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29. KW 2011

in einem Zustand ausstellen, in dem sie das noch selbst entscheiden können und in dem sie sich die nötigen Gedanken machen können. Nicht erst dann, wenn man fragen muss, ob ihre Unterschrift überhaupt noch gültig ist. Könnte sich das Wissen über die bevorstehende Krankheit auf einzelne Patienten sogar negativ auswirken? Manche schränken sich sicher übermäßig ein oder sind unverhältnismäßig besorgt. Aber in welchem Umfang das passiert, ist schwer zu sagen. Darüber haben wir keinen ausreichenden Überblick. Der Stempel »Alzheimer« wird meines Erachtens im Moment viel zu sehr mit der Vorstellung von schwersten Krankheitsverläufen und völliger Hilflosigkeit verbunden. Die Frühstadien haben jedoch damit überhaupt nichts zu tun. Es kann sein, dass ein Patient niemals an diesen Punkt kommt. Ich denke aber trotzdem, jeder hat das Recht, diese Informationen vorab zu bekommen. Dann kann jeder für sich entscheiden, ob er das machen möchte oder nicht. Auf der Homepage der Deutschen Alzheimer Gesellschaft werden verschiedene Therapieformen aufgelistet. Verhaltenstherapie, Kognitives Training, Erinnerungstherapie, Kunsttherapie. Kann ich damit den Verlauf der Erkrankung beeinflussen oder der Krankheit vorbeugen? Körperliche Aktivität, gute soziale Verbindungen, gute Ausbildung, hohe Schulbildung sind alles Faktoren die potenziell vor der Krankheit schützen. Aber das sind letzten Endes sehr unspezifische Faktoren. Körperliche Aktivität ist für vieles gut - vielleicht auch für das Hirn. Rauchen bie-

22. Juli 2011

tet einen gewissen Schutz gegen Demenz. Gute Schulbildung ist ebenfalls ein robuster Faktor. Aber dabei handelt es sich allesamt um Einflussgrößen, die lange in der Vergangenheit zurückliegen. Wenn man alt ist, kann man da nichts mehr tun. Ein ganz wichtiger Faktor ist Bluthochdruck im Alter zwischen 45 und 60 Jahren, der offenbar Gefäße und Gehirn so schädigt, dass später eine Demenz entstehen kann.

eine frühe Diagnose geknüpft, da man mit ihnen den Ausbruch der Krankheit blockieren möchte, Stichwort: »Impfung gegen Alzheimer«. Um sie testen und später auch implementieren zu können, ist die Frühdiagnostik unverzichtbar. In der Praxis jedoch driften Therapie und Diagnostik derzeit stark auseinander. << Herr Gertz, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Wie sieht es mit medikamentösen Therapien im Frühstadium aus? Medikamente können die Krankheit hinauszögern, aber nicht heilen. Tatsächlich zählen Therapieansätze mit Medikamenten zu den am besten untersuchten. Nur: Diese Untersuchungen stammen überwiegend aus den 1990er Jahren, als man mit der Diagnose noch längst nicht so weit war wie heute. Und sie wurden alle an Patienten in einem relativ fortgeschrittenen Stadium durchgeführt. Entsprechend sind die Medikamente auch nur für dieses späte Stadium zugelassen. Heute können wir aber davon ausgehen, dass zwischen Diagnose und Beginn der Demenz mehrere Jahre vergehen. Und in diesen Jahren können wir die Medikamente nicht anwenden, weil sie nicht zugelassen sind und weil ihre Wirksamkeit für diese ganz frühen Stadien nicht nachgewiesen ist. In der Klinik gibt das eine verdrehte Situation: Wir können eine häufige Krankheit immer besser diagnostizieren, kommen aber mit der Therapie nicht hinterher. Das stellt die Frühdiagnostik noch einmal sehr in Frage. Ist die Möglichkeit der frühen Diagnose ihrer Zeit voraus? Ja und Nein. Aktuelle Therapieentwicklungen sind zwingend an

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