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Flanierendes Forschen –eine Einführung

Elias Aurel Rüedi

Die Basler Vorstadtquartiere sind von der Blockrandbauweise des 19. Jahrhunderts geprägt. Sie zeichnen sich durch Höfe und Gärten aus, welche gut geschützt hinter den Blockrandmauern [ → S. 133, Glossar ] liegen. Selbst ein zufälliger Einblick offenbart sofort: Ob verlassen oder genutzt, überwuchert oder durchgestaltet, begrünt oder gepflastert – jeder Hinterhof ist ein Kosmos für sich und bildet einen Kontrapunkt zur Strassenseite. Besonders die Beispiele, die wie ruhige, grüne Oasen im dicht bebauten Stadtkörper [ → S. 133, Glossar ] stehen, weisen auf das Potenzial hin, welches die verborgenen Hinterhöfe in Bezug auf ein zukünftiges städtisches Zusammenleben haben können.

In Zeiten der Urbanisierung wächst der Entwicklungs- und Verdichtungsdruck auf die städtischen Gebiete. Diesen Herausforderungen kann durch spezifische Bebauungs- und Planungsstrategien begegnet werden: Nachhaltige Architektur und Grünraumgestaltung rücken neben den wirtschaftlichen auch soziale, klimatische und ökologische Werte in den Mittelpunkt. Somit ermöglichen sie als nötige Ergänzung zur baulichen Verdichtung eine lebenswerte Stadt. In diesem Zusammenhang gewinnen Hinterhöfe eine neue Bedeutung – es gilt, die Wahrnehmung zu schärfen und eine andere Perspektive einzunehmen. Innen wird das neue Aussen.

Die Entdeckung des Hinterhofs als architektonisch-städtebaulich kaum beachtete Thematik ist für mich als Projektinitiator eng mit dem « Flanieren » verknüpft, welches als reflexive Technik zu verstehen ist: Immer wieder stiess ich bei absichtslosen Stadtspaziergängen auf eine andere, versteckte Stadt in den Höfen und entwickelte eine leidenschaftliche Neugier für ihre Vielfalt und die Möglichkeiten ihrer Umgestaltung. Als Architekt fiel mein Interesse auf das städtebauliche Potenzial der verborgenen Stadträume: Eine nachhaltige Hinterhofbeschaffenheit kann als Ventil funktionieren, welches bei der stetigen Verdichtung der Städte einen willkommenen Ausgleich ergibt. Die vorliegende Publikation bietet Anwohner:innen und Planenden Anhaltspunkte in der Handhabung mit theoretischen und praktischen Aspekten der noch wenig besprochenen Thematik. Bauen oder nicht bauen – das ist dabei eine Kernfrage.

Die Lektüre ist in vier Kapitel gegliedert und im Modus des Flanierens und Entdeckens gestaltet. Im Forschungsteil der Analyse passt sich die Buchform an die diversen Erlebniswelten des Kosmos Hinterhof an. Die Höfe und ihre Nutzungen werden in fünf Fallbeispielen charakterisiert und unter den Aspekten « Raum und Atmosphäre » sowie « Organisation und Soziales » betrachtet. Die Gastautor:innen regen mit Textbeiträgen den Diskurs über den Blockrand an und geben im Perspektiven-Teil mit Projektideen Inspirationen zur Hofgestaltung der Zukunft.

Im Résumé werden die wichtigsten Aspekte zur Qualitätssteigerung dargelegt. Die mehrseitigen Bildstrecken laden dazu ein, in die facettenreichen Impressionen der Hofwelten einzutauchen. Durch den Perspektivenwechsel zwischen Analyse und Vision leistet das Werk einen Beitrag zur Stadtforschung und liefert Ideen für eine beständige Stadtentwicklung.

«They say that under the ocean there is another world which is full of silence and sounds. I believe it. »