HANDWERK
Blick auf das Dach des Hauses in Schwerin Puschkinstraße, Ecke Burgstraße.
Dorin Müthel-Brenncke in ihrem Büro in Schwerin-Hansholz.
Eine Frau macht Mut „Für mich war es immer klar: Ich steige in das Familienunternehmen ein“, sagt Dorin Müthel-Brenncke rückblickend. Heute ist die sympathische Frau mit den langen blonden Haaren Geschäftsführerin der Schweriner Bauhandwerksfirma Mix GmbH, Chefin von zehn Dachdeckern, Zimmerern und Klempnern. Mitten in der turbulenten Wendezeit, im November 1989, gründete der Dachdeckermeis-ter Jürgen Mix, Vater von Dorin MüthelBrenncke, einen Handwerksbetrieb in Schwerin. „Man wird in eine Handwerkerfamilie hineingeboren und wenn die Eltern einen Betrieb gründen, wird man quasi ein Teil davon“, erinnert sich die 47Jährige. Das Familienunternehmen startete mit einem Lehrling und wuchs dann schnell. Um weitere Leistungen im Dachbereich anbieten zu können, kam Mitte der 90er Jahre eine Zimmererfirma hinzu. 1998 fusionierten beide Unternehmen. Es entstand die Mix Dachdecker und Zimmerer GmbH. Der Familienname wurde zum Programm: ein Mix aus Zimmererund Dachdeckerleistungen und alles aus einer Hand. Die Tochter trat nach Beendigung ihres 50
Betriebswirtschaftsstudiums als kaufmännische Angestellte in das elterliche Unternehmen ein. „Es gab für mich nie einen anderen Gedanken“ überlegt die Schwerinerin nachdenklich. „Der Weg lag quasi vor mir“. Sie fügt hinzu: „Ich habe meine Erfahrungen im eigenen Betrieb gesammelt.“ Sieben Jahre arbeitete sie an der Seite ihres Vaters. „Ich bin langsam in die Firma hineingewachsen. In gewisser Weise wird man selbst der Betrieb. Die Firma wurde ein untrennbarer Bestandteil meines Lebens.“ Am 1. März 2001 übernahm Dorin Müthel-Brenncke die Geschäftsführung. Dachdeckermeister Olaf Schwartzer, seit 1993 in der Firma tätig, übernahm als rechte Hand der Geschäftsführerin die technische Seite des Erbes von Firmengründer Jürgen Mix an. Inzwischen hat das Unternehmen
zehn Mitarbeiter. Eine kleine mittelständische Firma, die alle Arbeiten im Bereich Zimmerei und Dachdeckerei ausführt. Das sind Neubauten und auch denkmalgeschützte Häuser. „Ein Neubau ist klar geplant, klar strukturiert. Eine Sanierung hingegen ist mit einem gewissen Anspruch verbunden, nicht nur bei der fachlichen Ausführung“, gibt die Geschäftsführerin zu bedenken. In ein altes Haus kann man nicht wirklich hineinschauen. Es muss Schritt für Schritt erschlossen werden, um die Sanierung möglichst genau planen zu können. „Es ist ein spannender Prozess, ein historisches Gebäude zu erfassen, eine Vorstellung zu bekommen, was sich im verborgenen Bereich befindet, um die Kosten verlässlich abschätzen zu können.“ Eine seriöse Planung der Sanierung und der entstehenden
Kosten setzt große Erfahrungswerte voraus. Das ist das Reich des versierten technischen Leiters Olaf Schwartzer. Gefragt, welches Bauprojekt in Schwerin etwas Besonderes war, verweist die lebhafte Frau mit dem ansteckenden Lachen auf das Haus in der Puschkinstraße, Ecke Burgstraße, in dem sich heute ein Bioladen befindet. „Das war schon eine richtige Ruine. Ich fand es ganz toll, dass der Bauherr die Herausforderung angenommen hat. Wir haben das Bauvorhaben ein Jahr lang begleitet. Wenn ich dort vorbeigehe, denke ich: Ja!, ein Schandfleck ist verschwunden. Das hat Spaß gemacht, das war eine schöne Aufgabe, eine anspruchsvolle Arbeit. Auch Schwerin hat an dieser Stelle gewonnen. Dieser Dreiklang ist mir wichtig.“ Dorin Müthel-Brenncke engagiert sich über die Firma hinaus gesellschaftlich und politisch. So wirkt sie im Vorstand des 2015 gegründeten Fördervereins zur Unterstützung des Weltkulturerbeantrags für Schwerin mit. „Für mich ist das eine Herzensangelegenheit. Ich denke, für Schwerin bedeutet die Anerkennung des Residenzensembles und der Kulturlandschaft als UNESCO-Weltkulturerbe viel mehr Chance als Risiko. Ich möchte diesen positiven Gedanken zu den Schwerinern tragen.“ Und, die Geschäftsführerin möchte Töchtern Mut machen, selbstbewusst in die Fußstapfen des Vaters zu steigen, Handwerksbetriebe zu übernehmen und weiterzuführen. Frauen sollten sich bewusst werden, welches große Potenzial sie haben und sich nicht in Schubladen stecken lassen.“ Text & Fotos: Elvira Grossert MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 1/2016