Fährschiff M/F Travemünde III

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TRAVEMÜNDE (III)

von Christian Giesler Die TRAVEMÜNDE am 21. Juli 1985 einlaufend Travemünde. Foto: Frank Heine

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ie neue TRAVEMÜNDE wird das größte dänische Fährschiff sein, was je für die Ostsee gebaut wurde". Mit diesen Worten sowie einer skizzierten Darstellung von dem finnischen Maler Håkan Sjöström rührte die Reederei Gedser-Travemünde Ruten bereits im Sommer 1980 kräftig die Werbetrommel für ein neues Fährschiff, das ein Jahr später (1981) in Fahrt kommen sollte. In Travemünde, Lübeck und Hamburg fuhren Busse mit der Werbung "mit dem neuen Jumbo nach Dänemark" und kündigten somit eine neue Ära in der Fährverbindung zwischen Deutschland und Dänemark an. Dieses neue Fährschiff, das dritte, das den Namen TRAVEMÜNDE erhielt, sollte ab dem Sommer 1981 neue Maßstäbe im Verkehr zwischen Deutschland und Dänemark setzen. Kaum zu glauben, aber dieses Schiff ist mittlerweile 31 Jahre alt. Grund genug einmal den interessanten und bewegten „Lebenslauf“ dieser Fähre durch die Jahrzehnte zu verfolgen, die auch heute noch eine gewisse Faszination auf manch Schifffahrtinteressierten ausübt. Wir schreiben das Jahr 1981. Die Telefone haben noch Wählscheiben, die Bundesbahn hat noch "Silberlinge", und Twix heißt noch Raider. Im fernen Helsinki auf der renommierten Werft Wärtsilä entsteht das neue Flaggschiff der Gedser-Travemünde Ruten. Diese Reederei betreibt zu der damaligen Zeit sehr erfolgreich die Fährverbindung von Travemünde (WestDeutschland) nach Gedser auf der dänischen Insel Falster. Im Jahr 1963 als Moltzau-Linie gegründet erfuhr die Reederei seither mit dieser Fährverbindung einen stätigen Zuwachs an Passagieren und Fracht und nun wird mit der neuen TRAVEMÜNDE (das Partnerschiff GEDSER (III), 4.998 BRT, wurde 1976 als Neubau in Dienst gestellt) bereits die dritte Fährschiffgeneration vervollständigt, um die hohe Transportnachfrage bewältigen zu können. Der Stapellauf der TRAVEMÜNDE (III) erfolgte am 30. Januar 1981 und am 15. Juni 1981 war es dann soweit: Das brandneue Fährschiff verließ seine Bauwerft in Helsinki, wurde zwei Tage später in Kopenhagen von der dänischen Prinzessin Benedikte getauft und begann nach einigen Feierlichkeiten seinen Liniendienst zwischen Gedser und Travemünde am 19. Juni 1981 (siehe Ferries 3/2000!). Es ersetzte die

TRAVEMÜNDE (II) (3.999 BRT/Bj. 1971), die seit 1971 auf dieser Verbindung eingesetzt worden war. Konzeption und Bau Mit einer Bausumme von 200 Millionen dänischen Kronen war der Neubau mit

Abstand die teuerste Investition, die die Reederei jemals für ein neues Schiff getätigt hat. Die Inneneinrichtung verfügte über einen neuen, hochwertigen Standard, der auf den Fährverbindungen zwischen Deutschland und Dänemark einen Quantensprung darstellen sollte. Das Ziel war, den kargen Fährschiffen der direkten Konkurrenz von der Vogelfluglinie

rechts: Am 17. Juni 1981 liegt die TRAVEMÜNDE auf diesem Foto am DFDS-Anleger in Kopenhagen. Hier fand die Taufe statt. Foto: DFDS

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TRAVEMÜNDE diese mit Hängedecks ausgestattet, so dass man für die reine PKW-Beförderung bis zu vier (!) Ebenen zur Verfügung stellen konnte. Darüber befanden sich die Decks für die Passagiere. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse im Hafen von Gedser waren die äußeren Parameter des Schiffes begrenzt. Die Gesamtlänge von 137,4 m bei 22,6 m Breite ist somit auch fast als "kompakt" zu bezeichnen. So musste man in die Höhe gehen, und das Schiff bekam 11 Decks, was das Verhältnis Länge zu Höhe doch etwas zusammenschmelzen ließ. Auch der Tiefgang spielte eine große Rolle, denn die relativ flachen Gewässer vor der Hafeneinfahrt von Gedser mussten bei der Planung berücksichtigt werden. Bei ihrer Indienststellung im Jahr 1981 war die neue TRAVEMÜNDE eine der modernsten und größten Fähren im südlichen Ostseeraum, die im Skandinavienverkehr eingesetzt wurden. Sie war mit 9.120 BRT vermessen, die für Marketingzwecke gern auf 10.000 BRT aufgerundet wurden. Die Kapazität betrug 1.780 Passagiere sowie 550 PKWs oder 65 LKWs, die mit maximal 19,5 Knoten über die Ostsee befördert werden konnten. Das Design Das markante Vorschiff, eine für die damalige Zeit futuristisch anmutende Brücke mit geschlossenen Nocks, die etwas klobig wirkenden Aufbauten sowie der hintere riesige Mast gaben dem Schiff eine einzigartige Silhouette. Die drei roten Laternen (Seezeichen für ein tiefgangbehindertes Schiff) befanden sich - auch einzigartig - rechts und links vom Schornstein. Ein Krangerüst für Container schloss die Aufbauten ab. Und noch etwas war ganz besonders: der "Sound"! Aus den acht Auspuffrohren klang das Schiff wie ein gigantischer Fischkutter. Der Grund hierfür lag in dem gewählten Antrieb, ein so genannter schnelllaufender Diesel. Man brauchte das Schiff gar nicht zu sehen, allein vom Hören wusste man: Die TRAVEMÜNDE läuft ein. Deck 1-6 Antrieb und Fracht Auf den Decks 1 und 2 unterhalb der Wasserlinie lagen die Maschinenräume sowie die dazugehörigen Kontrollräume. Desweiteren befand sich im vorderen Bereich eine Sauna mit einer Bar. Die darüber liegenden vier Decks waren für die Beförderung der PKWs, LKWs und Trailer vorgesehen. Die Decks 3 und 4, zusammen das untere LKW-Deck, besaßen eine Bugpforte und einer Heckrampe für die Be- und Entladung der Fahrzeuge. Deck 5 und 6, die das obere LKW-Deck bildeten, wurden über eine seitliche Klappe im Bugbereich sowie eine integrierte Heckrampe beladen beziehungsweise gelöscht. So konnte die knappe Liegezeit von einer halben Stunde in den beiden Häfen eingehalten werden. mit neuer, großzügiger und luxuriöser Tonnage entgegenzutreten und somit neue Kunden zu gewinnen. Desweiteren sollte der Neubau ganz auf die dringende Kapazitätserweiterung der Reederei zugeschnitten sein. Um neben den regulären Passagieren auch noch die in großer Zahl zu erwartenden "Butterfahrer" transportieren zu

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können, wurde die Passagierkapazität großzügig bemessen. Außerdem sollte das neue Schiff auch genügend Frachtraum bieten, um der stetig ansteigenden Anzahl von PKWs, LKWs und Trailer gerecht zu werden. Diese wurden, wie schon auf dem Partnerschiff GEDSER (III), auf zwei LKW-Decks verteilt. Zusätzlich waren

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Deck 7-10 Passagiere und Mannschaft Auf Deck 7 und 8 befanden sich die Passagiereinrichtungen wie Restaurants und diverse Aufenthaltsmöglichkeiten. Das Interieur im typisch skandinavischen Stil war

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TRAVEMÜNDE geschmackvoll ausgewählt. Es dominierten Brauntöne in Verbindung mit grünen und blauen farbigen Elementen. Die Teppichböden waren in Braun gehalten und mit weißen Längsstreifen versehen, die als Schiffsplanken interpretiert werden konnten. Die Wandverkleidungen bestanden aus Kunststoff und hatten eine Holzoptik in Formvon heller Buche. Sitzmöglichkeiten in hellgrün und blau lockerten die Optik harmonisch auf. Deck 7 Im vorderen Bereich auf Deck 7 befand sich das À-la-Carte Restaurant mit 391 Plätzen. Eine großzügige Lounge mit dem Namen "Gedser-Hall" fügte sich an. Dort befand sich der Landgang in Gedser, zahlreiche Sitzmöglichkeiten sowie das vordere Treppenhaus. Zur besseren Orientierung war der Zugang zu den Autodecks in Grün gehalten. An die "Gedser-Hall" schloss sich die Arkade an, das Herzstück der Passagiereinrichtungen. Auch hier gab es eine große Anzahl von Sitzmöglichkeiten. Diese waren in Form von Flugzeugsesseln an der großzügigen Fensterfront angeordnet worden, von der man einen freien Blick auf die Ostsee genießen konnte. Zwei TV Geräte sorgten mit jeweils landessprachlichen Programmen (deutsches und dänisches Fernsehen) für Unterhaltung. Direkt gegenüber befand sich ein großer Parfümerieshop, wo man zollfreie Produkte erwerben konnte. Die Arkade umfasste außerdem ein Kinderparadies. Hinter der Arkade folgte die "TravemündeHall“. Analog zur "Gedser-Hall" befanden sich auch hier Sitzmöglichkeiten, der Landgang in Travemünde sowie das hintere Treppenhaus. Hier wurde für den Zugang zu den Autodecks die Farbe Blau gewählt. Dort lag auch der Zugang zur Grillbar, die über 98 Plätze verfügte. Eine große Cafeteria mit 586 Sitzplätzen im Heckbereich des Schiffes vervollständigte das Deck 7. Deck 8 Direkt über der Cafeteria auf Deck 8 befand sich der große SB-Markt. Dieser wurde über spezielle Container versorgt, die in Gedser mit dem bordeigenen Kran verladen wurden. Zu dieser Zeit war auf der Ostsee noch der zollfreie Einkauf von Waren möglich, und diese Einnahmen stellten einen erheblichen finanziellen Faktor für die Reederei dar. Im Mittelteil von Deck 8 standen den Passagieren 62 Vierbett-Kabinen zur Verfügung. Diese dienten in erster Linie den LKW-Fahrern als Ruhemöglichkeit, wurden aber auch bei den Nachtfahrten gerne von den Passagieren in Anspruch genommen. Im vorderen Teil des Schiffes befand sich ein Pub mit 258 Plätzen sowie eine Bar mit nochmals 76 Plätzen.

links: Die Innenräume der TRAVEMÜNDE als Renderings. Von oben: die Arkade mit den Flugzeugsesseln (rechts) und dem Shop (links), das à-la-Carte Restaurant im Frontbereich von Deck 7, die „Gedser Hall“ mit Blickrichtung zum vorderen à-la-Carte Restaurant und unten die Cafeteria im Heckbereich auf Deck 7. Design: Christian Giesler

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Anfang 1986 erhielt die TRAVEMÜNDE einen roten Rumpfanstrich. Auf diesem Foto läuft die TRAVEMÜNDE bei dickem Eis nach Travemünde ein. Foto: Frank Heine Deck 9+10 Vom Deck 9, dem Bootsdeck waren für die Passagiere nur die Treppenhäuser sowie die Außenbereiche zugänglich. Dieses Deck war ebenso wie Deck 10 ausschließlich der Besatzung vorbehalten und beherbergte neben den Mannschaftskabinen weitere Aufenthaltsund Nebenräume. Auf Deck 10 befand sich schließlich die Brücke des Schiffes mit den sich anschließenden Bereichen wie Funk- und Kartenraum. Im hinteren Bereich des Schiffes war für die Passagiere ein verglastes Sonnendeck vorhanden. Nach der Indienststellung der TRAVEMÜNDE im Juni 1981 boomte der Fährverkehr zwischen Gedser und Travemünde noch stärker als bisher, zumal aufgrund der Sommermonate eine große Nachfrage zu erwarten war. Es wurden immer neue Rekorde in den Beförderungszahlen der Passagier- und Frachtraten verzeichnet. Die große Anzahl der "Butterfahrer" trug außerdem ihren Anteil bei, so dass die Geschäfte für die Reederei glänzend liefen. Die neue TRAVEMÜNDE kam genau zur richtigen Zeit und trug zu dem großen (finanziellen) Erfolg bei. Vorkommnisse Es gab allerdings auch "Kinderkrankheiten" an der neuen Fähre. Dies betraf insbesondere die Kühlung der Wärtsilä-Motoren. In den ersten Wochen konnte die TRAVEMÜNDE deshalb nur mit verminderter Geschwindigkeit fahren, und es gab im Sommerfahrplan 1981 erhebliche Verspätungen. Anfang Juli musste die Fähre die Überfahrten für drei Tage komplett einstellen. Sie wurde am Skandinavienkai zum Anleger 1 verholt und repariert. Die GEDSER musste den Fahrplan nun allein bewältigen. So gab es damals das seltene Bild, dass beide Fähren hintereinander am Skandinavienkai lagen. Auch gab es im Dezember 1981 einen Feuerausbruch in der Bar auf Deck 8 (siehe Ferries 3/2000!), der aber mit Bordmitteln gelöscht werden konnte. Bis auf ein paar Grundberührungen bei den Wendenmanövern vor dem Hafen von Gedser,

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verrichtete die TRAVEMÜNDE ihren Dienst zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter zuverlässig. Der große Umbruch der Reederei erfolgte zum Jahreswechsel 1985/86. Die Reederei erhielt ein neues Image, und aus Gedser-Travemünde Ruten wurde GT-Linien. Die Schiffe bekamen einen neuen, roten Anstrich. Ziel war es, gegen den langjährigen Konkurrenten Vogelfluglinie neue Akzente zu setzen und mit den Attributen Spritzigkeit und Modernität Marktanteile zu gewinnen. Doch leider kam es in dieser Zeit zu finanziellen Problemen sowie anderen Schwierigkeiten. Durch ungünstige Umstände und immer schlechter werdende Transportergebnisse (siehe Ferries 3/2000!) musste die Reederei im Februar 1987 Konkurs anmelden. TRAVEMÜNDE LINK Die Reederei GT-Linien wurde durch den schwedischen Sea-Link-Konzern übernommen, der die Verbindung zwischen Gedser und Travemünde weiterführen wollte. Von der Übernahme ausgenommen wurde jedoch vorerst die TRAVEMÜNDE, die als Sicherheit für die Gläubiger der GT-Linien dienen sollte, bis alle offenen Forderungen bedient worden waren. Hierzu wurde eine eigene Gesellschaft gegründet, die „ASX 10969 A/S“, die vorübergehend der "Eigner" der Fähre wurde. Die Bereederung und das Management der TRAVEMÜNDE übernahmen Sea-Link jedoch sofort. Sea-Link

gründete eine Tochterfirma mit dem Namen GT-LINK, die den Betrieb zwischen Gedser und Travemünde weiterführen sollte. Aus den beiden Schiffen GEDSER und TRAVEMÜNDE wurden GEDSER LINK und TRAVEMÜNDE LINK, und die Schornsteinmarke des Reeders Elling Ellingsen (Sea-Link) ersetzte das traditionelle GT-Logo, das über knapp 25 Jahre die Schornsteine der Fähren nach Gedser gekennzeichnet hatte. Im April des Jahres 1987 wurde auch die TRAVEMÜNDE LINK Eigentum des Sea-Link-Konzerns. Nun könnte man denken, dass die Zukunft der Verbindung zwischen Gedser und Travemünde gesichert war, und die TRAVEMÜNDE LINK noch einige Jahre als Flaggschiff auf der deutschdänischen Verbindung verblieb. Der Sea-LinkKonzern hatte jedoch mit dem Schiff andere Pläne. Um flexiblere Abfahrtszeiten anbieten zu können, sollten zukünftig drei Schiffe zwischen Gedser und Travemünde verkehren. Da keine zusätzlichen finanziellen Mittel zur Verfügung standen, wurde entschieden, die TRAVEMÜNDE LINK zu verkaufen und mit dem Erlös zwei minderwertigere Fährschiffe auf dem Gebrauchtmarkt zu erwerben. Und so kam es, das die TRAVEMÜNDE LINK zum Verkauf ausgeschrieben wurde. Am 6. Dezember 1988 erwarb die Gotland Steamship Co., Nassau, Bahamas, das Schiff für 200 Millionen schwedische Krone Diese war eine Tochterfirma der schwedischen Reederei Ab Gotland Visby, die nun der neue Eigner der Fähre wurde.

Die TRAVEMÜNDE LINK am 21. Mai 1988 auslaufend Travemünde. Foto: Frank Heine

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TRAVEMÜNDE Personenschäden. Ein weiteres Mal brannte der Maschinenraum am 25. August 1994, so dass das Schiff zwei Monate ausfiel. Knapp drei Jahre später, am 9. März 1997, kollidierte sie mit dem Katamaran HOLYMAN DIAMANT und musste in der Werft Arno Shipyard von Dünkirchen repariert werden. Im Jahr 1996 wurde die Übernahme von Silja auch an den Schiffen sichtbar. Die SALLY STAR wie auch die SALLY SKY bekamen einen modifizierten Anstrich mit dem Silja Seehund als Schornsteinmarke. War die SALLY STAR ursprünglich nur für fünf Jahre auf dieser Verbindung vorgesehen, so versah sie den Fährdienst über den englischen Kanal bis zur dessen Beendigung im Jahr 1997. WASA EXPRESS

Im November 1988 wird in Tilbury aus der TRAVEMÜNDE LINK die SALLY STAR. Foto: Ken Larwood

Da erst ab 1998 der Einsatz für den eigentlichen Eigentümer, die Reederei Ab Gotland, vorgesehen war, musste das letzte Halbjahr von 1997 noch überbrückt werden. Hierzu wurde

Die 90er Jahre Der neue Eigentümer setzte den Neuerwerb aber nicht für seine eigenen Verbindungen ein, sondern vercharterte das Schiff ab dem 7. Dezember 1988 für fünf Jahre an die Reederei Sally-Line (UK) für ihre Verbindung Ramsgate - Dünkirchen über den englischen Kanal. Sally-Line wurde 1981 als Tochtergesellschaft der Reederei AB Sally gegründet, hinter der die Reederei Viking-Line stand. Im Mai 1988 gab es eine Veränderung in den Eigentümerverhältnissen von Sally-Line. Effoa und Johnson Line übernahmen die Mehrheit der Anteile von Sally-Line. Hinter diesen Namen stand das SILJA-LINE Konsortium, das zugleich der größte Konkurrent von Viking-Line war. Dieser Chartereinsatz war der Beginn eines neuen Aufgabenfelds der Fähre: das ehemalige Flaggschiff der Gedser-Travemünde Rute wurde nun auf dem Chartermarkt eingesetzt. SALLY STAR Nach einem kurzen Werftaufenthalt wurde aus der TRAVEMÜNDE LINK die SALLY STAR. Sie bekam die Schornsteinmarke der Reederei, zwei horizontale rote Ringe, und der Schornstein wurde weiß gestrichen. Die Inneneinrichtung auf Deck 7 und 8 wurde minimal verändert. Das auffälligste Merkmal war, dass die Flugzeugsessel in der Arkade von Deck 7 entfernt und stattdessen Bistrotische und Stühle aufgestellt wurden. Außerdem wurden die Teppiche durch neue mit Blumenmuster ersetzt, die wohl mehr dem englischen Geschmack entsprachen. Interessant war auch, dass sich hinter ihrem neuen Partnerschiff, die SALLY SKY, keine andere als die ehemalige GEDSER (III) verbarg. Die beiden ehemaligen GT-Schiffe waren somit wieder vereint, nur unter anderem Namen, auf einer anderen Route und für eine andere Reederei. Auch in dieser Zeit gab es einige Vorkommnisse. Nach dem Auslaufen aus Dünkirchen am 20. Dezember 1988 kam es zu einem Brand im Maschinenraum. Die SALLY STAR wurde evakuiert, es gab aber keine

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Die SALLY STAR dreht im Mai 1989 in Dünkirchen. Foto: Frank Heine

Die SALLY STAR mit dem modifiziertem, deutlich besser aussehendem Anstrich, im Mai 1991 auslaufend Dünkirchen. Foto: Frank Heine

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Die SALLY STAR mit Silja Logo einlaufend Dünkirchen. Foto: Marko Stampehl das Schiff im Mai 1997 für Levantlinjen, ein Konsortium zwischen der Rederi Ab Hoburgen und Rederi Ab Gotland registriert, und an SiljaLine verchartert. Silja-Line wollte das Schiff auf ihrer Route zwischen Vasa - Umeå einsetzen. Für diesen Einsatz ab dem 8. Mai 1997 erhielt die SALLY STAR den Marketingnamen WASA EXPRESS. Sie war aber unverändert in den Schiffsregistern als SALLY STAR registriert und führte auch diesen Namen auch weiterhin am Rumpf. Sie bekam außerdem einen kompletten Anstrich in den Farben von Silja-Line. Diesen Dienst versah die SALLY STAR bis zum 14. September 1997, ehe sie Kurs auf Bremerhaven nahm, um sich auf der Lloyd-Werft einer Generalüberholung zu unterziehen.

Start in das neue Jahrtausend… Zum Ende des Jahres 1997 war die ehemalige TRAVEMÜNDE seit über 16 Jahren ununterbrochen im Dienst. In diesem Zeitraum wurden bis auf geringfügige Modifikationen in der Inneneinrichtung keine nennenswerten baulichen Veränderungen vorgenommen. Der tägliche Einsatz im harten Fährbetrieb und insbesondere die 10 Jahre Einsatz im englischen Kanal hatten ihre Spuren hinterlassen. Das Schiff sollte nun über die normale Werftüberholung hinaus umfassende bauliche Änderungen und Modernisierungen erhalten. Die auffälligsten äußeren Merkmale waren das Entfernen des Containersystems mit dem Krangerüst im Heck des Schiffes. In diesem Zusammenhang wurde

auch der SB-Markt auf Deck 8 entfernt, da auf der zukünftigen innerschwedischen Verbindung der zollfreie Verkauf von Waren und Spirituosen keine Rolle mehr spielte. Stattdessen wurde an dieser Stelle ein Videosalon mit Sitzplätzen eingerichtet. Hierfür wurden in der Außenhaut weitere Fenster eingesetzt und das Deck 8 bis zum allgemeinen Abschluss der Aufbauten erweitert. Die zweite äußerliche Veränderung beruhte auf Anpassung der neuen schwedischen Sicherheitsbestimmungen. Diese traten nach dem verheerenden Unglück der ESTONIA in Kraft. Es wurden rechts und links am Heck des Schiffes zwei Stabilisierungstanks, so genannte Ducktails, angebracht, die zwar notwendig aber für das Schiff optisch nicht unbedingt von Vorteil waren. Die komplette Reling aller Decks

Die SALLY STAR im Silja-Anstrich einlaufend Vaasa. Für diesen Einsatz wurde das Schiff als „Wasa Express“ vermarktet. Foto: Marko Stampehl

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Die THEJVAR auslaufend Oskarhamn nach Visby auf Gotland. Foto: Andreas Wörteler wurde ersetzt. Anstelle der horizontal verlaufenden Gitterstäbe wurden vertikale Gitterstäbe für die Brüstung verwandt. Die komplette Inneneinrichtung wurde entkernt. Die Teppichböden wurden ersetzt, die Wandverkleidungen sowie die Deckenpaneele ausgetauscht. Außerdem wurden spezielle Abgaskatalysatoren installiert und die technische Ausrüstung auf den neuesten Stand gebracht. Ende November 1997 verließ ein "neues Schiff " die Bremerhavener Werft, versehen mit dem Traditionsnamen THJELVAR und im strahlenden Farbenkleid der Destination Gotland. Sie war nun mit 17.046 BRZ vermessen und die Schiffslänge betrug jetzt 140,80 m. Die Destination Gotland ist eine Tochtergesellschaft der Rederi AB Gotland, die die Verbindung zwischen dem schwedischen Festland und der Insel Visby betreibt. Der Einsatz zwischen Visby und Nynäshamn beziehungsweise Oskarshamn sollte ab dem 1. Januar 1998 für die nächsten Jahre ihr Fahrgebiet als neues Flaggschiff der Reederei sein. Auf diesen Verbindungen verkehrte die THJELVAR ohne nennenswerte Vorkommnisse bis zum 30. November 2003. Aufgrund der Verlängerung der Konzession für den Betrieb zwischen der Insel Visby und dem schwedischen Festland für weitere 10 Jahre bestellte die Rederi AB Gotland im Jahr 2000 zwei Neubauten. Diese Neubauten wurden 2003

in Dienst gestellt werden und ersetzen die bisherige Tonnage. COLOR TRAVELLER Für die THJELVAR wurde relativ schnell ein neuer Chartervertrag für die kommenden drei Jahre geschlossen. Die Reederei Color-Line benötigte für ihren Larvik – Hirtshals Dienst dringend eine Kapazitätsverstärkung. Die dort im Dienst befindliche SKAGEN (12.333 BRT, Bj. 1975) war dem steigenden Verkehrsaufkommen nicht mehr gewachsen. Am 8. Januar 2004 stand dadurch wieder ein Werftbesuch an. In der Werft in Fredericia erhielt die THJELVAR das komplette Farbkleid von Color-Line und wurde unter dem Namen COLOR TRAVELLER für die Thjelvar A/S, Larvik, Norwegen registriert. Die COLOR TRAVELLER wurde als reine Frachtfähre geführt, und die Passagierzahl wurde auf 150 reduziert. Es mussten außerdem einige Zusatzarbeiten in der Werft für den harten Einsatz im Skagerak, ihrem zukünftigen Fahrgebiet, vorgenommen werden. Ursprünglich für die "ruhige" südliche Ostsee konzipiert, musste nun der Bugbereich für die zu erwartende schwerere See optimiert werden. Hierfür wurden rechts und links in Höhe des Ankers Aussparungen gefräst, um so ein besseres Eintauchen in die Wellen zu gewährleisten. Außerdem bekam

unten: Die COLOR TRAVELLER im dänischen Frederikshavn. Foto: Marko Stampehl

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das Schiff einen Bugwulst. Leider trugen diese Maßnahmen nicht zur Steigerung der optischen Attraktivität des Schiffes bei. Vom 10. März 2004 bis zum 15. Dezember 2006 transportierte die COLOR TRAVELLER hauptsächlich LKWs und Trailer zwischen Dänemark und Norwegen. Lediglich in der Hochsaison der Jahre 2004 und 2005 beförderte sie auch Passagiere und PKWs zwischen Larvik und Frederikshavn. Am Ende des Jahres 2006 wurde vertragsgemäß die Charter mit Color-Line beendet, und das Schiff ging zurück an Ihren Eigner Rederi AB Gotland. Sie erhielt nach einem kurzen Werftaufenthalt wieder den Namen THJELVAR sowie den roten Schornstein mit dem "G" und einen weißen Rumpfanstrich. Da zunächst kein neuer Chartervertrag in Sicht war, wurde das Schiff vorerst in Visby aufgelegt. Das ursprüngliche Einsatzgebiet der THJELVAR, die Hauptstrecke zwischen der Insel Visby und dem schwedischen Festland, wurde ja inzwischen mit den Neubauten bedient. Im Laufe des Jahres 2007 bahnte sich dann eine kleine Sensation an: Die Fähre sollte nochmals für einige Zeit ihren alten Heimathafen Gedser anlaufen können. Die Reederei Scandlines benötigte auf ihrer Route Rostock - Gedser besonders im Frachtverkehr Verstärkung. Sie brauchte ein Schiff mit möglichst hoher Frachtrate, welches gleichzeitig in dem engen Hafen von Gedser manövrieren und anlegen konnte. Und welches Fährschiff eignete sich dafür besser als die ehemalige TRAVEMÜNDE… ROSTOCK So wurde am 1. Oktober 2007 das Schiff auf den passenden Namen ROSTOCK umbenannt und unter der deutschen Flagge registriert. Allerdings wurden bei einer Begehung von deutschen Sicherheitsbeauftragten auch einige Mängel festgestellt, die noch vor der Inbetriebnahme behoben werden mussten. Nach deren Beseitigung durch die Öresundsvarvet in Landskrona verließ die ROSTOCK die Werft am 15. Oktober 2007 im strahlend weißen Anstrich mit der Scandlines-Schornsteinmarke sowie der Seitenaufschrift Scandlines. Die ROSTOCK unterstützte nun die beiden Regelfähren PRINS JOACHIM und KRONPRINS FREDERIK auf der "Rennstrecke" zwischen Rostock und Gedser. Allerdings war die ROSTOCK als reine Trailerfähre ohne Passagierbeförderung im Einsatz. Überlegungen seitens der Reederei, die Rostock auch für Fußpassagiere zugänglich zu machen, wurden nicht umgesetzt. Es blieb bei der Beförderung von LKWs und Trailer. In Gedser konnte die ROSTOCK nicht an ihrem ehemaligen Anleger festmachen, da dieser auf die beiden Regelfähren zugeschnitten worden war. So musste die ROSTOCK auf den alten Eisenbahnfähranleger ausweichen. Eine sehr enge Angelegenheit, da das Schiff dafür eigentlich zu groß war. Dort entstand eine seitliche Auffahrrampe für das obere LKW-Deck, um auch dieses Deck beladen und löschen zu können. Der Chartervertrag war für drei Jahre bis September 2010 abgeschlossen, daher lohnten sich diese Investitionen. Aber es sollte bekanntlich anders kommen…. Im September 2008 wurde durch die

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In diesem Anstrich verkehrte das Schiff für Scandlines zwischen Rostock und Gedser und später auch zwischen Spanien und Marokko. Foto: Frank Heine Immobilienkrise in den USA eine weltweite 2009 eintraf. Die ROSTOCK erhielt nicht die ausschließlich mit Schnellfähren ausgeführt. Im Rezession mit erheblichen wirtschaftlichen Farben von Comarit, sondern wurde weiterhin Jahr 2010 wurde beschlossen, zukünftig wieder Auswirkungen ausgelöst. Diese Auswirkungen im Scandlines-Anstrich eingesetzt, der mittler- eine konventionelle Fähre einzusetzen. Hierfür betrafen natürlich auch den Handel von weile mit zahlreichen Rostläufern versehen war. gab es mehrere Gründe: Zum einen waren die Waren und Dienstleistungen in Europa. Die Aber diese Äußerlichkeiten sind bei einem hohen Kraftstoffkosten für die Schnellfähren Folgen spürten auch die Reedereien in ihren Charterschiff zweitrangig. Es soll in erster ein Faktor, und andererseits wollte man Transportraten von Gütern und Fracht. Linie funktionieren. Und das tat es mit Erfolg. im Frachtbereich ein Konkurrenzangebot Diese brachen empfindlich ein und trafen die Die Reederei Comarit war mit dem Schiff so zu den verkehrenden Fähren von Naviera Reedereien besonders hart, da die Einnahmen zufrieden, dass man die Subcharter bis zum Armas schaffen. Mit günstigen Frachtraten aus dem Frachtgeschäft einen Großteil der September 2010 verlängerte – sicherlich zur wollte man in diesen Markt vorstoßen. Auch Gesamteinkünfte ausmachten. Freude von Scandlines. das „Erlebnis Schifffahrt“ besonders in den Jetzt war auch bei der Reederei Scandlines ein Dieser Zeitpunkt war schließlich auch das Ende Sommermonaten sollte für die Touristen strikter Sparkurs angesagt. Das bedeutete für des Chartervertrages zwischen Scandlines und attraktiv gemacht werden. So suchte Fred. Olsen die ROSTOCK das Ende ihres Einsatzes, denn dem Eigner Reederei Rederi AB Gotland. Das Express für die Sommersaison 2011 ein Schiff zusätzliche Frachtkapazität wurde nun nicht Schiff kehrte Ende August in die nordeuropä- mit möglichst hoher Fracht und ausreichender mehr benötigt. Außerdem sorgten auch die ischen Gefilde zurück und kam am 27. August Passagierkapazität für die Inselverbindungen. hohen Betriebskosten der ROSTOCK für das 2010 im schwedischen Landskrona an. Bei Die Wahl fiel auf die THJELVAR. Aus: Die alten Wärtsilä-Motoren brauchten einem Werftaufenthalt in der Öresundsvarvet einfach zu viel Schweröl. wurde neben einer technischen Überprüfung BETANCURIA So begann für die ROSTOCK eine wahre die Schornsteinmarke und der Schriftzug Odyssee der Aufliegezeit. Zunächst wurde sie im Scandlines vom Rumpf entfernt, und das Schiff Am 13. August 2011 verließ die THJELVAR das Oktober 2008 in Rostock aufgelegt. Etwa zwei erhielt abermals seinen roten Schornstein schwedische Norrköping und erreichte sechs Wochen später wurde sie nach Saßnitz in den mit dem großen weißen G, der Rumpf Tage später den Hafen von Vigo in Spanien. Hier alten Fährhafen verlegt, um dort bis zum April blieb weiß. Das Schiff erhielt wieder seinen wurde das Schiff in BETANCURIA umbenannt. 2009 zu verweilen. Nun wurde sie mit einem Traditionsnamen THJELVAR und wurde ins Betancuria ist eine kleine kanarische Gemeinde Zwischenstopp in Gedser nach Puttgarden schwedische Schiffsregister eingetragen. Am 6. im nördlichen Teil von Fuerteventura. Das Schiff auf der Insel Fehmarn überführt, um dort Oktober 2010 verließ sie die Werft und wurde erhielt die spanische Flagge und wurde in Santa weiterhin beschäftigungslos aufzuliegen. Da nach Norrköping verlegt, um dort aufgelegt zu Cruz de Tenerife, dem spanischen Zweitregister der Chartervertrag von Scandlines ja noch bis werden eingetragen. Einen Tag später wurde sie in die zum Oktober 2010 festgeschrieben war, musste Lange war nicht klar, wie es mit der THJLVAR Werft von Puerto de la Cruz verlegt, wo sie sich die Reederei etwas einfallen lassen. Eine weitergehen würde. Kein Charterer war in neben einem Komplettanstrich in Fred. Olsen beschäftigungslos aufliegende Fähre verursacht Sicht und das Schiff lag über den Jahreswechsel Express Farben auch einige technische Updates bekanntlich nur Kosten. Somit wurde eine 2010/2011 hinaus noch immer beschäfti- erhielt. Die BETANCURIA war nun mit 17.046 Subcharter für das Schiff abgeschlossen, um die gungslos in Norrköping auf. Erste Spekulationen BRZ vermessen und konnte 1.536 Passagiere, restliche Zeit bis zum Charterende in 2010 zu machten sich breit, die sogar bis zu der Option davon 339 in Kabinen befördern. Für die Fracht des Abbruchs des mittlerweile fast 30 Jahre alten standen 1.150 Lademeter zur Verfügung, die überbrücken. Schiffes reichten. alternativ mit 440 PKW belegt werden konnten. Aber es sollte eine neue und attraktive Aufgabe Bei der Inneneinrichtung hingegen wurde nicht … Ab in den Süden für sie geben. Im Juni 2011 wurde ein neuer viel verändert. Sie blieb auf dem Stand der der Ins Spiel kam die spanische Reederei Comarit, Chartervertrag mit der Reederei Fred. Olsen letzten großen Überholung aus dem Jahr 1997. die das Schiff zwischen dem spanischen Almeria Express für sechs Monate abgeschlossen, Als strahlend weiße Fähre, optisch fast wie ein und Nador in Marokko einsetzen wollte. die auch eine Option zum Kauf des Schiffes Neubau, verließ die BETANCURIA die Werft Weiterhin sollte die ROSTOCK auch auf der beinhaltete. Fred. Olsen Express betreibt seit und nahm Anfang September 2011 ihren Betrieb Verbindung zwischen Algeciras und Tanger 1974 Fährdienste zwischen den Kanarischen als „Inselhopper“ auf. Ihr Fahrplan war eng verkehren. Somit begab sich die Fähre auf den Inseln Gran Canaria, Lanzarote, Teneriffa und gestrickt: Um 22:00 Uhr verließ sie Las Palmas langen Weg nach Spanien, wo das Schiff im Juni Fuerteventura. Seit 1999 wurde der Betreib auf Gran Canaria und erreichte um 4:00 Uhr den

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TRAVEMÜNDE Hafen von Puerto de Rosario auf Fuerteventura. Der zweite Anlaufhafen war Arrecife auf der Insel Lanzarote. Hier kam die BETANCURIA um 7:00 Uhr an. Um 9:30 Uhr machte sie sich dann wieder auf den Weg zurück nach Las Palmas, wo sie laut Fahrplan um 18:30 eintraf. Hierfür musste die BETANCURIA fast ihre ganze (Maschinen)kraft aufbringen und unter Volllast fahren, um die Rundreise zu bewältigen. Oftmals gab es aber doch Verzögerungen. Diese waren auch technisch bedingt und teilweise so schwerwiegend, dass ein Expertenteam der Reederi AB Gotland, der Eigner des Schiffes, aus dem fernen Schweden eingeflogen werden musste. Ein 30 Jahre altes Fährschiff ist schließlich kein Neubau. Die Probleme konnten jedoch beseitigt werden, und die BETANCURIA machte nun täglich ihre Rundreise. Die Charter wurde im Februar 2012 erneut um sechs Monate verlängert.

und Puerto del Rosario zum Einsatz kam. Doch lange sollte das Schiff nicht beschäftigungslos bleiben. Am 18. Oktober wurde der Erwerb der BETANCURIA durch die LC Ferry Ab Oy bekannt gegeben, die das Schiff auf der Verbindung zwischen Vaasa (Finnland) und Umeå (Schweden) einsetzen will. Diese neugegründete Reederei, die zu gleichen Teilen den Städten Vaasa und Umeå gehört, erwarb die Fähre für rund 4,75 Millionen Euro von dem Eigentümer Reederi AB Gotland. Somit wechselte die Fähre nach langen 24 Jahren den Besitzer. Ziel ist es, die Verbindung über den Kvarken, der Meerenge zwischen Vaasa und Umeå, nach dem Konkurs des derzeitigen Betreibers RG-Line für die Zukunft zu gewährleisten. Im Rahmen der Insolvenzverwaltung betreibt RG-Line diese Verbindung mit der RG 1 ex KAHLEBERG -05 (10.271 BRZ/Bj. 1983) weiterhin bis Ende 2012.

Wieder zurück in den hohen Norden: neue Aufgabe im bekannten Fahrgebiet

AB 2013: WASA EXPRESS

Nichts ist beständiger als der Wechsel: dieses bekannte Sprichwort trifft besonders auch auf die Fährschifffahrt zu. Anfang Oktober 2012, nach nur einem Jahr, gab Sebastian Cerezo, CEO von Fred. Olsen Express bekannt, die Charter der BETANCURIA nicht zu verlängern. Über das vorzeitige Ende dieses ehrgeizigen Projektes kann nur spekuliert werden. Die offizielle Version war u.a. Unzufriedenheit mit dem Schiff. Tatsächlich kam es im Laufe ihrer Dienstzeit immer wieder zu technische Problemen: am 5. August fiel eine der beiden Hauptmaschinen aufgrund eines Kolbenschadens aus. Starker Wind erschwerte zusätzlich die Fahrt und brachte den engen Fahrplan gehörig durcheinander. So wurde das Schiff zeitweise nur zwischen Las Palmas de Gran Canaria und Puerto del Rosario auf Fuerteventura eingesetzt, da der Fahrplan nach Lanzarote nicht zu halten war. So wurde die BETANCURIA im Hafen von Las Palmas aufgelegt, und die Schriftzüge sowie die Schornsteinmarke wurden entfernt. Ersetzt wurde das Schiff durch die von Incat eingecharterte Schnellfähre BONANZA EXPRES (5.191 BRZ/Bj. 1999) die ab dem 24. August zwischen Las Palmas de Gran Canaria, Morro del Jable

Die BETANCURIA soll ab 2013 unter dem Namen WASA EXPRESS als Ersatz für die RG1

auf dieser Verbindung eingesetzt werden. Sie ist hier keine Unbekannte. Bereits 1997, wie in diesem Bericht erwähnt, befuhr die ehemalige TRAVEMÜNDE diese Strecke 1997 bereits für ein paar Monate unter dem Marketing Namen „Wasa Express“. Die zukünftige WASA EXPRESS ist größer und weitaus komfortabler als die RG1. Die Fähre ist in einem guten Zustand. Erst im Jahr 2011 wurde ein kompletter Außenanstrich angebracht. Bis zum geplanten Start im Januar 2013 soll nun auch der Innenbereich überarbeitet werden. Die WASA EXPRESS wird jedoch nur als Zwischenlösung gesehen. Das Ziel von JLC Ferry Ab Oy ist es, nach vier bis sechs Jahren mit finanzieller Unterstützung der EU ein neues Fährschiff zu bauen, das die WASA EXPRESS dann ersetzen soll. Zu diesem Zeitpunkt wird die ehemalige TRAVEMÜNDE dann fast 40 Jahre alt sein und hat in einem langen Schiffsleben ein großes Pensum abgewickelt. Sie ist dann auf acht Fährverbindungen für 11 Reedereien in zehn verschiedenen Anstrichvarianten rund um die halbe Welt im Einsatz gewesen.

ms TRAVEMÜNDE - Technische Daten und Lebenslauf: Gedser-Travemünde Ruten, Gedser Wärtsilä, Helsinki; Baunr. 432 9.120 BRT / 4.150 tdw / 137,42 m Länge ü.a. / 22,31 m Breite / Vier 12-Zyl.-Diesel; Wärtsilä—Vaasa / 14.080 kW / 19,5 kn / 248 Pass. in 62 Kabinen, 1.552 Deckspass. / 450 PKW, 1.152 Spurmeter / 30.1.1981 Stapellauf / 15.6.1981 Ablieferung / 19.6.1981 Jungfernreise Gedser—Travemünde / 28.4.1987 TRAVEMÜNDE LINK, GT-Link, Nassau / 7.11.1988 SALLY STAR, Sally Line, Nassau, 6.12.1988 erste Reise im Ramsgate - Dünkirchen-Dienst / 1994 BRZ 16 829 / 1997 72 Pass.in Kabinen, 1787 Deckspass. / 8.5.1997 bis 14.9.1997 Fährdienst Vaasa-Umeå in Silja LineCharter mit Marketingnamen »Wasa Express« / 14.12.1997 THJELVAR, Rederi AB Gotland, Visby. BRZ 17 046, 2840 tdw, 141,00 m Länge ü.a., 22,81 m Breite, 316 Pass. in 79 Kabinen, 1536 Deckspass. / 1.1.1998 bis 30.11.2003 Fährdienst Visby - Nynäshamn bzw. Oskarshamn für Destination Gotland / 5.1.2004 Heimathafen Nassau / 10.2.2004 Heimathafen Larvik / 12.3.2004 COLOR TRAVELLER, Larvik - Hirtshals-Dienst, im Sommer Larvik - Frederikshavn-Dienst in Color Line-Charter / 2006 ausschließlich Larvik - Hirtshals-Dienst / 14.12.2006 nach Ende der Charter umbenannt THJELVAR / 28.12.2006 in Visby aufgelegt / 29.12.2006 Heimathafen Visby / 10.5.2007 in Slite aufgelegt / 27.9.2007 verchartert an Scandlines, umbenannt ROSTOCK, Heimathafen Rostock / 14.10.2007 erste Reise im Rostock - Gedser-Dienst in Scandlines-Charter / 1.10.2008 in Sassnitz aufgelegt / 3.2009 in Puttgarden aufgelegt / 6.2009 Almeria—Nador, ab 9.2009 Algeciras—Tanger Med- Dienst in Comarit-Charter / 6.2010 bis 18.8.2010 Almeria - Nador-Dienst in Comarit-Charter / 4.10.2010 umbenannt THJELVAR, Heimathafen Visby / 6.10.2010 in Norrköping aufgelegt / 13.8.2011 Reise von Norrköping nach Vigo / 1.9.2011 erste Reise im Fährdienst Las Palmas de Gran Canaria - Puerto del Rosario / (Fuerteventura) - Arrecife (Lanzarote) in Lineas Fred. Olsen-Charter als BETANCURIA / 2012 auch Las Palmas de Gran Canaria - Morro Jable-Dienst / 23.8.2012 letzte Reise im Arrecife - Puerto del Rosario - Las Palmas de Canaria-Dienst; in Las Palmas de Gran Canaria aufgelegt / 28.10.2012 Ankunft in Vaasa / 2012 WASA EXPRESS, JLC Ferry, Vaasa / 1.1.2013 Fährdienst Vaasa – Umeå geplant

Die BETANCURIA am 20. März 2012 in Puerto del Rosario auf Fuerteventura. Foto: Frank Lose

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