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6 6 6 „Kennen Sie ein sprechendes Schwein?“ „Kennen Sie ein sprechendes Schwein?“ „Kennen Sie ein sprechendes Schwein?“ „Kennen Sie ein sprechendes Schwein?

„Kennen Sieein sprechendes Schwein?“

Tourismus- undAgrarministerin Elisabeth Köstinger über dieErmittlungengegen den Bundeskanzler,das großeAufsperrennachlangen Lockdowns,Arbeitskräftemangelin der Gastronomie und zu billiges Fleisch.

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MINISTERINELISABETHKÖSTINGER „Der Kanzlerhatnach bestem Wissen dieWahrheit gesagt.“ rofil: Gegen Kanzler Sebastian Kurzwird wegen Falschaussage ermittelt. Wollen Siedeshalbdie Wahrheitspflicht im UAusschuss abschaffen? Köstinger: Ich bin dafür, dass man dieses wichtigste

Kontrollinstrument des Parlaments weiterentwickelt. DieBefragung im U-Ausschuss ist kein faires Gespräch. Siedient derzeit oft nur der Zerstörung der Befragten. Dasistunwürdig. Im U-Ausschusssolltees um Aufklärung gehen, nichtum Beschädigung. profil: Sie selbst haben den U-Ausschuss beschädigtund ihn„politischeLöwingerBühne“genannt. Köstinger:Manchmalhabe ich das Gefühl, esgeht an Stammtischengesitteter zu als im U-Ausschuss. Wenn eineVerfahrensrichterinim Ausschuss das Handtuch wirftund angibt,dass einem Mördermehr Respekt vor Gericht entgegengebrachtwirdals Auskunftspersonenim U-Ausschuss,dannsolltedas allen zu denkengeben. Ein Mindestmaß an Respekt mussgewährleistet sein. Ich habe keinen Zweifel,dass der Kanzlernach bestem Wissen dieWahrheit gesagt hat. profil: Er hat wahrheitswidrig behauptet, dass ernicht in dieBestellung von Thomas Schmid zum ÖBAG-Chef eingebunden war. Köstinger: Um dieseFrage ging esstunden-

langim U-Ausschuss– unddann wirdein Nebensatz herausgepickt! Daskannnicht der Wahrheitsfindung dienen. Natürlich ist der Kanzlerin Personalentscheidungen eingebunden. Aber dieLetztentscheidungen treffen immer die zuständigen Ministeroder Gremien,etwaAufsichtsräte. profil: Chats wie „kriegst eh alles was du willst“ zeigen das Gegenteil. Köstinger: Wenn man sich viele Jahre kennt, hat manmanchmal einenlockeren Umgangmiteinander,dassollte mannicht überbewerten. Essind jaalles Menschen. profil: Die Vorwürfe wiegen allerdings schwer: Chatprotokolle belegen Postenvergaben an Günstlinge,dieStaatsanwaltschaft ermittelt gegen Kanzler undFinanzminister. Wannmüssensie zurücktreten–bei einer Anklage? Bei einer Verurteilung? Köstinger: DieFrage stellt sichnicht. Ich kannmir beim besten Willennichtvorstellen,dassjemand für etwas verurteiltwird, das ernicht getanhat. Der Kanzler undder Finanzministerhabensichnichts zuschuldenkommenlassen. Wennman denpolitischen Gegner bei Wahlennicht besiegen kann, versucht man es anscheinend mit Anzeigen. Von der Taktik der Opposition halte ich wenig. profil: Gegen den Kanzler ermittelt die WKStA. Undauch dieÖVP hat Burgenlands SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil angezeigt.

Köstinger: Ichnehmeaufmerksam wahr, dass es da keineRücktrittsdiskussiongibt. profil: Ist die Regierung handlungsfähig? Köstinger: Absolut. Wirhaben einen Auftrag: Die Corona-Pandemie bewältigen, Menschenlebenschützen und Österreich gut durch dieKrisebringen. profil: SindSie schongeimpft? Köstinger: Nochnicht, ichhabe mich über das Ministerium angemeldet,ebenso wie alleMitarbeiterinnen undMitarbeiter. Wir haben unseren Impftermin am 2. Juni. profil: Hätten Spitzenpolitiker früher geimpftwerdensollen? Köstinger: Das ist eine schwierige Frage. Mir geht es wie Millionen anderen Österreichern – ich warte sehnsüchtig auf die Impfung. Aber es gehört zu politischer Verantwortung, dass alle, die die Impfung dringender brauchen, vorher drankommen. profil: DieersteCorona-Welle hat dieRegierung gut bewältigt. Warum hat sie die zweite Welle im Herbst falsch eingeschätzt? Köstinger: Rückblickend ist manimmergescheiter. Vor Weihnachtenhatuns die viel ansteckenderebritischeVirusvariante hart getroffen und vor allem dem Tourismus massiven Schaden zugefügt. Unser Plan für den Winterlautete jaanders. profil: Sie wollten abWeihnachten Hotels öffnen. War dasnaiv? Köstinger: Nein, weil wirim SeptemberkeineVorstellung von der Wucht der britischen Variante hatten. Unser Zugang war immer:Sicherheit gewährleisten undFreiheit ermöglichen. profil: Dasgalt für dieBundesgärtennicht, dieblieben anfangsgeschlossen. Köstinger: In den ersten Wochen der Pandemie im März2020 haben vieleStädte in Europa, etwa Rom, Paris oder Madrid, Parkanlagen geschlossen. Wir haben nichts anderesgemacht. profil: Warum tunsich Politikersoschwer, Fehler einzugestehen? Sie könntensagen: Mit heutigem Wissen würden wir Parks nicht mehrschließen. Köstinger: Damals gab es große Diskussionen über Außenbereiche. Natürlichhaben wirim Laufeder Monate mehr über das Virusgelernt. profil: Auchin Ischglhieß es:Allesrichtig gemacht! Dabeigilt Ischgl europaweit als Viren-Hotspot. Köstinger: Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft stehen vor dem Abschluss. Die Justizwird klären, obFehlergemachtwurden. Ischgl hätte an vielen Orten in Europa stattfinden können, weil man damals vieles noch nicht wusste. profil: Schadet IschglZum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG. Digitale Nutzung gem PDN-Vertrag des VÖZ voez.at. Österreichs Ruf bei Touristen? Anfragen zum Inhalt und zu Nutzungsrechten bitte an den Verlag (Tel: 01/213 12-3502). Pressespiegel Seite 7 von 23 Köstinger: Wirhaben vorigen Sommer bewiesen,dass wir einsicheres Urlaubsland sind. Wir sperren jetzt mit erheblichen Sicherheitsauflagen auf. Unser Ziel ist, neben dem schönsten das sicherste Urlaubsland zu sein. profil: Ischgl war berüchtigt für Après-SkiPartys. Ist dieSorteTourismus durch Coronaerledigt? Köstinger: Aktuellgeht der Trend zu Natur undEntschleunigung,esherrscht große Sehnsucht nach Ruhe. Wir erleben dieRenaissanceder Sommerfrische. profil: Sommerfrische klingt nach Helmut Kohl undStrickjackeam Wolfgangsee. Köstinger: Sommerfrische warim Vorjahr dergroßeTrend, unddas wirdauchheuer sosein. Aber das bringt neueHerausforderungen und hie unddaauch Probleme:Vorigen Sommerströmten Heerscharen von Gästen auf Almen, manche habensich dort nicht richtig verhalten,Müllhinterlassen, Tiereerschreckt. Der Umgangmit der Naturmussrespektvoller werden. profil: Rechnen Sie mit Pleitewellen im Tourismus? Köstinger: DiePandemie hat im Tourismus keinen Stein auf dem anderengelassen. Der Städtetourismusistunsergroßes Sorgenkind,es wirdJahredauern,bis wir an frühereErfolgeanknüpfen. Wirsindein internationales Tourismusland mit neun Milliarden Euro Wertschöpfung aus Messen undKongressen. profil: Kommt der Kongresstourismus zurückoder bleiben alle in Videokonferenzen? Köstinger: Ein Teil des Kongresstourismus wird sichin den virtuellen Raum verlagern, aber keine Videokonferenz kann den persönlichen Kontakt ersetzen. Dashaben viele in denletzten Monaten erfahren. profil: Haben auch Sie genug von den EURäten viaVideokonferenz? Köstinger: Ich binnormalerweise 320 Tage im Jahr auf Veranstaltungen undTerminen. Mirfehlen dieMenschen. Sogar die EU-Ministerfehlenmir. profil: Gastronomie- und Tourismusbetriebe hatten schon vor Corona Probleme, Arbeitskräfte zu finden. SinddieArbeitsbedingungensoschlecht? Köstinger: Dasist ein Mythos. Tourismus undGastronomie waren vor Coronaein Jobmotor, seit2010 entstanden40.000zusätzliche Arbeitsplätze. Wir sind von einem Nächtigungsrekord zumnächstengeeilt. Aber eines stimmt: Der Hunger nach Arbeitskräften war groß, Arbeitskräftemangel das größte Problem. Der meiste Tourismus findet in ländlichen Regionen statt. profil: Wie wollen Sie es schaffen, dass ein

R E G N I R H O F

Kellner aus Simmering zum Arbeitenins M U T

Kärntner Lavanttal zieht? / H E L A

Köstinger: Das Lavanttal ist das Paradies A P

Kärntens. Der Kellnermüsste nur wissen, wie schön es dort ist. Einen zweifachen

Familienvater aus Simmering werde ich nicht davon überzeugenkönnen, wie groß seineChancenin einer anderen Region sind, einen jungen Menschen aber sehr wohl. profil: JüngerearbeitsloseMenschenohne Familie sollen Arbeit inganz Österreich „Im Osten bekommen annehmenmüssen? Köche keinen Job, im

Köstinger: DieseThemen diskutieren wir Westenwerden dringend gerade sicher mit dem Arbeitsminister. Es ist der Eindruck einer Schieflageentwelchegesucht.“ standen. Da müssen wir etwas ändern. Wir haben dieSituation,dass im Osten des

Landes Köche keinen Jobbekommen, im

Westen Österreichs aber dringend welche ketten zuunmoralischen Dumpingpreisen gesuchtwerden. verschleudert. Damit kann dieLandwirtprofil: HöhereGehälterkönnten eineLö- schaft nichtüberleben. Und wenn eineKetsungsein. teeineAktionstartetundbehauptet, sie

Köstinger:Köchen wird in Tourismusregio- unterstützedie österreichischen Bauern, nenoft deutlich über dem Kollektivvertrag ist dasleicht durchschaubar. bezahlt, zum Teil das Doppelte. profil: Was wäreeinfairer Preis? profil: Unter dem Motto„Kostees, was es Köstinger: Wir fördern jährlich tierwohlwolle “ wurdedieTourismusindustrie sehr freundlicheStälle mit 120 Millionen Euro. großzügig unterstützt. Habensichmanche Wenn wir das Tierwohl ernst nehmen,

Betriebe garsaniert? müssen wir den Preis unddas Konsumen-

Köstinger: Wirhaben dieZielgenauigkeit tenverhalten verändern. Fleischmüssteeider Unterstützungsleistungenständig wei- gentlich um ein Drittel teurersein, nurso terentwickelt. In den Betrieben wurden können dieBauern vernünftig wirtschafdamit HunderttausendeArbeitsplätze ge- ten. Aber der Handel drückt diePreise. Wir sichert. UnddieBetriebe haben Reserven haben Griller um 800 Euroim Gartensteangezapft, saniert hat sichkeiner. hen und legen eineBratwurstum 80 Cent profil: Die Landwirtschaft zählt nicht zu den drauf. Das ist pervers.

Verlierern. Diedurchschnittlichen Agrar- profil: DasnetteSchweinderlmit dem enteinkommensind im Vorjahrlaut Statistik spannten Bauern aus der TV-Werbungist

Austria um fünf Prozent gestiegen. ein Schmäh?

Köstinger: In den beiden Jahren davorsind Köstinger: Kennen Sie ein sprechendes sie jeweils ummehr als5 Prozent gesun- Schwein? ken. Esgibt Schwankungen. DiePreise für profil: Sie kritisieren dieProduktionsbedin-

Kartoffeln,Rindfleisch undWeinsind ge- gungen. Esgibt in der Landwirtschaft auch fallen. Aber bei der bäuerlichen Direktver- prekäreArbeitsbedingungen. Unter Erntemarktunghaben wirmit einem Zuwachs helfern bildetensich Corona-Cluster. von 23 Prozent dasgrößtePlus der Ge- Köstinger: Wenn es Verstöße gibt, wirddas schichte verzeichnet. sofort geahndet. Die in Deutschland geprofil: Man könnte also die Förderungen bräuchliche Form der Wanderarbeiter gibt zurückfahren? es bei unsnicht mehr. Unser Landarbeiter-

Köstinger: Bei der bäuerlichen Direktver- gesetz sichert einenhohen Standard. Mitmarktung würde ich das Gegenteil tun und arbeiter können betriebsübergreifend andieMarktchancen erhöhen. VieleKonsu- gestelltwerden,etwa zuerst Spargel,dann mentenhaben den Einheitsbrei der Le- Erdbeeren,dann Gurken ernten. Soschafbensmittelkonzerne sattund wollen etwas fen wir ganzjährige Beschäftigungsver-

Besonderes. Das bieten nur Bauern. Direkt hältnisse. beim Bauern zu kaufen, stellt auchsicher, profil: Wie viel Fleisch essen Sie? dass dieLandwirte fairePreise fürihrePro- Köstinger: Wirhatten daheim zweimalpro dukte bekommen. Woche Fleisch aus eigener Produktion. Ich profil: Klingt wie sanfte Kritik an den gro- weiß, woher mein Schnitzel kommt. ßen Handelskonzernen. profil: Haben Sie je ein argentinisches Steak

Köstinger: Esist moralisch bedenklich, was verspeist? da passiert. Fleisch wird von den Handels- Köstinger: Natürlich auch. Wenn jemand Zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG. Digitale Nutzung gem PDN-Vertrag des VÖZ voez.at. Anfragen zum Inhalt und zu Nutzungsrechten bitte an den Verlag (Tel: 01/213 12-3502). 30 profil 21 • 21. Mai 2021 ein argentinisches Steak will,dannist das einebewussteEntscheidung. Daherist die Herkunftskennzeichnung wichtig. profil: Eine verpflichtendeHerkunftskennzeichnung für Speisen in der Gastronomie, wie die Grünenfordern, lehnt dieÖVP ab. Köstinger: Wenn das Steak aus Argentinien kommt, schreibt es der Wirt freiwillig auf die Speisekarte. Unsgeht esprimär um die großen Bereiche. Bei Erzeugnissen der Lebensmittelindustrie wieWurstwaren und Milchprodukten, vor allem bei Eigenmarken des Handels, wird oft suggeriert, sie seienösterreichischer Herkunft. In Wahrheit kommen Fleisch,Milch undEier aus dem Ausland. profil: Auch die österreichischen Fleischproduzenten exportieren ins Ausland, regensich aberfürchterlich über Importe auf, wie in der Diskussion über das EUFreihandelsabkommen Mercosurmit Südamerika. Köstinger: DieAuswirkungen des Mercosur-Abkommens auf die Landwirtschaft wären enorm. Jeder will, dass unsere Bauern mit höheren Umweltstandards produzieren,Düngemittel undPflanzenschutz reduzieren, möglichst auf Bio umstellen. Unddannsollen wir ein Abkommenmit südamerikanischen Ländern wie Brasilien abschließen, wo Regenwälder niedergebranntwerden,Klimaschutzund sozialeStandardsnichts zählen? Da kann esnur vehementeAblehnunggeben. profil: Wie passt das zusammen:DieÖVPWirtschaft will das ambitionierteKlimaschutzgesetz der grünen Umweltministerin LeonoreGewessler bremsen,etwa in Bezug auf dieReduktion des Kfz-Verkehrs. Köstinger: Ich kenne dazu keine letztgültigen Details. Aber als Ministerinfür Regionensage ich,dassman beim Privat-PkwGebrauch dieLebensrealität der Menschen berücksichtigenmuss. Ichkomme selbst vom Land. Nicht jederhat daeineHaltestelle vor der Tür. Wirkönnen das Wirtschaftssystem auf Nachhaltigkeitumbauen,daskann abernicht auf Kosten des Großteils der Bevölkerung erfolgen. profil: Sie haben einmal bedauert,dass die Menschenin Wien wenigergrüßen alsjene am Land. Köstinger: Ich wurde damals nach dem Unterschied zwischen StadtundLand gefragtund habedaraufhingewiesen,dass am Land mehr gegrüßt und Hand gegeben wird. Mankannoffenbar aus allen Dingen eineAufregungkonstruieren. profil: Werden sich Menschen bald wieder die Hand geben? Köstinger: Ja, und einander hoffentlich auch wieder umarmen.

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