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sonderausgabe
Ortswechsel mit Rollentausch Deutschland ist Menschen auf anderen Kontinenten näher als man denkt. Davon ist Hao Gui überzeugt. Und doch sei die Aufgabe, dieses Land anderen – Chinesen – in allen Facetten vorzustellen, „ein schwieriger Auftrag“. 01
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Oft vernachlässigt, aber
herausragend als Aushängeschild Deutschlands: die gelebte freiheitliche Demokratie, universelle und unteilbare Menschenrechte, Rechtsstaat und Toleranz
Peking, 1995. Das Goethe-Institut befindet sich an der dritten Ringstraße im Westen der chinesischen Hauptstadt. Das viergeschossige Gebäude aus grauem Backstein ist das Zentrum der Deutschland-Informationen. Im Lesesaal im ersten Obergeschoss werden Bücher ausgestellt: Friedrich Nietzsche, Ludwig Feuerbach, Friedrich Schiller und eben Johann Wolfgang von Goethe, auf Deutsch und Chinesisch. Beliebt ist auch die deutsche Presse, obwohl die Zeitungen und Zeitschriften über den Postweg fast immer vier bis sechs Wochen später ankommen. „FAZ“, „Stern“ oder „Brigitte“ erzeugen fast immer einen Aha-Effekt. Viele Leser sprechen gebrochen Deutsch, Deutschland kennen sie aber nicht.
Einen Raum weiter, in der sogenannten Mediathek, laufen auf drei VHS-Rekordern fast ununterbrochen deutsche Nostalgie-Filme: „Einmal wird die Sonne wieder scheinen“ mit Heintje oder die Sissi-Trilogie mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm, im deutschen Originalton versteht sich. Von Filmgenuss kann nicht die Rede sein. Die Zuschauer müssen Kopf hörer tragen – nur maximal zwei lassen sich am Rekorder anschließen. Videokassetten kann man nicht ausleihen, die Audiokassetten dagegen schon, produziert von Inter Nationes und der Deutschen Welle. Für maximal 14 Tage – später, wegen des großen Zuspruchs, sieben Tage – darf man eine Kassette ausleihen. Darauf muss man mindestens zwei Wochen warten. Auch ich d arf