DAIMLER TECHNICITY 01-2011 Deutsch

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MAGAZIN FÜR INNOVATION TECHNOLOGIE MOBILITÄT

AUSGABE 01 2011

TECHNICITY MAGAZIN FÜR INNOVATION TECHNOLOGIE MOBILITÄT

TECHNICITY

ALWAYS ON Die vernetzte Welt erreicht die individuelle Mobilität – und eröffnet unvorstellbare Möglichkeiten. TECHNICITY

Eine Publikation der Daimler AG © Stuttgart 2011

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FÜR ISSN 2190-0515

FOTO: FRANK KAYSER PHOTOGRAPHY

MAGAZIN

URBANER WETTBEWERB

HÖCHSTLEISTUNGSAGGREGATE

Wie sich EU-Metropolen bei Nachhaltigkeits- und Mobilitätskonzepten weiterentwickeln.

Wie durch maximale Effizienzsteigerung höchste Performance bei Motoren erzielt wird.

CAR-TO-X-KOMMUNIKATION

KONDITIONSMANAGEMENT

Weshalb die Fahrzeugkommunikation die Zukunft der Mobilität entscheidend verändern wird.

Wie Extremsportler und Truckfahrer ihren Leistungsabruf durch innovative Technologien unterstützen.

INNOVATION TECHNOLOGIE MOBILITÄT

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TECHNICITY <engl.> die, das; - ies (Abk. T) 1. Eigenname als Zusammensetzung der Begriffe Tech•no•lo’gie (1) und Ci•ty (2) 2. Magazin, das sich mit der Anwendung von (1) in urbanem Umfeld und in weltweiten Metropolregionen befasst 3. <engl.> für Tech•ni’zi•tät (3) 4. der technische Charakter einer In•no•va•ti’on (4)

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INTERNET IM AUTO Display von COMAND Online, der im Fahrzeug integrierten On-Board-Unit von Mercedes-Benz.

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VERNETZTES FAHRZEUG In Echtzeit kommuniziert das Auto online, um wie hier in New York die Fahrtroute zu optimieren.

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ON

Das World Wide Web verändert rasant die Welt – und eröffnet uns ungeahnte Möglichkeiten. In dieser Ausgabe von TECHNICITY beschäftigen wir uns deshalb mit digitalen Netzwerken und den Anwendungspotenzialen, die sich damit für Mensch, Technologie und Gesellschaft ergeben. Das birgt Chancen, aber auch Risiken. Im Automobil hat seit Jahren die Zahl elektronischer Steuergeräte stetig zugenommen: In einer S- oder E-Klasse von Mercedes-Benz befinden sich heute 40 bis 50 kleine Hochleistungscomputer. Mit unserer neuen Telematikgeneration hält nun auch das Internet Einzug ins Automobil. Wir sind ALWAYS ON (S. 50) – auch im Bereich der individuellen Mobilität. Seit 125 Jahren befassen wir uns intensiv mit den neuesten Entwicklungen und Trends rund um das Thema Automobil. Und wir werden auch in Zukunft eine führende Rolle bei der Gestaltung der Mobilität spielen. Die virtuelle Welt ist dabei ein wesentlicher Bestandteil bei der Fahrzeugentwicklung. Jüngstes Beispiel: unser neuer FAHRSIMULATOR (S. 10). Er kann hochdynamische Fahrmanöver noch realistischer simulieren und das Verhalten von Fahrer und Fahrzeug im Straßenverkehr noch intensiver erforschen – die Ergebnisse fließen zum Wohle unserer Kunden weltweit direkt in die Serienentwicklung ein. Die Kondition und Fitness von Fahrern haben unsere Nutzfahrzeugentwickler bei Daimler Trucks in unserem Technologieträger TOPFIT-TRUCK (S. 26) genau unter die Lupe genommen. Modernste Technologien helfen heute Extremsportlern wie Truckfahrern, ihren vollen Leistungsabruf wohlportioniert zu steuern – und „topfit“ ans Ziel zu kommen. Kraftvolle HÖCHSTLEISTUNGSAGGREGATE (S. 38) beweisen ebenfalls höchste Effizienz: Die Ingenieure bei AMG haben dies jüngst mit dem neuen M-157-Motor, einem V8-Triebwerk, eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Der Antrieb unterbietet mit seinen Verbrauchswerten nicht nur sämtliche direkte Wettbewerber, sondern ist auch verbrauchsgünstiger als weitaus leistungsschwächere Motoren. Viel Freude bei der Lektüre wünscht Ihnen Thomas Weber Vorstandsmitglied der Daimler AG, verantwortlich für Konzernforschung und Entwicklung Mercedes-Benz Cars

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Höchstleistungsaggregate

Konditionsmanagement

84 Urbaner Wettbewerb

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ALWAYS ON Die vernetzte Welt erreicht die individuelle Mobilität – mit unvorstellbaren Möglichkeiten für Mensch, Technologie und Gesellschaft. TECHNICITY-Autor Steffan HEUER erklärt die Vernetzungsmuster der Online-Technologien. 1. Body Area Network Die digitale Vernetzung des menschlichen Körpers. 2. Wide Area Network Haushalt und Fahrzeug werden zur Schnittstelle. 3. Metropolitan Network In Städten werden komplexe Onlinedienste genutzt. 4. Global Area Network Die grenzenlose Vernetzung von Städten und Regionen. 5. Society Network Der potenzielle Teufelskreis: Chancen und Gefahren eines Lebens ohne „Ausschalter“.

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INDEX

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TECHNOLOGIE

TALENT

TOLERANZ

Neue Technologien sind unverzichtbarer Treibstoff für Innovationen und den Fortschritt im 21. Jahrhundert – spannend, elektrisierend und faszinierend.

„Der Kampf um Talente entscheidet über den wirtschaftlichen Erfolg“, sagt Richard FLORIDA, US-Ökonom. In den Innovationsregionen definieren Kreative die Zukunft.

Toleranz, Offenheit und kulturelle Vielfalt sind entscheidend für wirtschaftliches Wachstum in Metropolen – und Ausdruck eines neuen urbanen Lebensstils.

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Simulation der Extreme Der weltweit leistungsfähigste Fahrsimulator steht im süddeutschen Sindelfingen. Mit Hightechversuchen werden Sicherheitstechnologien in Fahrzeugen von morgen in virtuellen Extremsituationen getestet.

ALWAYS ON

Car-to-X-Kommunikation In einem groß angelegten Pilotversuch testet ein Konsortium aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik in Deutschland die sogenannte Car-to-X-Kommunikation. Sie wird die Zukunft der Mobiliät entscheidend verändern.

20 SPEKTRUM Hightechnews aus den internationalen Innovationsregionen.

Digitale Netzwerke Die vernetzte Welt erreicht die individuelle Mobilität. Das birgt Chancen – und auch Risiken. Wir sind „always on“: im Haushalt, im Fahrzeug, im weiteren Sinne auf auf lokaler und globaler Ebene. Gelingt es uns noch, den „Ausschalter“ zu betätigen?

62 26 Konditionsmanagement Extremsportler und Truckfahrer sind Ausdauerprofis. Wie der volle Leistungsabruf durch modernste Technologien unterstützt wird, zeigen Ironman-Triathlet Lothar Leder und Daimler-Fuhrparkprofi Armin Weinmann im „TopFit-Truck-Challenge“.

38 Höchstleistungsaggregate Der klassische Verbrennungsmotor hat seine Leistungsgrenze noch längst nicht erreicht – was die Ingenieurbestleistung am M-157-Motor im neuen MercedesAMG eindrucksvoll unter Beweis stellt.

METROPOL Von der Stadt zum Ideenpool: die aufregendsten Innovationen aus Shenzhen (China), Kawasaki (Japan), Vancouver (Kanada) und Mexiko-Stadt (Mexiko).

66 TRANSFER Masdar City Jürgen HÄPP ist für die britischen Stararchitekten Foster + Partners Projektleiter der Zukunftsstadt Masdar City im Emirat Abu Dhabi. TECHNICITY sprach mit dem talentierten Architekten über die einmalige Chance, urbane Strukturen mit innovativsten Mobilitätslösungen von Grund auf neu zu konzipieren.

78 Concept A-Class Hinter dem Titel „Concept A-Class“ verbirgt sich ein völlig neues Fahrzeugkonzept von Mercedes-Benz. TECHNICITY hat den streng geheimen Aufbauprozess des neuen Showcars exklusiv begleitet.

84 Urbaner Wettbewerb Die Initiative „European Green Capital Award“ zeichnet Großstädte mit besonders nachhaltiger Stadtentwicklung und intelligenten Mobilitätskonzepten aus – ein Blick auf drei der innovativsten Metropolen: Hamburg (Deutschland), Nantes (Frankreich) und Barcelona (Spanien).

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IMPRESSUM UND KONTAKT

ANALOGIE Urbane vs. maritime Mobilität: Der smart escooter trifft das U-Boot Super Falcon.

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Eine Marke der Daimler AG

Sonne an. Sonne aus. Sonne an. Sonne aus. Der neue SLK. +FU[U NJU FJOFS 8FMUQSFNJFSF ."(*$ 4,: $0/530- EFN JOOPWBUJWFO (MBTEBDI NJU TDIBMUCBSFS 5SBOTQBSFO[ *ISF FOHTUF #F[JFIVOH [VS 4USB•F www.mercedes-benz.de/slk

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INNOVATION, TECHNOLOGIE <dt.> die; -en (Abk. T) „Wenn es ein Erfolgsgeheimnis für INNOVATION (siehe S. 38, „M 157“) gibt, dann liegt es in der unnachgiebigen Überprüfung der Frage: ‚Was ist das BESTE (siehe S. 10, „Fahrsimulatoren 64“)?‘ Es liegt im Zusammenspiel von GEGENSÄTZEN (siehe S. 26 „Top Fit“), von Angebot und Nachfrage, von hell und dunkel, von Nachtigall und Lerche, von Bulle und Bär.“ Hans BLANK (*1933), deutscher Unternehmensberater, vormals Leiter Personalentwicklung Thyssen Niederrhein AG, Oberhausen.

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TEXT Martin SCHÄFER

FOTOGRAFIE Stefan HOHLOCH

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PARAMETER NAME: Fahrsimulatorhalle GRÜNDUNG: 2010 MITARBEITER: 20 TESTS: ca. 1.000 Testfahrtsimulationen pro Jahr STANDORT: Werkshalle 64, Mercedes-Benz Werk Sindelfingen, Deutschland

Hamburg

Berlin

Köln Frankfurt

Stuttgart SINDELFINGEN

REALITÄT UND SIMULATION Ein für die nächste Modellreihe neu entwickeltes Assistenz- oder Sicherheitssystem kann schon vorab im Fahrsimulator auf Herz und Nieren geprüft werden, bevor es auf die Straße gelassen wird. Hunderte von Probefahrten leisten freiwillige Probanden und professionelle Test- und Entwicklungsfahrer im Jahr. Die Forscher erhoffen sich dadurch schnellere Entwicklungszeiten und zudem Einblicke in das Nutzerverhalten ihrer Kunden. Manchmal ist die Simulation der Realität überlegen: Einige Fahrsimulationen, etwa unfallträchtige Situationen, lassen sich mit Freiwilligen nur im Simulator „fahren“. Am Ende jeder Simulation steht dennoch der Praxistest auf der realen Straße.

NACHTFAHRT Im leistungsfähigsten Fahrsimulator der Welt werden Fahrfähigkeiten und -systeme an ihre Grenzen gebracht.

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MAKROSKOP SCHWEBETECHNIK FÜR DIE SIMULATORKABINE 22 Tonnen wiegen Simulatorkabine (Dom) und die sechsarmige Bewegungsmechanik, der sogenannte Hexapod – und ruhen doch nur auf einer Luftlage von der Dicke eines menschlichen Haares. Die Luftlagerflächen haben kleine Löcher, die den Luftstrom über feine lasergeschnittene Kanäle verteilen. Da so der Luftdruck auf einer großen Fläche wirkt, reichen die neun Bar Druckluft vom Werksgelände vollkommen aus, um die Tonnage zu stemmen. Magneten ziehen die Basis des Hexapods über die 12,5 Meter lange Querschiene. Sie erreichen Beschleunigungen bis zu 1g – der Erdbeschleunigung – und eine Maximalgeschwindigkeit von 36 km/h. Die sechs Streckarme des Hexapods treiben elektrische Spindelantriebe an. Dadurch erhalten die Forscher eine höhere Steifigkeit des Gesamtsystems als mit pneumatischen oder hydraulischen Antrieben. Auch bei den erzeugbaren Vibrationen betritt der Fahrsimulator Neuland: Schwingungen bis 10 Hertz sind darstellbar. So rattert der Simulator-Pkw auch spürbar über Kopfsteinpflaster.

DOM IM DUNKELN Beschleunigungen von bis zu 1g sind mit dem Hexapod der Simulatorenkabine erreichbar – annähernd Erdbeschleunigung.

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KONTROLLSTAND Auf Augenhöhe zur Kabine überwachen Techniker das Geschehen in der Fahrsimulatorhalle an rund zwei Dutzend Bildschirmen.

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PERFEKTE ILLUSION Acht Beamer werfen ein fotorealistisches 360-Grad-Bild an die Innenwand der Simulatorkuppel.

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MAKROSKOP

FAHRSZENARIEN Mit dem neuen Fahrsimulator können die Forscher fast alle Fahrszenarien austesten: Notbremsung, Ausweichen, Überholen, Spurwechsel und Doppelspurwechsel, Stop-and-Go. Nur das Durchbeschleunigen eines Mercedes-Benz SLK von 0 auf 100 in 8 Sekunden gelingt noch nicht. Auch engen Haarnadelkurven sind Grenzen gesetzt: Die Simulatorkabine lässt sich über die Hexapods nur um rund 30 Winkelgrad drehen. Verschiedene Witterungen, Sonnenstand, Regen, Nebel, Schnee spielen die Forscher über die Bildsysteme ein. Niederschlag auf der Windschutzscheibe erzeugen sie aber nicht – ein bisschen Abstraktion muss der Fahrer doch leisten. VIRTUELLE LANDSCHAFTEN Den Straßenplan für die Testfahrt im Simulator können die Forscher kachelartig wie ein Puzzle zusammenlegen. Einige Dutzend Standardkacheln haben die Entwickler im Programm, darunter CityLayouts, Landstraßen, Autobahnstrecken und Nachtszenen. Die Kacheln messen 4,5 km mal 4,5 km. Sie passen an den Rändern zusammen und zeigen meist Fantasielandschaften – diese werden jedoch realitätsnah mit Schattenverläufen in den Straßen, bewegten Bäumen oder Fußgängern dargestellt. Auf den Straßen begegnen dem Probanden vom Fahrrad bis zum Lkw alle Fahrzeugtypen.

MAXIMAL 36 KM/H Die Bewegungen des Doms sind auf die Millisekunde genau mit den Bildern in seinem Inneren abgestimmt.

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COMPUTERCLUSTER Kommende Generationen von Fahrzeugsystemen werden als digitale Prototypen zuerst im Simulator eingespeist und getestet.

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VIRTUELLE EXTREMBEDINGUNGEN IM WELTWEIT LEISTUNGSFÄHIGSTEN FAHRSIMULATOR

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ine Autofahrt bei Nacht ist ziemlich anstrengend und ermüdend: immer dem Vordermann im angepassten Abstand hinterherfahren, Brems- und Streulichter registrieren und bewerten. Die Augen müssen sich ständig verändernden Lichtverhältnissen anpassen, Regen verschleiert den Blick auf die Landstraße. Vorsicht! Der Fahrer der Mercedes-Benz C-Klasse steigt heftig in die Bremsen, weicht einem Radfahrer reflexartig aus und zieht auf die Gegenfahrbahn. Sein Körper drückt sich in den Gurt, krampfhaft hält er das Lenkrad fest, da kommt schon der nächste Adrenalinstoß: Gegenverkehr blendet auf und zwingt den Fahrer sofort auf seine Spur zurückzulenken. Erst jetzt beruhigt sich die Fahrsituation, nach einigen Sekunden kann der Fahrer langsam wieder „runterkommen“. Und plötzlich friert die Szene ein, nichts bewegt sich mehr und grelles Licht erhellt den Raum: Eine Nachtfahrt im leistungsfähigsten Fahrsimulator der Welt ist beendet. „Wir können hier fast jede Fahrsituation nahezu perfekt nachstellen und simulieren“, erklärt Eberhard Zeeb, Leiter der Forschung mit Fahrsimulatoren bei Daimler in Sindelfingen: den Doppelspurwechsel – einmal rüber, dann wieder zurück –, die Nacht, den Gegenverkehr, die Geräuschkulisse. Acht Beamer werfen ein 360-Grad-Bild an die Innenwand der Simulatorkuppel, dem sogenannten Dom. Darin ist genügend Platz für die ganze Modellpalette von Daimler: vom smart über die Mercedes-Benz E-Klasse bis zur Mercedes-Benz Actros-Lkw-Kabine. Nur bei der Witterung müssen die Ingenieure Abstriche machen: „Verschiedene Sonnenstände, Regen, Nebel oder Schnee können wir zwar im Bild simulieren“, erklärt Zeeb. „Reale Regentropfen auf der Windschutzscheibe sind aber nicht drin.“ Die Forscher wollen eben keine Filmregisseure sein, sondern verfolgen zwei Kernziele: Zum einen können Testfahrer im Simulator die Fahrdynamik eines Modells voll ausfahren. Ingenieure montieren dazu die Karosserie einer Mercedes-Benz C-Klasse oder eines MercedesBenz Actros in den Dom, verkabeln die Steuersysteme – und lassen die Fahrer aus den Entwicklungsabteilungen „losfahren“. Außerhalb der Kuppel sieht das dann so aus: Auf sechs Beinen – einem sogenannten Hexapod – und einer 12,5 Meter langen Querschiene tanzt der Dom in einer riesigen Halle. Der Testfahrer probt die Notbremsung: Der Dom geht mit dem Hexapod in die Knie und schwenkt voll aus. Ein Spurwechsel steht an: Die Simulatorkuppel zieht auf der Schiene in Sekundenschnelle forsch nach rechts. Die Feinabstimmung des Bildes der Verkehrssimulation innerhalb der Kuppel und der Gesamtbewegung ist dabei auf die Millisekunde genau: Nur so hat der Fahrer den Eindruck eines nahezu realistischen Fahrerlebnisses. Und nur so können die Forscher die Realität nachstellen und die Reaktion der Fahrer in Extremsituationen untersuchen. Die Untersuchung dient dem zweiten Forschungsziel, nämlich herauszufinden, wie der Durchschnittsfahrer mit der Fahrzeugtechnik und den Assistenzsystemen umgeht und wie die Ingenieure aus ihren Entwicklungsideen einen klaren Kundennutzen herausarbeiten können. Dazu holt Zeeb gewissermaßen den Mann oder die Frau von der Straße in den Simulator: Wie reagiert der Testfahrer auf einen geplatzten

Reifen? Wie können Ingenieure das Fahrerlebnis noch komfortabler gestalten? Existierende Fahrzeugsysteme können durch Probandenhilfe verbessert, zukünftige auf ihren wahren Nutzen geprüft werden. Bald werden schon die ersten 100 Probanden im 25 Millionen Euro teuren Daimler-Simulator gesessen sein. Lohnen sich Aufwand und Kosten? „Man kann im Simulator an die fahrphysikalischen Grenzen gehen, die man auf der Straße eher nicht austesten möchte“, erklärt Zeeb. „Außerdem gehen wir durch die Simulationen mit einem höheren Reifegrad in die weitere Entwicklung.“ Das spare Geld und erhöhe die Zuverlässigkeit der Testergebnisse. Dementsprechend stehen die Entwickler Schlange, um im Dom testen zu dürfen: Die nächsten Modellgenerationen entstehen zuerst digital am Computer. Diesen digitalen Prototypen füttert die Mannschaft um Zeeb dann in den Simulator ein. Der Testfahrer befindet sich dann zwar im Chassis einer existierenden Baureihe, das gesamte Fahrzeugverhalten folgt aber schon der nächsten oder übernächsten Modellgeneration. Diese Abstraktion müssen und können unsere Entwickler schon leisten, sagt Zeeb und lacht: „Wir sind auch schon in der Mercedes-Benz Actros-Kabine mit der Fahrwerkabstimmung des Mercedes-Benz Sportwagens SLK gefahren.“

HYPERLINK Weitere Informationen zu diesem Beitrag:

daimler-technicity.com/fahrsimulator unter anderem mit folgenden Features: • FOTOGALERIE Nachtfahrt im Dom: ausführliche Bildergalerie zur Fahrsimulatorhalle im schwäbischen Sindelfingen. • VIDEO Willkommen in virtuellen Welten: der Fahrsimulator von Mercedes-Benz. • HINTERGRUND (1) Die IT für den Simulator: PCs für Projektoren, Hexapod und Seitenspiegel. (2) „Seekrank“ im Simulator: Erfahrungen der Probanden. • INTERVIEW „Digitale Testfahrten schon in der frühen Entwicklungsphase“: Eberhard ZEEB, Leiter des Bereichs Fahrsimulatoren bei Daimler, im Gespräch.

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SPEKTRUM NANOBLÄSCHEN REINIGEN WASSER (KYOTO, Japan) Superfeine Bläschen mit einem Durchmesser von weniger als einem Nanometer können Schwebeteilchen im Wasser zerstören und das Wasser dadurch tiefenreinigen. Die solarbetriebene Maschine zur Herstellung dieser winzigen Bläschen, die für das menschliche Auge unsichtbar bleiben, wurde gemeinsam vom College of Life Sciences der Ritsumeikan-Universität im japanischen Kyoto und der Firma Nishiken Devise entwickelt. Die Nanobläschen versorgen Mikroorganismen in abgelagertem Schlamm auf dem Boden von Gewässern mit genügend Sauerstoff, um ihre Arbeit zu verrichten und den Schlamm auf biologischem Wege abzubauen.

TOKIO, Japan SEOUL, Südkorea

KYOTO, Japan TAIPEH, Taiwan

kippo.or.jp

SINGAPUR, Singapur

ASIEN HIGHTECHNEWS AUS DER INNOVATIONSREGION „Ein starkes Indiz für das veränderte Verbraucherverhalten junger Asiaten bei der Hardware-Nutzung ist, dass bereits 300 Millionen Chinesen über ihr Mobiltelefon ins Internet gehen.“ Martin FRITZ, TECHNICITY-Korrespondent, Tokio

WINZIGE BAUTEILE FÜR SMARTPHONES (TOKIO, Japan) Die japanische TDK Corporation hat einen Weg gefunden, um elektronische Bauteile für Smartphones um ein Drittel zu verkleinern. Die Module werden durch die direkte Verbindung von Chips mit den Leiterplatten gebaut. TDK benutzt dabei ihre Expertise aus der Herstellung von winzigen Leseköpfen für Speicherfestplatten bei Computern. In diesem Bereich ist TDK, die mit ihren Kassetten bekannt wurden, Weltmarktführer. Ein Prototyp für einen Stromgeber misst nur noch 2,9 × 2,3 Millimeter in der Fläche und ist nur noch 0,3 Millimeter dick. Die Massenherstellung soll im Sommer 2011 beginnen. e.nikkei.com ELEKTRONIK Neue Module für Smartphones um ein Drittel verkleinert.

„REINE“ OBERFLÄCHE (SINGAPUR, Singapur) Das „Industrial Consortium on Nanoimprint“ in Singapur kooperiert mit fünf Firmen aus den USA, Europa und Japan, um neue Oberflächenstoffe zu entwickeln, die sich an Naturlösungen von Meereslebewesen orientieren. Auf diese Weise will man antimikrobakterielle Oberflächen entwickeln, die sich zum Beispiel für Schiffsrümpfe, medizinische Geräte und optische Linsen eignen. Das sind Oberflächen, die absolut glatt und rein bleiben müssen, um Energie zu sparen und ihre Funktion optimal zu erfüllen. a-star.edu.sg

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PERSPEKTIVE Martin FRITZ Asien-Korrespondent und Buchautor, seit 2001 für den Norddeutschen

HANDTELLERGRÖSSE Brennstoffzelle für die Hosentasche benötigt nichts als Wasser.

TRAGBARE BRENNSTOFFZELLE (KYOTO, Japan) Das Start-up-Unternehmen Aquafairy in Kyoto hat mit der Vermarktung einer kleinen und superleichten Brennstoffzelle begonnen, die nur unter Zusatz von Wasser mehr als 2,5 Watt erzeugen und eine iPhone-Batterie 90 Minuten lang aufladen kann. Das handtellergroße Gerät wiegt nur 128 Gramm und benutzt Kalziumhydrat als Wasserstoffquelle. Bei Raumtemperatur ist der Stoff fest, unter Zugabe von Wasser entwickelt sich Wasserstoff, der mit Sauerstoff in der Zelle Strom erzeugt. asiacleantechgateway.com

WELTKLEINSTER SPEICHERCHIP ENTWICKELT (TAIPEH, Taiwan) Das taiwanesische National-Applied-Research-Laboratorium hat den weltkleinsten Speicherchip entwickelt. Der sogenannte „RRAM“ enthält 9 Nanometer dünne Strukturen und kann 20 Mal mehr Informationen speichern als die FlashmemoryKarten, die derzeit in Kameras und Handys eingesetzt werden. Das „R“ steht für „repetitive“, während die heutigen Chips „DRAM“, D wie dynamisch, heißen. Der Chip braucht nur 0,005 Prozent der Elektrizität der bisherigen Chips. Die neue Technik soll in fünf bis zehn Jahren marktreif sein. Ein Chip wird dann 500 GByte Informationen auf 1 Quadratzentimeter enthalten, die auf bis 1,5 Terabyte erweitert werden können. taiwantoday.tw

SUPERTRANSISTOREN Elektronen ändern die Spin-Richtung und kommen ohne Strom aus.

TRANSISTOREN, DIE KEINEN STROM BRAUCHEN (TOKIO, Japan) Ein internationales Forscherteam hat einen Transistorprototypen entwickelt, der keinen elektrischen Stromfluss braucht, um die üblichen Signale von AN und AUS zu erzeugen. Der Durchbruch könnte zu elektronischen Geräten führen, die sehr wenig Strom verbrauchen. Der Prototyp benutzt nicht den Fluss von elektrischen Ladungen, sondern die Änderung durch Spin-Drehrichtung der Elektronen als Information, die weitergegeben wird. Die Forscher stammen vom Hitachi-Cambridge-Labor, der Akademie der Wissenschaften in Tschechien und den Universitäten Cambridge, Nottingham und Texas. imre.a-star.edu.sg/nil DAIMLER-TECHNICITY.COM

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Rundfunk (NDR Info) in Tokio

SMARTE WELT Zu den größten Revolutionen des neuen Jahrzehnts gehört der Bedeutungsverlust des PCs. Schon 2013 wird es Marktforschern zufolge auf der Erde mehr Smartphones als Desktop-PCs geben. Da sind die dann erwarteten 150 Millionen Tablet-Computer noch nicht mitgezählt. Der PC wird sicher nicht sterben. Aber ein Großteil der Menschheit erledigt vielleicht schon Mitte dieses Jahrzehnts die meisten Computeraufgaben an einem mobilen Gerät. Ein starkes Indiz für das veränderte Verbraucherverhalten ist, dass bereits 300 Millionen Chinesen über ihr Mobiltelefon ins Internet gehen. Wichtigster Grund für den Siegeszug des Smartphones ist der dramatische Zuwachs an Rechenleistung, grafischer Darstellungskraft und Touchscreen-Reaktionszeit. Das erste iPhone von Apple bestand noch aus Standardelektronik, die jeder herstellen konnte. Beim iPhone 4 stammen 30 Prozent dieser Komponenten aus Japan, weil seine Firmen das größte Know-how für winzig kleine Kondensatoren, Spulen und Schaltungen haben. Die extreme Miniaturisierung hat Smartphones in Alleskönner verwandelt. In guter Qualität lässt sich damit telefonieren, mailen, im Internet browsen, filmen, fotografieren, Musik hören und fernsehen. Dank GPSEmpfänger ersetzen sie das Navigationsgerät. Nicht vergessen darf man die Kreativitätsexplosion bei Software, die uns zahllose kleine Alltagshelfer in Gestalt der Applets beschert hat. Daher wandern nun die Daten und Programme, die früher dem PC vorbehalten waren, auf einen virtuellen Schreibtisch in einer Rechenwolke, die sich von überall her ansteuern lässt. Das alles kommt unseren Bedürfnissen weit entgegen: Wir wollen mobil sein, aber mit Arbeit, Freunden und Familie in Kontakt bleiben. Nichts sättigt diesen Hunger mehr als das Smartphone in unserer Tasche, das seinen Namen wirklich verdient.

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SPEKTRUM UMWELTFREUNDLICHES KLEBEBAND (CORVALLIS, USA) Wer heute Etiketten für Verpackungen, Merkzettel, Klebestreifen oder selbsthaftende Briefmarken herstellt, muss sich auf Klebstoffe verlassen, die aus Erdölderivaten gewonnen werden. Eine grüne Alternative hat der Holzwissenschaftler Kaichang Li an der Oregon State University per Zufall entdeckt, als er an Bindemitteln für Holzlaminate forschte. Sein neuer Klebstoff lässt sich aus einer ganzen Reihe pflanzlicher Öle wie Soja, Mais oder Raps herstellen und eignet sich für alle Anwendungen, bei denen druckempfindlicher Kleber verwendet wird. Der neue Klebstoff ist nicht nur umweltfreundlicher, sondern außerdem halb so teuer wie herkömmliche Materialien, so die Hochschule. Li kennt sich in Haftungsfragen aus: Er hatte bereits 2007 den Green-Chemistry-Preis des US-Präsidenten für die Entdeckung eines weiteren umweltfreundlichen Klebstoffs gewonnen, den er der Natur abschaute: Dank dieser chemischen Verbindung klammern sich Muscheln auch in der tosenden Brandung sicher an Gestein. cof.orst.edu

VANCOUVER, Kanada

CORVALLIS, USA CAMBRIDGE, USA

WASHINGTON, USA

NORDAMERIKA HIGHTECHNEWS AUS DER INNOVATIONSREGION „Die Wirklichkeit verschmilzt mit dem Internet zu einem endlosen Spielplatz. Die videobasierte, intelligente Kartografierung des Alltags hilft Verbrauchern und Unternehmen in ganz Amerika.“ Steffan HEUER, TECHNICITY-Korrespondent, San Francisco

ERBGUT ZUM SONDERPREIS (CAMBRIDGE, USA) Als das humane Genomprojekt auf Hochdruck lief, kostete die Sequenzierung der menschlichen Erbanlagen rund drei Milliarden US-Dollar und dauerte ein Jahrzehnt. Seitdem schaffen neue Anlagen diese Aufgabe für nur noch 20.000 US-Dollar in ein paar Tagen. Das ist zwar für Labors und Krankenhäuser erschwinglich, aber für einzelne Patienten und interessierte Laien immer noch zu teuer. Ein Spin-off der Universität Harvard namens GnuBio will Genomik nun zum Massenmarkt machen und Erbanlagen in wenigen Stunden für nur 30 US-Dollar entschlüsseln. Das Geheimnis der preiswerten Analyse ist eine offene Datenbank, in die alle Nutzer ihre anonymen DNA-Schnipsel automatisch einspeisen und so ein immer weiter wachsendes Archiv schaffen. Das soll die Suche nach Krankheitsmarkern und vor allem möglichen neuen Therapien erleichtern und beschleunigen. DNA-ARCHIV Nutzer können in Zukunft ihre DNA-Einspeisung

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selbst steuern.

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PERSPEKTIVE Steffan HEUER

GPS-SKIBRILLE FÜR VERNETZTE BOARDER (VANCOUVER, Kanada) Wer auch auf der Piste keine Daten missen will, sollte sich an die neue GPS-Skibrille von Recon Instruments aus Vancouver halten. Modell „Transcend“ misst Geschwindigkeit, Route, Temperatur und blendet eine Stoppuhr, zurückgelegte Distanz und Höhenmeter auf einem kleinen LCD-Schirm am rechten Rand der polarisierten Linse ein. Die Netzbrille ist nicht billig, sie kostet umgerechnet 310 Euro. reconinstruments.com

MIT GPS AUF DIE PISTE Geschwindigkeit, Höhenmeter und weitere Daten werden auf dem kleinen LCD-Bildschirm der Hightechbrille immer gut sichtbar eingeblendet.

KOLLEGE ROBOTER HILFT IM ALL (WASHINGTON, USA) Die NASA schickt zum ersten Mal einen Robonauten in die Umlaufbahn. Robonaut 2 heißt das wie ein Mensch aussehende Aluminium-Wesen mit einem goldenen Kopf, das an Bord des Spaceshuttles Discovery im Februar zur ersten Mission startete. Er besitzt genügend Fingerfertigkeit, um einen Stift anzufassen und einfache Wörter zu schreiben. An Bord der Internationalen Raumstation (ISS) soll Robonaut 2 unter anderem die Innenwände der ISS von bakteriellem Belag reinigen. Im Gehäuse des Robonauten verbergen sich mehr als 250 Sensoren und 38 Intel-Prozessoren. Er tweetet sogar unter @AstroRobonaut. robonaut.jsc.nasa.gov

USA-Korrespondent für brand eins und die deutsche Ausgabe von Technology Review, Fachgebiete: Hightech und Ökonomie

VORMARSCH DER MASCHINEN Pessimisten sehen es so: Nachdem der Riesenrechner Watson aus dem Hause IBM seine menschlichen Konkurrenten in der Quizsendung „Jeopardy“ geschlagen hat, ist die Machtübernahme der Maschinen einen Schritt näher gerückt. Optimisten entgegnen, dass künstliche Intelligenz endlich den Anspruch erfüllt, dem Menschen effektiv zu helfen. In Wirklichkeit haben beide Seiten recht. Dank Watsons Sieg wird 2011 in die Technikgeschichte eingehen. Aber von einem autonomen, intelligenten Wesen sind wir nach wie vor weit entfernt. Damit der Rechner gewinnen konnte, mussten zwei dutzend IBM-Experten den Kasten vier Jahre lang trainieren. Spannend wird es erst, wenn man sich die praktischen Anwendungen ansieht, die aus diesem unhandlichen Hardware-Monster entstehen werden: blitzschnelle Sprach- und Bilderkennung, die dank Cloud Computing jedes Smartphone und jedes Auto in einen Mini-Watson verwandeln – und zwar zum Nulltarif. Schon in ein paar Jahren wird das menschliche Hirn durch den Zugriff auf endlose Rechenleistung zum völlig neuen Werkzeug, um die Welt zu verstehen. Menschen und Bots reichen sich die Synapsen, aber von einem Verdrängungswettbewerb kann noch lange nicht die Rede sein. Die Frage nach dem Wesen der Intelligenz stellt sich erst, wenn man Apps und Sensoren direkt in den Körper einbauen und upgraden kann. Ob das gut oder schlecht ist, sei dahingestellt. Aber der Tag wird kommen, also sollten wir uns rechtzeitig vorher Gedanken darüber machen. Ein guter Einstieg sind die Visionen des Computerwissenschaftlers Ray Kurzweil über die Verschmelzung von Mensch und Maschine. Über seinen „transzendentalen Menschen“ ist termingerecht ein Film gleichen Namens erschienen. Kurzweil hat sogar ein Datum berechnet, an dem eine menschliche Jury einen Rechner als denkendes Wesen akzeptieren wird: 2029. Bis dahin werden Millionen von Ingenieuren und Wissenschaftlern (noch) nicht um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen.

ASTROROBONAUT Auf der Raumstation ISS wird die Besatzung seit Februar von einem Roboter unterstützt.

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SPEKTRUM

PERSPEKTIVE Jochen WITTMANN Seit 1993 freier Auslandskorrespondent für das Newsforum Eurotopics und zahlreiche deutschsprachige Tageszeitungen mit Sitz in London

SMART GRIDS In Europa wird die Zukunft geprobt, und sie scheint zu funktionieren. In der österreichischen Region Salzburg wurden 20.000 „Smart Meter“ in privaten Haushalten installiert. Die intelligenten, mit dem Internet verbundenen Stromzähler messen den individuellen Verbrauch und geben die Daten an den Energieversorger Salzburg AG weiter. In Deutschland werden in sechs Modellregionen, von Cuxhaven bis Baden-Württemberg, Pilotprojekte für ein „Smart Grid“, für ein intelligentes Stromnetz, durchgeführt. Und in Finnland sollen 80 Prozent der Haushalte bis Ende 2013 mit Smart Metering ausgestattet werden. Kein Zweifel: Smart Grids sind europaweit auf dem Vormarsch. Die Vision ist so einfach wie bestechend: ein intelligentes Stromnetz zu schaffen, das die Erzeugung, Speicherung und Weiterleitung von Elektrizität integriert und optimiert, das Verbrauchsspitzen abfangen kann und dezentrale Einspeisungen erleichtert. Gelingt es, winken Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen. Die Wirtschaft hat entschieden: Das ist ein Wachstumsmarkt. Der Umsatz von Siemens im Smart-GridSektor ist im letzten Jahr um zehn Prozent gestiegen. Die IT-Sparte der Deutschen Telekom drängt ebenfalls auf den lukrativen Markt. Auf der CeBIT fand in diesem Jahr erstmals ein Smart Grid Summit statt. Man blickt nach China: Dort soll sich das Volumen des Smart-Grid-Markts bis 2015 auf über 60 Milliarden US-Dollar nahezu verdreifachen. Der größte Nutznießer könnte allerdings die Umwelt sein. Greenpeace legte kürzlich eine Studie vor, nach der mithilfe eines intelligenten Stromnetzes in der EU die Einspeisung von regenerativen Energien im Jahr 2030 schon 68 Prozent des Gesamtvolumens ausmachen könnte. Aber dafür braucht es einen europaweit liberalisierten und offenen Energiemarkt.

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ST. ASAPH, Großbritannien

BONN, Deutschland ZÜRICH, Schweiz PARIS, Frankreich

SCHAFFENHAUSEN, Schweiz

DIE GANZE WELT IM RECHNER (ZÜRICH, Schweiz) Ein Team von Wissenschaftlern an der ETH Zürich will einen Living-Earth-Simulator bauen. Der Supercomputer ist Teil des FuturICT-Projektes, um das Geschehen auf dem Planeten zu simulieren, von der Ausbreitung ansteckender Krankheiten und Verkehrschaos auf den Straßen über globales Wetter bis zu internationalen Kapitalströmen. Dazu wollen die Forscher Millionen Datenpunkte aus privaten und öffentlichen Quellen sowie Social-Media-Daten aus dem Web verarbeiten, um am Ende ein Abbild der Realität im Rechner zu modellieren, mit dem sich verlässliche Prognosen abgeben lassen – etwa um die Warnsignale der nächsten Finanzkrise oder Grippewelle frühzeitig zu erkennen. futurict.ethz.ch

SMARTKEM ENTWICKELT ORGANISCHE HALBLEITER (ST. ASAPH, Großbritannien) Das junge britische Newcomer-Unternehmen SmartKem hat die „Best of British Innovation 2010“ gewonnen. Die in Wales angesiedelte Firma entwickelt die nächste Generation von Halbleitern, die mittels organischen Materialien direkt auf Folien gedruckt werden können und in Zukunft Silikon-Chips ersetzen sollen. Von der walisischen Regionalregierung großzügig mit Subventionen gefördert, peilt die Firma den ostasiatischen Markt für Mikroelektronik an. Die Vorteile der neuen Technologie: Organische Halbleiter sind wesentlich preiswerter zu produzieren als Silikon. Und sie können auf ultradünne und hochflexible Polymerschichten gedruckt werden. Anwendungsgebiete umfassen unter anderem intelligente Verpackungen, ultraleichte Solarpanels oder elektronische Bildschirme. smartkem.com

WO IST MEIN AUTO? (SCHAFFHAUSEN, Schweiz) Panik in der Tiefgarage: Wo habe ich geparkt, wie finde ich mein Auto wieder? Ein neues Gadget des Herstellers Garmin schafft Abhilfe. Das gerade feuerzeuggroße Gerät GTU 10 ermittelt mithilfe von GPS-Technik den genauen Standort, überträgt ihn in Echtzeit an den Garmin-Tracker, von dem aus die Positionsdaten über Browser oder Smartphone-App abgefragt werden können. Nicht nur bei der Autosuche kann das Gadget helfen. Der Hersteller sieht zum Beispiel Einsatzmöglichkeiten bei der Überwachung von mobilem Eigentum oder beim Management einer unternehmenseigenen Fahrzeugflotte. buy.garmin.com T

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4G IN DEUTSCHLAND (BONN, Deutschland) Telefónica O2 und Deutsche Telekom nehmen erste LTE-Pilotnetze und -Standorte in Betrieb. 4G, die vierte Generation der Mobilfunknetze, ist vor dem Sprung auf den deutschen Schlüsselmarkt. Im Frühsommer 2010 hatten die Unternehmen die Lizenzen für LTE ersteigert. Vorausbedingung war, dass zuerst die unterversorgten ländlichen Gebiete mit Breitbandverbindungen versorgt werden müssen – bis 2016, so die Vorgabe, sollen 90 Prozent der „weißen Flecke“ getilgt sein, bevor die Vermarktung in den Städten erfolgen kann. Jetzt verkündet Telekom eine „4G-Offensive“ und ist sich sicher, dieses Ziel schon früher erreichen zu können. Dann wird der Internetzugang superschnell: Bandbreiten von bis zu 100 Mbit pro Sekunde sind möglich, ein Video mit einer Größe von 7,5 MB könnte in weniger als einer Sekunde heruntergeladen werden. telekom.com

Breitbandnutzer (WiMAX) nach Region, im jeweils ersten Quartal 2008–2010. QUELLE: TeleGeography

EUROPA HIGHTECHNEWS AUS DER INNOVATIONSREGION „Die Vision vom Smart Grid ist so einfach wie bestechend: Ein intelligentes Stromnetz, das die Erzeugung, Speicherung und Weiterleitung von Elektrizität integriert und optimiert.“ Jochen WITTMANN, TECHNICITY-Korrespondent, London

LIGHTRADIO SOLL MOBILFUNK RETTEN (PARIS, Frankreich) Experten warnen vor dem Crash. Spätestens in zwei Jahren soll das Mobilfunknetz total überlastet sein, weil es immer mehr Smartphones gibt und der Datenhunger immer größer wird. Jetzt hat der französisch-amerikanische Konzern Alcatel-Lucent eine Lösung vorgestellt: lightRadio, eine Minifunkstation in der Größe eines Würfels von sechs Zentimetern Kantenlänge. Der Miniquader soll die konventionellen Mobilfunkmasten ersetzen. Gerade weil er so klein ist, könnte er schneller und problemloser installiert werden als die Basisstationen, gegen die sich regelmäßig örtlicher Protest regt. Zugleich verspricht der „Cube“ eine grüne Dividende: Er soll nur halb so viel Energie verbrauchen. alcatel-lucent.com

QUADER-FUNK Kleine, portable Sender unterstützen das Mobilfunknetz.

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FOTOGRAFIE

Peter THOMAS

Berthold STEINHILBER

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START

Der mehrfache Ironman-Sieger Lothar Leder und Testfahrer Armin Weinmann von Daimler starten gut ausgeruht zum gemeinsamen Training über die Marathondistanz.

MENSCH UND TECHNIK Um den vollen Leistungsabruf von Fernfahrern oder Sportlern gewährleisten zu können, arbeiten Wissenschaftler und Ingenieure eng zusammen. Ziel: die Kondition der Leistungsträger dauerhaft zu sichern. 27

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eder Kilometer ist ein Stück Herausforderung, jeder Kilometer führt ein bisschen näher an das weit entfernte Ziel. Stark bleiben, immer konzentriert bleiben, das ist dabei die ständige Anforderung für die Spezialisten der Langstrecke. Fernfahrer wissen genauso wie Triathlonprofis, dass dies nur gelingt, wenn unterwegs der Rhythmus zwischen Etappen mit voller Leistung und Momenten der Erholung stimmt. Grundvoraussetzung für den vollen Leistungsabruf ist Fitness. Der Schlüssel zu guter Kondition liegt für Trucker und Triathlet in einem Trainingsplan. Beim Sportler geht es dabei besonders um die gezielte Vorbereitung auf einen Wettkampf: Sechs bis acht Wochen lang bereitet sich beispielsweise Lothar Leder, einer der besten deutschen Triathleten, intensiv auf einen Wettkampf vor. Der Fernfahrer hat dagegen die dauerhafte Steigerung und Verbesserung der Fitness sowie deren Erhalt im Blick. Entsprechend unterschiedlich zeigt sich auch die Belastung auf der Langstrecke: Der Sportler gibt am Tag des Wettkampfs seine absolute Bestleistung, bis er mit der letzten Kraftreserve ins Ziel kommt. Für den Trucker dagegen zählt Kontinuität, bewältigt er doch tagtäglich lange Distanzen, auf denen hohe Konzentration gefordert ist. „Der Trend in Europa geht zu langen Distanzen. Für den Fahrer bedeutet das, bis zu 14 Tage lang in der Kabine seines Trucks zu leben“, sagt Siegfried Rothe. Der Ingenieur ist Manager Condition Enhancement bei Daimler, er ent-

wickelt mit seinem Projektteam Entspannungs-, Erholungs-, Fitness- und Gesundheitskonzepte für Viel- und Berufskraftfahrer. Mehrere Hundert Kilometer am Tag legt ein Trucker zurück. Und wer im grenzüberschreitenden Fernverkehr fährt, der ist oft ein oder zwei Wochen am Stück unterwegs. Das ergibt mehrere Tausend Kilometer Strecke bis zur Rückkehr nach Hause, und die Kabine ist in diesen Tagen der Arbeits- und Lebensraum. Ob nun Obst aus Spanien und Italien nach Berlin importiert wird oder Maschinenteile aus Schwaben in Richtung Osten rollen: Jede Fahrt trägt ihren Teil zum Fluss der modernen Warenströme bei, in Deutschland, Europa, in der ganzen Welt. Und in diesen Wirtschaftskreisläufen ist Zeit nichts anderes als Geld – der Druck immens.

verschiedenen Sportarten, zu absolvieren in einer Zeit, die für die meisten Sportler einen 8-Stunden-Tag im Büro überschreitet. Lothar Leder hat die magische 8-StundenMarke 1996 als erster Triathlet in der legendären Ironman-Distanz geknackt. Moderne Technik ist für den Darmstädter Profisportler ebenso wichtig, um diese Herausforderung zu bewältigen, wie Training und die richtige Zeiteinteilung im Wettkampf. „Der Triathlon hat viele technische Entwicklungen für den gesamten Sport nach vorn gebracht“, sagt Leder: Das reicht vom Fahrradhelm bis zum Leichtbaurahmen aus Carbon. Und die Entwicklung geht weiter: „Die Innovationsrate explodiert geradezu“, sagt der Profisportler. Hochkomplex, wenn auch auf eine ganz andere Art und Weise als beim Triathlon, sind

Nur ein fitter Fahrer kann sein Fahrwissen und seine ökonomische und ökologische Fahrpraxis optimal umsetzen. Professor Dr. Jürgen ZULLEY Leiter Schlafmedizinisches Zentrum der Universität Regensburg

Auch den Triathleten setzt präzises Timing unter Stress: An der Uhr wird das Ergebnis im Wettbewerb mit anderen Sportlern gemessen, die körperliche Höchstleistung muss zum richtigen Moment gebracht werden. In der Königsdiszipin „Ironman“ folgen aufeinander 3,86 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen – das sind drei Marathondistanzen in drei

die belastenden Faktoren, denen der Fernfahrer besonders auf sehr langen Strecken ausgesetzt ist: Rahmenbedingungen wie hohe Verkehrsdichten, eng getaktete Lieferketten und chronischer Parkplatzmangel machen die Fernlogistik mit dem Lastwagen zur Herausforderung. Von der seelischen Anspannung ist es da nicht weit bis zur körperlichen Verspannung und Erschöpfung.

TRIATHLON Technische Weiterentwicklungen, vom Zeitfahrhelm bis zum Carbonrahmen des Fahrrads, ermöglichen immer neue Bestleistungen.

ENERGIEHAUSHALT

Unter acht Stunden benötigt ein Weltklasse-Triathlet für die volle IronmanDistanz, so lang wie der Arbeitstag eines Fernfahrers. Von Anfang an heißt die Devise: Kräfte gut einteilen.

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Daimler Trucks hat in dem Projekt „TopFitTruck“ ein Forschungsfahrzeug entwickelt, das den Marathonmännern unter den Kraftfahrern mit moderner Technik Lösungen für diese Probleme bietet. „Wir haben vor allem die Funktionalität der Kabine hinsichtlich des Komforts durch eine ganze Reihe von Innovationen erheblich aufgewertet“, erklärt Siegfried Rothe und bittet zum Einstieg in die gelb lackierte Sattelzugmaschine. Über den Tellerrand der Automobiltechnik zu blicken gehört für den Mechatronik-Ingenieur Rothe zum Selbstverständnis seines

Weiberg, der bei Daimler Trucks für den Bereich Truck Product Engineering verantwortlich ist: „Alle diese Maßnahmen haben das Ziel, die Arbeitsbedingungen im Fernverkehrslastwagen – und damit die Lebensqualität der Fahrer – zu verbessern.“ Das beginnt mit der Möglichkeit, den Körper zu trainieren, um langfristig leistungsfähig und gesund zu bleiben. „Die Basis einer guten Ausdauer darf nicht fehlen“, betont Lothar Leder. Grundlage dafür sei ein kontinuierliches Training, das auch Pausen akzeptiert und auf die Signale des Körpers achtet. Ein

Wir haben die Funktionalität der Kabine hinsichtlich des Komforts durch eine Reihe von Innovationen aufgewertet. Siegfried ROTHE Leiter Condition Enhancement, Group Research bei Daimler

Berufes. Entsprechend breit aufgestellt sind auch die Partnerschaften, die er für die Entwicklung des TopFit-Trucks geschlossen hat: Unter anderem haben Musik- und Sportwissenschaftler, Schlafforscher, Humanbiologen, Psychologen, Verkehrswissenschaftler und Zellphysiologen an der Entwicklung des Forschungsfahrzeugs mitgearbeitet. Das Ziel der Arbeitsgemeinschaft war es, Lösungen für bessere Ergonomie und Komfort im Truck der Zukunft zu finden. Denn das Fahrzeug ist für Langstreckenfahrer Arbeitsplatz und Lebensraum auf Zeit zugleich. Diese Vision unterstreicht auch Georg

regelmäßiges Fitnesstraining kann auch der Trucker täglich in seiner Kabine absolvieren. Möglich wird das durch ein fein abgestimmtes Übungsprogramm, das die Experten von Daimler gemeinsam mit Prof. Dr. Gerhard Hehl und seinem Team am ParacelsusKrankenhaus Ostfildern entwickelt haben. Trainiert wird mit Expander-Zügen, die an verschiedenen Stellen der Kabine eingehakt werden können. Das Cockpit des TopFit-Trucks bietet gegenüber der Serie eine ganze Reihe neuer und ungewohnter Bedienelemente. Außerdem ist das klappbare Bett breiter als gewöhnlich und

der Fahrer nimmt in einem Massagesitz Platz. Dieses ist die wahrnehmbare Oberfläche, in der sich das Umdenken hinsichtlich von Ergonomie und Komfort im Fernlastwagen bei Daimler widerspiegelt. Die Zugmaschine ist ein konsequent auf diesen Zweck zugeschnittenes Einzelstück – so wie das maßgeschneiderte Rennrad des Spitzensportlers. Und in beiden Fahrzeugen spiegelt sich das anhaltende Streben nach der Verbesserung bestehender Technik: „Der Lastwagen ist in den vergangenen Jahren zu einer Hightechmaschine geworden“, sagt Siegfried Rothe, „das ist nur noch nicht in der allgemeinen Außenwahrnehmung des Berufsbildes Kraftfahrer angekommen.“ Ein zentraler Aspekt der Grundlagenforschung war die Balance zwischen Schlaf und Fahrverhalten der Trucker. Schließlich finden die immens wichtigen Erholungsphasen der Fernfahrer zum großen Teil in der Kabine des Lastwagens statt – dann wird das Fahrerhaus zum Wohn- und Schlafraum auf Zeit. Und guter Schlaf sollte eigentlich allen Beteiligten ein wichtiges Anliegen sein, sagt Professor Dr. Jürgen Zulley vom Schlafmedizinischen Zentrum der Universität Regensburg: „Denn nur ein ausgeruhter und fitter Fahrer ist in der Lage, sein Fahrwissen und seine ökonomische und ökologische Fahrpraxis optimal umzusetzen“, sagt der Experte: In Versuchen hat sich gezeigt, dass ein Fahrer, der schlecht oder zu kurz geschlafen hat, weniger aufmerksam fährt und deshalb mehr Treibstoff verbraucht. (weiter auf Seite 36)

TOPFIT-TRUCK Die Kabine des Mercedes-Benz Actros wurde in der TopFit-Truck-Ausführung unter Komfortgesichtspunkten erheblich aufgewertet.

FRISCHLUFTMANAGEMENT Das Wohlbefinden des Fahrers hängt in großem Ausmaß von der Qualität der Luft in der Kabine ab. Ein Ionisator im TopFit-Truck reinigt die Luft und gewährleistet somit eine konstante Frischluftversorgung.

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DREI DISZIPLINEN

Der Triathlet ist zu diesem Zeitpunkt für gewöhnlich bereits vom Schwimmen auf sein Hightechrad umgestiegen. Die Weltbestzeit für 3,86 Kilometer Schwimmen liegt bei gerade einmal 41 Minuten und 26 Sekunden.

Reduzierung der Müdigkeitsphasen und Konditionserhaltung üdigkeit ist kein Parameter, den man anhand einer einzigen Messung bestimmen kann, sagt Dr. Roland Popp. Der Schlafmediziner leitete das Forschungsprojekt, in dem die Universität Regensburg gemeinsam mit Daimler den Einfluss von Schlafqualität auf die Fahrweise von Truckern untersuchte. Um Müdigkeit – beziehungsweise fehlende Vigilanz – zu messen, werden objektive physische Daten des Menschen erfasst.

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Dazu kommt dessen eigene Einschätzung zu seiner Aufmerksamkeit. Schließlich wird der Unterschied in der Leistung bei reduziertem Schlaf ermittelt. Objektive Daten liefern Messverfahren wie Elektroenzephalogramm und Pupillometrie, aber auch Tests von Motorik und Daueraufmerksamkeit. Zur Ermittlung der individuell gespürten Müdigkeit gibt es etablierte Befragungsmethoden, welche eine Einteilung des Müdigkeitswertes auf Skalen erlauben.

AKTIVIERENDE MASSNAHMEN Stimulierende Massagefunktion im Sitz (verschiedene Sitzhaltungen) Anregende Mentholbeduftung Aktivierendes Musikprogramm

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Ökonomischer und strategischer Einsatz der physischen Ressourcen ruckfahrer wie Triathlet sind darauf angewiesen, mit ihren Kräften schonend umzugehen und ihre Ressourcen – physisch, konditionell, mental und materiell – bestmöglich zu erhalten. Dabei werden beide von einer ganzen Reihe technischer Maßnahmen und Innovationen sowie speziellen Trainingsprogrammen unterstützt.

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Der Triathlet bereitet sich mit einem individuellen Trainingsprogramm vor, das Hochleistungs- und Regenerationsphasen vorsieht. Direkt vor Wettkämpfen wird weniger intensiv trainiert, um Energie zu sammeln und zu sparen. Regelmäßige Dehnübungen, Massagen und eine ausgewogene Ernährung sind für den Sportler bei Training und Wettkampf unerlässlich.

EQUIPMENT Einsatz von speziellen Radschuhen, deren Auflage an den Pedalen weiter hinten zum Knöchel liegt. Dadurch wird beim Radfahren der Unterschenkel stärker geschont.

AKTIV FIT

Ein Viertel des Fernfahrer-Arbeitstages ist vergangen. Erste Müdigkeitserscheinungen, verursacht etwa durch Monotonie, können durch Dehnübungen oder Mentholbeduftung noch gut überwunden werden.

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HALBZEIT

Hightechequipment für Athleten

Die Hälfte der Marathondistanz ist geschafft. Für den Fernfahrer wird es jetzt Zeit für die gesetzlich vorgeschriebene Fahrtunterbrechung: für Armin Weinmann der ideale Zeitpunkt für einen Power-Nap.

eben der physischen Kondition tragen zahlreiche Hightechinnovationen zur Erhaltung der Kondition und zum Abruf der Maximalleistung des Athleten bei. Entscheidend bleibt am Schluss die Konzentrationsfähigkeit. „90 % des Wettkampfs entscheidet sich im Kopf“, weiß Triathlet Lothar Leder.

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KRÄFTESCHONENDE ARMHALTUNG Rennlenker für verschiedene Griffpositionen, plus aerodynamische Lenkeraufsätze und an Schulterbreite angepasster Lenkerbügel

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Kostenreduzierung durch nachhaltige Optimierung der Fahrleistung ie Forschung zum TopFit-Truck hat gezeigt, dass Trucker nach zu wenig oder zu schlechtem Nachtschlaf unregelmäßiger fahren und deshalb rund einen Liter Diesel je 100 Kilometer mehr verbrauchen als voll ausgeruhte Trucker. Bei einer Kilometerleistung von 27,6 Milliarden Kilometer im Jahr nur auf deutschen Autobahnen im Jahr 2008 kommt allein durch die Verbesserung der Schlafqualität ein gewaltiges Einsparpotenzial

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(276 Millionen Liter Diesel im Jahr) zusammen. Zur optimalen Nutzung der Erholungsphasen hat Daimler das Wohlfühlklima beim TopFit-Truck unter anderem mit folgenden Parametern verbessert: Lärmdämmung in Fahrerkabine Verbreitertes Bett (80 statt 60 cm) Frischluftmanagement bei geschlossenen Fenstern ( Standklimaanlage und -heizung )

ERHOLUNGSMASSNAHMEN Power-Nap-Bedieneinheit Power-Nap mit Duft, Musik und Massage Zugluftfreie Standklimaanlage

KRÄFTE SPAREN

Die rund 180 km lange Radstrecke ist gemeistert. Beim Laufen müssen Triathleten jetzt Phasen geringerer Anstrengung einplanen, um gegen Ende der Strecke noch einmal alle Kräfte mobilisieren zu können.

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Komplexe Messtechnologie zur Leistungsdiagnostik ie Leistungsdiagnostik liefert wesentliche Voraussetzungen für eine optimale Trainingssteuerung und ist ein hervorragendes Instrument, um die Effektivität der eingesetzten Trainingsmaßnahmen zu kontrollieren. Generell findet in der Ausdauerleistungsdiagnostik ein Stufentest auf dem Fahrradoder Laufbandergometer statt. Die Belastungsintensität steigt mit zunehmender Dauer des Tests, nach festgelegten standardisierten

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Parametern, an. Als Standard gilt die Pulsfrequenz- und Laktatmessung. Laktat ist ein Stoffwechselendprodukt, das immer dann entsteht, wenn die Energie für die Muskelkontraktion aus dem Kohlenhydratspeicher (anaerob) zur Verfügung gestellt wird. Durch den Belastungsanstieg im Verlauf des Wettkampfs steigt sowohl die Pulsfrequenz als auch das Laktat an. Die Pulsfrequenz dient dabei als Parameter für die Belastungsintensität.

MESSTECHNIK Pulsmessgerät LEISTUNGSDIAGNOSTIK Geschwindigkeits- und Distanzmesser

LETZTE METER

Die magische Grenze von acht Stunden unterbot Lothar Leder als welweit erster Ironman-Teilnehmer mit einer Bestzeit von 7:57:02 Stunden beim Ironman Europe.

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Nachhaltiges Trainingsprogramm zur Effizienzsteigerung für Fahrer ezieltes Training stärkt Muskeln und beugt Gelenkschäden vor. Im Rahmen des TopFit-Truck-Projekts hat Daimler Trucks gemeinsam mit Prof. Dr. Gerhard Hehl und seinem Team am Paracelsus-Krankenhaus Ostfildern ein Konzept entwickelt, das diese Übungen aus dem Fitnessstudio in die Lkw-Kabine holt. Mit Zugbändern, die an verschiedenen

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Positionen in der Kabine eingehakt werden, lassen sich Übungen für verschiedene Muskelgruppen umsetzen. Insbesondere die von Langstreckenfahrten besonders beanspruchten Muskelpartien werden dabei trainiert. Sachkundige Anleitungen dazu gibt es als Übungskatalog und als Trainingsvideo, das im Rahmen der Kooperation entstanden ist.

TRAININGSMASSNAHMEN Kurze Expanderzüge Latissimusübung zur Stärkung des Rückens Bizepstraining

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„Nur wenn wir Ruhephasen akzeptieren, werden wir besser“, lautet eine Maxime für das Training von Langstreckenprofi Lothar Leder. Denn die Pause ist ein kritischer Faktor, um anschließend Höchstleistungen bringen zu können. Deshalb achten Sportler insbesondere vor Wettkämpfen auf die Balance zwischen regelmäßigem Schlaf, ausgewogener Ernährung und Training. Und auf der Strecke gehört es zur persönlichen Strategie, Passagen mit geringerer Anstrengung einzubauen, um insgesamt die bestmögliche Leistung zu bringen, sagt Leder. Der TopFit-Truck nimmt sich der Atmosphäre an Bord aber nicht nur passiv an, sondern beeinflusst sie auch aktiv, indem die Kabine mit verschiedenen Stoffen beduftet wird.

Lied aus der Datenbank mit individueller Musik des Truckers gespielt wird – passend zu der jeweiligen Fahrsituation. So wird die Aufmerksamkeit in monotonen, ruhigen Fahrphasen mit schneller und lauter Musik aktiviert. Oder es wird eine beruhigende, leisere Musik in Phasen mit stressigen Fahrsituationen eingespielt. „Im Stadtverkehr und ähnlichen Momenten mit besonders hohen Anforderungen an die Koordination und Konzentration des Fahrers schaltet der Truck die Musik ganz aus, erläutert Siegfried Rothe das System. Auch für den sogenannten Power-Nap, den kurzen Erholungsschlaf in Fahrpausen, wird zur Gestaltung der Atmosphäre im Fahrzeug auf diese individuelle Musikbibliothek zurückgegriffen: Zum Power-Nap fährt der

Wenn wir Ruhephasen akzeptieren, werden wir besser. Lothar LEDER Triathtlet und mehrfacher Ironman-Sieger

Dieses innovative Verfahren zur Stimulation hat Daimler zusammen mit dem Zellphysiologen Professor Dr. Hanns Hatt von der RuhrUniversität Bochum untersucht. Die Abgabe der Duftstoffe wird vom Bordcomputer je nach Situation und Vorlieben des Fahrers gesteuert. Professor Hatt unterscheidet dabei zwischen der „auf der olfaktorischen Wahrnehmung basierenden Wirksamkeit von Düften“, die als angenehm empfunden werden, und „Düften, die als reine Wachmacher akut über unsere ‚Warnnerven‘ bei jedem Menschen gleich wirken sollen – beispielsweise Menthol“. In der Zukunft wäre auch der Einsatz von „Antidüften“ möglich, sagt Professor Hatt: Das sind Stoffe, die gezielt gegen Moleküle wirken, von denen ein für den Menschen unangenehmer Geruch transportiert wird. „Diese Anwendung hat nicht nur für den Lkw, sondern auch für Personenwagen ein zukunftsträchtiges Potenzial“, sagt der Zellphysiologe voraus. Zur Elektronik an Bord gehört auch eine ganz besondere digitale Musikdatenbank. Denn Musik ist mehr als Kunst oder Unterhaltung, sagt Professor Dr. Günther Rötter vom Institut für Musik und Musikwissenschaft der Universität Dortmund: Musik kann bis zu 50 verschiedene Parameter des menschlichen Organismus beeinflussen, vom Puls über die Durchblutung des Gehirns bis zur Ausschüttung bestimmter Hormone. Das nutzt der TopFit-Truck, indem er die Tonkunst aktiv einsetzt. Eine Software bestimmt dabei, welches

Massagesitz des TopFit-Trucks in eine besonders hohe Stellung, die Beine legt der Fahrer auf einem runden Polster ab, das über das Lenkrad gestülpt wird. Der Triathlet kann im Wettbewerb zwar nicht zum Power-Nap stoppen, aber nach einer Passage mit geringerer Anstrengung, beispielsweise bergab mit dem Rad oder bei starkem Rückenwind auf der Laufstrecke, fühlt er ebenfalls, wie sich der Energiespeicher wieder füllt. Den Trucker begleitet ruhige, entspannende Musik in die Ruhephase, bis zunehmend aktivierende Lieder aus den Boxen erklingen. Dieses Wecksignal mit positiven Emotionen ist der Startschuss zur nächsten Etappe auf der Marathondistanz.

HYPERLINK Weitere Informationen zu diesem Beitrag :

daimler-technicity.com/topfittruck unter anderem mit folgenden Features: • INTERVIEW mit Georg WEIBERG, Leiter Truck Product Engineering bei Daimler. • HINTERGRUND Hellwach am Steuer: Studien zum Schlafverhalten von Berufskraftfahrern. • FOTOGALERIE Das Making-of vom Fotoshooting zum Artikel.

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Die Experten auf der Marathondistanz haben die konditionszehrende Langstrecke dank kรถrperlicher Fitness und mithilfe moderner Technologie gemeistert.

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TEXT Rüdiger ABELE

TYP | TYPE

THEMA | TOPIC

Mercedes-AMG

Antrieb

KOMMENTAR | COMMENT

Ein neuer Antriebsstrang mit High-End-Performance – der Mercedes-Benz CL 63 AMG beweist, wie viel Potenzial auch in Zukunft noch im klassischen Verbrennungsmotor steckt. JAHR | YEAR

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BEWERTUNG | RATING

Ein High-Performance-Automobil der Extraklasse

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VERBRAUCH UND CO2 | CONSUMPTION AND CO2 Kraftstoffverbrauch innerorts/außerorts/kombiniert: 14,4 / 8,2 / 10,5 l / 100 km; CO2-Emission kombiniert: 244 g/km Die Angaben beziehen sich nicht auf ein einzelnes Fahrzeug und sind nicht Bestandteil des Angebots, sondern dienen allein Vergleichszwecken zwischen verschiedenen Fahrzeugtypen.

CL 63 AMG MIT PERFORMANCE PACKAGE Zylinderanordnung: V8 Zylinderwinkel: 90° Ventile pro Zylinder: 4 Hubraum: 5.461 cm3 Bohrung × Hub: 98,0 × 90,5 mm Zylinderabstand: 106 mm Verdichtungsverhältnis: 10,0 : 1 Leistung: 420 kW (571 PS) bei 5.500/min Max. Drehmoment: 900 Nm bei 2.250–3.750/min Maximaldrehzahl: 6.500/min Kraftstoffverbrauch nach NEFZ gesamt: 10,5 l/100 km CO2-Emission: 244 g/km Beschleunigung 0–100 km/h: 4,4 s Höchstgeschwindigkeit: 300 km/h*

AUTOMOBILE SKULPTUR | AUTOMOBILE SCULPTURE

*elektronisch begrenzt

TECHNOLOGIE | TECHNOLOGY Der serienmäßige Einsatz von Direktlenkung, Torque Vectoring Brake und Seitenwindstabilisierung führt zu einem weiteren Vorsprung bei Agilität und aktiver Fahrsicherheit. Der Antriebsstrang wurde völlig neu entwickelt. Für eine erhebliche Verringerung von Verbrauch und Emissionen bei gleichzeitigem Zuwachs an Höchstleistung und Performance sorgt der AMG 5,5-Liter-V8-Biturbo-Motor in Kombination mit dem AMG Speedshift MCT 7-Gang-Sportgetriebe.

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MOTORENTECHNIK I ENGINE TECHNOLOGY Motorblock Aufwendige Leichtbaukonstruktion aus druckgegossenem Vollaluminium. Einlassventil Besonders groß dimensioniert für eine perfekte Füllung der Brennräume. Ventilfeder Ein wichtiger Teil des insgesamt hochdynamischen Ventiltriebs. Auslassventil Hohlgebohrt und natriumgekühlt – Technologie aus dem Rennsport. Hochleistungsnockenwelle Zur hochpräzisen Steuerung der Ventile, last- und drehzahlabhängig.

PRÄZISION | PRECISION Hochleistungsinjektor mit Piezo-Aktoren

Die neu entwickelten Piezo-Hochdruckinjektoren sind in der Lage, bis zu fünf hochpräzise Einspritzungen je Verbrennungszyklus abzusetzen. Alle Parameter werden permanent elektronisch geregelt.

TYP | TYPE

THEMA | TOPIC

AMG V8-Biturbo

Motor

KOMMENTAR | COMMENT

Der effizienteste V8-Motor der Welt – mit einer Leistung von 420 kW – verbraucht durchschnittlich nur 10,5 Liter Benzin pro 100 Kilometer: Spitzenwerte, die vor wenigen Jahren noch unerreichbar waren. JAHR | YEAR

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BEWERTUNG | RATING

Ein neuer Maßstab der Motorentechnik

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PERFEKTION | PERFECTION Vier Ventile und stufenlose Nockenwellenverstellung

Der Motor arbeitet hochpräzise. Den vier Nockenwellen kommt eine Schlüsselrolle zu, sie steuern die 32 Ein- und Auslassventile – mit stufenloser und variabler Verstellung, um stets optimale Leistung und Drehmoment zu haben.

AUFLADUNG | PRESSURE CHARGING

Die beiden Abgasturbolader des AMG V8-Biturbo-Motors, an jeder Zylinderbank einer, erzeugen Kraft aus Luft: Sie stellen dem Motor verdichtete Frischluft zur Verfügung. Das steigert die Verbrennungsleistung und damit die Motorleistung. Und damit der Motor auch bei Volllast die notwendige Luftmenge erhält, wurde ein extrem groß dimensionierter Ladeluftkühler installiert. Er kühlt die verdichtete Ansaugluft vor dem Eintritt in die Brennräume herunter und optimiert die Leistungs- und Drehmomentausbeute.

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GETRIEBETECHNIK | GEAR TECHNOLOGY Leichtmetall-Getriebegehäuse Magnesium trägt zum geringen Gesamtgewicht von 80 Kilogramm bei. Planetenzahnradsätze Die Kernstücke eines Automatikgetriebes, für ein Schalten ohne Kraftflussunterbrechung. Kupplung und Bremsen Teile des Automatikgetriebes im hochkomplexen Zusammenspiel. Feder des Torsionsdämpfers Für eine wirkungsvolle Entkopplung von Schwingungen. Aufbau der nassen Anfahrkupplung Sechs Kupplungslamellen sorgen für optimale Kraftübertragung.

TYP | TYPE

THEMA | TOPIC

AMG Speedshift MCT

Getriebe

KOMMENTAR | COMMENT

Mit sieben Gängen, drei Fahrprogrammen und einer Zwischengasfunktion lassen sich Fahrdynamik und -verhalten mit dem AMG Speedshift MCT Sportgetriebe flexibel und individuell anpassen. JAHR | YEAR

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BEWERTUNG | RATING

Komfort und Sportlichkeit auf höchstem Niveau

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KRAFTÜBERTRAGUNG | TRANSMISSION Nasse Anfahrkupplung

Das Getriebe verwendet eine nasse Anfahrkupplung. Sie kombiniert die direkte Rückmeldung eines manuellen Getriebes mit dem höchsten Komfort einer Automatik und sorgt für verlustfreiere Schaltvorgänge.

KOMBINATION | COMBINATION

KRAFTÜBERTRAGUNG | TRANSMISSION Kraft, Dynamik und Effizienz eines Fahrzeugs hängen nicht nur vom Motor ab, sondern auch von einer intelligenten Kraftübertragung. Das innovative AMG Speedshift MCT 7-Gang-Sportgetriebe reagiert agil und sehr spontan und ist vergleichsweise leicht. Zudem minimiert es Reibungsverluste, vermittelt ein komfortables Fahrgefühl und „denkt“ verbrauchsfreundlich. Im Fahrprogramm Controlled Efficiency ist außerdem erstmals bei MercedesAMG eine Stopp-Start-Funktion permanent aktiv. Dadurch entsteht ein Es ist die Kombination aus Sportmotor und Sportgetriebe, die das Fahrerlebnis

Gesamtsystem, das in erheblichem Maße Kraftstoff spart und gleichzeitig

im CL 63 AMG prägt.

Komfort und Fahrspaß weiter erhöht.

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er Motor ist das Herz eines Automobils. Das Kraftwerk unter der Haube sorgt für die Antriebskraft, es prägt den Charakter des Fahrzeugs und ist der primäre Partner in der Interaktionskette mit der Person am Lenkrad: Sie bestimmt per Gaspedal über das Vorankommen, und der Motor reagiert, stellt die entsprechende Leistung zur Verfügung. Die Faszination dafür ist ungebrochen. Denn mag das Auto der Zukunft auch einen anderen Antrieb haben, der sich vielleicht aus Batterien oder der Brennstoffzelle als Kraftquelle speist: Das Jahr ist noch fern, in dem große Stückzahlen von Elektroautos über die Straßen flitzen. Bis es so weit ist, wird der Verbrennungsmotor das Automobil auf seinem Weg in die Zukunft begleiten. Und er wird noch immense Fortschritte machen, insbesondere auf den Gebieten Leistungsentfaltung und Treibstoffverbrauch. Auftritt des Mercedes-Benz CL 63 AMG. Alle Coupés der CL-Reihe sind strahlende Sterne am Auto-Firmament – dieses strahlt noch einmal mehr auf besondere Weise: Es hat den derzeit effizientesten V8Motor der Welt. Er stellt eine Leistung von bis zu 420 kW (571 PS) zur Verfügung und ein Drehmoment von bis zu 900 Newtonmeter, verbraucht dabei aber nur 10,5 Liter Benzin auf 100 Kilometer (NEFZMessmethode, Neuer Europäischer Fahr-Zyklus) und stößt somit 244 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer aus. Noch vor wenigen Jahren wären diese Eckdaten unerreichbar gewesen. Modernste Technik macht die neue Bestmarke möglich. Zugleich ist der neue Motor Vorreiter in Sachen Effizienz und setzt branchenweit Maßstäbe. Denn Ziel ist es, den Treibstoffverbrauch und damit den Kohlendioxidausstoß immer weiter zu senken, damit die Umwelt bestmöglich geschont wird. Die Ingenieure griffen für den CL 63 AMG zu feinster Technik, um die rigiden Vorgaben zu erfüllen. Basis für den unternehmensintern M 157 genannten Motor ist ein Block, dessen acht Zylinder in V-Form angeordnet sind, mit einem Gesamthubraum von 5,5 Litern – das allein ist schon für hohe Leistung gut. Doch um daraus für die Marke Mercedes-AMG einen Hochleistungssportmotor zu machen, waren diverse flankierende Maßnahmen notwendig. Die wichtigsten: zwei Abgasturbolader mit Ladeluftkühlung, Benzin-Direkteinspritzung mit Piezo-Injektoren und eine variable Nockenwellenverstellung. Hinzu kommt das Speedshift MCT 7-Gang-Sportgetriebe, das für sich allein schon herausragend ist. Jede Komponente trägt ihren Teil zur Gesamteffizienz bei. Mehr Leistung bei weniger Kraftstoffverbrauch: Um diese scheinbar gegenläufigen Ziele bestmöglich zu erreichen, kombinierten die Motorenspezialisten von Mercedes-AMG einen im Vergleich zum Vorgängeraggregat kleineren Hubraum erstmals mit einer BiturboAufladung mit strahlgeführter Verbrennung. Der Turbolader ist ein bewährtes Rezept zur Leistungssteigerung, er versorgt den Motor mit verdichteter Frischluft, was die Verbrennungsleistung und damit die

Motorleistung steigert. Der M 157 hat zwei Turbolader – für jede Zylinderbank einen. Der Ladedruck beträgt 1 Bar, oder, wenn der Kunde das optional erhältliche Performance Package wählt, 1,3 Bar. Mit Performance Package erzielt das Aggregat die erwähnten Spitzenwerte, ohne sind es immer noch beeindruckende 400 kW (544 PS) sowie ein Drehmoment von 800 Newtonmeter. Und damit der Motor auch bei Volllast die notwendige Luftmenge erhält, wurde ein extrem groß dimensionierter Ladeluftkühler installiert. Er kühlt die verdichtete Ansaugluft vor dem Eintritt in die Brennräume herunter und optimiert die Leistungs- und Drehmomentausbeute. LEISTUNGS- UND DREHMOMENTVERLAUF DES CL 63 AMG OHNE UND MIT (ROTE LINIE) PERFORMANCE PACKAGE. Drehmoment (Nm)

Leistung (kW) 450

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Drehzahl (1.000/min)

Ein Verbrennungsmotor arbeitet mit der Kraft des gebändigten Feuers: In seinen Brennräumen wird vernebelter Treibstoff entzündet, und die Kraft der Explosion bewegt einen Kolben, dessen Schiebebewegung wiederum in eine Drehbewegung umgesetzt wird, die letztlich an die Räder gegeben wird – das Auto fährt. Wenn es um maximale Effizienz geht, dann heißt das, dass aus jedem Tropfen Treibstoff die maximale Leistung herausgeholt werden muss. Der Schlüssel dazu ist eine homogene Gemischwolke im Zylinder, damit eine optimale und möglichst saubere Verbrennung entsteht. Der V8-Biturbo-Motor arbeitet dazu

TYP | TYPE

THEMA | TOPIC

Ingenieurkunst

Effizienz

KOMMENTAR | COMMENT

Mehr Leistung bei weniger Verbrauch: Die Effizienz des CL 63 AMG verdankt der neue Sportwagen seiner einzigartigen Kombination von Motor und Getriebe. JAHR | YEAR

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BEWERTUNG | RATING

Scheinbar gegenläufige Ziele mit Bravour erreicht

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mit neu entwickelten Piezo-Hochdruckinjektoren fürs exakte Dosieren der Kraftstoffmenge je nach Fahrsituation. Mit Hightechanspruch: Die Injektoren arbeiten millisekundengenau und sind sogar in der Lage, je Verbrennungszyklus bis zu fünf hochpräzise Einspritzungen abzusetzen. Eine elektronische Steuerung sorgt für die stets optimale Menge, den optimalen Zeitpunkt und den optimalen Einspritzdruck. So entfaltet der Motor immer sein maximales Drehmoment, bei gleichzeitig reduziertem Verbrauch und reduzierten Emissionen.

„Der neue Mercedes-AMG ist für absolute Zuverlässigkeit auch unter Extrembedingungen ausgelegt.“ Anton KERCKHOFF Projektleiter Motorenentwicklung bei Mercedes-AMG

Der Motor erreicht eine Höchstdrehzahl von 6.500/min und ein Maximaldrehmoment von 800 oder 900 Newtonmeter. Um beides abrufen zu können, wird ein Ventiltrieb benötigt, der hochdynamisch ist sowie den enormen Kräften und auch extremen Hitzebelastungen bei Abgastemperaturen bis zu 1.000 Grad Celsius standhält. Das gibt der Nockenwelle eine Schlüsselrolle im Motorenkonzept, sie steuert das Öffnen und Schließen der Ventile: Auf der Einlassseite hat jeder Zylinder des V8-Biturbo-Motors zwei vergleichsweise groß dimensionierte Ventile, um den Brennraum zügig mit Treibstoffnebel zu füllen. Nach der Verbrennung wird das Abgas über zwei Auslassventile entfernt. Für die Steuerung der insgesamt 32 Ventile hat der Motor vier obenliegende Nockenwellen. Diese sind stufenlos und variabel verstellbar, und zwar last- und drehzahlabhängig. Alle Eigenschaften zeigen eindrucksvoll, mit welcher Präzision moderne Verbrennungsmotoren arbeiten, und das bei einer vorzüglichen Haltbarkeit. Auch der AMG-Motor wurde wie jeder Motor von Mercedes-AMG auf absolute Zuverlässigkeit und sehr hohe Laufleistungen ausgelegt – selbst, wenn der Besitzer eines CL 63 AMG das Fahrzeug unter Extrembedingungen bewegt. „Genau dafür ist er ja auch gebaut“, sagt Anton Kerckhoff, Projektleiter Motorenentwicklung bei Mercedes-AMG. Jeder Motor wird komplett von einer Person montiert, die für alle dabei verwendete Sorgfalt zum Schluss mit Wertvollem bürgt: mit dem eigenen Namen auf einer Plakette, die am Motor befestigt ist. Heraus kommt ein Motor, der wunderbar am Gas hängt und sehr spontan auf die Gaspedalbewegungen reagiert – so, wie es die AMGKundschaft schätzt. Das riesige Drehmoment von 800 Newtonmeter

steht bereits von 2.000/min an zur Verfügung, 900 Newtonmeter mit Performance Package von 2.250/min an, was in beiden Fällen in der Praxis bedeutet, dass sich selbst massige Fahrzeuge mühelos innerhalb kürzester Zeit auf hohes Tempo bringen lassen – der Wert von 4,5 Sekunden für den Spurt von 0 auf 100 km/h drückt es in Zahlen aus, mit Performance Package sind es sogar 4,4 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit ist bei 250 km/h abgeriegelt, beim Performance Package bei 300 km/h. Der CL 63 AMG wäre kein Produkt der Hochleistungsschmiede in Affalterbach, wenn er nicht aufgrund seiner Gesamteigenschaften ein Sportfahrzeug ist. So setzt das Fahrwerk neue Maßstäbe, es bietet in jeder Situation besten Straßenkontakt und stets auch das höchstmögliche Maß an Komfort. Die Bremsen sind auf stärkste Beanspruchung ausgelegt und verzögern das Coupé selbst aus höchstem Tempo schnell und sicher. Das Speedshift MCT 7-Gang-Sportgetriebe trägt seinen Teil zu den Fähigkeiten des Fahrzeugs bei und ist zudem ein wichtiger Effizienzpartner. Es ist keine Wandlerautomatik, sondern enthält eine sogenannte nasse Anfahrkupplung, die für verlustfreie und kraftstoffsparende Schaltvorgänge sorgt. Mit insgesamt sieben Gängen, drei Fahrprogrammen und einer Zwischengasfunktion lassen sich Fahrdynamik und Fahrverhalten variabel und individuell abstimmen. Im Fahrprogramm „Controlled Efficiency“ ist zudem erstmals bei Mercedes-AMG eine Stopp-Start-Funktion auf Knopfdruck aktiv. Der Lohn der Mühe ist groß: „Der Verbrauch des neuen V8-Motors unterbietet alle direkten Wettbewerber“, sagt Kerckhoff, „und er bleibt auch um mehr als 25 Prozent unter den Verbrauchswerten der Vorgängermodelle mit V8-Saugmotor.“ Das unterstreicht, welche hohen Maßstäbe das Aggregat setzt – und dass das Potenzial des Verbrennungsmotors noch lange nicht ausgeschöpft ist.

HYPERLINK Weitere Informationen zu diesem Beitrag:

daimler-technicity.com/cl63amg unter anderem mit folgenden Features: • INTERVIEW Anton KERCKHOFF, Projektleiter Motorenentwicklung bei Mercedes-AMG, erklärt im Gespräch, warum der CL 63 AMG Sinnbild für innovative Automobilentwicklung ist. • VIDEO Der CL 63 AMG steckt nicht nur voller Hightech, sondern steht auch für stilvolle Eleganz – was dieses Video beweist. • FOTOGALERIE Fast wie zum Anfassen: der Mercedes-Benz CL 63 AMG.

SORGFALT | ACCURACY

TRADITION | TRADITION

In der hochmodernen AMG-Motorenmanufaktur am Standort Affalterbach

Leistungsstarke V8-Motoren mit beeindruckendem Drehmoment haben bei

werden alle Aggregate von besonders qualifizierten Spezialisten von Hand

Mercedes-AMG eine lange und erfolgreiche Tradition. Das 1967 gegründete

gefertigt. Jeder Techniker baut einen kompletten Motor von der ersten

Unternehmen begann mit der Entwicklung kraftvoller Rennmotoren. Die Er-

bis zur letzten Schraube – und dokumentiert dies durch seine Unterschrift

fahrungen aus dem Motorsport nutzte man für die Entwicklung optimierter

auf der Motorenplakette als Zeichen größtmöglicher Sorgfalt. Nach der

Aggregate, welche die Luxuslimousinen mit dem Stern zu straßentauglichen

Montage wird jeder Motor auf Herz und Nieren geprüft. Ziel ist ein hohes

Sportwagen machten. Zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem bei den

Fahrvergnügen, ungetrübt über eine hohe Lauf- und damit Kilometerleistung.

hoch angesehenen „Engine of the Year Awards“, unterstreichen den hohen Anspruch der Performance-Sparte von Mercedes-Benz.

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ANALOGIE

Besatzung: max. 2 Personen

Sichtfeld: 360 Grad

Einklappbare Flügel

Airbag

Digitale Instrumente mit Heads-up-Display

Maximale Tauchtiefe: 300 m

Elektromotor Redundante Sauerstoffversorgung Max. Geschwindigkeit: 6 Knoten (11 km/h)

MARITIME MOBILITÄT

Lithium-Phospat-Batterie: Ladezeit 4–6 Stunden

DEEP FLIGHT SUPER FALCON Vision: Die freie, unkomplizierte und umweltneutrale Entdeckung der Tiefsee Typ: Vierte Generation wendiger kleiner Flügel-Tauchboote Spitzname: „Learjet der Meere“ Debüt: 2008, vor der Küste Kaliforniens Reichweite: 45 km Rahmen: Kunstharz, Glas Weitere Informationen: deepflight.com

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URBANE MOBILITÄT

SMART ESCOOTER-STUDIE Vision: Die intelligente, komfortable und lokal emissionsfreie Erkundung der Großstadt Typ: Wendiger Elektroroller mit smart Genen Spitzname: „Elektro-smart auf zwei Rädern“ Debüt der Studie: 2010, Autosalon Paris Reichweite: bis zu 100 km Rahmen: Aluminium, Stahl Weitere Informationen: smart.com

Digitale Instrumente mit Vernetzung über Smartphone Solarzellen

Totwinkel-Assistent

Airbag

Ladedose

ABS Besetzung: bis zu 2 Personen (ausklappbarer Beifahrersitz)

Maximale Reichweite: bis zu 100 km

Lithium-Ionen-Batteriepaket (Ladezeit 3–5 Stunden)

Maximale Geschwindigkeit: 45 km/h

Radnaben-Elektromotor mit 4 kW Leistung

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FÄHIGKEIT, TALENT <dt.> die, das; -en, -e (Abk. F, T) „Scheue keine Mühe dich mit dem einen oder anderen wissenschaftlichen TALENT (siehe S. 62, „Metropol“) bemerkbar zu machen, doch widme dich nicht nur einem bestimmten Fachgebiet. Bemühe dich, eine klare VORSTELLUNG (siehe S. 66, „Transfer“) von allem zu bekommen. Gebe keinen Wissenschaftsbereich vollkommen auf, denn die WISSENSCHAFT (siehe S. 50, „Always On“) ist eins.“ Lucius Annaeus SENECA (*1, † 65 n. Chr.), römischer Philosoph, Naturforscher und Staatsmann.

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Y A S O W L N A

Steffan HEUER

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Rechenleistung, Netzzugang und immer kleinere Sensoren sind allgegenwärtig, sodass jeder Mensch, jedes Fahrzeug und bald die gesamte Gesellschaft und Volkswirtschaft zu einem weltweiten Nervensystem verbunden werden: eine Reise durch das Leben ohne AusSchalter.

Kreis 01 BODY AREA NETWORK Pillen, die den Arzt anfunken; Handys, die das EKG ersetzen; Stethoskope, die Fachleute am anderen Ende der Welt mithören lassen – all das gibt es bereits. „In ein paar Jahren“, glaubt Don Jones vom kalifornischen Chipsatz-Hersteller Qualcomm, „wird jeder Mensch und sogar jedes Organ quasi eine eigene Internet- oder IP-Adresse besitzen.“ Der Körper kann so mit Sensoren und medizintechnischen Geräten in einer Art Gesundsheitstelematik kommunizieren. Experten nennen diese Vision E-Health, bei der Messgeräte am und sogar im Körper ständig und unauffällig Vitaldaten sammeln und über Schnittstellen, wie ein Handy, ein Router im eigenen Haus oder im Auto, an Rechenzentren übermitteln. Den Anfang macht Verbraucherelektronik für den Fitnessund Wellnessbereich. Geräte wie fitbit oder Nike Plus werfen beim Joggen und sogar im Schlaf ein Auge auf ihre Nutzer. Dazu gesellen sich bereits vernetzte Geräte wie Waagen, Pulsmesser oder Blutzucker-Messgeräte, die Daten nicht nur sammeln und hochladen, sondern auch automatisch den Kontakt zum Arzt herstellen, wenn bestimmte Grenzwerte überschritten sind. So machen Vorsorge und Fürsorge den Sprung ins Netz, bei dem immer mehr Sensoren und angegliederte Software dem Menschen die Arbeit abnehmen oder erleichtern – im Idealfall, bevor jemand den Gang in die Praxis oder ins Krankenhaus antritt. „Das vernetzte Gesundheitswesen verbessert die Lebensqualität und die Therapie von Patienten, spart der Gesellschaft Kosten und erschließt Anbietern vom Netzbetreiber bis zum Pharmaunternehmen neue Geschäftsmodelle“, sagt Qualcomm-Manager Jones, der über seine Rolle in mehreren Dachverbänden dieses „Body Area Network“ aufbauen hilft. Ermöglicht wird dieses Netz am und im Körper durch mehr als fünf Milliarden Mobiltelefone, von denen Ende 2010 bereits jedes siebte, oder rund 700 Millionen, an den bislang schnellsten Datennetzen namens UMTS/3G oder LTE/4G hingen, sowie eine ständig wachsende Zahl drahtlos vernetzter Sensoren, die am Körper getragen werden. Bis 2014, so die Marktforscher von ABI Research, werden jährlich mehr als 400 Millionen solcher Miniatursender verkauft werden. T

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Terminplaner Geodaten Straßenund Land karten, N Interne tbrows avigation er Spiele Smar tphon Telef e-App s E-Ma on Spe il i c h Mus er- u nd S Vi d i k en d eein Kam eo heit e Off ra für K ice örpe -An rsen we Üb sori ndu erw k nge a c Blu hu n ng Ve tzu de G r w ck rH B rafi altu erw erz fre In luet sch ng erte qu te o o e v : Di en gr t h Da o n z ie -F te Ge agn rte u na su o s C n k t u f b n d st ik h i u e o ha n re eits nd t-P it u V d ng ate erla ro n gr ufs .m ko nt it ro de lle m zu st än di ge n Ar zt

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Medizin, Gesundheit, Sport

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BROWSEN UND BRAUSEN – COMAND Online

Internetbasiertes Infotainmentsystem von Mercedes-Benz

Features: ➔ Navigation ➔ Internetradio ➔ Telefonie ➔ Webdienste ➔ Flexible Aktualisierung der Off-Board-Applikationen

Seit März 2011 hat der neue SLK und die modellgepflegte Mercedes-Benz C-Klasse eine Internetanbindung, zu der ein Browser und verschiedene Dienste wie das weltweite Wetter inklusive Schneehöhe in Skigebieten gehören. Zu den neuen Diensten im Wagen gehören Google Lokale Suche nach Points of Interests und das Herunterladen von Zielen und individuellen Routen von Google Maps.

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Kreis 02 HOME AREA NETWORK Das eigene Fahrzeug und die eigenen vier Wände sind die vielleicht wichtigsten Schnittstellen, um den Datenstrom zwischen Individuum und seiner nahen wie fernen Umgebung zu makeln. Schon heute besitzt eine MercedesBenz E- oder S-Klasse 40 bis 50 kleine Computer, die nicht nur Daten von Motor und Getriebe sammeln und auswerten, sondern mittels Sensoren die Umgebung nach Hindernissen oder Bodenunebenheiten abtasten. Sie tauschen sich zunehmend über eine schnelle Netzanbindung mit Webdiensten aus, um Sicherheit und Komfort zu erhöhen. „Eigentlich sind wir inzwischen überall vernetzt – der letzte weiße Fleck ist das Auto“, sagt Bharat Balasubramanian, bei Daimler Leiter Produktinnovationen und Prozesstechnologien in Konzernforschung und Vorentwicklung. Zum Jahresbeginn 2011 hingen weltweit rund zwei Milliarden Menschen am Internet. „Immer mehr Menschen wollen, dass die Dinge, die sie vom Smartphone und vom Laptop kennen, nicht einen plötzlichen Tod sterben, wenn sie sich ins Auto setzen.“ Deswegen, ergänzt er, werden Haushalte und Fahrzeuge von morgen mindestens einen eigenen Router besitzen, während drahtlose Netze mit ausreichender Abdeckung und hoher Geschwindigkeit ausgebaut werden. Das Auto wird damit zu einem Supercomputer auf Rädern. So ermöglicht das neue Infotainmentsystem im Mercedes-Benz SLK und in der Mercedes-Benz C-Klasse nicht nur die Google-Suche im Browser, sondern erlaubt den Zugriff auf beliebte Webdienste wie Wettervorhersagen. Sie werden über einen speziellen Backend-Dienst im Rechenzentrum von Daimler auf die Bedürfnisse des Fahrers optimiert. Dazu werden sich bald Spracherkennung für Textwiedergabe und Texterfassung für Off-BoardDienste gesellen, damit etwa Geschäftskunden auch unterwegs nie den Anschluss verlieren. „Über ihre Smartphones sind unsere Kunden bereits ständig mit dem Internet verbunden, der entscheidende Punkt ist, wie man diese perfekt ins Fahrzeug integriert – nämlich ohne jemanden abzulenken“, erklärt Johann Jungwirth, Leiter von MercedesBenz Research & Development North America im kalifornischen Palo Alto. „Die einfache und intuitive Bedienung all jener Dienste und Applikationen, die einem wichtig sind, wird immer zentraler. Gleich-

zeitig ist die ästhetische, mit Liebe zum Detail entworfene und anspruchsvolle grafische Darstellung für die Wertanmutung von hoher Bedeutung.“ Während die permanente Konnektivität in einem Fahrzeug mit 130 Stundenkilometern noch einige technische Herausforderungen vor allem an die Infrastruktur der Mobilfunknetze stellt, hat sie Haushalte und Büros bereits zu ungeahntem neuem Leben erweckt. Intelligente Stromzähler in einem Smart Grid melden Verbrauchswerte an die Stadtwerke, und Haushaltsgeräte schicken ihren Eigentümern aktuelle Vergleichsdaten aufs iPhone, um beim Stromsparen und der Wartung zu helfen. Ganze Bürotürme werden über flexible Konzepte wie Hotdesking oder Hotelling so frei konfigurierbar wie eine Software. Sobald ein Arbeitnehmer seine Chipkarte oder seinen maschinenlesbaren Ausweis schwenkt, stellen sich Licht, Heizung und ein gerade verfügbarer Computer auf seine Vorlieben ein, die im Netz abgelegt sind. Die Infrastruktur für solche intelligenten Gebäude liefern IT-Firmen wie der Networking-Experte Cisco Systems. Erste Prototypen stehen in Städten wie New Songdo in Südkorea – jenem Land, das mit einem durchschnittlichen Datendurchsatz von 17 Megabit pro Sekunde (Mbps) und Spitzenwerten bis zu 44 Mbps weltweit führt. Zum Vergleich: Schnelle Mobilnetze bringen es heute auf Werte zwischen 300 Kilobit und 2 Megabit pro Sekunde, je nach Standort und Geschwindigkeit. „Die Verbindung des vernetzten Fahrzeuges mit seiner Umgebung eröffnet ungeahnte neue Möglichkeiten gerade im Bereich künftiger Antriebstechnologien“, sagt Ralf Lamberti, der bei Daimler für die Innovation in den Bereichen Infotainment und Telematik verantwortlich ist. Wenn ein Elektrofahrzeug weiß, wo die Reise hingeht, kann es das Lademanagement übernehmen und dem Fahrer helfen, die Effizienz und Lebensdauer der teuren Batterien zu erhöhen. „Konnektivität kann das aktiv steuern, etwa über die Kommunikation mit der Ladesäule. Somit senkt Konnektivität die Gesamtbetriebskosten“, sagt Lamberti.

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Automatische Wahl des günstigsten Stromtarifes Bedarfsgesteuertes An- und Aussc halten Einbindung ins Sm art Grid Eco Feedba ck mit gena uer Verbrauc hsangabe Automa Bedarf tische Wahl de s s günstig Einbin gesteuerte sten Str s An- u omtarife Eco F dung ins S nd Au s sscha eedb mart lten Grid a ck m it ge Emp naue r Ver Aud f a n g w brau chsa Suc iostrea eltweit ngab e r Pr Anb h- und ming e ogra ind K mm ung ateg e o Ind r an Soz isierun Au ivid u iale gsf Au toma elle unk Ne t P tion tzw Au om tis ro erk Ein tom atis che gram eu mi bin ati che Anp nd Sm du sch W ass erba Z art rke ng es ahl ung H o e nt pho i t ins Ab de a te rale nes nL s s lli c Sm h gü ich ng Ve a t- u ar lte nst /H rw ig tG n n ot alt rid bei sten d We de u n Ab tte St sk g a w rve es romt i n lle rhä g en a r r ltn i m in i fe h e iss s it Ar tell e be ige its nt um en A fe ld nwe nd un ge n F

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VERNETZTE ON-BOARD-SYSTEME

Die Forscher unter der Leitung von Bharat Balasubramanian, verantwortlich für Produktinnovationen und Prozesstechnologien in Konzernforschung und Vorentwicklung bei Daimler, arbeiten kontinuierlich am Ziel des unfallfreien Fahrens und entlastenden Komforts. Im Vordergrund stehen dabei On-Board-Systeme, die auf Dutzenden von vernetzten Steuergeräten und Sensoren wie Kameras beruhen, aber zunehmend auch auf Daten aus dem Netz zugreifen, um die Vorwarnzeit zu erhöhen und sich mit anderen Fahrzeugen oder sogar der Umgebung auszutauschen. Dabei hat Daimler viele Meilensteine auf dem Weg zum intelligenten Fahrzeug erreicht.

Daneben haben Daimler-Forscher folgende Technologien erfolgreich demonstriert:

➔ Eine Ausweich-Assistenz, bei der die Kamera einen Fußgänger identifiziert, der die Straße überqueren will, und automatisch ein Ausweichmanöver oder eine Vollbremsung einleitet. ➔ Staufolgefahren im Konzeptfahrzeug F 800 Style, wobei eine neuartige Stereokamera die Spur und den Vordermann verfolgt und der Wagen im Stau bis zu 40 Stundenkilometern sowohl die Längs- als auch die Querführung bis zum aktiven Lenkeingriff übernimmt. ➔ Magic Body Control, die dreidimensionale Erkennung von Straßenunebenheiten. Dabei tastet eine Stereokamera die Straße ab und erstellt über mehrfache Abtastungen das Unebenheitsprofil. Dieses wird automatisch ins aktive Fahrwerk eingespeist, das die Unebenheiten kompensiert.

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Kreis 03 METROPOLITAN AREA NETWORK Dehnt man diese Form der Ad-hoc-Zusammenarbeit von Mensch und Maschine auf eine Region aus, erlangen ganze Städte Bewusstsein. Da die Mehrheit der Menschen in städtischen Zentren lebt und sich der Trend zur Urbanisierung weiter beschleunigt, studieren Akademiker wie Carlo Ratti am Massachusetts Institute of Technology (MIT), wie sich Bewohner und Fahrzeuge vom Fahrrad bis zum Bus mit Straßen oder Gebäuden austauschen können, um besser, schneller, sicherer und nachhaltiger zu handeln. Wer etwa erlaubt, dass Datenpunkte aus dem Home Area Network oder seinem Fahrzeug in das urbane Netz eingespeist werden, der schafft tagein, tagaus lokale „Mashups“, also Verknüpfungen aktueller und relevanter Informationen, die Mensch und Maschine dabei helfen, den Pulsschlag der modernen Gesellschaft zu messen. Damit lassen sich Staugefahren aufzeigen, bevor der Verkehr zum Stillstand kommt, und wertvolle Einsichten für die Stadtplanung gewinnen. Mit dieser neuen Methode verbessern Telematikanbieter wie TomTom oder die Nokia-Tochter NavTeq bereits ihre Routenplanung, da sie die Echtzeitdaten von Millionen von Navigationsgeräten und Handys verwenden. Die Daimler-Mobilitätskonzepte car2go und car2gether verwenden bereits solch hyperlokales Networking, um die Teilzeitnutzung von Fahrzeugen und Ridesharing in Echtzeit zu ermöglichen. Koppelt man diese Fülle kleinteiliger Informationen aus dem Stadtleben mit Werten wie Luftqualität und Geräuschpegel, die beispielsweise preiswerte Sensoren im Rahmen von Hunderten von Bikesharing-Rädern messen, entsteht eine neue Disziplin der „Bürger-Wissenschaft“, bei der jedermann wichtige Daten quasi im Vorbeigehen direkt an der Quelle erhebt. Forscher erkennen in all diesen Mess- und Kontrollstationen die Konturen eines „Internets der Dinge“, bei dem das allgegenwärtige Handy zum universalen Türöffner wird, wie es Burkhard Järisch von der Daimler Society and Technology Research Group in Berlin formuliert. T

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Kreis 04

PREDICTIVE CRUISE CONTROL – DER VORAUSSCHAUENDE TEMPOMAT

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Anders als bei einem herkömmlichen Tempomaten stellt Predictive Cruise Control die Motorleistung beim Freightliner (eine Marke von Daimler) auf kommende Steigungen und Gefälle ein.

GPS-basierter Tempomat

Dazu wird auf satellitengesteuerte GPS-Technologie und digitalisiertes 3-D-Kartenmaterial zurückgegriffen. Mithilfe der entsprechenden Daten errechnet der Bordcomputer dann die treibstoffsparendste Geschwindigkeit. Die Kraftstoffeinsparung wird durch Adaption der gesetzten Tempomat-Geschwindigkeit ohne Verringerung der Durchschnittsgeschwindigkeit erreicht – was der Lkw an Steigungen an Geschwindigkeit verliert, wird durch den Schwung an Senken wieder ausgeglichen. Entwickelt wurde das Assistenzsystem von Ingenieuren der Daimler-Forschungsabteilungen in Stuttgart und Portland. Momentan sind im System mehr als 200.000 Meilen (ca. 350.000 km) der am häufigsten von Lkw benutzten Straßen in 48 US-Bundesstaaten hinterlegt.

Die Masse der Sensoren und vernetzten Geräte macht die Qualität aus: Sobald Milliarden von digitalen Augen und Ohren sehen, lauschen und andere relevante Werte messen, entsteht eine neue Dimension der Informationsgesellschaft, die bessere Logistik und besseres Krisenmanagement erlaubt. Über kurz oder lang hängt so die gesamte Erde am Echtzeitnetz – eine Vision, die das Technologieunternehmen Hewlett-Packard als CeNSE, kurz für „zentrales Nervensystem des Planeten“, bezeichnet. Den Anfang machte der permanente Zugriff auf Textdateien, ihm folgt die Navigation durch Bilder und Fotos wie bei Google Earth oder Street View. Der Computerwissenschaftler Stephen Wolfram, Vater der legendären Suchmaschine WolframAlpha, träumt bereits von einer Welt, in der Software miteinander kommuniziert und Sensoren ohne Eingreifen des Menschen eigenmächtig handeln. Der Bordcomputer etwa liest Diagnostikdaten automatisch aus, schickt sie an die Werkstatt, und deren System bestellt nötige Ersatzteile und bucht einen Termin, bevor der Fahrer jemals beim Kundendienst angerufen hat. Als nächsten Quantensprung erwarten Technologen, dass sich immer weitere Teile des Planeten mit Videofeeds zuschalten. So bringen nicht nur Daimler-Forscher den Fahrzeugen von morgen das Sehen mit Stereokameras bei. Entwickler für die MicrosoftSuchmaschine Bing arbeiten daran, aus einem Mosaik von Millionen Fotos eine virtuell begehbare Welt zu

bauen. „In den nächsten Jahren werden LiveKameras zunehmend in Karten eingebettet werden. Die ganze Welt schaltet sich zu, und Menschen und Software schauen zu“, sagt Microsoft-Manager Chris Pendelton. Experten erwarten, dass Videostreams bis 2014 zwei Drittel allen Mobilfunkverkehrs ausmachen werden. Pro Sekunde werden so viele Filme durch das weltweite IP-Netz fließen, dass ein Mensch zwei Jahre damit zubringen müsste, sie alle anzusehen.

„Bald werden wir im Auto vor mehreren großen, hochauflösenden Bildschirmen sitzen.“ Ralf LAMBERTI Leiter des Bereichs Infotainment, Telematik und Innenraum-Elektrik/Elektronik in der Forschung und Vorentwicklung bei Daimler

Die Bilderflut eröffnet ungeahnte Möglichkeiten für Smartphones – etwa die automatische Erkennung von Gebäuden und Personen im Sucher oder einem Kamerafeed oder die Unterlegung von aktuellen Hinweisen oder Warnungen als Augmented Reality. Dieses gemischte Display aus Realität und Netzwelt wird auch bald seinen Weg in Fahrzeuge finden, sagt Daimler-Forscher Lamberti: „Bald werden wir im Auto vor mehreren großen, hochauflösenden Bildschirmen sitzen. Das ist wie Kino mit Netzanschluss! Technisch ist alles möglich, aber was zeige ich darauf an? Und fördert es die Sicherheit und den Komfort?“

DOWNLOADZEITEN BEI UNTERSCHIEDLICHEN DOWNLOADGESCHWINDIGKEITEN 256 kbps

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HINTER DEN KULISSEN: DAIMLER VEHICLE BACKEND

Kreis 05 DER POTENZIELLE TEUFELSKREIS

Dass Suchergebnisse von Google oder Wetterberichte auf dem Display erscheinen, ohne den Fahrer abzulenken, ist nicht selbstverständlich – dafür sorgt das Daimler Vehicle Backend. Sobald der Fahrer eine Abfrage startet, nimmt der Bordcomputer über das Mobilnetz Verbindung zum Rechenzentrum auf.

Datenabfrage in Sekunden:

➔ 0,15–0,5 Sekunden: Bordcomputer nimmt Verbindung zum Daimler-Rechenzentrum auf. ➔ 0,05 Sekunden: Die Server des Rechenzentrums fordern die gewünschten Daten bei Webdiensten wie Google an. ➔ Max. 0,5 Sekunden: Die Antwort vom Webdienst liegt vor. ➔ 0,2 Sekunden: Die Antwort wird für die Head Unit im Fahrzeug komprimiert und umformatiert. ➔ Max. 1 Sekunde: Die angeforderten Daten erscheinen im Fahrzeug auf dem Display.

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Die permanente Vernetzung wirft nicht nur ungelöste Fragen nach der Ablenkung das Fahrers oder nach der Verlässlichkeit von externen Daten auf, die auf ihn einströmen. Sie hat vor allem erhebliche, noch unausgelotete Folgen für das Arbeits- und Privatleben, das plötzlich weltweit erfasst, analysiert und gespeichert werden kann. Technologien, die in den Alltag eingebettet sind, halten ihre Nutzer ständig auf Trab, schaffen neuen Stress durch Multitasking und verändern möglicherweise die Konzentrationsfähigkeit. Vordenker wie der Informatiker Viktor Mayer-Schönberger von der Universität Oxford oder Jonathan Zittrain von der Universität Harvard fordern deshalb ein Verfallsdatum für den nie versiegenden Datenstrom bis hin zur Möglichkeit, einen persönlichen Datenkonkurs zu erklären, um digitale Altlasten zu entsorgen. „Es ist ein potenzieller Teufelskreis: Wer nichts vergisst, kann nichts dazulernen und sich als Mensch und Gesellschaft nicht weiterentwickeln“, warnt Mayer-Schönberger. Wer sich zum Untertan seiner Geräte und Onlinedienste macht, die alle beständige Aufmerksamkeit, Updates und vor allem Zeit einfordern, wird im Extremfall selbst zum „Gadget“, zum technischen Gerät, warnt der kalifornische Digitalvisionär Jaron Lanier in einem gleichnamigen Buch. Die Technologie des neuen Jahrhunderts entwickelt dann ein Eigenleben, dem sich der Mensch anpasst. Die Evolution stünde Kopf, wenn das Netz diktiert, wie der Mensch kommuniziert und handelt. Für den Netztheoretiker und Gründer des Kultmagazins Wired, Kevin Kelly, ist das sogenannte Technium – also die Gesamtheit aller uns umgebenden Technologien – bereits zum Leben erwacht. Ingenieure, die die dienstbaren Geister schufen, ebenso wie alle Verbraucher und Wissensarbeiter stehen nach seiner Überzeugung im Bann ihrer

Schöpfungen, für die es keinen Ausschalter mehr gibt. Noch ist es allerdings nicht so weit, denn viele der hier beschriebenen Technologien sind im Entstehen begriffen und bilden noch längst kein einheitliches Nervensystem. Der Planet schaltet sich erst schrittweise zu – Smartphone für Smartphone, Sensor für Sensor, Webdienst für Webdienst und App für App. Und es gibt durchaus die Möglichkeit abzuschalten, glaubt Heinrich Arnold, Leiter der Innovationsentwicklung in den Deutsche Telekom Laboratories in Berlin. „Viele technische Systeme in unserer Umgebung werden zukünftig immer angeschaltet sein, aber sie werden sich dezent im Hintergrund halten und uns als Dienstleister zur Verfügung stehen, wenn wir sie rufen. Und sie werden uns die Freiheit lassen, auch einmal ganz ohne sie auszukommen, wenn wir das möchten.“ Bis es so weit ist, haben Programmierer, Unternehmer, Politiker und Bürger die Gelegenheit, die Rahmenbedingungen für die neue Onlinewelt abzustecken und Klick für Klick gemeinsam festzulegen, wie viel intelligente Konnektivität sie wollen, um ihre Arbeit, ihre Mobilität und ihr Privatleben zu verbessern. Die Gratwanderung hat begonnen.

HYPERLINK Weitere Informationen zu diesem Beitrag.

daimler-technicity.com/alwayson unter anderem mit folgenden Features: • INTERVIEW „Die Gesellschaft ist vernetzt“: Ralf LAMBERTI, Leiter des Bereichs Infotainment und Telematik bei Daimler, über Webdienste und Apps am Steuer. • HINTERGRUND (1) Wie viel ist zu viel? Will der Kunde tweeten und blinken? (2) Karten von morgen: virtuelle Navigation. • VIDEO Augmented Reality: Wirklichkeit 2.0.

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FOTOGRAFIE Sascha PFLAEGING

Bharat BALASUBRAMANIAN, Leiter Produktinnovationen und Prozesstechnologien in der Konzernforschung und Vorentwicklung bei Daimler, 端ber Chancen und Risiken des permanent vernetzten Fahrzeugs.

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LEITFIGUREN Herr Balasubramanian, wie viel Netz braucht und wie viel Netz will man in einem Fahrzeug haben? Wir haben in den vergangenen Jahren einen exponentiellen Zuwachs bei elektronischen Steuergeräten im Auto beobachten können. Wenn man sich eine gut ausgestattete Mercedes-Benz S- oder E-Klasse ansieht, stecken da 40 bis 50 kleine Computer drin, vom klassischen Motor- oder Getriebesteuergerät bis zur Monokamera. Die Zahl nimmt zu, weil wir immer mehr Komfort- und Unterstützungssysteme einbauen. Da ist kein Ende in Sicht, denn wir wollen Leitfiguren sein auf dem Weg zum unfall- und emissionsfreien Fahren. Mehr als 90 Prozent aller Innovationen erfordern in irgendeiner Form Steuergeräte, Hardware und Embedded Software. DIGITAL NATIVES Erwarten Kunden bereits, dass ihnen das Web hinters Steuer folgt? Eigentlich sind wir inzwischen überall vernetzt – der letzte weiße Fleck ist das Auto. Umfragen unter jungen Leuten zeigen allerdings, dass sie ihr vernetztes Leben auch hinterm Steuer leben wollen, also muss man die Digital Natives gut und intelligent bedienen. Was sie heute praktizieren, wird früher oder später zum Standard. Wir werden das Auto zum integrierten Bestandteil der Cloud machen. Das bedeutet, dass man in Zukunft Onlinedienste jederzeit und überall – also auch im Fahrzeug – nutzen kann. INNOVATIONSZYKLUS Wie schnell lassen sich neue Dienste aus dem Web ins Fahrzeug bringen? Im Unterschied zu früher haben wir durch die Konnektivität der Fahrzeuge mit unserem Daimler Vehicle Backend Server die Chance, jederzeit Funktionen nachzuschieben und neue Funktionen aus dem Internet ins Auto zu bringen. Damit entkoppeln wir den jahrelangen Innovationszyklus im Fahrzeug von diesem unglaublich schnellen Zyklus im Internet und bei der Verbraucherelektronik. Das ist nur der Anfang, denn beim Übertragungsstandard wird sich viel tun. Momentan sind wir bei 3G oder UMTS, aber die ersten Regionen schalten bereits auf die nächste Generation – also 4G oder LTE – um. BANDBREITE Wieso ist der jeweilige Mobilfunkstandard so wichtig? Ein 4G-Netz erlaubt eine bessere Abdeckung und eine höhere Bandbreite. Beide Elemente sind sehr wichtig, denn die permanente Vernetzung funktioniert im Auto nur, wenn ich eine schnelle Verbindung habe, die auch bei

hoher Geschwindigkeit nicht abreißt. Zweitens brauche ich eine lückenlose Abdeckung, sobald ich bestimmte Funktionen nur noch off-board berechne und das Ergebnis ans Auto sende. Bis es so weit ist, wird es noch Jahre dauern, deswegen will die Mischung aus On-Board- und Off-Board-Komponenten sehr gut bedacht sein. Als Premiumhersteller muss man die Euphorie, das Auto einfach ans Netz zu hängen, kritisch betrachten. SICHERHEIT Was kann Always On beim Thema Sicherheit leisten? Wir sind derzeit dabei, die Stereokamera zu perfektionieren. Kameratechnologien im Auto müssen sehen lernen wie ein Kind: Was ist ein Auto, was ist ein Fußgänger, wie sehen Gebäude und Straßen aus? Daran arbeitet unsere Forschungsgruppe in Ulm seit Jahren, und wir sind weltweit führend. KOMMUNIKATION Bringt der Netzanschluss einen entscheidenden Durchbruch auf dem Weg zum unfallfreien Fahren? Er ist ein Frühwarnsystem, da die Kommunikation zwischen Fahrzeugen und zwischen Fahrzeug und Infrastruktur den Horizont erweitert. Eine Radaranlage im Auto kann heute maximal 300 Meter weit sehen. Mit einem vernetzen Fahrzeug kann man viel früher reagieren, etwa andere Autos auf eine Gefahr hinweisen. Zweitens kann die Infrastruktur Hinweise geben, beispielsweise eine rote Ampel, die mein Fahrzeug warnt, falls ich zu schnell bin. Man sollte sich allerdings immer durch ein zweites System im Fahrzeug absichern, bevor man aufgrund externer Warnungen eine Handlung einleitet. Das große Netz wird das Netz im einzelnen Fahrzeug nicht überstimmen. Daher liegt unser Hauptaugenmerk heute auf den fahrzeuginternen Systemen. GRENZEN Es gibt also Grenzen der Vernetzung. Will man Onlinedienste ins Auto leiten, nur weil es technisch möglich ist? Ich habe heute gelegentlich Zweifel, wie viel Multitasking unser Gehirn verkraftet, etwa wenn man am Steuer ein schwieriges Telefonat führt. Wenn man jetzt noch visuelle Angebote ins Auto bringt, wird es noch komplizierter. Technisch kann ich beliebig viele Dienste hineinpacken. Aber wie antworte ich am besten auf eine neue Nachricht, wenn ich gerade fahre? Das kann durch Sprachsteuerung geschehen (Text-to-Speech und Speech-to-Text), solange sie gut durchdacht ist. Daimler wird ein solches Angebot DAIMLER-TECHNICITY.COM

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komplett und auf höchstem Niveau unterbreiten. Alle Dienste werden deswegen über unsere Backend-Services aufbereitet, damit der Fahrer Informationen möglichst ohne Ablenkung aufnehmen kann. KUNDENERFAHRUNG Visualisierung über Displays ist trotz der Ablenkungsgefahr nicht mehr wegzudenken. Wie wird der Fahrer mit all diesen Systemen und Diensten kommunizieren? Neben der Sprachsteuerung werden wir sicher immer mehr Bildschirmfläche im Auto bekommen, bis wir irgendwann nur noch ein paar große Monitore um uns herum haben. Die Entwicklung von grafischen Nutzerschnittstellen ist ein wichtiges Thema für uns, denn darüber wird sich in Zukunft ein großer Teil der Kundenerfahrung definieren. Aber selbst in einem autonomen Fahrzeug wird es aus Sicherheitsgründen in den nächsten 20 bis 30 Jahren keine Videoshow für den Fahrer geben. UMWELT Kann ein vernetztes Fahrzeug auch für mehr umweltbewusstes Fahren sorgen? Wir haben bereits ein Intelligent Predictive Cruise Control System entwickelt, das entsprechend dem Höhenprofil der Strecke Gas geben und automatisch schalten kann. Darüber hinaus kann ich bald das Verkehrsaufkommen in Echtzeit einspeisen. Sobald der Wagen auf Sensordaten von der Straße zugreift oder Daten von Verkehrskameras auswerten kann, sind solche Dienste wirklich wertvoll. Das gilt insbesondere für künftige Fahrzeuge mit Elektroantrieb, bei denen ich Dinge wie das Lademanagement, die Lebensdauer der Batterie und die aktuelle Reichweite viel besser im Blick habe.

CURRICULUM VITAE +++ geboren 1951 in Chennai, Indien +++ Studium am Indian Institute of Technology in Mumbai (Bombay) mit Abschluss Bachelor of Technology, Gesamtnote „First Class Honours“ +++ Hauptdiplom und Promotion zum Dr.-Ing. an der Universität Karlsruhe (TH), Gesamtnote „mit Auszeichnung“ +++ mehr als 30 Jahre bei Daimler im Bereich Innovation +++ von der Computeranalyse und computergestütztem Design (CAD) über Total-Quality-Management zum Vice President in Daimlers Group Research & Advanced Engineering +++ seit April 2009 Leiter der Direktion Produktinnovationen und Prozesstechnologien in der Konzernforschung und Vorentwicklung +++ Ehrenprofessor der TU Berlin +++

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METROPOL

SHENZHEN Superlative in China: Die Städte des Perlfluss-Deltas – von Guangzhou bis Shenzhen – können bald als größte Metropolregion der Welt bezeichnet werden.

PARAMETER SHENZHEN * STATUS: Hightechzentrum, erste Sonderwirtschaftszone Chinas GRÜNDUNGSJAHR: 15. Jahrhundert FLÄCHE: 396 km² EINWOHNERZAHL (Stadt): 4 Millionen EINWOHNERZAHL (Metropolregion): 9 Millionen BEVÖLKERUNGSDICHTE (Stadt): 10.106 Einwohner/km² INTERNETPRÄSENZ: english.sz.gov.cn MONGOLEI

NORDKOREA Peking SÜDKOREA

CHINA

JAPAN Shanghai

SHENZHEN

TAIWAN

PHILIPPINEN

MOBILITÄT Als eine der am schnellsten wachsenden Städte der Welt und in direkter Nachbarschaft zu Hongkong gelegen, steht Shenzhen vor großen Herausforderungen in Bezug auf die wachsenden Mobilitätsbedürfnisse von Einwohnern und Pendlern aus dem Umland. Wie andere chinesische Metropolen setzt man daher verstärkt auf lokal emissionsfreie Elektromobilität. Daimler und BYD, der Automobil- und Batterieproduzent mit Sitz in der „Stadt der Ambitionen“, kooperieren auf dem Gebiet der E-Fahrzeuge mit einer gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungseinrichtung. Die Lizenz zur Produktion eines gemeinsamen Elektroautos für den chinesischen Markt ist bereits erteilt worden. Die Shenzhen BYD Daimler New Technology Company kombiniert das Know-how von Daimler bei Fahrzeugarchitekturen und Sicherheit mit den Kompetenzen von BYD bei Batterietechnologien und elektrischen Fahrzeugsystemen. ARCHITEKTUR Auch in Sachen Architektur spielt Shenzhen im wahrsten Sinne des Wortes ganz oben mit. Einige Beispiele: • Shenzhens bis dahin höchster Wolkenkratzer, die Kingkey Finance Towers mit einer Höhe von 439 Metern, wird 2012 fertiggestellt. • Bis 2015 soll die Stadt mit dem Pingan International Finance Center das zweithöchste Gebäude der Welt bekommen. Im Gespräch ist eine Höhe von 648 Metern. • Kontrapunkt ist seit 2009 ein waagerechter Wolkenkratzer auf acht Stelzen. Das riesige Gebäude inklusive öffentlichen Parks ist so lang, wie das Empire State Building hoch ist.

Bangkok

* QUELLE: Shenzhen Municipal Statistic Bureau

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WIRTSCHAFT Im Küstendistrikt Qianhai soll bis 2020 für 40 Milliarden Yuan (knapp 6 Milliarden US-Dollar) eine neue Zone für die Dienstleistungsindustrie entstehen. Das Gebiet soll dann mit einer Wirtschaftsleistung von 150 Milliarden Yuan als Motor für die lokale Wirtschaftskonjunktur dienen. Hintergrund ist die drohende Abwanderung der Fabriken von Shenzhen ins Hinterland. Die Serviceindustrie soll eine neue Quelle des Wohlstands für Shenzhen werden.

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VON DER STADT ZUM IDEENPOOL: INNOVATIONEN AUS VIER GROSSSTÄDTEN.

KAWASAKI Die einst für ihre Schwerindustrie bekannte Millionenstadt in Japan vollzieht eine radikale Transformation: Forschung und grüne Technologien ersetzen Stahl- und Chemiewerke.

PARAMETER KAWASAKI * STATUS: Geografisches Bindeglied zwischen Tokio und Yokohama GRÜNDUNGSJAHR: 1924 (Stadtgründung) FLÄCHE: 144,35 km² EINWOHNERZAHL (Stadt): 1,3 Millionen EINWOHNERZAHL (Metropolregion): 34 Millionen BEVÖLKERUNGSDICHTE (Stadt): 9.622 Einwohner/km² INTERNETPRÄSENZ: city.kawasaki.jp

CHINA

LEBENSQUALITÄT Lange war Kawasaki als industrielles Zentrum der Metallverarbeitung und Elektrobranche in Japan bekannt. Seit einigen Jahren wird jedoch ein radikaler Kurswechsel der lokalen Wirtschaft vollzogen. Über 200 Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen sind inzwischen in Kawasaki aktiv, weitere, wie das Forschungslabor von Nideq, Japans größtem Unternehmen für kleine Elektromotoren, werden folgen. Die Neuausrichtung hin zum „Advanced Technology Capital of the World“, mit besonderem Fokus auf Umwelt- und Biotechnologien, hat nicht nur das Image der Stadt am Ufer des Tama kräftig aufgewertet, sondern auch die Lebensqualität verbessert: Der berühmte Berg Fuji kann von Kawasaki aus heute wieder gesehen werden. Einst war das Panorama von Industrieemissionen völlig vernebelt.

Changchun Sapporo

NORDKOREA

JAPAN Seoul SÜDKOREA

Tokio Yokohama

Fukuoka

KAWASAKI

FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG Ein herausragendes Beispiel für rege Forschungs- und Entwicklungstätigkeit in Kawasaki ist das 2008 eingeweihte Global Hybrid Center bei der Mitsubishi Fuso Truck and Bus Corporation (MFTBC), der zentrale Standort zur Entwicklung von Hybridantrieben von Daimler Trucks. Mittlerweile wurden mehr als 1.100 Hybrid-Lkw vom Typ Mitsubishi Fuso Canter Eco Hybrid abgesetzt – das Gros davon in Japan. Einzelne Fahrzeuge wurden inzwischen auch exportiert. Das Global Hybrid Center ist integraler Bestandteil der Daimler-Nutzfahrzeuginitiative „Shaping Future Transportation“, die sich zum Ziel gesetzt hat, • durch effiziente Antriebssysteme Ressourcen zu schonen, • Emissionen aller Art zu reduzieren • und durch neue Assistenz- und Sicherheitssysteme die Unfallgefahren im Güterverkehr zu minimieren.

* QUELLE: Statistics Bureau of Japan, Financial Affairs Department of Kawasaki

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METROPOL

VANCOUVER Die kanadische Handelsmetropole gehört weltweit zu den Städten mit der höchsten Lebensqualität. Jetzt will man auch beim Umweltschutz zur Nummer eins werden.

PARAMETER VANCOUVER * STATUS: Metropolregion und Handelszentrum von Westkanada GRÜNDUNGSJAHR: 1867 bis 1886 (als Vancouver) FLÄCHE: 2.878 km² EINWOHNERZAHL (Stadt): 570.000 EINWOHNERZAHL (Metropolregion): 2 Millionen BEVÖLKERUNGSDICHTE (Stadt): 5.040 Einwohner/km² INTERNETPRÄSENZ: vancouver.ca

STADTENTWICKLUNG Vancouver will bis zum Jahr 2020 die umweltfreundlichste Stadt der Welt werden. Projekte wie eine intelligente und adaptive LED-Straßenbeleuchtung, eine integrierte Energieversorgung und vereinfachte Zugänge zu lokalen Grünflächen sind bereits auf den Weg gebracht. Zu den Topprioritäten gehören auch der Auf- und Ausbau emissionsfreier Elektromobilität im Individualverkehr und im öffentlichen Personennahverkehr. Notwendiges technologisches Know-how ist bereits vor Ort: Bei der Automotive Fuel Cell Corporation (AFCC) in Vancouver, einem Joint Venture von Daimler, Ford und Ballard Power Systems, werden die Stacks für Elektrofahrzeuge mit Brennstoffzelle entwickelt.

KANADA Edmonton Calgary Winnipeg VANCOUVER Seattle USA

Chicago

San Francisco Los Angeles

MEXIKO

MOBILITÄT Vancouver könnte bald die erste kanadische Stadt werden, in der car2go eingeführt wird, das innovative Mobilitätskonzept von Daimler. Ein erster Testlauf in Kooperation mit öffentlichen Einrichtungen wie der Vancouver Film School und der Vancouver Public Library ist bereits im Herbst 2010 abgeschlossen worden. Registrierte Nutzer können im Rahmen von car2go im gesamten Stadtgebiet Fahrzeuge der Marke smart fortwo flexibel und minutengenau anmieten. FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG Vancouver will zum landesweiten Exzellenzzentrum für drahtlose Innovation werden. Im Verbund mit 26 kanadischen Hochschulen hat die Stadt den „Wavehub“ ins Leben gerufen – eines von fünf Forschungs- und Entwicklungszentren für zukunftsträchtige Technologiefelder, darunter Mikroelektronik, regenerative Medizin, medizinische Bildgebung und Technologie zur Klimaüberwachung. Das Startkapital für den MobilfunkCluster am Pazifik stellt die kanadische Regierung. Bereits heute ist Vancouver das globale Entwicklungszentrum im Bereich der Brennstoffzellentechnologie.

* QUELLE: Statistics Canada 2006 Census

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MEXIKO-STADT Hohes Verkehrsaufkommen und Luftverschmutzung haben Mexiko-Stadt lange geplagt. Jetzt wird auf neue Mobilitätslösungen gesetzt – vom BRT-System bis zum Bikesharing.

PARAMETER MEXIKO-STADT * STATUS: Hauptstadt Mexikos, drittgrößte Metropolregion der Welt GRÜNDUNGSJAHR: 1521 (als Mexiko-Stadt) FLÄCHE: 1.485 km² EINWOHNERZAHL (Stadt): 8,8 Millionen EINWOHNERZAHL (Metropolregion): 20 Millionen BEVÖLKERUNGSDICHTE (Stadt): 5.957 Einwohner/km² INTERNETPRÄSENZ: df.gob.mx

Los Angeles

USA

Houston

MEXIKO La Paz

Miami Guadalajara Cancún

KUBA

MEXIKO-STADT

* QUELLE: Consejo Nacional de Problación, Bundeszentrale für politische Bildung

MOBILITÄT Drei BRT-Linien (Bus Rapid Transit) sind in Mexiko-Stadt seit 2005 in Betrieb. Die dritte Phase wurde zu Beginn des Jahres 2011 offiziell in Betrieb genommen und eine vierte Strecke kommt Mitte 2011 hinzu, die das bestehende Netz mit ca. 50 km Länge um weitere 16 km ausbaut. Eine Einsparung von rund 80.000 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr vermeldet die Stadtverwaltung durch die auf den Namen Metrobús getauften Linien. Auf den Routen sind auch Stadtbusse der Marke Mercedes-Benz im täglichen Einsatz. Die BRT-Experten von Daimler Buses haben unter anderem auch im französischen Nantes und im türkischen Istanbul die Einführung flexibler BRT-Systeme unterstützt, die eine hohe Taktfrequenz der Busse und kurze Transitzeiten gewährleisten. ARCHITEKTUR Eine der meist beachteten jungen Designfirmen der Stadt – at103 – hat den Wettbewerb um das Redesign des Palacio de Lecumberri gewonnen. Der grandiose Name täuscht darüber hinweg, dass das Gebäude aus dem Ende des 19. Jahrhunderts bis 1976 als berüchtigtes Gefängnis diente, in dem unter anderem der Nationalheld Pancho Villa inhaftiert war. Seit 1982 beherbergt der verwinkelte Backsteinbau das Museum des Nationalarchivs. Jetzt soll die alte Architektur des Panopticons aufgebrochen und zum vernetzten Kultur- und Forschungsstandort umgebaut werden. BIKESHARING Auch wenn Mexico-Stadt in der Vergangenheit oft für seinen dichten Smog und Fahrverbote in den Schlagzeilen war, ist die Stadt heute Heimat des größten BikesharingProgramms in Nordamerika. Ecobici umfasst in seiner ersten Phase mehr als 1.100 Räder und 82 Stationen, an denen sie mit einer Chipkarte abgeholt und wieder eingecheckt werden können. Nach seinem Start in zunächst vier Stadtteilen will der Betreiber, die US-Firma Clear Channel, das SmartBike-Programm auf den Rest der Metropole und eine Flotte von 6.000 Drahteseln ausweiten.

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TRANSFER

ZUKUNFTSKONZEPT Jürgen HÄPP und Journalistin Nathalie GILLET im Gespräch über das Potenzial von Masdar City.

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FOTOGRAFIE

Nathalie GILLET

Martin VON DEN DRIESCH

„Masdar City erfordert ein Umdenken bei der Stadtplanung.“ Masdar City ist ein außergewöhnliches Stadtentwicklungsprojekt in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das Grundkonzept für die CO2-arme Stadt, die bei Abu Dhabi entsteht, stammt von den britischen Stararchitekten Foster + Partners. Auf der Fahrt zur Baustelle beantwortete Projektmanager Jürgen HÄPP einige Fragen. OFFENER RAUM Herr Häpp, was steht hinter der sozialen Utopie von Masdar City? Masdar City ist keine unerreichbare Utopie, sondern eine Rückbesinnung auf die nachhaltigsten Prinzipien jahrhundertealter, organisch gewachsener Städte: hohe städtebauliche Dichte und kurze fußläufige Entfernungen. Die Stadt versucht, historisches Wissen mit den neuesten Technologien zu verbinden – eine eher bodenständige als utopische Entwicklung. Masdar City ist ein reales Projekt für reale Menschen. In diesem Sinne versucht Masdar City, für alle gesellschaftlichen Schichten eine lebenswerte Stadt zu schaffen. Weitere Ziele sind die Integration in das Entwicklungsumfeld und die Metropolregion Abu Dhabi. Daher legen wir Erholungsflächen so an, dass sie von Masdar City aus genauso gut erreichbar sind wie von Abu Dhabi aus, vor allem aus den benachbarten Bezirken. PROZESS Werden in Masdar City Bautechnologien entwickelt, die bereits woanders umgesetzt werden können? Wir sollten uns natürlich nicht nur auf Technologien konzentrieren, sondern auch auf passive Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs und zur Ressourcenschonung. Daher ist eine integrierte Entwicklung der Gebäude erforderlich, die das lokale

Klima und die Gegebenheiten vor Ort berücksichtigt. Durch die richtige Ausrichtung, Materialmenge und Dämmung können wir den Energiebedarf gegenüber „standardmäßigen“ Gebäuden in der Region drastisch reduzieren. Eine weitere Senkung des Energiebedarfs oder eine höhere Energieeffizienz erreichen wir dann über Technologien wie Wärmerückgewinnung, effiziente Kühlsysteme und Gebäudetechnik. Diese Technologien, die wir in unseren ersten Häusern oder in unserem Pilotprojekt – „Intelligente Stromnetze mit intelligenten Geräten“ – genutzt haben, sind auch für andere Städte interessant.

+++ 33 Jahre alt +++ seit 2008 vor Ort in Masdar (Abu Dhabi) tätig +++ kam 2007 zu Foster + Partners +++ seit 2001 in verschiedenen Architekturbüros tätig +++ Master of Science (M.Sc.) am University College of London +++ 2004 Abschluss an der Fachhochschule Würzburg, Fachbereich Architektur +++ 1992 Ausbildung als Bauzeichner bei BaurConsult, Haßfurt/Main +++

NACHHALTIGKEIT Warum ist die Planung von Masdar City etwas Besonderes? Wir können bei Masdar City mit einem neuen Ansatz an die Stadtplanung oder die städtebauliche Gestaltung herangehen. Durch dieses Umdenken ist Masdar City etwas Besonderes. Im 20. Jahrhundert ging es bei der Stadtplanung in erster Linie um Konstruktion und Technik und weniger um die Schaffung eines lebenswerten Umfelds für alle Bürger. Für eine leichtere Planung waren die Straßen und die gesamte Infrastruktur bei diesem Ansatz oft weit auseinandergezogen, denn so mussten sich die Planer nicht untereinander abstimmen. In Masdar City DAIMLER-TECHNICITY.COM

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CURRICULUM VITAE

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TRANSFER MIKROSKOP MASDAR CITY

Masdar City ist ein Stadtentwicklungsprojekt in Abu Dhabi (VAE). Die Retortenstadt wird von Masdar gebaut, einem Staatsunternehmen aus Abu Dhabi. Das britische Architekturbüro Foster + Partners setzte bei der Stadtplanung ausschließlich auf erneuerbare Energien. Die Stadt entsteht 17 Kilometer

hatten wir die Aufgabe, mit einem neuen städteplanerischen Ansatz für mehr Nachhaltigkeit zu sorgen. Wichtig sind dabei die Integration und die Verbindung zwischen all den verschiedenen Bestandteilen einer Stadt. Infrastruktur, Verkehr, Gebäude und öffentlicher Raum: Alles wird als eine Einheit geplant. Im Grunde geht es darum, die Entwicklung der städtischen Außenbezirke seit Ende der 1930 er-Jahre zu verstehen, als zur Gewährleistung der individuellen Mobilität eine großzügig angelegte und daher energieintensive Straßen- und Verkehrsinfrastruktur geplant wurde. Im Gegensatz dazu ist Masdar City kompakt. Die hohe städtebauliche Dichte verkürzt die Entfernungen zwischen den Gebäuden, Sehenswürdigkeiten etc. Mit den engen Straßen schaffen wir ein Mikroklima, in dem die Leute trotz der extremen Temperaturen in Abu Dhabi gerne zu Fuß oder mit

südöstlich von Abu Dhabi, in der Nähe des Abu Dhabi International Airport. Die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) wird ihren Sitz

dem Rad unterwegs sind. Außerdem möchten wir den öffentlichen Nahverkehr oder emissionsfreien Individualverkehr fördern. MOBILITÄT Für den öffentlichen Nahverkehr gibt es in Masdar City einige neue Ansätze. Welche Idee steht zum Beispiel hinter der Stadtbahn? Das Verkehrsministerium von Abu Dhabi entwickelt gerade das „Light Rail Transit”-System (LRT). Dieses Stadtbahnsystem hat Ähnlichkeiten mit einer Straßenbahn. Die nächste Ebene ist die U-Bahn, die Masdar City mit der Innenstadt von Abu Dhabi verbindet. Für eine bessere Erreichbarkeit befindet sich die U-Bahn-Station in zentraler Lage. Die U-Bahn und die Stadtbahn spielen eine entscheidende Rolle innerhalb des nachhaltigen Mobilitätskonzepts, das sowohl bei den Bürgern von Masdar City als auch bei den Pendlern auf eine Reduzierung der Abhängigkeit von privaten Pkw abzielt. INDIVIDUALITÄT Ein weiteres Verkehrsmittel in Masdar City ist der Personal Rapid Transit (PRT). Wie funktioniert das? PRT ist ein vollautomatisches, führerloses, spurgeführtes Personentransportsystem. Die Fahrzeuge folgen kleinen, in den Boden eingelassenen Magneten und werden

in Masdar City haben. masdar.ae

07:00 Uhr START am Büro von Foster + Partners in Abu Dhabi.

07:45 Uhr ZWISCHENSTOPP beim Al Bateen Airport.

07:35 Uhr STAU auf der Fahrt aus der Stadt.

07:20 Uhr JÜRGEN HÄPP erklärt den Stadtplan von Masdar City.

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KAFFEEPAUSE an der Sheikh-Zayed-Moschee.

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zentral gesteuert. Außerdem ist jedes Fahrzeug vorn und hinten mit Sensoren ausgestattet, die Hindernisse auf der Fahrspur erkennen und es gegebenenfalls automatisch stoppen können. Die Technik ist sehr sicher und funktioniert wie ein waagerecht fahrender Aufzug. Der Fahrgast wählt das Ziel, und das Fahrzeug findet die beste und schnellste Route. Ein zentrales Steuerungssystem ist dafür viel effizienter als die Steuerung über Fahrer. ELEKTROMOBILITÄT Worum geht es bei einem anderen Pilotprojekt mit normalen Elektroautos? Wir prüfen, wie wir diese Elektroautos in der Stadt einführen können und welche Art von Service wir anbieten können: Autoclubs, Carsharing-Konzepte oder Elektrotaxis. Wir beschäftigen uns auch mit der Ladetechnologie und mit der Reichweite einer Batterieladung. Bei extremen klimatischen Bedingungen ist das besonders wichtig, vor allem im Sommer, denn dann ist die Reichweite durch den hohen Energieverbrauch der Klimaanlage geringer.

werden kann und ob die Stadt- und Infrastrukturplanung den Leuten alltagstaugliche Alternativangebote für den öffentlichen Nahverkehr machen kann. Damit die Gesamtnachfrage nach erneuerbarer Energie sinkt, brauchen wir nicht nur energieeffiziente Gebäude, sondern auch energieeffiziente Verkehrskonzepte. Wie Sie sehen, müssen wir das System als Ganzes betrachten, denn Elektroautos, die mit konventionellem Strom geladen werden, sind noch nicht nachhaltiger. VERKNÜPFUNG Lassen sich Prinzipien aus Masdar City auf bereits existierende Städte übertragen? Ja, das Kernprinzip der effizienten Energie- und Ressourcennutzung muss in allen Städten umgesetzt werden. Der große Unterschied ist jedoch der Zeitfaktor. In einer neuen Stadt wie Masdar City kann man die Infrastruktur und Gebäude direkt mit der modernsten Technologie so nachhaltig wie möglich planen. In bestehenden Städten wird es etwas länger dauern, Gebäude und Infrastruktur mit dem modernsten Standard nachzurüsten. Dort ist es wichtig, zunächst zu analysieren, wo der meiste Energiebedarf besteht und wie man die Energieeffizienz in den energieintensivsten Bereichen erhöhen kann. Dabei könnten die Städte herausfinden, dass eine energieeffizientere Infrastruktur durch langfristig sinkende Betriebskosten auch wirtschaftlich sinnvoll ist.

HYPERLINK

ERNEUERBARE ENERGIE Glauben Sie, dass eine moderne Stadt im Individualverkehr ohne fossile Kraftstoffe auskommen kann? Auf jeden Fall. Es ist heute schon klar, dass Elektromobilität ein ganz großes Zukunftsthema ist. Wir kommen diesem Ziel immer näher. Doch das hängt auch davon ab, wie viel Individualverkehr aufrechterhalten

Weitere Informationen zu diesem Beitrag: daimler-technicity.com/juergen-haepp mit folgenden Features: • HINTERGRUND (1) Masdar City: emissionsarme Stadtplanung in der arabischen Wüste. (2) Masdar & Co: weitere aktuelle Projekte der britischen Stararchitekten Foster + Partners. • VIDEO Willkommen in Masdar City: ein virtueller Stadtrundflug. • BILDERGALERIE Architekturfotos von Masdar City.

08:07 Uhr LETZTE TEILSTRECKE im PRT zum Masdar Institute.

08:05 Uhr STAU durch einen Unfall.

08:10 Uhr ZIEL ERREICHT Jürgen HÄPP heißt Nathalie GILLET in Masdar City willkommen.

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Mobilität liegt in unserer Natur. Und die Natur ist unser Antrieb. Wir haben ein klares Ziel: Emissionen heute schon spürbar zu reduzieren und sie morgen zu vermeiden. Deshalb entwickelt Daimler effiziente Verbrennungsmotoren und Hybridantriebe sowie lokal emissionsfreie Elektrofahrzeuge mit Batterie- und Brennstoffzellenantrieb. Für die individuelle Mobilität genauso wie für öffentlichen Nahverkehr und Gütertransporte. Schließlich haben wir das Automobil erfunden – jetzt gestalten wir seine Zukunft. Der Weg zur emissionsfreien Mobilität. Informieren Sie sich unter www.daimler.com

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OFFENHEIT, TOLERANZ <dt.> die (Abk. O, T) „TOLERANZ (siehe S. 72 „The Safety Connection“) verlangt nicht danach Unstimmigkeiten zu verschleiern. Sie fordert die Unmöglichkeit eines UMFASSENDEN DENKENS (siehe S. 84 „Green Capital“) anzuerkennen und darum fremde und gegensätzliche ANSICHTEN (siehe S. 78, „Von der Idee zum Auto“) zur Kenntnis zu nehmen.“ Lew Sinowjewitsch KOPELEW (*1912, † 1997), russischer Germanist und Schriftsteller.

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ILLUSTRATION

Andreas KUNKEL

Michael MAYER, Sebastian JUD

THE SAFETY CONNECTIOn Man versteht sich: Fahrzeuge, die zufällig zur gleichen Zeit am gleichen Ort sind, kommunizieren selbstständig miteinander und geben gezielt Informationen weiter, die den Alltag auf der Straße sicherer und lebenswerter machen. Was sich wie die Beschreibung einer Utopie anhört, wird zurzeit in einem Großversuch als sogenannte Car-to-X-Kommunikation getestet.

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CHTZEITKOMMUNIKATION „Guten Morgen! Auf dem Ring de Bruxelles, elf Kilometer vor Ihnen, ist es eben zu einem Auffahrunfall gekommen. Drei Fahrzeuge sind beteiligt. Wegen des hohen Verkehrsaufkommens wird sich innerhalb der nächsten zwei Minuten ein Stau bilden. Darf ich eine alternative Route vorschlagen, auf der sich derzeit weniger Fahrzeuge befinden?“ Der angesprochene Autofahrer erhält diese Meldung über die Verkehrssituation auf der R0 bei Brüssel „live“. Sie kommt unmittelbar von den Fahrzeugen, die am Auffahrunfall beteiligt waren. Und diese informieren nicht nur den weiter entfernten Verkehr über die Staugefahr. Fahrzeuge in der näheren Umgebung und mit selber Fahrtrichtung erhalten zusätzliche Informationen, um ihre Fahrer mit Hinweisen im Display und je nach Gefahrensituation auch akustisch vor einer drohenden Auffahrgefahr zu warnen, während sie die empfangenen Unfalldaten auch an Einsatzfahrzeuge weiterleiten. Auch die Verkehrsleitzentralen profitieren von dieser neuen Form der Kommunikation: Statt der 20 Minuten, die früher notwendig waren, um die Situation auf 72

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der belgischen Stadtautobahn zu erfassen, zu verarbeiten und an die Autofahrer weiterzuleiten, verfügen sie nun über zeitnahe und wesentlich detailliertere Informationen. So wie in Brüssel, das noch vor Städten wie Paris, London und Warschau den unrühmlichen Titel „Stau-Stadt“ Europas trägt, dürfte sich in den kommenden 15 Jahren die Anzahl der Auffahrunfälle und Staus deutlich reduzieren. Denn die Fahrzeuge der Zukunft werden entfernte Hindernisse und Gefahrensituationen auf beliebigen Straßen sofort erkennen und für den Fahrer die entscheidenden Hinweise bereithalten. Dafür „sprechen“ sie miteinander – mithilfe modernster Funktechnologien. „Car-to-X“ nennen die Ingenieure diese Form technischer Kommunikation. Sie ermöglicht es einem Fahrzeug, mit einem anderen beziehungsweise mit stationären Einheiten am Straßenrand Informationen auszutauschen. Über „Multi-Hop“, das mit dem Weiterreichen eines Staffelstabs vergleichbar ist, können Informationen sogar über weite Strecken weitergegeben werden. „Car-to-X wird zahlreiche Möglichkeiten bieten, unsere momentanen Sensoren im

Fahrzeug zu ergänzen, um neue Funktionen in Fahrkomfort und Sicherheit zu erschließen“, betont Ralf Guido Herrtwich, Leiter der Fahrerassistenz- und Fahrwerkssysteme bei der Daimler-Forschung. Für ihn ist sicher, dass sich die Technik an dieser Stelle entscheidend weiterentwickeln wird. Das Fahrzeug, das durch zahlreiche Sensoren über „Sinnesorgane“ verfügt und mithilfe der Bordelektronik immer „intelligenter“ wird, könnte künftig in der Lage sein, vorausschauend zu denken. Es wird sich auf Verkehrssituationen einstellen, die noch in einigen Kilometern Entfernung liegen. Und durch die genaue Kenntnis von Verkehrssituationsentwicklungen wird es sogar möglich werden, dass die „Mobilitätsintelligenz“ des Fahrzeugs in die Zukunft blickt, um sich auf entstehende Risiken einzustellen oder einen Stau zu umfahren, der sich erst später entwickeln wird. Damit wären die Ingenieure in der Theorie auch der Vision eines auf Wunsch einsetzbaren „Autopiloten“ einen entscheidenden Schritt näher. Das Fahrzeug könnte von den Erkenntnissen vorausfahrender Fahrzeuge zur aktuellen Verkehrssituation profitieren und sich an ihrem Fahrverhalten orientieren.

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PARAMETER TESTFELD IM HERZEN DEUTSCHLANDS

Bad Nauheim

Bad Homburg vor der Höhe

Bad Vilbel

Eschborn Offenbach a. M. FRANKFURT A. M. Main

Um die Car-to-X-Kommunikation unter realistischen Bedingungen zu testen, wurde vom Betreiberkonsortium ein Areal rund um Frankfurt am Main ausgewählt. • Autobahn Violett markiert: die Autobahnstrecke mit verdichteter Verkehrserfassung und „ITS Roadside Station“-Ausstattung. Hellviolett markiert: Autobahnnetzmaschen mit „ITS Roadside Station“-Ausstattung. • Landstraße Orange markiert: die Bundesstraßen B3 und B455 inklusive der Verbindungen zu den Anschlussstellen an die Autobahn A5. • Stadtstraße Gelb markiert: innerstädtische Straßen mit verdichteter Verkehrserfassung und „ITS Roadside Station“-Ausstattung.

WARNSIGNALE Ein Rettungsfahrzeug in einer dicht befahrenen Straße signalisiert über Funk automatisch seinen Einsatz an andere Verkehrsteilnehmer, die eine zügige Durchfahrt gewährleisten können.

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// Für die Akzeptanz des Systems ist es von entscheidender Bedeutung; dass die Privatsphäre der Fahrer geschützt bleibt. // Christian WEISS Group Research und Advanced Engineering bei Daimler

Um die Fahrzeuge mit dieser „kommunikativen Intelligenz“ auszustatten, haben sich der Großteil der deutschen Fahrzeughersteller, Entwickler von Zubehör, Kommunikationsunternehmen sowie Forschungsinstitutionen und Hochschulen zusammengeschlossen, um unter der Koordination von Daimler die Zukunftsfähigkeit und Machbarkeit dieser Idee zu belegen. Der „Melting Pot“ der automobilen Innovationsschmieden ist das aktuell laufende Projekt „Sichere Intelligente Mobilität – Testfeld Deutschland“, kurz simTD. Neben Daimler wollen auch Audi, BMW, Ford, Opel, Volkswagen, Bosch, Continental, die Deutsche Telekom, die Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, die TUs Berlin und München, die Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes sowie die Universität Würzburg ihre Visionen künftiger Fahrzeuge umsetzen. Diese Arbeit wurde im Rahmen des Projektes simTD durch die Bundesministerien für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) unterstützt. Das Land Hessen bietet die Heimat für das Versuchsgebiet des simTD-Projekts und ist mit der Stadt Frankfurt am Main und mit dem Hessischen Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen auch Konsortiumspartner. Das Projekt orientiert sich dabei eng an den Konzepten des Carto-Car Communication Consortium, in dem sich die europäische Automobilindustrie zusammengefunden hat, um die Car-to-X-Kommunikation voranzutreiben. Ab Mitte 2011 wird verkehrstechnisches Neuland betreten und die grundsätzliche

Funktionsfähigkeit der Car-to-X-Technologie auf einem großen Testfeld unter Beweis gestellt. Auf einem Areal rund um die Finanzmetropole Frankfurt am Main, das mit rund 300 Quadratkilometern etwa der Größe der Republik Malta entspricht, wird eine Testflotte aus rund 400 Fahrzeugen die Zukunft automobiler Kommunikation auf Autobahnen, Land- und Stadtstraßen prüfen. Dabei soll unter anderem der Austausch von Informationen etwa zu aktuellen Gefahrenpunkten wie beispielsweise einem liegen gebliebenen Fahrzeug getestet werden. „Selbst, wenn Funktionen wie diese in einigen Jahren Marktreife erlangt haben, sind die Möglichkeiten dieser Kommunikationstechnik längst nicht ausgeschöpft“, ist Ralf Guido Herrtwich überzeugt. Im Gegenteil: „Ich erwarte von simTD, dass nicht nur die Umsetzbarkeit der geplanten Funktionen überprüft und nachgewiesen wird, sondern wir im Rahmen unserer laufenden Arbeit weitere Ideen entwickeln werden.“ simTD werde damit das Leitprojekt für weitere Versuchsreihen rund um den Globus. Dazu gehört vor allem eine weitere Verbesserung der Sicherheit: Die Daimler-Ingenieure orientieren sich dabei an der Vier-Säulen-Philosophie der integralen Sicherheit des Konzerns, bei dem mit Innovationen zu den Aspekten „Vorbeugen“ und „Reagieren“ ein Maximum an aktiver Sicherheit und mit Innovationen zu den Aspekten „Schützen“ und „Retten“ ein Maximum an passiver Sicherheit gewährleistet werden soll. „Unser Ziel ist das Erreichen der ‚Vision Zero‘, so, wie sie von der Europäischen Kommission formuliert wurde“, erklärt Herrtwich. simTD solle wesentlich dazu beitragen, die Zahl der Unfallopfer auf nahezu null zu reduzieren. Ein einfaches Beispiel für den Vorsprung an Sicherheit, den ein selbstständig kommunizierendes Fahrzeug haben wird, ist seine

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// Die Möglichkeiten dieser DIALOG

Kommunikationstechnik sind Ralf Guido HERRTWICH Leiter der Fahrerassistenz- und Fahrwerkssysteme bei der DaimlerForschung

selbst bei Erlangen der Marktreife längst nicht ausgeschöpft. // Ralf Guido HERRTWICH Leiter der Fahrerassistenz- und Fahrwerkssysteme bei

Welche Bedeutung hat das Projekt simTD für die weitere Entwicklung von Fahrzeugen? Mit simTD gehen wir einen dritten entscheidenden Schritt, um die „Sinne“ des Fahrzeugs effektiv zu erweitern. Zunächst hatten wir anhand von Fahrzeugstatus und Fahrerreaktion dem Fahrzeug das Fühlen beigebracht (PRE-SAFE®). Als Nächstes hat das Fahrzeug mithilfe von Radarsensoren und Kameras gelernt zu „sehen“. Damit wurde es möglich Notbremssysteme wie PRE-SAFE® Brake zu entwickeln. Und nun stehen wir an der Schwelle, dem Auto das Kommunizieren beizubringen. Fahrzeuge werden dadurch in die Lage versetzt, in Sekundenbruchteilen aktuelle „Beobachtungen“ auszutauschen. simTD ist für uns der logische nächste Schritt in der Weiterentwicklung unserer Sicherheitssysteme. Es geht nicht darum, bestehende Sensoren des Fahrzeugs durch Kommunikation zu ersetzen, sondern heutige Funktionslücken zu schließen. Car-to-X-Kommunikation wird in Zukunft weltweit zum Standard gehören. Warum beschränkt sich das Konsortium auf die Region bei Frankfurt? Frankfurt ist ein Kulminationspunkt, an dem eine Vielzahl europäischer Forschungsprojekte zusammengeführt und in der Praxis getestet werden. Die Ergebnisse werden eine Vielzahl geplanter Folgeprojekte in Europa, den USA und in Asien beeinflussen, an denen Daimler direkt oder indirekt beteiligt sein wird. Ein Teil der Funktionen, die sich aus Car-to-X ergeben, wird sich zunächst an einer weiteren Verbesserung der Sicherheit von Fahrzeugen orientieren. Daimler hat im Bereich von Sicherheitsinnovationen bereits in der Vergangenheit eine Vorreiterrolle übernommen. simTD ist für uns auch deshalb so wichtig, weil es eine entscheidende Grundlage dafür bietet, diese Tradition weiterhin erfolgreich fortzusetzen.

der Daimler-Forschung

Möglichkeit, „um die Kurve sehen“ zu können: Denn in der Zukunft soll es sich auch an den Informationen vorausfahrender Verkehrsteilnehmer orientieren, von denen die Stelle hinter der Kurve bereits passiert wurde. Wird beispielsweise ein auf der Straße liegen gebliebenes Fahrzeug registriert, erscheint bereits mehrere 100 Meter, bevor ein nachfolgender Wagen diese Stelle passieren wird, in dessen Display zunächst der Hinweis „Warnung! Pannenfahrzeug“. Reagiert der Fahrer nicht, wird der Hinweis durch Blinken und später zusätzlich durch akustische Signale verstärkt, während die Information parallel dazu auch an nachfolgende Fahrzeuge weitergegeben wird. Der Daimler-Philosophie folgend würde das System allerdings nur eingreifen, wenn das Fahrzeug zugleich mit anderen Sensoren erkennt, dass ein Unfall unvermeidbar ist und der Fahrer in dieser Situation überfordert wäre. Diese Art der Plausibilisierung ist in der Automobilindustrie für Sicherheitsanwendungen üblich. Damit Funktionen wie diese sicher und zuverlässig arbeiten, müssen die Ingenieure von simTD bereits vor Beginn des Großversuchs eine Fülle technischer Fragen beantworten. Dazu gehört beispielsweise das Problem der Integration der Funktechnologie in die Steuergeräte der Fahrzeuge und der bestmöglichen Platzierung der Funkantennen. Vor allem aber die schnelle Übertragung der Daten zwischen den Fahrzeugen sowie der Verkehrszentrale muss gewährleistet sein. Und: Ein „temporarily not available“ wegen Überlastung der Netze darf es nicht geben. Sicherstellen soll dies unter anderem ein Verfahren, das beispielsweise im Falle eines Staus einen „Broadcast-Sturm“ verhindert, in dem alle Fahrzeuge dieselbe Information weitergeben. „Es reicht in der Regel völlig aus, wenn nur ein Bruchteil der Fahrzeuge Informationen zuverlässig weiterreicht“, betont simTD-Projektleiter Christian Weiß vom Bereich Group Research und Advanced Engineering bei Daimler. Zudem 75

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müsse die Sicherheit der Daten gesichert sein. Daher wird mit simTD der Ansatz einer integrierten Sicherheitsarchitektur für die Car-to-X-Kommunikation verfolgt. Ziel es ist, die Sicherheit sowie die Vertraulichkeit der übertragenen Daten zu gewährleisten. „Für die Akzeptanz des Systems ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Privatsphäre der Fahrer geschützt bleibt“, erklärt Weiß. Um dies zu erreichen, wechselt das Fahrzeug unter anderem regelmäßig sein Pseudonym. Im Projekt simTD arbeiten die Ingenieure derzeit an einer Liste mit über 20 Funktionen, die repräsentativ für ein künftiges Car-to-X-System sind, neben der „lokalen Gefahrenwarnung“ mit Hindernis-, Stauende-, Wetter- oder Einsatzfahrzeugwarnung beispielsweise auch am generellen „Erfassen der Verkehrslage“, einer optimierten „Verkehrsflusssteuerung“ oder neuartigen Assistenzsystemen, etwa um nicht nur Ampelphasen, sondern auch die „Botschaften“ digitaler Verkehrsschilder frühzeitig zu erkennen oder vor Querverkehr zu warnen. Um beispielsweise den Verkehrsfluss auf Land- und Stadtstraßen weiter zu optimieren, werden die Fahrzeuge auch mit Ampeln einen „guten Kontakt pflegen“. So weiß das Fahrzeug, wann die nächste Ampel von Rot auf Grün (oder umgekehrt) umstellt. Rechtzeitig vor dem Erreichen der Signalanlage erscheint deshalb im Display ein kleines Ampelsymbol. Anhand der übermittelten Daten zur Phasenumstellung, der aktuellen Geschwindigkeit und der über Car-to-Car-Kommunikation erfassten Verkehrssituation errechnet der Bordcomputer, welche Signalfarbe bei Ankunft zu erwarten ist, und stellt auch das Symbol auf Rot, Gelb oder Grün. Selbstverständlich kann man daraus auch Hinweise für den Fahrer generieren, mit welcher Geschwindigkeit er ein optimales Vorankommen erreicht, zum Beispiel in Form einer grünen Welle.

HYPERLINK Weitere Informationen zu diesem Beitrag :

daimler-technicity.com/simtd unter anderem mit folgenden Features: • INTERVIEW Ilja RADUSCH, Leiter des Bereichs „Automotive Services and Communication Technologies“ am FraunhoferInstitut in Berlin, über intelligente Car-to-X-Kommunikation. • VIDEO So werden die simTD -Situationen am Rechner simuliert. • HINTERGRUND Die Etablierung eines einheitliches Funkstandards war eine der größten technischen Herausforderungen bei simTD.

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simTD-VERSUCHSZENTRALE ITS Vehicle Station

Observationsdaten

ITS Vehicle Station

ITS Roadside Station

Lichtsignalanlage (LSA)

Parallel zu den Arbeiten am Testgelände wird als Datenverarbeitungs-, Steuerungs- und Datenspeicherungssystem die simTD-Versuchs-

Umfelddaten

Car-to-CarKommunikation

Verkehrsdaten

Car-to-InfrastructureKommunikation

Landesmeldestelle

zentrale eingerichtet.

Traffic Message Channel (TMC)

simTD-Versuchszentrale

Verkehrszentrale Hessen (VZH)

Wechselverkehrszeichen (WVZ)

Integrierte Gesamtverkehrsleitzentrale Stadt Frankfurt am Main (IGLZ)

Polizei

Serviceprovider

GEFAHRENWARNUNG Ein Fahrzeug, das eine Gefahrenstelle auf der Fahrbahn „erkannt“ hat, gibt die Information an zahlreiche Verkehrsteilnehmer im Umfeld weiter – auch um die Straßenecke.

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FOTOGRAFIE Joel Micah MILLER

Von der Idee zum Auto DAS NEUE A-KLASSE-KONZEPT, Was unter dem Namen „Concept A-Class“ von Daimler entwickelt wurde, ist der Beginn einer neuen Ära der Automobilarchitektur, in der Charakteristika von A- und B-Klasse vereint sind.

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Jahre Innovation

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SEIT 125 JAHREN werden aus Ideen automobile Anwendungen. Und diese Ideen kommen von Menschen, die ihre Leidenschaft und ihr Know-how jeden Tag aufs Neue in zuverlässige, komfortable und sichere Produkte übersetzen: Produkte wie das neue Mercedes-Benz Concept A-Class, das im Frühjahr 2011 auf der Auto-Shanghai-Messe erstmals der Weltöffenlichkeit vorgestellt wurde.

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DAS AUFBAUTEAM (von links nach rechts): Udo PREUSS, Engineering Interieur • Alexander BORGHAMMER, Aufbauverantwortlicher Concept A-Class • Andreas FRANK, Entwurf • Peter LEHMANN, Abteilungsleiter Engineering und Realisierung Gesamtfahrzeuge • Jens VELTE, Bedienkonzept (Schalter) • Volker MEYER, Teamleiter Messefahrzeuge • Dieter MAIER, Aufbauverantwortlicher Werkstatt und Elektriker.

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DAS CONCEPT A-CLASS bietet eine Hightechschnittstelle mit dem Internet und folgenden Online-Features im Fahrzeug: 7-Zoll-Farbdisplay, Bedienung über COMAND Controller • Funktionen aus dem iPhone sind in die Headunit integriert • über Softwareapplikationen (Apps) auf dem Display visualisiert und über den COMAND Controller bedienbar • das iPhone kann in ein Einschubfach in der Mittelkonsole eingesteckt werden und synchronisiert sich automatisch mit der Headunit. TECHNISCHE HIGHLIGHTS 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe • radargestützte Kollisionswarnung mit adaptivem Bremsassistenten • LED-High-Performance-Scheinwerfer • Intelligent Light System. Länge: 4.280 mm • Breite: 1.780 mm • Höhe: 1.430 mm • Kofferraumvolumen: 350 Liter • Radstand: 2.700 mm

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ARMATUREN Instrumententafel und Mittelkonsole:

MATERIAL Einsatz von metallisiertem Leder

FARBIGKEIT Titan- und SilbertĂśne im Innenraum,

komplexe Struktur aus gebĂźrstetem Aluminium.

(Semianilin mit metallischen Pigmenten).

mit Beige plus Akzentfarbe Rot kombiniert.

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TEXT

FOTOGRAFIE

Susanne SCHÄFER

Roderick AICHINGER

„Von den Besten lernen“ lautet

das Motto der Initiative „European Green Capital“: Die Städte Europas, die attraktives urbanes Leben mit Nachhaltigkeit und grüner Mobilität vereinbaren, sollen zu Vorbildern werden. Seit 2010 zeichnet die EU-Kommission deshalb im Rhythmus von zwei Jahren jeweils zwei europäische Städte als „Green Capital“ aus – jede Siegerstadt trägt den renommierten Titel für ein Jahr. 84

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Reykjavík

Oslo

Stockholm 2010

Malmö Kopenhagen

Hamburg 2011

Amsterdam

Bristol

EUROPAS UMWELTHAUPTSTÄDTE Münster

Unter den zahlreichen Bewerbungen beim European Green Capital Award haben Nürnberg

Freiburg

14 Städte von Reykjavík im Norden bis Barcelona im Süden den Zuschlag der Jury erhalten.

Nantes 2013

Vitoria-Gasteiz 2012

Barcelona

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Unterwegs in Hamburg – Umwelthauptstadt 2011

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reen Capitals – eine globale Aufgabe „Wir versuchen, die Wirtschaft auf ein kluges, nachhaltiges und integrierendes Wachstum zu bauen und die begrenzten Ressourcen des Planeten effizienter einzusetzen“, sagt Janez Poto nik, EU-Kommissar für Umwelt. Dabei sei es entscheidend, die Probleme zu lösen, die durch Urbanisierungsprozesse entstehen, und zugleich die Chancen und Potenziale dieser Entwicklung zu verwirklichen. Einige Städte in Europa haben diese enormen Herausforderungen nach Ansicht der EU gemeistert: Die Finalisten für den Green Capital Award in den Jahren 2010 und 2011 waren Amsterdam, Bristol, Kopenhagen, Freiburg, Hamburg, Münster, Oslo und Stockholm. Insgesamt hatten sich 35 Städte aus ganz Europa um den Titel beworben. Schwedens Hauptstadt Stockholm gewann im Jahr 2010, Hamburg trägt derzeit den schillernden Titel der „Umwelthauptstadt Europas“.

HafenCity, am Elbufer, 06:30 Uhr morgens. Ein Stadtteil erwacht. Viele der ersten Hamburger, die schon in der HafenCity wohnen, bewegen sich zu Fuß in Richtung Innenstadt. Nach ein paar Schritten hören sie eine Mischung aus dem Gesang eines Tenors, einem Violinkonzert und den metallischen Klängen eines ExperimentalOrchesters. Die Musik dringt aus Hörmuscheln, die rund um einen Container angebracht sind – der Pavillon gibt Passanten einen Vorgeschmack darauf, was sie in der Elbphilharmonie, dem neuen Konzerthaus der HafenCity, erleben werden. Von hier aus haben die HafenCity-Bewohner einen Panoramablick auf den Sandtorhafen mit den Segeljachten und Barkassen, die dort liegen. Zahlreiche Brücken führen über Wasserarme hinweg ins Stadtzentrum. Die innovativ gestaltete HafenCity in Hamburg zeigt schon heute, wie die Metropolen der Zukunft aussehen werden: Gebäude, Lebensräume, Straßen, Rad- und Fußwege ergänzen einander, urbanes Leben und umweltbewusste Fortbewegung sind der Pulsschlag des neuen Stadtteils. Fußgängern stehen hier zweieinhalb mal mehr Wegkilometer zur Verfügung als dem motorisierten Verkehr. Mobilität konzentriert sich auf den öffentlichen Nahverkehr mit Bussen und der U-Bahn, deren Netz nach wie vor ausgebaut und erweitert wird. Im Lauf des Jahres werden zudem in der HafenCity erste hochmoderne Brennstoffzellenbusse eingesetzt. Zugleich entsteht dort die größte Wasserstofftankstelle Europas. Ab Mitte 2011 tanken dort die Mercedes-Benz Citaro Brennstoffzellenbusse und bis 2013 soll die volle Kapazität der Station – mit der Versorgung von 20 Linienbussen täglich – erreicht sein. Die Tankstelle ist Teil der Clean Energy Partnership (CEP), einer Initiative, an der auch Daimler und die Hamburger Hochbahn AG beteiligt sind und die das Ziel verfolgt, eine flächendeckende Wasserstoffinfrastruktur zwischen Hamburg und Berlin zu errichten. Die HafenCity ist längst nicht das einzige Projekt, mit dem Hamburg nachhaltiger werden soll. Auch für andere Stadtviertel hat die Stadt einen ehrgeizigen „Masterplan“ entwickelt: Bis zum Jahr 2020 soll der CO2-Ausstoß der Elbmetropole um 40 Prozent gegenüber dem Wert von 1990 (rund 20 Millionen Tonnen) gesenkt werden, bis 2050 sogar um 80 Prozent. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen unter anderem Altbauten saniert und der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden, insbesondere die Stadtbahn. Zum Hintergrund: 2008 entfielen circa 46 Prozent der CO2-Emissionen in Hamburg auf Haushalte und kleine Gewerbe, 30 Prozent auf die Industrie und 24 Prozent auf den Verkehr. Darüber hinaus ist eine Erweiterung des Angebots an öffentlichen Leihrädern geplant, außerdem will die Stadt die Velorouten erweitern, um Anreize fürs Radfahren zu schaffen. In der Diskussion sind außerdem eine Citymaut für Autofahrer in der Innenstadt, wie sie bereits in London eingeführt wurde, und eine Umweltzone. Zugang hätten die Fahrer nur mit Umweltplaketten, wie bereits in Berlin oder London üblich. Schon jetzt ist die Stadt Hamburg auf einem guten Weg: Von 1990 bis 2008 sind die CO2-Emissionen um 16,4 Prozent auf 17,3 Millionen Tonnen gesunken, wie die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt im November 2010 bekannt gab. Für die Vorreiterrolle in den Bereichen grüne Mobilität, Energieversorgung und Stadtplanung hat Hamburg nun von der Europäischen Kommission den Titel Green Capital 2011 verliehen bekommen. „Europäische Städte stehen vor ähnlichen Herausforderungen und

GREEN CAPITAL – BEWERTUNGSKRITERIEN Die Gewinner- und Finalistenstädte des European Green Capital Award haben Vorbildcharakter in einem oder mehreren der folgenden zehn Bereiche: • Maßnahmen gegen den globalen Klimawandel • Lokale Mobilität und Personennahverkehr • Lokale öffentliche Plätze • Luftqualität • Lärmbelastung • Abfallproduktion und Abfallmanagement • Wasserverbrauch • Abwassermanagement • Umweltmanagement durch die Stadtverwaltung • Nachhaltige Landnutzung

Auch die Gewinner der darauffolgenden Jahre stehen schon fest: 2012 wird die spanische Stadt VitoriaGasteiz den Titel tragen, im Jahr 2013 das französische Nantes. In die engere Auswahl schafften es außerdem Barcelona, Malmö, Nürnberg und Reykjavík. „All diese Städte haben etwas gemeinsam – ein gutes Gleichgewicht zwischen Transportsystemen, Landnutzung und der geplanten Nutzung offener Flächen“, sagt Poto nik. Alle Finalisten zeichnen sich dadurch aus, dass sie „in Bezug auf umweltfreundliches urbanes Leben wegweisend sind und andere Städte im Bereich nachhaltiger städtischer Entwicklung inspirieren können“. Insbesondere in Bezug auf grüne Mobilität überzeugen die Städte Nantes, Barcelona und Hamburg. Ihnen allen gelingt es, immer mehr Einwohner für öffentliche Verkehrsmittel zu begeistern. Die Vergabe der Green Capital Awards in Europa reiht sich in einen globalen Trend ein, große und kleine Städte für herausragende Aktivitäten in den Bereichen Nachhaltigkeit und Umweltschutz zu belohnen. Vom Sustainable Cities Award der Financial Times über die Australian Sustainable Cities Awards bis zu den Globe Awards, die weltweite Stadtentwicklungen im Blick behalten, setzen die Jurys auf ein umfassendes Spektrum nachhaltigkeitsrelevanter Faktoren.

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können voneinander lernen. Hamburg wird als Umwelthauptstadt Europas 2011 den Austausch zwischen den europäischen Städten fördern“, sagt Hamburgs ehemalige Umweltsenatorin Anja Hajduk. „Hamburg steht als wichtiger Industriestandort und drittgrößter Hafen in Europa vor besonderen Herausforderungen im Umweltschutz. Wir haben die Chance und die Pflicht, Ökologie und Ökonomie konsequent miteinander zu verzahnen.“ Um die weitreichenden Ziele in den Bereichen Stadtplanung und vor allem Mobilität zu erreichen, braucht Hamburg Konzepte. Diese gehen nicht nur von der Stadtverwaltung selbst aus, sondern auch von Bürgern und privaten Stadtplanern. Ottensen, Hamburger Westen, 11:00 Uhr. Auch an einem Dienstag ist in Ottensen, einem Stadtteil westlich der HafenCity, um diese Zeit viel los. Freiberufler und Studenten sitzen mit Notebooks in Cafés, lassen sich bei einem der vielen Friseure die Haare

Hamburger Hochbahn AG. Zusätzlich erhält die Verkehrsgesellschaft ab diesem Jahr 20 Mercedes-Benz B-Klasse F-CELL, die ebenfalls mit Brennstoffzellenantrieb ausgerüstet sind. All diese Ansätze bringen Hamburg dem Ziel, Emissionen zu reduzieren, die Stadt nachhaltiger zu gestalten und die Lebensqualität noch weiter zu erhöhen, ein großes Stück näher. Ihrem Titel als Green Capital 2011 wird die Stadt also durchaus gerecht – zumal eine weitere Revolution des Stadtverkehrs bevorsteht: Seit Frühjahr 2011 können Hamburger immer und überall einfach ins Auto steigen, losfahren und kostenlos parken: car2go startete in Zusammenarbeit mit dem Mietfahrzeugunternehmen Europcar. Das Mobilitätskonzept von Daimler hat in der Hansestadt mit zunächst 300 smart fortwo den Betrieb aufgenommen. Eingesetzt werden die mit Solardach ausgestatteten Zweisitzer der smart car2go edition. Das innovative Konzept von Daimler hat sich in zwei Städten schon bewährt: seit Oktober 2008 in Ulm und seit November 2009 in der texanischen

„Ein gutes Gleichgewicht zwischen Transportsystemen, Landnutzung und der geplanten Nutzung öffentlicher Flächen“ Janez POTO NIK, EU-Kommissar für Umwelt schneiden oder kaufen beim türkischen Gemüsehändler ein. Mone Böcker ist aus beruflichem Interesse in Ottensen, sie steht an der Bahrenfelder Straße und sagt: „Die Gehwege sind viel zu schmal, Autos parken alles zu, und Radfahrer kommen auch kaum durch. Straßen wie diese werden ihrer Aufenthaltsfunktion nicht gerecht.“ Die Volkswirtin ist geschäftsführende Gesellschafterin bei “raum + prozess – kooperative planung und stadtentwicklung“ und setzt sich für eine Straßenraumgestaltung nach dem Shared-SpacePrinzip ein. Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger sollen einander auf Gemeinschaftsstraßen gleichberechtigt begegnen. Der Stadtraum wird vielseitiger nutzbar und attraktiver gestaltet. U-Bahnhof Wandsbek Markt im Osten Hamburgs, 14:00 Uhr. Fahrgäste der Linie 9 steigen in den Bus ein. Anwohner und Fußgänger bekommen vom kurzen Stopp akustisch kaum etwas mit, denn die Elektromotoren beschleunigen den Bus fast lautlos. Die Hamburger Hochbahn hat zwei Mercedes-Benz Citaro G BlueTec Hybrid angeschafft und setzt sie derzeit probeweise im normalen Linienverkehr ein. Bei dem Fahrzeug handelt es sich um den bislang einzigen Hybridbus, der streckenweise rein elektrisch ohne Dieselmotor fahren kann. Der Strom wird beim Bremsen gewonnen und kann bei Bedarf auch über einen Generator erzeugt werden, der durch den Dieselmotor angetrieben wird. Die Diesel-Hybridbusse machen eine weitere Strategie der Stadt Hamburg sichtbar: Elektromobilität zu stärken. Auch auf diesem Weg will sie CO2-Emissionen reduzieren. Zusätzlich startet die Hamburger Hochbahn AG im Lauf des Jahres 2011 eine Probephase mit neuen Mercedes-Benz Citaro FuelCELL-Hybrid-Bussen. Von 2003 bis 2010 waren schon Brennstoffzellenbusse von Daimler erfolgreich im Einsatz – weitaus länger, als ursprünglich geplant. Nun nimmt die nächste Generation den Betrieb auf: Der neue Brennstoffzellen-Hybridbus ist absolut umweltverträglich. Er fährt ohne Schadstoffemissionen und nahezu geräuschlos. So eignet sich der Mercedes-Benz Citaro FuelCELL-Hybrid optimal für belastete Metropolen. Von etwa 30 Fahrzeugen, die Daimler Buses für europäische Verkehrsbetriebe aufbauen wird, gehen zehn an die

Hauptstadt Austin. „Mit car2go in Hamburg erweitern wir unser Angebot um ein zukunftsweisendes Element“, sagt Philippe Guillemot, CEO von Europcar International Group. „Wir bieten seit Jahrzehnten individuelle Mobilitätslösungen und haben Veränderungen im Mobilitätsverhalten immer früh vorausgeahnt. Zusammen mit Daimler schaffen wir jetzt Lösungen für zukünftige Verkehrsbedürfnisse in Städten und erschließen damit neue Zielgruppen.“ Schanzenviertel, nördlich der HafenCity, 20:00 Uhr. Eine junge Architektin, die selbst keinen eigenen Pkw besitzt, beschließt nach dem Arbeitsessen spontan, mit dem Auto nach Hause zu fahren – car2go macht es möglich. Die Frau kann nun per Handy, Smartphone oder Internet Fahrzeuge in der Nähe finden und zu günstigen Minutenpreisen buchen, ohne Vertragsbindung, ohne Grundgebühr und ohne Mindestmietdauer. Die Gebühr wird über eine TelematikEinheit im Fahrzeug abgebucht. Am Ziel stellt sie das Auto einfach ab und muss sich um nichts weiter kümmern – kein Tanken, keine Inspektion, keine Verpflichtungen. Mit car2go, neuen Velorouten und Fußgängerzonen, der umweltfreundlichen Fahrzeugflotte von Daimler und einem intelligenten ÖPNV-Netz bewegt sich Hamburg in eine grüne Zukunft – auch wenn der Green Capital Award der EU dann längst in eine andere europäische Stadt gewandert ist.

HYPERLINK Weitere Informationen zu diesem Beitrag: daimler-technicity.com/greencapital unter anderem mit folgenden Features: • INTERVIEW (1) Günter ELSTE, Vorstandsvorsitzender Hamburger Hochbahn AG. (2) Eric CHEVALIER, Leiter Verkehr und Transportwesen, Nantes. (3) Dídac PESTAÑA RODRÍGUEZ, Vizepräsident TMB Barcelona. • VIDEO Die Finalisten des European Green Capital Award. • HINTERGRUND Grüne Vorbilder: der European Green Capital Award.

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Herr Elste, was ist Ihre langfristige Vision für grüne Mobilität in Hamburg?

„Im Jahr 2030 wollen wir im öffentlichen Nahverkehr ganz auf den Einsatz fossiler Kraftstoffe verzichten.“ Günter ELSTE, Vorstandsvorsitzender der Hamburger Hochbahn AG

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European Green Capital

Gewinner 2011

Ambitionierte Umweltstrategie: Jedes Jahr kommen in Hamburg 10 Millionen Fahrten in Bussen und U-Bahnen hinzu. 2015 sollen es 500 Millionen Personenfahrten pro Jahr sein. Der CO2-Ausstoß soll im selben Zeitraum um 40 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden. Einwohner: 1,8 Millonen Bevölkerungsdichte: 2.362 Einwohner/km2 Verkehrsmittelwahl: Öffentlich 19 %, Pkw 41 %, Fahrrad/Fußgänger 40 % BRT-System: Metrobus, seit 2001, 22 Linien Bikesharing-System: StadtRAD, 72 Stationen, ca. 1.100 Räder Parkhäuser: 26 in der Innenstadt Öffentliche Parkplätze: 10.000 U-Bahn: 189 Millionen Fahrgäste p. a.

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Richtung Flughafen Am Flughafen Hamburg waren von 2008 bis 2010 zwei Brennstoffzellenschlepper im Einsatz. Das Pilotprojekt wurde 2010 erfolgreich abgeschlossen.

Wasserstofftankstelle In der Hamburger HafenCity wird Europas größte Wasserstofftankstelle errichtet. Ab Mitte 2011 werden unter anderem die Mercedes-Benz Citaro FuelCELL-Hybrid der Hamburger Hochbahn AG hier betankt. • Zunächst sollen täglich 520 kg Wasserstoff bereitgestellt werden. • Eine Bus-Tankfüllung hat eine Reichweite von ca. 450 km. • Bis 2013 sollen täglich 780 kg Wasserstoff erhältlich sein.

Deckel A7 Die Bauarbeiten für Deutschlands größten Autobahndeckel beginnen 2011. Die A7 wird zwischen Othmarschen und Schnelsen auf rund 3.500 Meter überdeckelt.

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HafenCity Universität

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Elbphilharmonie

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HafenCity StadtRAD Hamburg Das Fahrrad-Leihsystem StadtRAD in Hamburg rüstet seit Februar 2011 alle 72 Leihstationen mit einer modernen Funktechnik aus. • Das Leihsystem wurde 2009 gegründet. • 75.000 Nutzerinnen und Nutzer nehmen inzwischen teil. • Im November 2010 wurde die millionste Fahrt gemeldet.

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Nachhaltige Mobilität an der Elbe car2go Im April 2011 startete car2go, das innovative Mobilitätskonzept von Daimler, auch in Hamburg. Nach Ulm ist Hamburg die zweite deutsche Stadt, in der car2go eingeführt wurde. • Zunächst stehen 300 Autos zur Verfügung. • In sechs Europcar-Stationen können sich car2goNutzer registrieren. • Alle Leih-smarts sind mit Solardach ausgestattet.

Hamburger Hochbahn AG Die Hamburger Hochbahn AG ist das zweitgrößte Nahverkehrsunternehmen in Deutschland: • 401 Millionen Fahrgäste im Jahr. • Über eine Million Fahrgäste am Tag . • 3 U-Bahn-Linien, 114 Bus-Linien. • Seit 2006 sind Mercedes-Benz Citaro mit Brennstoffzellenantrieb im Einsatz.

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raum + prozess In Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand plant raum + prozess Strategien und Projekte für eine nachhaltige Stadtentwicklung in Hamburg.

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hySOLUTIONS Die hySOLUTIONS GmbH wurde 2005 gegründet und fördert die Anwendung von Brennstoffzellen und Wasserstoff in Hamburg. Bis 2011 wurden konkrete Projekte umgesetzt: • Das europaweite Projekt HyFLEET:CUTE mit sechs Mercedes-Benz Citaro Brennstoffzellenbussen in Hamburg. • Zemships: Das Brennstoffzellenschiff auf der Alster. • Brennstoffzellenschlepper am Flughafen Hamburg.

Parkhaus

Radfahrstreifen/Schutzstreifen

Straßenbegleitender Radweg

Elektrotankstelle

Gehweg – Radfahrer frei/ gemeinsamer Geh- und Radweg

Radfahrmöglichkeit über Plätze mit Rampen sowie Promenaden

Elbradweg

Mischverkehr auf der Fahrbahn

car2go-Standort

U-Bahn-Haltestelle

StadtRAD-Standort

Bushaltestelle

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Selbstständiger Geh- und Radweg

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Herr Pestaña Rodríguez, wie können Städte wie Barcelona die Attraktivität ihres öffentlichen Nahverkehrs noch weiter erhöhen?

„Für den öffentlichen Nahverkehr sind Komfort, Sicherheit und Sauberkeit genauso wichtig wie die Geschwindigkeit.“ Dídac PESTAÑA RODRÍGUEZ, Vizepräsident Transportes Metropolitanos de Barcelona (TMB)

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European Green Capital

Finalist 2012 /2013

Attraktiver Nahverkehr: Barcelona hat die Kapazitäten des städtischen Busverkehrs in den letzten fünf Jahren um rund 45 Prozent erhöht, die der U-Bahn um 36 Prozent. Ein Drittel der Einwohner entscheidet sich jeden Tag für öffentliche Verkehrsmittel. Einwohner: 1,6 Millonen (+3,6 %, 2000–2008) Bevölkerungsdichte: 15.970 Einwohner/km2 Verkehrsmittelwahl: Öffentlich 32 %, Pkw 15 %, Fahrrad/Fußgänger 52 % BRT-System: Retbus, seit 2011, 3 Linien Bikesharing-System: Bicing, 401 Stationen, ca. 6.000 Räder Parkhäuser: 50 Öffentliche Parkplätze: ca. 54.000 U-Bahn: 405 Millionen Fahrgäste p. a.

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Herr Chevalier, vor welchen Herausforderungen und Chancen stehen mittelgroße Städte wie Nantes heute im Bereich urbaner Mobilität?

„Wir müssen den Bürgern ermöglichen, aus einer Reihe von Mobilitätslösungen die jeweils beste zu wählen.“ Eric CHEVALIER, Leiter der Abteilung für Verkehr und Transportwesen, Metropolregion Nantes

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European Green Capital

Gewinner 2013

Innovative Verkehrslösungen: Durch die Entwicklung eines nachhaltigen öffentlichen Transportsystems – darunter ein neues „Bus Rapid Transit“-System – ist es Nantes gelungen, den innerstädtischen Autoverkehr um rund die Hälfte zu reduzieren. Einwohner: 283.000 Bevölkerungsdichte: 4.342 Einwohner/km2 Verkehrsmittelwahl (Metropolregion): Öffentlich 15 %, Pkw 57 % (-4,6 %, 2002–2008), Fahrrad/Fußgänger 28 % BRT-System: BusWay, seit 2006, eine Linie mit 15 Haltestellen Bikesharing-System: Bicloo, 89 Stationen, ca. 800 Räder Parkhäuser: 13 Öffentliche Parkplätze: ca. 6.000 Fahrten in öffentlichen Bussen: ca. 30 Millionen p. a.

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DIGITAL FEATURES Hintergrundinformationen, Videos, Bildstrecken und vieles mehr zu den Themen dieser Ausgabe finden Sie auf: www.daimler-technicity.com

DIGITALE NETZWERKE

KONDITIONSFORSCHUNG

CHALLENGE TOP FIT Wie der volle Leistungsabruf von Ausdauerprofis mit dem Einsatz innovativer Technologien unterstützt werden kann. daimler-technicity.com/topfittruck

ALWAYS ON Wie die vernetzte Welt bislang ungeahnte Möglichkeiten für Mensch, Technologie und Gesellschaft eröffnet und welche Herausforderungen damit verbunden sind. daimler-technicity.com/alwayson

STADTENTWICKLUNG

HIGHTECHKOMMUNIKATION

SICHERHEITSSTRATEGIE

THE SAFETY CONNECTION Wie kommunizie-

FAHRSIMULATOR Wie Testfahrer im Simulator

rende Fahrzeuge die Sicherheit aller Verkehrs-

neue Fahrzeugtechnologien in virtuelle Extrem-

teilnehmer verbessern.

situationen bringen.

daimler-technicity.com/simtd

daimler-technicity.com/fahrsimulator

AUTO VON MORGEN

nachhaltiger Stadtentwicklung und grüner

CONCEPT CAR

Mobilität werden.

VON DER IDEE ZUM AUTO Wie ein revolutionäres Fahrzeugkonzept zum Leben

daimler-technicity.com/greencapital

erweckt wird. daimler-technicity.com/concepta

GREEN CAPITAL Wie Städte zu Vorbildern

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IMPRESSUM UND KONTAKT ONLINESPECIALS Diese und andere Beiträge finden Sie nicht im gedruckten Magazin, sondern als regelmäßige digitale Updates auf: www.daimler-technicity.com

REDAKTION UND GESTALTUNG Kreativ-Direktion: Wolfram Schäffer Projektmanagement: Susanne Wacker Redaktionsleitung: Matthias Straub Onlineredaktion: Kai-Holger Eisele Redaktion: Miriam Bauer, Anna Gallecker, Evghenia Hamminger, Stefan Häusler, Anastassia Kudina, Franziska von Stieglitz Autoren: Rüdiger Abele, Martin Fritz, Nathalie Gillet, Steffan Heuer, Andreas Kunkel, Martin Schäfer, Susanne Schäfer, Peter Thomas Lektorat: Joachim P. Straßburger Art-Direktion: Helmut Kirsten Gestaltung: Pia Bardesono, Diana Müller, Ioannis Karanasios, Isabel Winter Fotografen: Roderick Aichinger, Gert Albrecht (Illustration), Martin von den Driesch, Stefan Hohloch, Sebastian Jud (Illustration), Frank Kaiser, Michael Meyer (Illustration), Joel Micah Miller, Berthold Steinhilber

VIDEOTAGEBUCH

F-CELL WORLD DRIVE Wie drei Mercedes-Benz B-Klasse F-CELL die Welt umrunden und dabei die Alltagstauglichkeit der Brennstoffzellentechnologie beweisen. daimler-technicity.com/worlddrive

VIDEOMAGAZIN

HERAUSGEBER Daimler AG, Communications, Stuttgart, Deutschland Verantwortlich für den Herausgeber: Mirjam Bendak Objektleitung DAIMLER TECHNICITY: Matthias Steybe Onlinepräsenz DAIMLER-TECHNICITY.COM: Maximilian Schmitz Marketing und Leserdialog: Sandra Wagner Internationaler Vertrieb: Uwe Haspel

NEWS CHANNEL

Innovationsnews online Internationale Trendscouts und Wissenschaftsjournalisten berichten über die neuesten Entwicklungen in den Bereichen Mobilität, Technologie und Innovation.

WEEKLY WEB CHECK

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DESIGNSTUDIE

KONTAKT UND LESERSERVICE Zenit Pressevertrieb GmbH, Postfach 81 05 80, 70522 Stuttgart, Deutschland Tel.: +49 711 7252-268 Fax: +49 711 7252-399 E-Mail: leserservice@daimler-technicity.com Online: www.zenit-presse.de Daimler AG, Communications, 70546 Stuttgart, Deutschland Fax: +49 711 17-790-95251 E-Mail: kontakt@daimler-technicity.com Online: www.daimler-technicity.com/kontakt ANZEIGEN Anzeigenleitung: Marzena Schneider, design hoch drei GmbH & Co. KG, Glockenstraße 36, 70376 Stuttgart, Deutschand Tel.: +49 711 55037730 Fax: +49 711 55037755 E-Mail: marzena.schneider@design-hoch-drei.de Online: www.design-hoch-drei.de Mediadaten: www.daimler-technicity.com/mediadaten

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magazin rund um grüne und zukunfts-

HERSTELLUNG UND VERTRIEB Redaktion und Gestaltung: design hoch drei GmbH & Co. KG, Stuttgart, Deutschland Repro: Dr. Cantz’sche Druckerei GmbH & Co. KG, Ostfildern, Deutschland Druck: Stark Druck GmbH & Co. KG, Pforzheim, Deutschland Vertrieb: Zenit Pressevertrieb GmbH, Stuttgart, Deutschland

BILDNACHWEISE S. 20/22 Fotolia, S. 21 diginfo.tv, S. 23 Recon Instruments Inc., S. 23 NASA/courtesy of nasaimages.org, S. 25 Alcatel-Lucent, S. 51 Maciej Noskowski/Getty Images, S. 53 Fotolia, S. 55 Mlenny Photography/Getty Images, S. 58 Fotolia, S. 62 © Imaginechina/Corbis, S. 62 © BOBBY YIP/ Reuters/Corbis, S. 63 Norikazu Katsui/Getty Images, S. 64 © Beau Lark/Corbis, S. 65 © Karl Fjellstrom/transportphoto.net, S. 65 © Nik Wheeler/CORBIS, S. 68 Masdar, S. 68/69 Google maps, S. 88 Vattenfall/© – dilight.com, S. 88 DB AG/Ralph Winn, S. 88/89 Google maps, S. 89 Hamburger Hochbahn AG RECHTE Nachdruck und Verwendung, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher und schriftlicher Genehmigung der Daimler AG. Für unverlangt eingesandte Texte und Fotos wird keine Gewähr übernommen. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht der Meinung des Herausgebers oder der Redaktion entsprechen. Informationen über Ausstattungen und Zubehör ohne Gewähr. Verbindliche Angaben und Preise enthalten die jeweils gültigen offiziellen Verkaufsunterlagen der Daimler AG. Auch alle anderen Informationen in diesem Heft nach bestem Wissen, aber ohne Gewähr. TECHNICITY erscheint halbjährlich in den Sprachversionen Deutsch und Englisch. Nummer 1, 2. Jahrgang 2011 ISSN: 2190 - 0515 © Daimler AG 2011 DAIMLER-TECHNICITY.COM

DESIGN-HYBRID 2035 Die Zukunft des Automobils: eine Designstudie von

Eine Publikation der Daimler AG

Mercedes-Benz. daimler-technicity.com/designhybrid

DAIMLER-TECHNICITY.COM

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PROJEKTOR 3URMHNWRU

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Neulich auf der Datenautobahn

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Nahezu jede Dienstleistung kann man schon bald mithilfe eines Onlinedienstes in Anspruch nehmen. Die gesamte Alltagsorganisation und das soziale Leben lässt sich mittlerweile über Internetanwendungen wireless steuern und überwachen: Beruf, Privatleben, Gesundheit, Freizeit, Mobilität. Selbst Autos lassen sich mittlerweile per App auf dem Smartphone über die Straßen lenken. 7HFKQLFLW\

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TECHNICITY <engl.> die, das; - ies (Abk. T) 1. Eigenname als Zusammensetzung der Begriffe Tech•no•lo’gie (1) und Ci•ty (2) 2. Magazin, das sich mit der Anwendung von (1) in urbanem Umfeld und in weltweiten Metropolregionen befasst 3. <engl.> für Tech•ni’zi•tät (3) 4. der technische Charakter einer In•no•va•ti’on (4)

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MAGAZIN FÜR INNOVATION TECHNOLOGIE MOBILITÄT

AUSGABE 01 2011

TECHNICITY MAGAZIN FÜR INNOVATION TECHNOLOGIE MOBILITÄT

TECHNICITY

ALWAYS ON Die vernetzte Welt erreicht die individuelle Mobilität – und eröffnet unvorstellbare Möglichkeiten. TECHNICITY

Eine Publikation der Daimler AG © Stuttgart 2011

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FÜR ISSN 2190-0515

FOTO: FRANK KAYSER PHOTOGRAPHY

MAGAZIN

URBANER WETTBEWERB

HÖCHSTLEISTUNGSAGGREGATE

Wie sich EU-Metropolen bei Nachhaltigkeits- und Mobilitätskonzepten weiterentwickeln.

Wie durch maximale Effizienzsteigerung höchste Performance bei Motoren erzielt wird.

CAR-TO-X-KOMMUNIKATION

KONDITIONSMANAGEMENT

Weshalb die Fahrzeugkommunikation die Zukunft der Mobilität entscheidend verändern wird.

Wie Extremsportler und Truckfahrer ihren Leistungsabruf durch innovative Technologien unterstützen.

INNOVATION TECHNOLOGIE MOBILITÄT

AUSGABE 01 2011

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DAIMLER-TECHNICITY.COM

08.04.11 15:19


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