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KONJUNKTUR

KONJUNKTUR Wirtschaft unter Corona-Druck

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Das Verarbeitende Gewerbe ist in Ostwürttemberg besonders stark verankert: Im Jahr 2019 zählte die Branche knapp 73.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. (Foto: SHW)

IHK-UMFRAGE SOMMER 2020 UND FERI BRANCHEN RANKING – ZUKUNFT DER INDUSTRIE GILT ES ERFOLGREICH ZU GESTALTEN

In den Ergebnissen der IHK-Konjunkturumfrage im Sommer 2020 spiegeln sich die Folgen der Corona-Krise deutlich wieder. Die regionale Wirtschaft steht mächtig unter Druck. Der IHK-Geschäftsklimaindex rutscht von 109,3 zu Jahresbeginn auf aktuell nur noch 89,5 Punkte. So schlecht war der Wert zuletzt im Herbst 2009 (90,4) nach der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise.

Mit 44 Prozent bewertet fast die Hälfte der Befragten ihre aktuelle Lage mit „schlecht“, das sind 35 Prozentpunkte mehr als noch zu Jahresbeginn. Immerhin bewerten 22 Prozent der Befragten ihre Lage mit „gut“. Trotzdem sind das ganze 16 Prozentpunkte weniger als noch zu Jahresbeginn. Die Geschäftserwartungen sind zwiegespalten: 32 Prozent der Unternehmen gehen von besseren Geschäften in den nächsten zwölf Monaten aus. 38 Prozent der Unternehmen rechnen mit gleichen Geschäften und 30 Prozent stellen sich sogar auf eine weitere Verschlechterung ein. Obwohl die Erwartungen der Unternehmen verhältnismäßig positiv ausfallen, ist von einer schnellen Erholung nicht auszugehen.

Den vollständigen Konjunkturbericht, einen Blick in die Branchen und Landkreise finden Sie unter www.ostwuerttemberg.ihk.de/konjunktur.

REGIONALE INDUSTRIE SETZT WEITERHIN AUF INTERNATIONALE WERTSCHÖPFUNGSUND LIEFERKETTEN

Im Bereich der internationalen Wertschöpfungs- und Lieferketten haben sich durch die coronabedingten Maßnahmen in EU- und Drittstaaten verschiedene Problemstellungen für die befragten Unternehmen ergeben. Die Logistik hat rund 38 Prozent der Unternehmen auf die Probe gestellt. 41 Prozent waren durch die Reisebeschränkungen in ihren Geschäftsabläufen eingeschränkt. Vertragsrechtliche Risiken spielten dagegen nur für 9 Prozent eine Rolle. Von Exportverboten war niemand der Befragten betroffen. Auch der Zoll stellte kein Problem dar. Interessant ist, dass sich für 44 Prozent sogar überhaupt keine Problemstellungen ergaben. Jetzt wird’s spannend … verändert sich bei den Unternehmen etwas? Rund 94 Prozent planen keine Rückverlagerung von Wertschöpfungsketten. Ebenso stellen für 94 Prozent Lieferkettenumstellungen keine Option dar. Knapp sechs Prozent ziehen jedoch durch die Krise eine Konsequenz: Die Umstellung ist dabei hauptsächlich von Asien nach Europa geplant. Spannend ist, dass sich auch im Reisemanagement nur bedingt etwas ändert. 24 Prozent planen überhaupt keine Veränderung. 71 Prozent gehen immerhin von weniger Reisen als vorher aus. Die grundsätzliche Verlagerung auf den virtuellen Austausch kommt lediglich für 14 Prozent in Frage. Im Ergebnis zeigt sich, dass die Industrie in Ostwürttemberg auch trotz der Krise mehrheitlich weiterhin auf internationale Wertschöpfungs- und Lieferketten setzt.

FERI BRANCHEN RATING ZEIGT: ARBEIT AN DER ZUKUNFT UNSERER INDUSTRIE MUSS IM FOKUS STEHEN

Das FERI Branchen Rating liefert für mehr als 500 Branchen einen ausführlichen statistischen Überblick über die aktuelle Entwicklung, ergänzt um eine Zukunftsprognose. Die Ergebnisse des dritten Quartals machen Problemstellungen und Chancen gleichermaßen deutlich. Das Verarbeitende Gewerbe stand durch den konjunkturell bedingten Nachfragerückgang und den Transformationsprozess bereits vor der Krise unter Druck. Eine erste Entspannung der Lage, die sich zu Jahresbeginn 2020 noch abzeichnete, wurde durch die Krise jäh unterbrochen. Stattdessen verschärfte sich die bedrückende Situation für die exportorientierte Industrie weiter. Das Verarbeitende Gewerbe ist in Ostwürttemberg besonders stark verankert: Im Jahr 2019 zählte die Branche knapp 73.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (vgl. insgesamt 182.196 Beschäftigte). Die Bruttowertschöpfung im produzierenden Gewerbe machte 2017 einen Anteil von 45 Prozent an der gesamten Bruttowertschöpfung der Region aus.

Das Verarbeitende Gewerbe erhält in der Gesamtbewertung des FERI Rankings ein C (befriedigend), die kurzfristige Bewertung, die deutlich volatiler ist, fällt mit einem D sogar noch etwas schlechter aus. Die Bedeutung des Auslands für die Branche nimmt laut Studie nur leicht zu, was auf die zunehmende Abschottung der Märkte zurückzuführen ist, die sich durch die Pandemie weiter verschärfen könnte.

Die Beziehungen zu den USA und China sind für Deutschland sehr wichtig, weshalb die Wirtschaft von Beschränkungen hart getroffen wird. Mit Blick auf die Corona-Pandemie ist besonders die für Baden-Württemberg und die Region Ostwürttemberg wichtige Automobilindustrie zusätzlich belastet. Bereits vor der Krise litt die Branche unter einem Nachfragerückgang bei gleichzeitig steigendem Aufwand für Forschung und Entwicklung, der durch den Strukturwandel und die damit einhergehende Umstellung auf den Elektroantrieb, stetig an Dringlichkeit und Relevanz gewinnt.

Mit Blick auf die Klimathematik ist es deshalb besonders wichtig, die Investition der Unternehmen in dahingehende Alternativen zu unterstützen. Konjunkturprogramme und staatliche Unterstützungen sollten nachhaltige Lösungen fördern. Der Wirtschaftszweig der Automobilzulieferer wird insgesamt mit einem D bewertet; die Branche gilt damit als gefährdet und steht unter einem weit überdurchschnittlichen Bran

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Die IHK-Indikatoren im Verlauf

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Der Geschäftslage- und Geschäftserwartungsindikator im Zeitverlauf. (Foto: IHK)

chenrisiko. Beim kurzfristigen Rating sieht es sogar noch etwas schlechter aus. Hier erreicht der Zweig nur ein E. Im Vergleich zum Vorquartal hat sich die Bewertung durch die Krise weiter verschlechtert.

Der Maschinenbau erreicht dagegen insgesamt immerhin ein Ranking von C und damit ein durchschnittliches Branchenrisiko (kurzfristige Bewertung: D). Die Metallerzeugung- und -bearbeitung erreicht insgesamt ein Ranking D (kurzfristige Bewertung: E). Ostwürttemberg ist Standort vieler Automobilzulieferer. Ebenso sind der Maschinenbau und die Metallbranche wichtige Wirtschaftsbausteine der Region. Folglich wird die zunehmend schlechtere Entwicklung dieser Branchen uns besonders treffen. Wir sind deshalb gefordert, besonders an der Zukunft unserer Industrie zu arbeiten, um den Wohlstand in der Region auch langfristig zu sichern und Ostwürttemberg als Industriestandort zu stärken.

Ausführungen zu weiteren Branchen finden Sie unter www.ostwuerttemberg.ihk.de, Seitennummer 4838906. AUTORIN

(Foto: IHK)

KATRIN MAGER

Team Standort bei der IHK Ostwürttemberg