Mecklenburg Schwerin delüx Sommer 2/2015

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PORTRÄT gesucht wird. Da ich zum einen wieder zurück in den Norden, zum anderen mich gern wieder fest an ein Haus binden wollte, bin ich zum Vorsprechen gefahren. Ich habe mir dann noch eine Vorstellung vom ‚Schimmelreiter‘ angesehen – und schon auf der Rückfahrt nach Hause bekam ich das Vertragsangebot.“ Jens Tramsen hat es angenommen und diese Entscheidung bis heute nicht bereut. Er ist in jedem Stück dabei – pro Spielzeit gibt es bei der Reuter-Bühne vier neue Inszenierungen, dazu ein Weihnachtsprogramm und eine Produktion im Freilichtmuseum Schwerin-Mueß. Zum Repertoire der Fritz-Reuter-Bühne gehören traditionell die so genannten Klassiker des Plattdeutschen Theaters, in der nächsten Spielzeit werden es das Schauspiel „Mudder Mews“ und die Komödie „Opa ward verköfft“ sein. Frage an den Mittdreißiger Tramsen: Ist das nicht Opa- und OmaTheater? „Unsere Zuschauer sind meist im fortgeschrittenen Alter, aber wir machen deshalb kein Omi-Theater. Wir bieten eine gute Mischung aus Boulevard-Theater – was ich sehr mag – und Komödien sowie moderner Dramatik. Stücke wie ‚Bottervagels sünd frie‘ über einen blinden jungen Mann, der sich von seiner überbesorgten Mutter abnabeln will oder ‚Tauierst kümmt de Familie‘ über

die Reaktionen unserer Zuschauer sind direkter, unmittelbarer. Das Publikum zeigt Emotionen, und es ist treu.“ Das erlebt das kleine Ensemble der Fritz-Reuter-Bühne bei seinen zahlreichen Abstechern durch das Bundesland, von Wismar, Rostock, Dömitz, Kirch Stück bis nach Stavenhagen und Putbus. Die Stücke, die heute bei der Reuter-Bühne (neben dem Hamburger Ohnsorg-Theater die zweite in niederdeutscher Sprache spielende Profi-Bühne) aufgeführt werden, sind anders, zeitgemäßer geworden – sie reflektieren eine andere Zeit, andere Verhaltensweisen und haben einen anderen Humor. Jens Tramsen empfiehlt deshalb gerade dem jungen Publikum: „Keine Hemmungen haben vor dem Plattdeutschen, einfach mal reingehen und schauen, was wir machen.“ Jens Tramsen wird erstmal Urlaub machen (nach den Vorstellungen in Mueß) und sich dann ganz ausgiebig mit Fritz beschäftigen. Nicht mit Fritz Reuter, mit seinem im Oktober geborenen Söhnchen Fritz – ein Nachwuchs-Plattdütscher? Karin Gustmann

... „Ünnert Lüchtfüer“.

Fotos: Theater / Silke Winkler

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den Generationenkonflikt in der Familie – das sind Themen, die egal in welcher Sprache, auf der Bühne behandelt werden.“ Der Schauspieler Jens Tramsen plädiert für das Volkstheater, denn „es ist für das Volk gemacht, was aber nicht heißt, dass es sich anbiedert, verharmlost. Im Humor, speziell im plattdeutschen, verstecken sich schon ganz schön pieksige Spitzen.“ Die plattdeutsche Sprache – und damit das plattdeutsche Theater – wurden schon vielfach als verstaubt und überholt abgetan und totgesagt. Aber die Sprache lebt: „Das Plattdeutsche ist urtümlich, man kann Sachen einfacher sagen, direkter ausdrücken. Und auch MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 2/2015

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