DER HARBURGER - Kids

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Eltern haften für ihre Kinder!? Man sieht es an nahezu jeder Baustelle: Das Schild mit der Aufschrift „Zutritt verboten – Eltern haften für ihre Kinder“. Auch vor manchen Grundstücken findet sich die Warnung: „Betreten des Grundstücks verboten“, ebenfalls mit dem Zusatz „Eltern haften für ihre Kinder“. Der Zweck ist klar: Durch diesen Hinweis soll verhindert werden, dass Kinder auf einer Baustelle spielen, etwas kaputt machen oder sich dabei verletzen. Eltern sollen also in jedem Fall dafür geradestehen, was ihre Kinder beschädigt oder zerstört haben. In rechtlicher Hinsicht ist diese Aussage allerdings ungenau, denn im deutschen Recht haftet grundsätzlich jeder nur für sein eigenes Verschulden. Eltern sind verpflichtet, auf ihre Kinder aufzupassen und können sie nicht einfach sich selbst überlassen. Natürlich sollen Kinder ab einem gewissen Alter auch auf eigene Faust die Welt entdecken können. Deshalb hängt es vom Alter und von der Entwicklung des Kindes ab, wie stark die Eltern ihre Kinder beaufsichtigen müssen. Je kleiner die Kinder und je weniger einsichtsfähig sie sind, desto mehr müssen Eltern aufpassen. Wenn die Eltern diese gesetzliche Aufsichtspflicht verletzen, können sie nach der Regelung des § 832 Bürgerliches Gesetzbuch zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet sein. Der Grund für die Schadensersatzpflicht liegt dann aber in dem eigenen Verschulden der Eltern, nämlich in der Verletzung der Aufsichtspflicht. Wenn Eltern aber nachweisen können, dass sie ihre Aufsichtspflicht erfüllt haben und nicht verhindern konnten, dass ihr Kind sich auf eine Baustelle schleicht, dann müssen sie auch nicht den Schaden ersetzen, den ihr Kind dort verursacht hat. Dann „haften“ die Eltern nicht für ihre Kinder. Ein Kind selbst kann übrigens nur dann zum Ersatz des von ihm verursachten Schadens verpflichtet sein, wenn es über die erforderliche Einsichtsfähigkeit verfügt. Unter 7 Jahren gelten Kinder als überhaupt nicht deliktfähig. Bei älteren Kindern wird die jeweilige Entwicklungsreife beurteilt, was im Einzelfall äußerst schwierig zu entscheiden ist. In jedem Fall genügt nicht, wenn die Betreiber einer Baustelle dieses Schild aufhängen und ansonsten die Baustelle ungesichert lassen. Wenn Kinder ohne Probleme den Baustellenbereich betreten können, dann verletzt der Betreiber seine Schutzpflichten und „haftet“ selbst. Rechtsanwalt Dr. Jan Wendt ist gebürtiger Harburger und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht. Er arbeitet in der Kanzlei brehm wendt Rechtsanwälte (www.brehm-wendt.de)


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