt, wie er den Ball schlägt, wie er sich auf dem Platz und abseits davon präsentiert. Jede Entscheidung in den letzten 15 Jahren diente dazu, uns diesem Ziel näher zu bringen. Einen Ranglistenplatz als alleiniges Ziel zu formulieren, wäre übrigens nicht richtig gewesen. Denn die Rangliste ist (wie das Einkommen im Beruf) nur ein Messinstrument des Fortschritts, gar nicht das einzige und oft – gerade in Dominics Jugend – gar nicht das richtige.

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Kapitel 9

Dominic Thiem

Ich behaupte, die Ausbildung von Spitzensportlern wird immer mehr so aussehen wie bei Dominic und mir, so intensiv, so umfassend, so grundlegend. Es war ja keine Arbeit, die sich auf sportliche Fähigkeiten beschränkt hätte. Es war eine Arbeit an allen Aspekten des Gewinnens.


Dominic Thiem und G체nter Bresnik in der S체dstadt im Fr체hjahr 2005. Nicht einzugreifen h채tte bedeutet, dass sich Dominic immer tiefer in eine Sackgasse gewinnt.


Kapitel 9

Dominic Thiem

Vom Weg eines Champions Siege mit unlauteren Mitteln. „Der Bresnik hat den Thiem um’bracht!“ Der perfekte Marmorquader. „Wenn alle sagen, der Thiem ist deppert, dann haben wir’s geschafft.“ Campylobacter. Glücksfall Ernests.

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„Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen.“ Hermann Hesse

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ominics Erfolg hat nichts mit Zufall zu tun. Er lässt sich erklären, beginnend damit, dass zum ersten Mal in meiner Laufbahn vier Grundvoraussetzungen zusammentrafen.

• Die Basis von Dominics Erfolg ist seine unglaubliche Liebe zum Tennis und die bedingungslose Bereitschaft seiner Familie, insbesondere der Eltern, diese Liebe zu unterstützen. • Dadurch wurde es möglich, über Jahre den für Weltklasseleistungen nötigen Aufwand zu betreiben. • Ich war kompetent genug, diesen Aufwand so zu lenken und zu gestalten, dass er nicht ins Leere ging. Das verdanke ich der Ausbildung durch meine Eltern und Mentoren und den Erfahrungen meiner Jahre auf der Tour. • Das große Vertrauen von Dominics Eltern gab mir die Möglichkeit, bei Bedarf auch ungewöhnliche Entscheidungen zu treffen oder unkonventionelle Maßnahmen zu ergreifen. Als Dominic ungefähr zehn oder elf Jahre alt war, definierte ich das Ziel unserer Arbeit: Es war das Bild eines zukünftigen Weltklassespielers. Dieses Bild – im Wesentlichen eine Sammlung von technischen, physischen und psychischen Eigenschaften und Fertigkeiten – ist bis heute das Ideal, auf das wir hinarbeiten, 50 bis 52 Wochen pro Jahr, fünf bis sieben Tage pro Woche. Ohne Geheimnisse, ohne Abkürzungen.

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Kapitel 9

Dominic Thiem

So klar dieser Erfolgsweg im Rückblick einer Erzählung erscheinen mag, so beschwerlich war er. Die Leistung, die Dominic von klein auf zu erbringen hatte, war enorm. • Dominic musste sich als Jugendlicher von den Eigenschaften lösen, die ihn erfolgreich gemacht hatten. • Dominic musste – und seine Eltern mussten – Jahre voller Niederlagen und Zweifel überwinden. • Dominic musste jahrelang an seine körperlichen und geistigen Grenzen gehen, um die Belastungen der Ausbildung auszuhalten. • Dominic durfte sich von den Erfolgen, die später kamen, nicht zu Zufriedenheit verleiten lassen. Er musste die Kraft, die sie ihm gaben, in seine weitere Entwicklung investieren. • Dominic musste eine jahrelange Erkrankung überstehen. Sie war so schwer, dass sie seine Laufbahn hätte beenden können. Abgesehen von dieser Erkrankung lief alles nach Plan. Oder eigentlich sogar ein bisschen besser. Das folgende Kapitel beschreibt Dominics Weg in die Weltklasse. Während Sie es lesen, schreibt Dominic weiter daran. Er arbeitet immer noch mit der Hingabe, Konsequenz und Freude des Achtjährigen. Deswegen sehe ich keinen Grund, warum Dominic nicht das Größte erreichen sollte, das man als Tennisspieler erreichen kann: Nummer eins der Weltrangliste zu werden oder einen Grand-Slam-Titel zu gewinnen. Hier also nun, was bis Sommer 2016 geschah, erzählt entlang der wichtigsten Stationen auf dem Weg.

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Der erste Meilenstein:

Das Bild des perfekten Spielers Das Ziel, das wir uns setzten, war eine Sammlung jener Fertigkeiten, die zehn, 15 Jahre später zum Erfolg führen würden.

Dominic wurde im September 1993 geboren, wir lernten uns 2000 oder 2001 kennen. Das professionelle Herrentennis entwickelte sich in diesen Jahren radikal. In den 1970ern und frühen 1980ern konnte man große Titel noch durch Geduld und taktisches Geschick gewinnen. Meisterhaft vorgetragen etwa durch Arthur Ashe bei seinem letzten Grand-Slam-Sieg 1975, als er in einem der legendärsten Wimbledon-Endspiele Jimmy Connors ins Leere laufen ließ. Und durch Mats Wilander bei seinem ersten Grand-Slam-Titel 1982. Er spielte in Paris jeden Ball mit Topspin in die Platzmitte, einen Meter vor die Grundlinie. Die Gegner verzweifelten daran, hohe Bälle weit hinter der Grundlinie schlagen zu müssen, ohne Tempo, ohne Winkel. In den 1980ern änderte sich das. Wer sein eigenes Spiel auf Unzulänglichkeiten des Gegners aufbaute, hatte keine Chance mehr, Champion zu werden. Weil nicht nur die Spieler immer besser wurden, sondern auch die Rackets und Saiten (Yannick Noah war 1983 der letzte Grand-Slam-Turniersieger mit einem Holzracket). Wer sich freiwillig in die Defensive zurückzog, war verloren. Mehr Tempo, mehr Athletik, mehr Aggressivität, den Punkt auch von der Grundlinie selbst abschließen: Thomas Muster war ein prototypischer Grundlinienspieler der neuen Generation. Im Jahr 2000 war absehbar, wie die weitere Entwicklung aussehen würde. Ich wusste, welche Eigenschaften zehn oder 15 Jahre später Erfolg ausmachen würden. Ein Tennismatch würde grundsätzlich der gewinnen, der höheres Tempo besser beherrscht. Das war das Wichtigste.

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SEIFERT VERLAG

Siegen kann man lernen Günter Bresnik, einer der besten Tennistrainer der Welt, ist ein Philosoph des Erfolgs. Er unterrichtet seine Schüler nach ganz eigenen, ungewöhnlichen Methoden. Er vermittelt ihnen Werte und Prinzipien, er macht sie zu Siegern. In diesem Buch beschreibt Bresnik, wie er seine Methoden entwickelte und wie er mit ihrer Hilfe den achtjährigen Buben Dominic Thiem in fünfzehnjähriger Arbeit in die Spitze der Tenniswelt führte. „In Dominics Erfolg spielen Glück oder Zufall keine Rolle“, sagt Bresnik. „Die Dominic-Thiem-Methode“ ist ein faszinierender, für jeden an Sport und an Erfolg interessierten Menschen hoch inspirierender Blick hinter die Kulissen des Spitzensports.

ISBN: 978-3902924-61-2

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783902

924612

Covergestaltung: Michi Schwab, Union Wagner Coverfotos: Jürgen Skarwan Logo Seifert Verlag: © Padhi Frieberger

Seifert Verlag GmbH

www.dominic-thiem-methode.com www. seifertverlag.at facebook.com/seifertverlag


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