Mecklenburg Schwerin delüx Winter 4/2013

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MUSEUM

Ein Museum mit schwergewichtigen Exponaten und seltsamer Geräuschkulisse – das Schweriner Eisenbahn- und Technikmuseum

FAUCHEN UND WECKERKLINGELN Durch ein schlauchförmiges Labyrinth von Werkstätten und Schuppen, rechts hinter dem Schweriner Hauptbahnhof, gelangt der Besucher in das „Mecklenburgische Eisenbahn- und Technikmuseum“. Am besten folgt er den Geräuschen. Wo es faucht und klingelt, ist das Museum nicht mehr weit.

I

n der ehemaligen Lokwerkstatt werden Zeugen der Eisenbahngeschichte ausgestellt, liebevoll gepflegt und gewartet. Zunächst fällt die Dampflokomotive 89 008 von 1937 ins Auge. Sie war als leichte Rangierlok bis 1971 in Berlin und in Dresden im Einsatz, ehe sie 1992 über Umwege ins Schweriner Museum gelangte.

Diese historische Bahnhofsuhr, die sogenannte Nasenuhr, befand sich ursprünglich am Bahnhof im mecklenburgischen Rom.

Die beeindruckenden Räder der Schnellzug-Lok 031090 von 1939. Die Lok entging 1979 der Verschrottung, weil sie von Stralsunder Eisenbahnern auf der Insel Rügen „versteckt“ wurde.

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Gegenüber der Lok, an der Wand der Werkstatt, stehen zwei ganz besondere Museumsexponate. Sie sehen seltsam aus, wie eine Kreuzung zwischen einer Standuhr und einem überdimensionalen Wecker. Es handelt sich um Streckenläutewerke, wie der ehemalige Eisenbahner Peter Kunze erklärt. „Ein Uhrmacher und Eisenbahningenieur erfanden 1846 das Streckenläutewerk.“ Der Erbauer der Thüringischen Eisenbahn, ein August Mons, beauftragte den Berliner Hofuhrmacher Ferdinand Leonhardt mit dem Bau eines elektromechanischen Läutewerks zur Signalisierung des Zugdurchlaufs. Die aus 39 Läutewerken bestehende Anlage wurde zwischen Halle und Weißenfels eingesetzt. „Zuvor hatte man nur die Möglichkeit, Züge optisch anzukündigen“, so der Lokführer im Ruhestand. Anfangs, als die Züge der Eisenbahn noch relativ langsam fuhren, standen Streckenposten auf Sichtweite an den Eisenbahnschienen und gaben mit Hilfe von Fahnen und Laternen den jeweiligen Streckenabschnitt frei. Später setzte man Signalmasten mit zwei Flügeln, die sogenannten Flügeltelegrafen, ein. Durch Veränderung der Flügelstellung signalisierte ein

Streckenposten dem nächsten Wärter das Nahen eines Zuges. Das Erkennen des Signals war bei schlechter Witterung und besonders bei Nebel problematisch. Der Eisenbahner öffnet die Tür der „Standuhr“ mit der großen Glocke auf dem Dach und zieht sie auf. Dann ertönt ein Klingelton, der jeden Tiefschläfer wachrütteln würde. „Induktionskurbelwerke erzeugten den Strom, der dann alle Läutewerke, die zwischen zwei Bahnhöfen standen, zeitgleich auslöste“, erklärt Peter Kunze. „Die große Glocke ertönt. Achtung, es kommt ein Zug! Das Signal hieß für die Schrankenwärter: Schranke schließen.“ Die Läutewerke waren über hundert Jahre bei der Eisenbahn üblich und sind erst um 1960 langsam wieder verschwunden.

Eisenbahner Peter Kunze erklärt die Streckenläutewerke.

MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2013


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