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Editorial

Die Bedeutung von unabhängigem Journalismus zeigt sich in Krisenzeiten am stärksten. Informationen über Demokratiebewegungen, Populismus, Kriege oder eine globale Pandemie werden durch staatlich kontrollierte Medien in vielen Ländern unterdrückt oder manipuliert.

Wie bei unseren Kolleginnen und Kollegen bei der BBC oder dem französischen Auslandssender FMM schlägt sich der Informationsbedarf über die angespannte Weltlage auch bei der DW in einem starken Anstieg der Nutzungszahlen nieder. Eine Entwicklung, die unmittelbar damit zusammenhängt, dass Menschen gerade auch in autokratisch geführten Ländern immer mehr nach objektiver Information suchen und diese dank der Digitalisierung zunehmend finden können. In die Nachrichten-App der DW haben wir eine Software zur Umgehung von Zensurmaßnahmen integriert, um den Zugriff auf unsere Berichterstattung in vielen Ländern zu erleichtern.

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Die europäische Einheit steht auf dem Prüfstand. Die gemeinsame Stärke der Auslandssender ist davon unberührt. Auch unter den enormen Einschränkungen, die uns die Pandemie beschert, erbringen die Mitarbeitenden in Redaktionen, Technikabteilungen und Verwaltungen der internationalen Informationsanbieter absolute Höchstleistungen und versorgen ihre Nutzenden mit verlässlichen Nachrichten und Hintergründen zum Weltgeschehen.

Unabhängiger, solide finanzierter Journalismus ist durch nichts zu ersetzen.

Auf dem Höhepunkt der Corona-Krise entwickelten France 24 und DW gemeinsam ein Debatten-Format über die Gesundheitssituation in Europa und produzierten ein Programm an der deutsch-französischen Grenze über die Auswirkungen auf die Reisefreiheit in Europa. Weitere Sendungen zu Themen wie Klimawandel, Migration und Wahlen sind in Planung. Diese Zusammenarbeit ist das greifbare Ergebnis unseres Bestrebens, für unsere gemeinsamen Werte einzustehen und gegen die Verbreitung von Desinformation anzutreten.

Der türkischsprachige Kanal +90 auf YouTube und Instagram ist ein Paradebeispiel für die Wirksamkeit von journalistischen Projekten, die wir in enger Kooperation herstellen. Seit dem Start im April 2019 hat das Angebot für Menschen in der Türkei und der Diaspora 380.000 regelmäßige Nutzende, denen die Redaktionen von DW, BBC, FMM und VoA Inhalte über die gesellschaftlichen Entwicklungen in der Türkei anbieten, welche von den inzwischen stark gegängelten Medien in der Türkei nicht behandelt werden. Dieses redaktionelle Angebot soll ein Beitrag zu mehr medialer Vielfalt sein.

Mit dem Internetportal InfoMigrants haben DW, FMM und die italienische Nachrichtenagentur ANSA eine Informationsplattform für Themen um Migration und Integration geschaffen, um der anhaltenden Desinformation zu begegnen, der Menschen ausgesetzt sind, die ihre Heimat verlassen, um eine bessere Zukunft zu suchen. In fünf Sprachen können sich Nutzende über die Gefahren bei der Flucht informieren und Antworten auf für sie relevante Fragen finden. Papst Franziskus hat InfoMigrants als eine wichtige Initiative bezeichnet, die menschliche und christliche Werte – die grundlegenden Fundamente der europäischen Gesellschaft – in den Vordergrund stellt.

Neben den klassischen Medien haben sich digitale Informationskanäle in den Sozialen Medien etabliert, in denen sich besonders die junge Generation bewegt. Aber nicht immer sind hier Meinung und Fakten klar getrennt. Das stellt eine zusätzliche Herausforderung für Redaktionen dar, die mit verifizierten Informationen diese Flut von Inhalten durchdringen müssen, um Nutzende zu erreichen. Unabhängiger, solide finanzierter Journalismus ist durch nichts zu ersetzen, um nachhaltig verlässliche Informationen auch in Krisenzeiten zu liefern. Während immer mehr Nutzende diesen Wert erkennen, wächst der Widerstand derer, die durch die Medien zur Rechenschaft gezogen werden.

Wir registrieren, dass Journalistinnen und Journalisten in immer mehr Ländern in ihrer Arbeit behindert, bedroht und inhaftiert werden. Und wir müssen jedes Jahr Kolleginnen und Kollegen betrauern, deren Beitrag zu freier Information zu ihrem Todesurteil wurde. Das darf nicht der Preis für unabhängigen Journalismus sein! Regierungen wie auch Staatengemeinschaften sind aufgefordert, für die Sicherheit der Presse einzutreten.

Peter Limbourg | Intendant

Twitter: dw_Limbourg