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Statt Planung im Jemen Moderne Wachstumsprozesse im traditionellen Rahmen Eine Studie von Entwicklungsszenarien der Stadt Zabid Von Christine Baumgartner Juni 2008


Statt Planung im Jemen

Moderne Wachstumsprozesse im traditionellen Rahmen Eine Studie von Entwicklungsszenarien der Stadt Zabid Von Christine Baumgartner Diplomarbeit, Juni 2008 Universität Karlsruhe (TH) Fakultät für Architektur Institut für Orts-, Regional- und Landesplanung (ORL) Lehrstuhl für Städtebau und Entwerfen Prof. Alex Wall M.S. Dipl.- Ing. Peter Gotsch Institut für Industrielle Bauproduktion (ifib) Prof. Michael Kunert Akad. Oberrat Volker Koch Titelbild: Hauptplatz am Stadteingang von Zabid, Jemen Umschlag: Lehrerstreik vor der Zitadelle im März 2008 Hinten: CD mit Videodokumentation für PC



Vorwort

Vorwort I Statt Planung im Jemen? Die Stadt Zabid in der Tihama-Küstenregion des Jemen ist seit 1993 UNESCO-Weltkulturerbe. Im Jahr 2001 wurde Zabid in die Liste als „Weltkulturerbe in Gefahr“ aufgenommen, und seit dem Jahr 2007 wird darüber diskutiert, der Stadt den Titel abzuerkennen, da die baulichen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen es zweifelhaft erscheinen lassen, ob ein Erhalt des kulturellen Erbes möglich ist.1 Der Jemen ist eines der wenigen Länder auf der Welt, in denen sich Städte und Gebäude über lange Zeit ohne Einflüsse von außen nach einem eigenen Muster entwickelt haben, angepasst an Klima, Sozialstruktur, traditionelle Bauweisen und vorhandene Ressourcen. In Zabid ist in Anpassung an klimatische und geographische Rahmenbedingungen der Bautypus des einbis zweigeschossigen Hofhauses entstanden. Wohnen findet in schlichten Gebäudevolumen statt, die um einen zentralen Hof gruppiert sind. Als Baumaterialien werden Backstein, Gips und Holz verwendet. Das Hofhaus ist traditionell im Familienbesitz und wächst mit der Familie, so dass trotz derselben Grundstruktur und Materialität kein Haus dem anderen gleicht. Durch die Öffnung der Republik Jemen für moderne Entwicklungen Ende der 1960er Jahre hat sich das traditionelle Stadtgefüge wesentlich gewandelt. Die Architektur der Stadt spiegelt die veränderten wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen des Landes wider, das heute nach internationalen Kriterien unter die „Least Developed Countries“ fällt.2 Auf der einen Seite wächst die Bevölkerung in Zabid, auf der anderen Seite führt der steigende Import von modernen Baumaterialien zu einem Rückgang der traditionellen Backsteinproduktion.3 Traditionelle Wohnhäuser werden durch moderne An- und Umbauten überbaut, obwohl im Jahr 2001 auf Empfehlung der UNESCO ein offizielles Bauverbot in der Altstadt ausgesprochen und die Erschließung neuer Bauflächen außerhalb der Altstadt initiiert wurde.4

Rechts: Regionale Bauformen im Jemen. Abb. 1 Durch Anpassung der Bauform an die Region ist im Jemen eine Vielfalt an Bautypologien entstanden. Die traditionelle Typologie in Zabid ist das Tihama- Hofhaus (2.v.l.).


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Im Jahr 2004 wurden mit Unterstützung aus dem Ausland ein Stadterhaltungsplan für die Altstadt und ein Masterplan für die „New Development Area“ verabschiedet. Seitdem seit 2007 versucht wird, die Masterplanung für die Neustadt zu implementieren, werden grundlegende Probleme der Planung offensichtlich. In vielen jemenitischen Städten ist es sehr schwierig, Architektur und Stadtentwicklung durch Baugesetze und Verordnungen zu lenken.5 Auf der „New Development Area“ in Zabid wird willkürlich und ohne räumliche Zusammenhänge gebaut, und in der Altstadt gehen wertvolle Stadträume verloren. Inhalt und Ziel meiner Arbeit ist die Auseinandersetzung mit der Frage, ob statt konventioneller Planung - eine Stadtplanung denkbar ist, die eindeutige Bedingungen für die Stadtentwicklung formuliert und die gleichermaßen Raum lässt für eigendynamische Wachstumsprozesse. Ziel der Stadtplanung soll die räumliche, funktionale und soziale Aufwertung des Stadtraums in der „New Development Area“ sein, um zu vermeiden, dass die Altstadt weiterhin überbaut wird, Zabid den Titel als Weltkulturerbe verliert und die Segregation zwischen Stadtkern und Peripherie weiter wächst.

1 Iamandi (2004): 1ff. / 2 Rassam (1997): 5 / 3 Al-Sabahi (1996): 1, 6, 20; Lewcock (1983): 59 / 4 Interview, Cristina Iamandi, 25.02.2008; Interview, Arafat Al-Hadrami, 01.03.2008 / 5 Vgl: Van Oers (2005): 37


Inhalt


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Vorwort I Statt Planung im Jemen?

09 11

Inhalt Gliederung

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Einleitung I Aufbau und Methodik

21 Kapitel 1 I Stadt Wachstum 22 1 Stadt Geschichte I Die weiße Stadt 40 2 Stadt Wandel I Die graue Stadt 50 3 Stadt Szenario I Stadt ohne Luft 65 4 Fazit I Stadt Wachstum 69 Kapitel 2 I Stadt Kontrolle 70 1 Stadt Akteure 76 2 Stadt Planung 92 3 Stadt Szenario I Stadt ohne Menschen 105 4 Fazit I Stadt Kontrolle 109 Kapitel 3 I Stadt Entwicklung 110 1 Stadt Konzept 132 2 Stadt Programm 160 3 Stadt Szenario I Stadt Nutzung 180 4 Fazit I Stadt Entwicklung

183 Kapitel 4 I Stadt Perspektive 184 1 Öffentliche Flächen 188 2 Wohnflächen 190 3 Implementierung 192 4 Fazit I Stadt Perspektive 194

Schlussbetrachtung I Stadt Kommunikation - statt Planung?

196 203

Literaturverzeichnis Abbildungsverzeichnis

204 209

Projektverlauf Danksagung


Gliederung


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Kapitel 1 I Stadt Wachstum

109

1 Stadt Geschichte I Die weiße Stadt

22 1.1 Lage und Handelsbeziehungen 23 1.2 Politische Entwicklung 28 1.3 Stadtraum 28 Öffentlicher Raum 33 Wohnraum 36 Materialität der Stadt 38 1.4 Fazit I Architektur der historischen Stadt

40

2 Stadt Wandel I Die graue Stadt

40 2.1 Stadt Verdichtung I Demographische Entwicklung 42 2.2 Veränderung der politischen Rahmenbedingungen 44 2.3 Transformation des Stadtraums 44 Öffentlicher Raum 47 Wohnraum 49 2.4 Fazit I Architektur der modernen Stadt

50

3 Stadt Szenario I Stadt ohne Luft

51 53 64

65

3.1 Bevölkerungszahlen 3.2 Schwarzplan und Filter 3.3 Fazit I Stadt ohne Luft

4 Fazit I Stadt Wachstum


Gliederung

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Kapitel 2 I Stadt Kontrolle

70

1 Stadt Akteure

70 71 73 74

76

1.1 Regierung I Ministerien 1.2 Regierungs- und Nicht-Regierunsorganisationen I Internationale und nationale Organisationen 1.3 Experten I Konferenzen 1.4 Fazit I Akteure und Projekte

2 Stadt Planung

76 2.1 Masterplanung 1984 76 Inhalt des Plans 77 Bewertung des Plans 80 2.2 Nominierung als Weltkulturerbe 1993 80 Inhalt der Empfehlungen 81 Bewertung der UNESCO Empfehlungen 84 2.3 Neue Masterplanung 2003 84 Inhalt der Planung 86 Planungsphasen 86 Bewertung der Planung 91 2.4 Fazit I Planungsziele und Implementierung 92

3 Stadt Szenario I Stadt ohne Menschen

92 93 104 105

3.1 Bevรถlkerungszahlen 3.2 Schwarzplan und Filter 3.3 Fazit I Stadt ohne Menschen I Museumsstadt und Vorstadt

4 Fazit I Stadt Kontrolle


13

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Kapitel 3 I Stadt Entwicklung

110

1 Stadt Konzept

110 1.1 Stadt Vergleich I Neue Städte im Jemen 111 Sanaa 112 Shibam 113 Sanaa - Shibam - Zabid 114 1.2 Flächenanalyse I Stadt und Kontext 117 Wege 118 Nutzungen 120 Bauliche Strukturen 121 Grünflächen 123 1.3 Konzeptfindung I Potential der Stadt Zabid 124 Stadt Raum 127 Stadt Nutzung 128 Soziales Gefüge 129 1.4 Fazit I Stadt Vernetzung 132

2 Stadt Programm

132 2.1 Stadt Strategie I Bild der Zelle 134 2.2 Stadt Elemente 134 Öffentliche Felder und Landmarken 146 Wohnflächen 157 2.3 Stadt Dynamik 157 Flexibilität 158 Vernetzung 158 2.4 Fazit I Impulse für die Neustadt 160

3 Stadt Szenario I Stadt Nutzung

161 161 172 180

3.1 Bevölkerungszahlen 3.2 Lageplan und Filter 3.3 Fazit I Stadt Nutzung

4 Fazit I Stadt Entwicklung



Einleitung

Die Entwicklung der Stadt Zabid wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Die Bevölkerung wächst und demographische Rahmenbedingungen verändern sich. Zugleich wird versucht, ein Planungssystem in der Stadt zu implementieren. In der Vergangenheit hat sich Zabid weitgehend ohne Planung von außen entwickelt. Einleitend werden die verschiedenen Entwicklungsparameter dargestellt und erläutert, wie diese auf unterschiedliche Entwicklungsszenarien der Stadt Zabid anzuwenden sind.


Einleitung I Stadt Parameter

Aufbau der Arbeit In einem theoretischen ersten Teil werden Wachstumsprozesse und aktuelle Leitlinien der Planung analysiert. Der zweite Abschnitt der Arbeit beinhaltet den konzeptionellen Teil, in dem vor dem Hintergrund des erarbeiteten Wissens und der aktuellen Probleme vor Ort eine räumliche Strategie entwickelt wird. Im ersten Kapitel werden historische, räumliche und architektonische Stadtbausteine dargestellt, anhand derer traditionelle Entwicklungs- und moderne Transformationsprozesse aufgezeigt werden. Im Mittelpunkt des Kapitels steht die Frage, ob eine Stadt Planung braucht, die bis vor wenigen Jahren ohne Kontrolle zu einem funktionierenden städtischen Gefüge zusammenwachsen konnte. Im zweiten Kapitel werden die Hauptakteure der aktuell anlaufenden Projekte und Planungen vorgestellt, und es werden die wesentlichen Begriffe des Denkmalschutzes und der Masterplanung eingeführt. Mit Hilfe von Stadtbildern, die in der aktuellen Planung normativ aufgezeichnet werden, sollen Chancen und Schwächen der Planung aufgezeigt werden. Im abschließenden Szenario wird die Entwicklung der Stadt weitergedacht und in Bilder übersetzt. Ziel des dritten Kapitels ist es, den Stadtbildern, die in den beiden ersten Kapiteln als Extremszenarien der Stadtentwicklung gezeigt wurden, ein drittes Stadtbild gegenüberzustellen, das auf einem eigenen gesamtstädtischen Konzept für beide Stadtteile basiert.

Seite 10: Eingang in die Zitadelle. Rechts: Matrix möglicher Stadtdichten. Die Graphik veranschaulicht die Verteilung der Bewohner auf Altstadt (linke Bildhälfte) und Neustadt (rechte Bildhälfte). Verschiedene Graustufen stehen für unterschiedliche Einwohnerdichten und Atmosphären in der Stadt. Durch die doppelte Unsicherheit über Wachstumsfaktoren und den Einfluss der Planung entsteht eine Vielzahl an möglichen Stadtbildern.


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Methodik Es ist unklar, wie sich das Stadtbild Zabids entwickeln wird. Es gibt nicht nur Unsicherheiten über die demographische Entwicklung der Stadt, sondern es ist außerdem fraglich, welche Rolle Planung in der Zukunft spielen wird. Aktuelle Leitlinie der Planung ist es, nicht nur das zusätzliche Bevölkerungswachstum aus der Altstadt in die „New Development Area“ zu verlagern, sondern zudem Familien, die in modernen Häusern in der Altstadt wohnen, umzusiedeln. Aus der Ungewissheit über die absolute Bevölkerungszahl sowie über die Einwohnerdichte in beiden Stadtteilen ergibt sich eine doppelte Unsicherheit über die Gesamtentwicklung. Um in der Konzeptfindung mit dieser Unsicherheit umgehen zu können, muss eine Methode gefunden werden, um die Stadtbilder greifbar zu machen, die durch die Entwicklungsparameter Wachstum und Planung entstehen können. Zu jedem Zeitpunkt in der Zukunft könnte man sich eine komplexe Matrix aus Momentaufnahmen vorstellen, deren Eintreten mehr oder weniger wahrscheinlich ist. Dabei ist zu beachten, dass sich diese Matrix vom westlichen Planungsraum dadurch unterscheidet, dass die Unsicherheit hinzukommt, ob Wachstumsprozesse überhaupt von seiten der Regierung kontrolliert werden können.1

Bevölkerungsverteilung

Altstadt I Neustadt

Die Vielzahl an möglichen Stadtbildern in Zabid wird wesentlich reduziert, wenn man den Einflussfaktor der Planung entweder gegen Null oder gegen unendlich denkt.


Einleitung I Stadt Parameter

W 2008

2024

2008

2024

P

In dem Fall, in dem keine Planung auf die Stadt einwirkt, bleibt die Entwicklung und die Verteilung der Dichte sich selbst überlassen. In dem Fall, in dem man von einer absoluten Kontrollierbarkeit der Wachstumsprozesse ausgeht, muss sich langfristig die vorgegebene Verteilung der Bevölkerung auf Altstadt und Neustadt ergeben.

Bevölkerungszahl

Zeit (t)

Oben: Entwicklung des Stadtbildes in Abhängigkeit von Wachstum und Planung. Unten: Darstellung des zeitlichen Zusammenhangs. Rechts: Darstellung des Kausalzusammenhangs. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Entwicklung des Stadtbildes graphisch darzustellen. Die zeitliche Betrachtungsweise betont das jeweilige Endbild, die Darstellung der Zwischenschritte erklärt den faktischen Zusammenhang der Bilder.


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Am Ende des ersten und zweiten Kapitels werden Szenarien dargestellt für diese beiden Fälle. Die Szenarien werden in zwei Schritten entwickelt. Zuerst wird die Wachstumsrate und die Entwicklung der Bevölkerungszahl berechnet, um ein Spektrum absoluter Zahlen zu bekommen. In einem zweiten Schritt wird versucht, die Zahlen durch einen Filter aus Informationen und Eindrücken über Zabid zu betrachten und mit Hilfe des Wissens über aktuell anlaufende Projekte, aber auch mit Hilfe von subjektiven Wahrnehmungen einzugrenzen.

Die Filter geben eine Vorstellung von den Zwischenschritten, die das jeweilige Stadtbild zu einem beliebigen Zeitpunkt prägen können und veranschaulichen den Kausalzusammenhang zwischen zwei möglichen Entwicklungsstufen. Zu Beginn eines jeden Kapitels werden die Filter mit Hilfe von Literatur, Fotos, Stadtplänen und Experteninterviews dargestellt.

1 Van Oers (2005): 37



Stadt Wachstum

In Zabid liegen Tradition und Moderne räumlich und zeitlich sehr eng beieinander. Modernisierungsprozesse fanden in sehr viel kürzerer Zeit statt als bei uns. Da der modernen Architektur die Zeit fehlte, um sich an die Tradition der Stadt anzupassen, ist das Stadtbild heute sehr kontrastreich. Dabei verwischen sich teilweise die zeitliche Dimension und die Sprache der Architektur. Ein Wohnhaus aus Backstein in traditionellem Stil und mit reichlich Dekoration kann erst im Jahr 1980 gebaut worden sein. Die traditionelle Stadt, in der die Häuser mit Gips verputzt wurden und weiß strahlten, wird wegen des steigenden Bedarfs an Wohnraum und des Mangels an traditionellen Baumaterialien seit Ende der 1960er Jahre mit Anbauten und Neubauten aus Beton überbaut. Neben Wohnhäusern, die über die traditionell ein- bis zweigeschossige Stadtlandschaft hinauswachsen, entstehen moderne öffentliche Gebäude, deren Architektursprache dem Vorbild der Hauptstadt Sanaa folgt.


Stadt Wachstum Die weiße Stadt I Stadt Geschichte

1 Stadt Geschichte I Die weiße Stadt 1.1 Lage und Handelsbeziehungen Die Stadt Zabid liegt in der Küstenregion der Tihama, 100 m über dem Meeresspiegel. Sie ist nach Westen etwa 25 km entfernt vom Roten Meer und nach Osten etwa gleich weit entfernt vom jemenitischen Hochgebirge Al-Rass.1 Zabid wurde sowohl wegen der für den Handel strategisch günstigen Lage als auch wegen der regionalen Bedeutung der Landwirtschaft zum politischen und wirtschaftlichen Machtzentrum der Tihama.2 Die Stadt liegt an der Mündung zweier fruchtbarer Täler (Wadis) im Norden und Südwesten der Stadt und an einem wichtigen Handelsweg östlich der Stadt.

Hajjah

Sanaa

Al-Hodeidah

Dhamar

Zabid Ibb Taizz

Seite 16: Tihama-Hofhäuser in Zabid. Links: Politische Karte, ehemaliges Nordjemen. Abb. 2 Oben: Natürliche und historische Stadtgrenzen, Piktogramm. Rechts: Geographische Karte, Jemen, Ausschnitt. Abb. 3 Zabid liegt in der Küstenregion der Tihama, 25 km entfernt vom Roten Meer, zwischen zwei fruchtbaren Wadis im Norden und Süden und einer wichtigen Handelsstraße im Osten.


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Die wichtigsten traditionellen Handelsgüter waren Gewürze, Parfüm, Kaffee, Baumwolle und Textilien. Für den Ausbau der Handelsbeziehungen war die Nähe des Roten Meers westlich der Stadt ein großer Vorteil. Ab dem 10. Jahrhundert n. Chr. wurde Zabid zum Handelszentrum für Import- und Exportgüter, und über den Hafen in Aden erfolgte der Handel mit Ägypten, Indien und China.3 Der wirtschaftliche Wohlstand trug entscheidend zum Reichtum der Stadt bei und hatte zur Folge, dass sich seit dem 16. Jahrhundert wohlhabende indische Familien in Zabid niederließen und große Familienanwesen errichteten.4 Ab dem 16. Jahrhundert wurde im Handel europäischer Einfluss spürbar, insbesondere der Einfluss der Portugiesen, Holländer, Engländer und Franzosen, die das Rote Meer, den Indischen Ozean und die Golfregion kontrollierten. Trotz der zunehmenden Präsenz fremder Einflüsse im Handel konzentrierte sich die Wirtschaftskraft des Landes bis zum Ausbruch des Bürgerkrieges in den 1960er Jahren auf traditionelle Einkommenszweige.5

1.2 Politische Entwicklung Die politische Entwicklung der Stadt ist bestimmt von einem Wechsel aus Autonomie und Fremdherrschaft. Besonders die ägyptische und die osmanische Fremdherrschaft hatten prägenden Einfluss auf die Stadtstruktur. Politisch gegründet wurde Zabid in der Anfangszeit des Islam im 9. Jahrhundert n. Chr. Das traditionelle Zabid galt neben Kairo, Bagdad, Kairouan, Mekka und Samarkand als bedeutendes religiöses, kulturelles und wissenschaftliches Zentrum der islamischen Welt.6

Zabid


Stadt Wachstum Die weiße Stadt I Stadt Geschichte

Al-Ashair-Stamm: 8. Jahrhundert n. Chr. Vor den ersten genauen Aufzeichnungen über die Gründung der Stadt siedelten zahlreiche Stämme in Zabid. Ein deutlicher Hinweis auf eine frühe Besiedlung der Stadt im 8. Jahrhundert ist die Al-Ashair-Moschee im Zentrum Zabids, die nach dem Stamm der Al-Ashair benannt ist.7 Stamm der Ziyaden: 820 - 984 n. Chr. Strategisch gegründet wurde die Stadt erst im Jahr 820 n. Chr. von Mohammed Abdullah Bin Zead vom Stamm der Ziyaden. Die Ziyaden herrschten von 820 - 984 n. Chr. in Zabid und bis 1022 n. Chr. in weiten Teilen des Jemen. Sie gründeten den ersten islamischen Staat im Jemen und erklärten Zabid zur Hauptstadt.8 Über die Entstehung der ersten Stadtmauer liegen keine genauen Angaben vor. Voraussichtlich wurde die Mauer nach der Herrschaft der Ziyaden im Jahr 1003 n. Chr. errichtet, um das Stadtgebiet zu befestigen.9 Stamm der Najah: 1022 - 1160 n. Chr. Im 11. Jahrhundert n. Chr. erklärten die Banu Najah Zabid zu ihrer Hauptstadt und errichteten die zweite Stadtmauer. Damals war das Stadtgebiet noch wesentlich größer als in den folgenden Regierungsphasen, in denen die Stadt verkleinert wurde, um sie besser vor Angriffen schützen zu können.10 Stamm der Mahdiden: 1160 - 1173 n. Chr. Im Jahr 1160 n. Chr. folgte die Eroberung Zabids durch die Mahdiden aus dem Dorf Al-Anbarra westlich von Zabid, die die dritte Mauer um die Stadt errichteten.11 Herrschaftzeit der Ayoubi aus Ägypten: 1174 - 1228 n. Chr. Die aus Zabid vertriebenen Najah suchten politische Unterstützung in Ägypten. Der regierende Scheich Al-Dinn Al-Ayoubi sah in einer Besetzung Zabids eine Chance zur Expansion seiner Macht und baute im Jahr 1193 n. Chr. die vierte Stadtmauer, die vier Stadttore und 109 Wachtürme entlang der Mauer.12

Links: Al-Ashair-Moschee. Rechts oben: Bab Al-Shibarek. Rechts unten: Historische Stadtentwicklung (M 1:10000). Abb. 4 Die erste Stadtmauer wurde 1003 n. Chr. um die Al-Ashair Moschee errichtet. Die zweite und dritte Stadtmauer wurden im 12. Jahrhundert gebaut, die vier Stadttore und die vierte Stadtmauer 1193 n. Chr.


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Herrschaft des Stamms der Rasuliden: 1228 - 1454 n. Chr. Die längste Regierungszeit in der Geschichte Zabids war die Herrschaft der Rasuliden, die über mehr als zwei Jahrhunderte andauerte.13 Die Phase war von großer Bedeutung für das politische, wissenschaftliche und wirtschaftliche Wachstum der Stadt. Landwirtschaft und Handelsbeziehungen wurden ausgebaut und Schulen sowie im Jahr 1416 n. Chr. die Universität Zabid als eine der ersten beiden islamischen Universitäten - neben der Universität in Ägypten - gegründet. Die islamische Lehre in Zabid war berühmt und bewirkte, dass sich wohlhabende Familien der Sada, einer religiösen Oberschicht, in der Stadt ansiedelten.14


Stadt Wachstum Die weiße Stadt I Stadt Geschichte

Die Taheri-Dynastie: 1455 - 1517 n. Chr. Gegen Ende der Regierungszeit der Rasuliden ließ die wirtschaftliche und kulturelle Blüte nach, der Staat wurde zunehmend schwächer und fiel unter die Herrschaft der Taheri, die die Hochebenen des Jemen regierten.15 Zweite ägyptische Herrschaft: 1517 - 1538 n. Chr. Im Jahr 1517 n. Chr. übernahmen ägyptische Herrscher aus Kairo zur Sicherung von Machtansprüchen im Küstenbereich des Roten Meeres zum zweiten Mal die Macht in Zabid. Viele Einrichtungen des modernen jemenitischen Staates sind bis heute ägyptisch beeinflusst, unter anderem das Verwaltungssystem und die neueren Schulen.16 Osmanische Regierungszeit: 1538 - 1636 n. Chr. Die Herrschaft der Ägypter dauerte nur zwei Jahrzehnte und wurde abgelöst von der Regierungszeit der Ottomanen, die als Zeichen ihrer Macht die Zitadelle errichteten. Sie leiteten eine neue Phase wirtschaftlichen und kulturellen Wohlstandes ein.17 Kontrolle durch die Briten: 1839 - 1962 n. Chr. Die Regierungszeit der Ottomanen ist seit der Öffnung des Suezkanals im Jahr 1869 geprägt von Auseinandersetzungen mit den Briten, die im Jahr 1839 die Hafenstadt Aden erobert hatten, um einen wichtigen Handelsstandort auf dem Seeweg nach Indien zu gewinnen. Seit dem Ersten Weltkrieg hatten die Handelsbeziehungen mit den Briten prägenden Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung Zabids.18 Revolution und Teilung des Landes: 1962 -1969 n. Chr. Im Jahr 1962 brach im Jemen ein Bürgerkrieg aus, der eingeleitet wurde durch die Revolution junger Armeeoffiziere mit dem Ziel, die Republik Jemen auszurufen. Die Stadtmauer in Zabid brach in der Folge der Revolution und der fehlenden politischen Kontrolle des Landes ab 1963 zusammen. Die Reste der Stadtmauer wurden von Soldaten an die Bewohner verkauft, und seit der Zerstörung der Stadtmauer ist die Stadt nach außen offen.19

Links: Moschee, Innenhof und Innenraum. Oben: Historische Stadtentwicklung, Piktogramm. Rechts: Lage der Moscheen im Stadtgefüge (M 1:10000), Moschee im Straßenraum. Abb. 5 86 Moscheen und religiöse Schulen (Madrasa), die gleichmäßig über die Stadt verteilt sind, prägen Stadtraum und Lebensrhythmus in Zabid.


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Politische Trennung und Wiedervereinigung: 1969 - 1990 n. Chr. Nach dem B端rgerkrieg zwischen Royalisten und Republikanern, der von 1962 bis 1969 dauerte, wurde das Land politisch zweigeteilt in einen n旦rdlichen und einen s端dlichen Teil. Im s端dlichen Teil des Landes wurde die Demokratische Republik Jemen ausgerufen, im Norden des Landes die Arabische Republik Jemen. Erst im Jahr 1990 erfolgte die Wiedervereinigung.20


Stadt Wachstum Die weiße Stadt I Stadt Geschichte

1.3 Stadtraum Die Stadt Zabid wurde als einzige Stadt im Jemen nach islamischen Prinzipien gebaut.21 Wesentliche Merkmale sind der ovale, fast runde Stadtgrundriss, die Stadtmauer mit vier Stadttoren und Wachtürmen entlang der Mauer, die Zitadelle mit dem angegliederten Maydan als Hauptplatz für Militärparaden, außerdem der zentrale Souk und die Moscheen und religiösen Schulen (Madrasa), die gleichmäßig über das Stadtgebiet verteilt sind. Bis auf die Stadtmauer und die Wachtürme sind alle Elemente der islamischen Stadt erhalten. Stadtraum I Öffentlicher Raum Öffentlicher Außenraum Die islamische Kultur unterscheidet zwischen öffentlichem und privatem Lebensraum in der Stadt, und Wege und Freiräume sind entsprechend hierarchisch gegliedert. Zwei Hauptachsen in Nord-Süd- und Ost-West-Richtung verbinden die Stadttore mit dem zentralen Souk. Halb-öffentliche Wege innerhalb der Wohnblöcke erschließen die Wohnhäuser, und innerhalb eines traditionellen Wohnhauses gibt es ein differenziertes Erschließungssystem, das nach dem Grad an Privatheit unterscheidet. Die privaten und halb-öffentlichen Erschließungswege können von Fremden betreten werden, unterstehen aber der sozialen Kontrolle der Bewohner.22 Stadtquartiere Die Stadt ist entlang der beiden Hauptachsen in vier Wohnquartiere (Rub´) unterteilt. Jedes Quartier weist besondere stadträumliche Qualitäten auf.23 Rub´ al-A´lâ Das Quartier al-A´lâ im Nordosten der Stadt wurde früher als das „Hohe Quartier“ bezeichnet, da sich dort reiche Familien und religiöse Gelehrte niedergelassen haben. Die Ränder dieses Quartiers sind heute am dichtesten überbaut, da im Osten die Hauptstraße von Al-Hodeidah nach Taizz angrenzt. Rub´ al-Mujanbadh: Das südöstliche Quartier Al-Mujanbadh war traditionell der Sitz der Besatzungsmächte und ist bis heute das Quartier, in dem die meisten Regierungsgebäude konzentriert sind.

Rechts oben: Blick auf die Zitadelle. Rechts Mitte: Stadtstruktur (M 1:10000). Abb. 6 Rechts unten: Das ehemalige Gerichtsgebäude in der Zitadelle. Zabid ist entlang der beiden Hauptachsen in vier Quartiere unterteilt. Im Zentrum der Stadt liegt der Souk.


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Rub´ al-Jiz´: Im Quartier Rub´ al-Jiz´ im Südwesten der Stadt haben sich vor allem indische Händler niedergelassen. Ihre zum größten Teil bis heute erhaltenen Wohnsitze erstrecken sich über mehrere Grundstücke und sind reich dekoriert. Das Quartier vermittelt das eindrucksvollste Bild von der früheren Blütezeit der Stadt und bietet am meisten Potential für Touristen und Besucher der Stadt. Rub´al-Jâmi´: Das Quartier Rub´al-Jâmi´ im Nordwesten der Stadt war ebenfalls ein relativ wohlhabendes Quartier, da die Nähe der Großen Freitagsmoschee viele gelehrte Familien angezogen hat.


Stadt Wachstum Die weiße Stadt I Stadt Geschichte

Heute In der islamischen Stadt gibt es keine soziale Segregation und Trennung nach sozialen Schichten. Die einzelnen Wohnquartiere sind insgesamt sozial durchmischt.24 Dennoch konnte zu keinem Zeitpunkt in der Geschichte der Stadt verhindert werden, dass sich besonders an den Rändern eines Quartiers sozial schwache Bewohner angesiedelt haben.25 Die Armut der Bewohner an den Stadträndern ist mit dem Wachstum der Stadt gestiegen, und heute zeichnet sich eine soziale Schichtung sehr deutlich ab. Blockstruktur Die Wohnhäuser sind Teil einer gewachsenen Blockstruktur aus privaten und halb-öffentlichen Räumen. Die Blöcke umfassen eine unterschiedliche Anzahl von Wohneinheiten, von einer Großfamilie bis zu fünfzehn bis zwanzig Familien. Die Einteilung der Grundstücke ist durch die Erbfolge und die Aufteilung des Familienbesitzes auf die Nachkommen entstanden.26 Die Wohnblöcke sind die wichtigsten Stadtbausteine, da durch die Kontur der Blöcke Straßen und öffentliche Räume definiert werden. Es gibt heute eine Vielzahl von verschiedenen Wohnblöcken. Neben traditionellen Wohnblöcken gibt es eine große Zahl an Blöcken, die erst vor wenigen Jahren entstanden sind und die sich vom traditionellen Wohnblock in Struktur und Architektursprache wesentlich unterscheiden.

Links: Hofstruktur im Wohnhaus. Rechts: Blick über die Zitadelle in Richtung Süden. Traditionelle öffentliche Gebäude und Wohnhäuser basieren auf derselben Grundtypologie mit einem Hof als Hauptkomponente und um den Hof gruppierte Gebäudevolumen.


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Traditionelle öffentliche Gebäude Die bedeutendsten traditionellen öffentlichen Gebäude in Zabid sind die Moscheen, die Stadttore und die Zitadelle. Von ursprünglich 86 Moscheen und religiösen Schulen sind bis heute die meisten erhalten, sie vermitteln ein Bild von der kulturellen Bedeutung der Stadt im letzten Jahrhundert.27 Eine ähnlich große Konzentration an Moscheen wie in Zabid gibt es nur in der Hauptstadt Sanaa. Die Moscheen haben über die religiöse Bedeutung hinaus wichtige soziale und stadträumliche Bedeutung. Sie sind gleichermaßen Treffpunkte und Orientierungspunkte, da Straßen keine Namen haben und Wohnblöcke nach der nächsten Moschee benannt sind.28 Die beiden größten und bedeutendsten Moscheen sind die Große Freitagsmoschee im Westen und die Al-Ashair-Moschee im Zentrum der Stadt. Die beiden Hauptachsen der Stadt, die von den Stadttoren in Richtung Zentrum verlaufen, treffen sich an der Al-Ashair Mosche als räumlicher und symbolischer Mitte der Stadt.29 Die vier Stadttore in der ehemaligen Stadtmauer liegen in gleichen Abständen vom Stadtzentrum entfernt. Das Bab Siham im Norden der Stadt führt direkt auf den neuen Markt, der von der Regierung vor wenigen Jahren eingerichtet wurde. Bab Al-Nahl im Westen der Stadt heißt der Bedeutung des Wortes nach „Palmentor“. Das Tor markiert den Übergang zwischen Stadtgebiet und dem angrenzendem Wadi. Vor einigen Jahren wurde das Bab Al-Nahl in eine öffentliche Bibliothek umgebaut. An das südliche Stadttor Bab Al-Kurtub grenzen bewirtschaftete Felder und dörfliche Strukturen an.


Stadt Wachstum Die weiße Stadt I Stadt Geschichte

Das Bab Al-Shibarek an der östlichen Seite der Stadt ist das Tor, außerhalb dessen die meisten modernen Entwicklungen stattfinden. Direkt gegenüber dem Stadttor liegt das einzige Hotel der Stadt. Von den ehemals 109 Wachtürmen in der Stadtmauer ist heute noch ein Turm im Nordosten der Stadt erhalten, der bis zum Jahr 2007 der Sitz der Denkmalpflegebehörde „General Organisation for the Preservation of Historic Cities in Yemen“ (GOPHCY) war.30 Die Zitadelle wurde im 11. Jhd. n. Chr. errichtet. Sie ist heute Sitz der Regierung sowie der wichtigen öffentlichen Einrichtungen in Zabid. Die nationale GOPHCY, aber auch internationale Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen wie die GTZ haben ein Büro in der Zitadelle. Das Gerichtsgebäude ist Teil der Zitadelle und orientiert sich zum Maydan, dem Hauptplatz vor der Zitadelle. Das Gebäude war früher ein Gästehaus und wird derzeit in ein Museum für historische Manuskripte umgebaut, die bislang in der Al-Ashair-Moschee aufbewahrt waren.31 Traditionelle bauliche Strukturen in der Stadt sind außerdem die Ruinen der Textilindustrie, in der Zabid früher bedeutend war. Ehemalige Baumwolllager und Färbereien stehen heute leer. Manche Ruinen sind in schlechtem Zustand und stellen baulich und ökologisch Gefahren dar, andere Gebäude sind relativ gut erhalten und bieten Potential für Umnutzungen.32

Unten: Souk, Altstadtzentrum. Rechts: Blockstruktur, Lage des Blocks der Familie Inbari (M 1:20000). Der öffentliche Außenraum wird durch den gebauten Raum definiert. Die meisten Blöcke sind Wohnblöcke. Der Familienbesitz der Familie Inbari umfasst einen halben Wohnblock im Norden der Stadt.


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Stadtraum I Wohnraum Öffentliche Gebäude und Wohnhäuser basieren auf derselben Grundtypologie mit einem Hof als Hauptkomponente und mehreren Gebäudevolumen, die um den Innenhof gruppiert sind.33 Der Hof (Qabal) und der zentrale Wohnraum der Familie (Moraba) bilden die Grundeinheit des Wohnhauses und werden nach Bedarf um weitere Baukörper ergänzt. Die meisten traditionellen Hofhäuser sind in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden, als der wirtschaftliche Wohlstand es vielen Familien ermöglichte, an die Grundeinheit aus Moraba und Qabal weitere Volumen anzubauen.34 Qabal - Hof Der Qabal (Hof) kann wie die Moraba je nach Jahreszeit Empfangsraum, Wohnraum und Schlafraum sein. Im Hof finden die meisten Haushaltsaktivitäten statt, und Küche, Vorratsraum, Toilette und ein Stall für Tiere sind unmittelbar an den Hof angegliedert.35


Stadt Wachstum Die weiße Stadt I Stadt Geschichte

Moraba - Raum Das arabische Wort ´Moraba´ bedeutet übersetzt ´Raum mit rechten Winkeln´. Es verdeutlicht die Einfachheit und zugleich die vielgestaltige Nutzbarkeit des Raumes. Die Moraba wird in erster Linie als Wohnzimmer der Familie genutzt. Zum öffentlichen Raum zeigt sie sich sehr schlicht, die Hoffassade und der Innenraum sind dagegen reich dekoriert und spiegeln den Wohlstand der Familie wider. Als Zeichen des erhöhten Status des Raumes ist die Moraba vom Hofniveau um einige Stufen erhöht. Die Hauptfassade orientiert sich nach Süden oder Norden, selten nach Osten oder Westen, um direkte Sonneneinstrahlung in den heißen Sommermonaten zu vermeiden und die günstigste Windrichtung für die Durchlüftung des Raumes zu nutzen.36 Struktur und Aussehen der Moraba folgen einem festen Schema, die Größe des Innenraums basiert auf der Länge der Mumbar, der traditionellen Betten, auf denen tagsüber gesessen und nachts geschlafen wird.37 Die Hoffassade ist in drei Abschnitte geteilt, eine zentrale Achse mit der Eingangstür und je einem Fensterabschnitt. Bei wohlhabenderen Familien wird aus der Dreiteilung der Fassade eine Fünfteilung. Diese großzügige Form der Moraba wird als Liwan bezeichnet.38 Saffa - Offener Raum Sehr häufig ist die Grundeinheit aus Qabal und Moraba um einen weiteren Baukörper erweitert, die Saffa, die der Moraba gegenüber an der anderen Hofseite oder im rechten Winkel zur Moraba steht. Die Saffa ist ein sehr schlichter offener Galerieraum, der gegenüber dem Hofniveau nicht erhöht ist. In der Moschee dient sie dem Gebet im belüfteten Außenraum.39

B

Moraba Lager Khawla

Küche Qabal

Lager

A

Khawla Riwaq

Saffa Saffa

Saffa

B

A


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Mabraz - Empfang Das Grundschema des Wohnhauses kann um einen Empfangsraum für Gäste und Geschäftspartner erweitert werden, die ´Mabraz´. Die Mabraz zeigt sich zum Straßenraum offener als die Moraba und wird in der Regel über einen separaten Hof erschlossen. Dem Empfangsraum sind überdachte Gänge (Riwaq) angegliedert, die Schatten spenden für wartende Gäste. Die Dekoration der Mabraz orientiert sich an der Fassade der Moraba.40 Khawla - Rückzug Wenige Häuser vermögender Familien weisen ein zusätzliches Geschoss auf durch die Addition eines separaten Empfangsraums für private Gäste, die Khawla. Das arabische Wort ´Khawla´ bedeutet Isolierung oder Rückzug. Der Raum repräsentiert einen sehr intimen Bereich des Wohnhauses und dient sowohl dem privaten Rückzug als auch - anders als die Mabraz, die für den geschäftlichen Kontakt steht - dem gesellschaftlichen Austausch mit Gästen und Freunden. Die Khawla hat viele Fenster zum Straßenraum: der Blick auf die Stadt symbolisiert die Distanz vom Alltagsleben der Stadt.41

Links: Wohnhaus der Familie Inbari, Grundriss EG, OG (M 1:500). Abb. 7 Oben Mitte: Typologie des Hofhauses, Piktogramm. Rechts: Wohnhaus der Familie Inbari, Ansicht und Schnitt (M 1:250). Abb. 8 Am Wohnhaus der Familie Inbari lässt sich die Raumfolge der traditionellen Gebäudetypologie ablesen. Das Anwesen ist groß und übersteigt die Grundtypologie aus Qabal (Hof) und Moraba (Wohnraum).

A-A

B-B


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Stadtraum I Materialität der Stadt Die Baumaterialien sind an das Klima in Zabid angepasst. Im Sommer ist es sehr heiß, im Winter ist es warm bei relativ hoher Luftfeuchtigkeit. Als Vergleichswerte für das Klima sollen die folgenden Daten der Hafenstadt AlHodeidah dienen. Monat Tagestemperatur Nachttemperatur Niederschlagstage/ Monat

Jan 30 19.7 1.2

Feb 30.1 20.4 1.1

März 31.5 21.5 1.9

Apr 34.2 24.3 0.2

Mai 36.2 26.1 0.3

Juni 37.5 27 0.4

Juli 37.9 27.7 0.2

Aug 37.8 27.9 1.1

Sept 36.8 26.6 0.6

Okt 34.8 24.5 0.2

Nov 32.4 21.7 0.7

Dez 29.1 19.2 0.6

Backstein / Yagur Der traditionelle Backstein (Yagur) besteht aus Lehm, Wasser und organischen Bindemitteln. Der Grünling wird in Formen von 17x17x6 cm gepresst und in kleinen Öfen gebrannt. Backstein wird für tragende Außenwände verwendet und in zwei Lagen von jeweils 34 cm verlegt.42 Yagurstein schafft ein sehr angenehmes Raumklima, und die Gebäude kommen ohne Klimaanlage aus. Die Steine sind sehr tragfähig und langlebig und wurden in der Geschichte der Stadt wiederverwertet. Sie sind sehr leicht und ermöglichen die Anwendung für Fassadenornamentik.43

Links: Moschee, Innenhof. Oben: Klimatabelle Al- Hodeidah. Abb. 9 Rechts: Traditionelle Bauweise. Abb. 10 Das Bild von Zabid ist geprägt von Tradition und Kultur. Das Wissen über die traditionelle Bauweise wird weitergegeben, Baustoffe werden aber zunehmend knapp.


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Gips / Nourra Nourra wird in fast allen Gegenden des Jemen als natürlicher Baustoff verwendet und entsteht unter anderem bei der Herstellung von Yagursteinen. Es wird unterschieden zwischen Nourra Cadere aus Lehm und der teureren Nourra Hygeri aus Stein. Nourra ist ein sehr nachhaltiger Baustoff, der sehr beständig ist, wenn er regelmäßig instand gehalten wird.44 Holz / Tara Holz wird im traditionellen Wohnhaus für Decken, Türen, Fenster und Dekorationen verwendet. Die Spannweite der Holzdecke und damit die Raumtiefe der Moraba ist abhängig von der Länge der Stämme und beträgt in traditionellen Wohnhäusern maximal 3-4 m.45


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1.4 Fazit I Architektur der traditionellen Stadt Im traditionellen Zabid sind Bauform und Bauweise an Klima und Kultur angepasst. Öffentliche und private Freiflächen sind gleichermaßen Erschließungsraum und Raum für die natürliche Belüftung der Stadt.46 Heute fehlen für Neubauten und Restaurierungsarbeiten in der Altstadt die wichtigsten traditionellen Baumaterialien, insbesondere Backstein und Holz. Holz musste auch früher aus anderen Gebieten des Jemen nach Zabid transportiert werden. Seit dem Bürgerkrieg und dem darauf folgenden Bauboom ist der Baustoff allerdings so knapp, dass die meisten Balken teuer importiert werden müssen. Sehr häufig wird heute im privaten Wohnraum auf Holz verzichtet und statt einer Holzdecke eine Zementdecke gebaut, die für das Raumklima nachteilig ist. Ebenso wenig kann die traditionelle Ziegelproduktion mit dem zunehmenden Bevölkerungswachstum Schritt halten. Mit ausländischer Unterstützung sind in den letzten Jahren verschiedene Projekte zur Förderung der Backsteinproduktion angelaufen. Zwei große Brennöfen wurden gebaut, die allerdings bereits seit ihrem Bau nicht mehr in Betrieb sind, da der falsche Brennstoff verwendet wurde.47 Eines der beiden Hauptprojekte, mit dem die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) ihre Arbeit in Zabid beginnt, zielt darauf, einen Markt zu schaffen für die Produktion und den Vertrieb von Backsteinen.48

Rechts: Außenfassade der Zitadelle. Für Restaurierungen in der Altstadt fehlen Backsteine. Früher konnten für jeden Stadtumbau Steine wiederverwendet werden. Die gebrannten Ziegel waren der Temperatur in Zabid angepasst und wurden durch die Hitze weiter gefestigt.


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2 Stadt Wandel I Die graue Stadt Nach der Beendigung des siebenjährigen Krieges von 1962-1969 zwischen Nord- und Südjemen haben sich Architektur und Bauform wesentlich gewandelt. Die Anforderungen an die Bauwirtschaft in der Aufbauphase förderten in den 1970er Jahren die Umstrukturierung des Bauwesens zugunsten moderner Konstruktionen, die keine Vorbilder in der traditionellen jemenitischen Architektur hatten.49

2.1 Stadt Verdichtung I Demographische Entwicklung Ein Vergleich von Luftbildern aus den Jahren 1973, 1998 und 2007 zeigt, wie sich die Altstadt verdichtet hat und die Stadtränder zunehmend verschwimmen. Die Transformationsprozesse haben zu einem Verlust von Grundfunktionen der traditionellen Stadt geführt. Öffentliche Plätze wurden überbaut, und historische Gebäude konnten aus Mangel an Baumaterialien nicht instand gehalten werden. Die Stadt wächst unkontrolliert, da Bauverordnungen fehlen und es relativ einfach ist, eine Baugenehmigung zu bekommen.50

Links: Luftbild von Zabid (1973). Abb. 11 Oben: Stadtverdichtung, Piktogramm. Rechts: Zabid im Jahr 1998. Abb. 12 Die Stadt Zabid hat sich seit den 1970er Jahren stark verdichtet. Stadtränder und innerstädtische Freiflächen werden zunehmend überbaut.


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Die meisten Neubauten sind im Norden und Nordosten der Stadt konzentriert. Von der Hauptstraße aus sind keine traditionellen, sondern moderne Wohnhäuser und Shops sichtbar, und Zabid unterscheidet sich kaum von anderen Städten, die im Jemen seit den 1960er Jahren entlang der Hauptverkehrsadern entstanden sind. Neben dem Verlust der traditionellen Stadtstruktur liegt ein Hauptproblem in der schlechten Betonqualität und in fehlerhaften Konstruktionen wie der unzureichenden Betondeckung von Stahleinlagen. Materialität und Konstruktion führen zu Bauschäden und der Gefährdung der Tragkonstruktion.51 Die Ernennung Zabids als Weltkulturerbe im Jahr 1993 ändert nichts an der baulichen Entwicklung, obwohl durch die Regierung wiederholt Verbote für Neubauten aus modernen Baumaterialien in der Altstadt ausgesprochen wurden.52 Zwischen den Jahren 1975 und 2004 ist die Einwohnerzahl von 7.844 auf 21.475 Einwohner angestiegen.53 In Experteninterviews wurde deutlich, dass angenommen wird, dass die Bewohner zudem über den tatsächlichen Bedarf hinaus angebaut hätten und dass ihre Motivation gerade in den Empfehlungen der UNESCO lag, Neubauten in der Altstadt zu verhindern. Die Empfehlungen seien als Einschränkungen aufgenommen worden, und es sei in relativ kurzer Zeit viel Wohnraum gebaut worden, um mögliche Verbote in der Zukunft zu umgehen.54


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2.2 Ver채nderung der politischen Rahmenbedingungen Ver채nderungen der politischen und wirtschafltichen Rahmenbedingungen, die die moderne Stadtentwicklung beeinflussen, fanden ab Mitte der 1960er Jahre statt. Die neuen Verwaltungs- und Wirtschaftsformen sowie die nationale Planung, die eingef체hrt wurde, sind der Tradition des Landes fremd.55 Ab 1960 I Zentralisierung der Verwaltung Bis zur Wiedervereinigung des Landes in den 1960er Jahren war der Jemen unterteilt in drei administrative Ebenen - die Governoratsebene, Distrikte und Subdistrikte. Neben 22 anderen Distrikten unterstand Zabid dem Governorat Al-Hodeidah und war unterteilt in 29 Sub-Distrikte.56 Nach der Wiedervereinigung wurde die administrative Gliederung auf zwei Verwaltungsebenen reduziert, die Governorats- und die Distriktebene. Die Subdistrikte als kleinste Verwaltungseinheit entfielen. Die neue Gliederung hatte zur Folge, dass die Stadt Zabid zwar einer der Distrikte des Governorates Al-Hodeidah blieb, aber mit den Subdistrikten, die zuvor zum Verwaltungsbereich z채hlten, auf eine Ebene gestellt und damit politisch abgewertet wurde.57


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1960 I Ausbau der Infrastruktur Bereits ab den 1950er Jahren wurden Straßen gebaut und teilweise asphaltiert. Bis dahin war das Land überwiegend von Landwirtschaft geprägt, und Straßen waren unbefestigt. Die Hauptstraße, die durch Zabid führt, wurde im Jahr 1960 gebaut. Sie verbindet die beiden Städte Al-Hodeidah und Taizz und ist heute eine der Hauptverkehrsadern des Landes. Entlang der Straße zeichnen sich die meisten modernen Entwicklungen in Zabid ab.58 Ab 1970 I Liberalisierung der Wirtschaft Der wirtschaftliche Umbruch des Landes setzte mit der Liberalisierung der Volkswirtschaft im Jahr 1970 ein. Diese führte zu einer Massenmigration von männlichen Arbeitern in die benachbarten kapitalistischen Ölländer, deren Überweisungen an ihre Familien im Jemen die Kaufkraft förderten.59 Hieraus resultierte die Steigerung der Importleistung und als deren Folge der Rückgang der Exportleistung sowie der rückläufigen Bedarf an regionalen Produkten. Die Arbeitslosigkeit nahm zu, und die Wirtschaftskraft wurde zunehmend schwächer. Im Jahr 2003 betrug die Arbeitslosigkeit in Zabid unter männlichen Arbeitskräften 30%.60 Bis heute hat sich die wirtschaftliche Lage zunehmend verschlechtert, und der Jemen zählt im internationalen Vergleich zu den „Least Developed Countries“.

Links: Luftaufnahme von 2007. Abb. 13 Rechts: Tankstelle am Stadtrand. Seit der Liberalisierung der Volkswirtschaft im Jemen Ende der 90er Jahre wurde die Wirtschaftskraft des Landes schwächer. Im Jahr 2003 waren 30 % der männlichen Arbeitskräfte in Zabid ohne Arbeit.


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2.3 Transformation des Stadtraums Die politischen, wirtschaftlichen und demographischen Veränderungen im Jemen seit Ende der 1960er Jahre haben wesentlich zur Transformation des öffentlichen Raums und des privaten Wohnraums in der Stadt beigetragen. Transformation des Stadtraums I Öffentlicher Raum Wegen des großen Bedarfs an Neubauten für die wachsende Bevölkerung wurden öffentliche Gebäude im Widerspruch zur derzeitigen Planung am Stadtrand und auf Flächen gebaut werden, die offiziell nicht als Bauland ausgewiesen sind und die nach Denkmalpflegeverordnungen unbebaut bleiben sollen. Eine Schule ist erst in den letzten Jahren auf einem der verbleibenden innerstädtischen Freiräume vor der Großen Moschee gebaut worden, als die Stadt Zabid bereits Kulturerbe war und öffentliche Plätze unter Denkmalschutz standen.61 Für große Strukturen gibt es keinen Platz in der traditionellen Stadtstruktur. Außerdem bestehen auf Regierungsebene Unklarheiten über den aktuellen Stand von Planung und Denkmalpflege. Einige neue öffentliche Gebäude sind unter Berufung auf den Masterplan von 1984 entstanden, der zu diesem Zeitpunkt keine Gültigkeit mehr hatte.62 Hotel Das einzige Hotel wurde Mitte der 90er Jahre vor dem östlichen Stadttor Bab Al-Shibarek gebaut. Das Hotel soll langfristig abgerissen und kurzfristig mit Backsteinen verkleidet werden, um sich in das traditionelle Stadtbild einzupassen. Wegen des Mangels an Backsteinen für den Wohnungsbau erscheint diese Idee extrem unwirtschaftlich, insbesondere unter dem Aspekt, dass die Lebensdauer von neuen Betonbauten auf nicht mehr als 20 bis maximal 30 Jahre geschätzt wird, da Material und Bauweise an das Klima in Zabid nicht angepasst sind.63


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Polizei und Post Das auffälligste moderne Verwaltungsgebäude in Zabid ist das Gebäude der Post, das mit grünen Steinplatten verkleidet ist und eine Gebäudetypologie repräsentiert, die für neuere öffentliche Gebäude im Jemen sehr verbreitet ist. Der in der Hauptstadt Sanaa aus der dortigen Architektur entwickelte Stil wird ohne Rücksicht auf regionale Traditionen in die völlig unterschiedlichen Landesteile importiert.64 Die Post und die gegenüberliegende Polizeiwache liegen am Stadteingang, in unmittelbarer Nähe der Zitadelle im Osten der Stadt. Wasserturm Nach Auffassung der UNESCO stört der Wasserturm in der Stadtmitte das Stadtbild am meisten. Der Wasserturm ist ein Betonskelettbau und in den Farben der jemenitischen Nationalflagge bemalt. Wie für das Hotel und auch für die Post wird vorgeschlagen, den Wasserturm mit Backsteinen zu verkleiden. Vorbild ist ein Gebäude der Wasserbehörde im Norden der Stadt, das in den vergangenen Jahren komplett mit Backsteinen verkleidet wurde.65 Krankenhäuser Es gibt derzeit zwei Krankenhäuser in Zabid, ein älteres Krankenhaus unmittelbar gegenüber der Zitadelle und ein neues Krankenhaus ca. 1 km nördlich der Stadt, das erst in den letzten Jahren durch die Finanzierung der Weltbank gebaut werden konnte.66

Links: Hotel im Osten der Stadt. Unten: Der neue Markt im Norden der Stadt. Außer großen öffentlichen Gebäuden werden großflächige Nutzungen in die Peripherie der Stadt verlegt. Der neue Markt im Norden der Stadt ist gut erschlossen, schwächt aber den Souk in der Altstadt.


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Schulen In Zabid ist der Anteil an Kindern an der Gesamtbevölkerung sehr hoch. 40% der Bevölkerung sind jünger als 15 Jahre, 56% der Bevölkerung sind zwischen 15 und 64 Jahren, und nur 4% der Bevölkerung sind älter als 64 Jahre.67 Es gibt entsprechend viele Schulen. Von den insgesamt neun Schulen liegen vier im Stadtkern und fünf am Stadtrand. Der Bedarf an weiteren Schulen ist groß. Eine Studie im Jahr 2003 ergab, dass Schulklassen mit durchschnittlich 55 Schülern eindeutig überfüllt sind und dass Bedarf besteht für mindestens vier weitere Grund- und eine weiterführende Schule.68 Die Typologie der modernen Schulen unterscheidet sich wesentlich von älteren Schulen, in denen das Raum- und Lernklima viel angenehmer ist. Die meisten älteren Schulen in der Altstadt müssten dringend saniert werden.69 Marktgebäude Entlang der Hauptstraße gibt es zahlreiche Marktgebäude und Marktstände. Der größte Markt liegt im Norden der Stadt, außerhalb des Stadttores Bab Siham.

Links: Postgebäude. Rechts: Bau einer weiteren Wohneinheit auf dem Familiengrundstück. Politische und wirtschaftliche Veränderungen führen zur Transformation von öffentlichem Raum und privatem Wohnraum in Zabid. Als modernes Baumaterial wird überwiegend Beton verwendet. Wohnhäuser bleiben oft unverputzt, öffentliche Gebäude werden mit Steinplatten verkleidet.


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Transformation Stadtraum I Wohnraum Die Wohntypologien, die heute das Stadtbild dominieren, sind durch die Vermischung von traditionellen und modernen Elementen entstanden. Die Wohnformen erscheinen auf den ersten Blick sehr vielfältig, lassen sich aber sechs Hauptkategorien zuordnen. Der traditionelle Aufbau mit einem Innenhof, um den die Wohnräume gruppiert sind, ist nach wie vor die am meisten verbreitete Typologie. Verändert haben sich Materialität und Architektursprache des Wohnhauses. Das traditionelle Wohnhaus Viele traditionelle Wohnhäuser sind bis heute erhalten: Die wohlhabenden Familien können sich die Instandhaltung leisten, wohingegen der Erhalt in den meisten Fällen damit zu erklären ist, dass die Eigentümer zu arm sind, um An- und Umbauten zu bezahlen. Bei den reichen Familien hängt der Erhalt des traditionellen Wohnsitzes zudem mit dem Stolz auf den Familienbesitz zusammen. Wegen der Größe des Familienanwesens besteht kaum Bedarf, neuen Wohnraum zu schaffen. Die wohlhabenden Familien haben meist einen hohen Bildungsstand und kennen die Projekte der UNESCO, der lokalen Denkmalpflegebehörde GOPHCY sowie der GTZ und wissen, dass sie von den Projekten finanziell profitieren können.70 Zu der Kategoie des traditionellen Wohnhauses zählen auch Häuser in sehr armen Zustand, die dringende Restaurierung benötigen. Allerdings sind nur wenige traditionelle Wohnhäuser verlassen und stehen als Ruinen in der Stadt, auch Wohnhäuser in sehr schlechtem baulichen Zustand sind meistens bewohnt. „Sanaa Box“ Die „Sanaa Box“ ist ein typisches Beispiel für den verbreiteten Import von architektonischen Elementen aus der Hauptstadt Sanaa in andere Landesteile. Anders als das traditionelle Wohnhaus sind die Bauvolumen nicht dekoriert, das einzige auffällige Merkmal sind die Fenster im SanaaStil, die überall im Jemen preiswert angeboten werden. Die meisten neueren Wohnhäuser sind Gebäude dieser Typologie. Der Wohnraum ist wie im traditionellen Wohnhaus sehr klein, das Grundstück ist ummauert, es gibt einen Innenhof und ein bis zwei Wohnräume in separaten Baukörpern aus weiß verputztem Beton.


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Wohnhaus mit Shop In Zabid steigt außerdem die Zahl an zwei- bis dreigeschossigen Wohnhäusern mit einem kleinen Shop im Erdgeschoss und Wohnraum in den Obergeschossen. Die blauen oder gelben Metalltore der Läden sind sehr auffällig und widersprechen nach Empfehlungen der UNESCO dem Stadtbild eines Weltkulturerbes.71 Geschosswohnungsbau Vereinzelt finden sich größere Geschosswohnungsbauten in der Stadt, die von der traditionellen Gebäudetypologie abweichen. Die Gebäude orientieren sich nicht zu einem privaten Innenhof, sondern zum öffentlichen Außenraum und sind kulturell und klimatisch problematisch. Sie müssen klimatisiert werden, und es gibt keinen Bezug zum Außenraum, da die Vorhänge der Fenster immer zugezogen sind, um Einblicke zu vermeiden. An manchen Häusern sind Balkone angebaut, zu denen es nicht immer einen Zugang vom Innenraum gibt. Hütte An den Stadträndern gibt es wenige Hütten aus Lehm, die ansonsten in der Umgebung von Zabid verbreitet sind. Traditionelles Layout aus Zement Besonders an den Stadträndern und in den neu besiedelten Gebieten im Norden und Nordosten der Stadt entstehen zahlreiche Wohnhäuser aus Beton, die sehr schlicht sind und wegen der Armut der Bewohner unverputzt bleiben. Die Grundstücke sind anders als das traditionelle Wohnhaus komplett ummauert, es fehlt jeder räumliche Bezug zum Nachbargrundstück sowie die räumliche Vernetzung mehrerer Grundstücke innerhalb eines Wohnblocks. Die Bauweise der Häuser spiegelt ihre Isolation wieder - es wird zunächst eine Mauer um das Grundstück gezogen, anschließend innerhalb des Grundstückes der Wohnraum gebaut. Der private Außenraum ist der Raum, der als Restraum übrig bleibt. Sonderformen Außerhalb dieser sechs Gebäudetypologien gibt es wenige Sonderformen von Wohnhäusern, die sich keiner dieser Kategorien zuordnen lassen. Ihre Bedeutung im Stadtraum kann vernachlässigt werden.


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2.4 Fazit I Architektur der modernen Stadt Seit der Beendigung des Bürgerkrieges von 1962-69 hat sich die Architektur der Stadt Zabid wesentlich gewandelt. Wie in vielen anderen islamischen Ländern seit Ende des Zweiten Weltkrieges wurden im Jemen Elemente der westlichen Moderne in sehr kurzer Zeit übernommen.72 Bis Ende der 1960er Jahre waren Architektur und Gesellschaft in Zabid geprägt von überlieferten vorindustriellen Strukturen. Die Übernahme fremder Planungsmuster führte zu dem Verlust traditioneller Sozialsysteme und Wirtschaftszeige und zu der Transformation von Baukultur und Stadtraum führen.73 Außer auf der Ebene der individuellen Wohnform fanden Transformationen auf Quartiersebene statt. Die Blockstruktur, die im traditionellen Stadtgefüge das Bindeglied zwischen der Stadt und dem privaten Wohnhaus war, hat an Bedeutung verloren. Durch die Struktur wurde ein halböffentlicher Raum mit einem eigenen Wegesystem geschaffen, der über soziale Werte und das Nachbarschaftsprinzip funktioniert und es unter anderem Frauen ermöglicht, innerhalb eines Blocks unverschleiert zu sein.

Unten: Wohntypologien in Zabid. Von links nach rechts: Das traditionelle Wohnhaus. „Sanaa Box“. Wohnhaus mit Shop. Geschosswohnungsbau. Hütte. Traditionelles Layout aus Zement.


Stadt Wachstum Stadt ohne Luft I Stadt Szenario

3 Stadt Szenario I Stadt ohne Luft Im Szenario werden die Verdichtungs- und Transformationsprozesse, die zu dem Wandel der historischen Stadt geführt haben, in einer zeitlichen Abfolge betrachtet und über das Jahr 2008 hinaus weitergedacht. Ausgehend von dem Bild der Stadt Zabid im Jahr 2008 werden zwei Endbilder der Entwicklung gezeichnet: das Bild der Stadt im Jahr 2014 und das Stadtbild im Jahr 2024, in dem nach dem aktuellen Planungsstand die langfristige Planungsphase beendet ist. Außer den beiden Endbildern werden die jeweiligen Zwischenschritte dargestellt, aus denen die Szenarien entwickelt werden. Mittel der Szenarien sind der Schwarzplan von Zabid und aktuelle Bilder aus der Stadt. In einem ersten Schritt wird die Bevölkerungsentwicklung der letzten Jahre betrachet, um Prognosen machen zu können über die Weiterentwicklung der Bevölkerungszahl. Wichtig ist, dass die Szenarien nicht allein auf die Hochrechnung der Bevölkerungszahlen gestützt sind, sondern dass die Zahlen mit Hilfe von aktuellen Tendenzen und Bildern und dem Wissen über anlaufende Projekte und Planungen gefiltert werden.

Rechts: Zabid im Jahr 1975 (M 1:12500). Ganz rechts: Zabid 2000 (M 1:12500). Zwischen 1975 und 1994 ist die Bevölkerungszahl in Zabid von 8.801 Bewohnern auf 17.254 angestiegen.


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Aktuelle Fotos werden zu einem Gesamtbild verdichtet, um die Aktualität der Szenarios zu betonen. Es werden keine ortsfremden Bilder verwendet und Szenarien entwickelt, die der Stadt fremd sind, sondern es werden Stadtbilder gezeichnet, die an vielen Orten in der Stadt bereits deutlich spürbar sind.

3.1 Bevölkerungszahlen

Die Berechnung der Bevölkerungsentwicklung und der Wachstumsrate beruht auf Angaben des Statistischen Amtes der Stadt Al-Hodeidah, der Zabid auf Governoratsebene politisch zugeordnet ist. Nachfolgend ist die Entwicklung der Einwohnerzahl zwischen den Jahren 1975 und 2004 zusammengefasst. 1975: 8.801 Bewohner74 1986: 12.905 Bewohner75 1994: 17.254 Bewohner76 2004: 21.475 Bewohner77


Stadt Wachstum Stadt ohne Luft I Stadt Szenario

Mit Hilfe dieser Zahlen ergeben sich folgende Werte für das Bevölkerungswachstum: 1975 - 1986: 3,5% 1986 - 1994: 3,7% 1994 - 2004: 2,2%78 Wie schwierig eine Prognose der Stadtentwicklung ist, die sich allein auf die Bevölkerungszahlen stützt, zeigt das Spektrum der möglichen Weiterentwicklung mit Hilfe dreier unterschiedlicher Wachstumsraten. Verglichen werden die Prozentwerte bei gleichbleibendem Wachstumsfaktor (2,2%), bei einer Erhöhung des Faktors auf den vorangegangenen Faktor (3,7%) sowie bei einer Reduktion des Faktors um die Hälfte des Schrumpfungsprozesses auf 1,5% Wachstum. Mit diesen Wachstumsfaktoren ergibt sich die folgende Spannweite für die Entwicklung der Bevölkerungszahl: Wachstumsrate 2,2 3,7 1,5

2004 21.475 21.475 21.475

2008 23.440 24.834 22.793

2024 33.267 44.413 28.924

Die Hochrechnung soll eine Orientierung geben und zeigen, welcher Druck auf der Altstadt lastet, wenn die Bevölkerung weiter wächst, ohne dass neue Bauflächen erschlossen werden. Von 8.000 Einwohnern in den 1970er Jahren könnte die Bevölkerung über 25.000 Einwoher heute bis auf 44.000 Einwohner im Jahr 2024 ansteigen.

Links: Lehrerstreik in Zabid. Rechts: Umbau des Innenhofs zum Wohnzimmer. Bevölkerungswachstum und Verdichtungsprozesse führen zum Mangel an Wohnraum und an öffentlichen Einrichtungen. Bereits im Jahr 2003 waren Schulen in der Altstadt mit 55 Kindern pro Klasse eindeutig überfüllt.


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3.2 Schwarzplan und Filter Im Schwarzplan kann die Hochrechnung nicht 1:1 umgesetzt werden, da die Einwohnerdichte in der Altstadt je nach Wohnblock und Wohnform sehr variiert. Die Darstellung im Schwarzplan orientiert sich daher an der Entwicklung der Gebäude seit Ende der 1970er Jahre. Um ein erstes Szenario für das Jahr 2014 am Ende der mittelfristigen Planungsphase zu bekommen, werden die Neubauten der Jahre 2000 bis 2008 aus dem aktuellen Plan „ausgeschnitten“ und noch einmal in den Plan addiert. Auf jeden Wohnblock bzw. an jede prominente Stelle in Zabid wird dieselbe Anzahl an Gebäuden, die im vorhergehenden Abschnitt gebaut wurden, hinzugefügt. Diese Methodik erzeugt - wie jedes Szenario - ein beliebiges und sehr subjektives Bild der Stadt. Sie wird damit gerechtfertigt, dass die Stadt an keiner Stelle konzentriert wächst, sondern dass das Wachstum innerhalb der bestehenden Wohnblöcke stattfindet. In der zweiten Zeitspanne von 2014 bis 2024 wird dieselbe Vorgehensweise wiederholt wie in der ersten Phase, und es wird dieselbe Anzahl an Gebäuden erneut über Zabid verteilt, wiederum an naheliegenden Orten und in denselben Wohnblöcken. Allerdings wird angenommen, dass die historische Stadt einer zweifachen Verdichtung um dieselbe Anzahl an Neubauten, die die Freiräume in der Stadt bereits heute minimieren, nicht standhalten kann. Historische Gebäude würden unter der Last der Neubauten ruiniert oder überbaut und werden in der Darstellung im Schwarzplan aus dem Plan heraus genommen.


Stadt Wachstum Stadt ohne Luft I Stadt Szenario

Filter für die Betrachtung der demographischen Entwicklung sind aktuelle Entwicklungstendenzen und die zunehmende Verdichtung der Stadtstruktur in Zabid sowie Entwicklungsbeispiele benachbarter Städte. Wächst die Stadt weiter wie bisher, könnten langfristig sowohl wirtschaftlicher Zerfall, aber auch wirtschaftlicher Wohlstand zu einer Bedrohung für das kulturelle Erbe werden.79 Beispiele sind zum einen die Hafenstadt Al-Mokha im Süden der TihamaKüstenregion sowie die kleinere Handelsstadt Bayt Al-Fakih 40 km nördlich von Zabid und die Governoratshauptstadt Al-Hodeidah. Die historische Substanz der früher wohlhabenden Hafenstadt Al-Mokha ist heute eine Ruine. In Al-Hodeidah und Bayt Al-Fakih hat die Modernisierung der Stadtkerne zum Zerfall der alten Wohnhäuser geführt, die von den Bewohnern zunehmend verlassen werden. Die Altstadtkerne der beiden - Zabid sehr naheliegenden Städte - sind nur noch Durchgangszonen für fließenden Verkehr und haben jede Aufenthaltsqualität verloren. In Zabid wird ohne die finanzielle und technische Unterstützung durch Experten sowie Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen wahrscheinlich kein Erhalt der traditionellen Gebäudetypologie möglich sein. Ohne die Unterstützung könnten keine Restaurierungsarbeiten durchgeführt werden, es würde keine Schulungen geben, in denen Baumeister und Bewohner Verfahren zur Instandhaltung der historischen Bausubstanz lernen, und es würde kein Markt geschaffen werden für traditionelle Materialien. Der Titel als Weltkulturerbe würde bei weiterem Wachstum der Stadt ohne eine ersichtliche Absicht, die historische Stadt zu erhalten und Wachstum außerhalb der Stadt aufzufangen, aberkannt werden, und die Denkmalpflegebehörde GOPHCY („General Organisation for the Preservation of Historic Cities in Yemen“) als einzige bauliche Kontrollinstanz in der Stadt würde einer anderen jemenitischen Stadt, die unter Denkmalschutz gestellt werden würde, zugeordnet werden.

Links: Al-Mokha. Abb. 14 Rechts oben, Mitte: Bayt Al-Fakih. Rechts unten: Al-Hodeidah. Ganz rechts: Lage der Vergleichsstädte. Abb. 15 Sowohl wirtschaftlicher Zerfall wie in Al-Mokha, aber auch wirtschaftlicher Wohlstand wie in Bayt Al-Fakih und AlHodeidah können in Zabid zu einer Bedrohung für das kulturelle Erbe werden.


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Für die Bewohner würden durch den Wegfall der Projekte keine neuen Einkommensmöglichkeiten generiert werden, weder im Handel, noch in Handwerk und Industrie oder in der Landwirtschaft, und das Tourismuspotential würde nicht ausgeschöpft werden. Der Bedarf an Klimaanlagen würde das private Wohnhaus nicht mehr finanzierbar machen, und ohne die Beteiligung der Weltbank würde die Landwirtschaft nicht gefördert werden. Es würde weiterhin zu wenig Bäume in der Stadt geben, um eine Verbesserung des Raumklimas zu erreichen. Der Souk würde leer stehen, und Stadtränder würden weiter verarmen.

Al-Hodeidah

Bayt-Al-Fakih

Zabid

Al-Mokha


Stadt Wachstum Stadt ohne Luft I Stadt Szenario

Links: Zabid 2008 (M 1:12500). Rechts: Neubauten in der Stadt zwischen 2000 und 2008 (M 1:12500). Neubauten in Zabid sind relativ gleichmäßig auf das Stadtgebiet verteilt. In der Altstadt verdichten sich bestehende Wohnblöcke, an der Hauptstraße werden große Gebäude errichtet, Neubauten in der „New Development Area“ entstehen ohne räumlichen Zusammenhang.


57

+


Stadt Wachstum Stadt ohne Luft I Stadt Szenario

Szenario 1 I Die verdichtete Stadt im Jahr 2014. Links: Fotomontage. / Rechts: Schwarzplan (M 1:10000). Das Szenario 1 I Die verdichtete Stadt zeigt das Bild Zabids bei weiterem innerst채dtischen Wachstum, ohne Kontrolle durch Planung. Neubauten aus den letzten acht bis zehn Jahren vor 2008 wurden im Plan verdoppelt.

=


59


Stadt Wachstum Stadt ohne Luft I Stadt Szenario

+


61

Links: Weitere Verdichtung der Stadt Zabid um dieselbe Anzahl an Neubauten (M 1:12500). Rechts: Zerfall der historischen Stadtsubstanz in der Altstadt. (M 1:12500). Bei einer weiteren Verdichtung der Innenstadt ohne die Projekte zur FÜrderung der Wirtschaft und der Produktion traditioneller Baustoffe kann die historische Stadtstruktur langfristig nicht erhalten werden. Traditionelle Gebäude werden aus dem Plan genommen.

-


Stadt Wachstum Stadt ohne Luft I Stadt Szenario

Szenario 2 I Stadt ohne Luft im Jahr 2024. Links: Fotomontage. / Rechts: Schwarzplan (M 1:10000). Das Szenario 2 entsteht durch eine weitere Addition derselben Neubauten aus einem Zeitraum von ca. acht Jahren vor 2008 in den Schwarzplan. Historische Gebäude kÜnnten langfristig nicht erhalten bleiben und werden aus dem Schwarzplan genommen. Am Ende des Szenarios steht das Bild der Stadt ohne Luft.

=


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Stadt Wachstum Stadt ohne Luft I Fazit

3.3 Fazit I Stadt ohne Luft Als Fazit und Endbild des Szenarios steht das Bild des Zerfalls der historischen Altstadt und der Verlust der soziokulturellen Identität der Stadt. Bei weiterem selbstgesteuertem Wachstum ohne fremde Unterstützung besteht die Gefahr, dass öffentliche und private Freiräume, die wichtig sind für das kulturelle Leben und die natürliche Durchlüftung der Stadt, weiter überbaut werden. Langfristig würde Zabid unter der Last der Neubauten zu einer Stadt ohne Luft werden, die sich nur wenig von benachbarten Städten, in denen wirtschaftlicher Zerfall oder wirtschaftlicher Wohlstand das kulturelle Erbe bedrohen, unterscheiden würde. Traditionelle Stadträume und Stadtqualitäten würden verloren gehen, ohne dass sich neue Identitäten entwickeln könnten.

Al- Hodeidah

Zabid

Al-Khalwa

Links: Governorat Al-Hodeidah mit politischer Unterteilung. Abb. 16 Rechts: Straße von Zabid zum Roten Meer. Ganz rechts: Touristencamp in Al-Khalwa, 40km südlich von Zabid. Seite 63: Straßenflucht in der Altstadt. Nach Dezentralisierungsplänen soll Zabid zur Hauptstadt eines neuen Governorates der „Südlichen Tihama“ werden. Derzeit untersteht die Stadt dem Governorat Al-Hodeidah im Norden der Küstenregion.


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4 Fazit I Stadt Wachstum Derzeit sind verschiedene Projekte zur Stärkung der politischen und wirtschaftlichen Stellung Zabids in Planung, die dem Extremszenario der „ Stadt ohne Luft“ entgegenwirken und positive Entwicklungsperspektiven für die Stadt generieren könnten. Die politische und wirtschaftliche Stellung Zabids soll in Zukunft wieder gestärkt werden. Es gibt Dezentralisierungspläne, nach denen Zabid die Hauptstadt eines neuen Governorates der „Südlichen Tihama“ werden soll.80 Das Verwaltungsgebiet würde bis in den Küstenort Al-Khalwa 40km südlich der Stadt ausgedehnt werden. Al-Khalwa ist momentan der einzige Ort in der Tihama, in dem der Tourismus einen kleinen Einkommenszweig darstellt. Es gibt dort ein Camp mit Übernachtungsmöglichkeit für Touristen, und ein Hotel ist seit 2008 im Bau.81 Es gibt außerdem Projekte und Potential für eine Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, der Beschäftigungsstruktur und des Bildungswesens. Nach dem Bau einer Pädagogischen Hochschule in den vergangenen Jahren ist im Jahr 2008 mit dem Bau einer Technischen Hochschule begonnen worden, und in den religiösen Schulen der Altstadt werden Kurse in den Fächern Theologie, Geschichte und Arabisch angeboten. Die Theologische Fakultät könnte den Lehrbetrieb wieder aufnehmen.82 Die größte Herausforderung für eine positive Entwicklung der Stadt liegt in dem Umgang mit Tradition und Moderne und einer Strategie, die gleichermaßen moderne Entwicklungen zulässt und den Erhalt des kulturellen Erbes fördert. In einer Stadt mit einem so reichen kulturellen Erbe wie in Zabid ist es besonders schwierig, mit den Veränderungen und dem Wandel der Stadt umzugehen.


Stadt Wachstum Stadt ohne Luft I Fazit

1 UCHP, Vol 7a (2003): 18 / 2 Iamandi (2004): 1; ICOMOS (1993): 21 / 3 Bonnenfant (2004): 34; Saliba (2002): 51 / 4 Bonnenfant (2004): 184 / 5 Bonnenfant (2004): 29, 32; Iamandi (2004): 1; Kopp / Wirth (1990): 11 / 6 Bonnenfant (2004): 32; UCHP, Vol 7a (2003): 3 / 7 UCHP, Vol 7a (2003): 13 / 8 Willeitner (2002): 166; ICOMOS (1993): 21; Hirschi, Suzanne und Max (1983): 222 / 9 UCHP, Vol 7a (2003): 16; Costa / Vicario (1977): 97 / 10 Mundy (1982): 4 / 11 UCHP, Vol 7a (2003): 14 / 12 UCHP, Vol 7a (2003): 14 / 13 Saliba (2002): 51 / 14 Bonnenfant (2004): 32 / 15 UCHP, Vol 7a (2003): 15 / 16 Mundy (1982): 4 / 17 Bonnenfant, 2004: 32 / 18 Bonnenfant (2004): 32, 180; Zabarah (1962): XX / 19 UCHP, Vol 7a (2003): 16 / 20 Mundy, (1982): 4; Kultermann (1999): 207 / 21 Saliba (2002): 51; Azzan (2005): 3 / 22 Bonnenfant (2004): 80 / 23 Bonnenfant (2004): 76; Bonnenfant, Les quartiers de Zabid (1999): 2ff.; UCHP, Vol 7a (2003): 42 / 24 Bianca (1979): 161f. / 25 Bonnenfant, Les quartiers de Zabid (1999): 4 / 26 Bonnenfant (2004): 76; UCHP, Vol 7a (2003): 56 / 27 Im Jahr 1977 waren 80 Moscheen erhalten, vgl.: Costa / Vicario (1977): 97 / 28 Saliba (2002): 51; Bonnenfant (2004): 53 / 29 Bonnenfant (2004): 53 / 30 Zur Umnutzung des Wachturms „Nubat Al-Hadrami“, vgl.: Gentilleau (1999): 70 / 31 Interview, Abdullah Al-Madwahii, 13.03.08; Al-Hadrami (1999): 29 / 32 UCHP, Vol 7a (2003): 36 / 33 Bonnenfant (2004): 73; Varanda (1982): 146; Ehrlich / Nankivell (1985): 76ff. / 34 Varanda (1982): 146; Bonnenfant (2004): 180 / 35 Bonnenfant (2004): 89 / 36 Al-Sapri (2001): 25 / 37 Bonnenfant (2004): 94; Hirschi, Suzanne und Max (1983): 242 / 38 Bonnenfant (2004): 94; Iamandi (2003): 20 / 39 Bonnenfant (2004): 96; Bonnenfant / Gentilleau (1993): 131 / 40 Bonnenfant (2004): 101; Bonnenfant / Gentilleau (1993): 141 / 41 Bonnenfant (2004): 102; Bonnenfant / Gentilleau (1993): 151 / 42 UCHP, Vol 7a (2003): 49 / 43 Skat, 2007: 16 / 44 Interview, Osama Moutha, 12.02.08; Miles (1983): 52f. / 45 Interview, Osama Moutha, 12.02.08; Varanda (1982): 113 / 46 Bonnenfant, 2004: 78 / 47 Von Rabenau (2008): 4; Skat, 2007: 13 ff. / 48 Interview, Omar Abdulaziz Hallaj, 24.02.2008; Interview, Zouka Karzon, 27.02.08; Von Rabenau (2008): 4 / 49 Al-Sapri (1999): 26 50 Interview, Abdulmalik Ali Azzan, 14.03.08 / 51 Al-Sapri (1999): 40 / 52 Interview, Abdulmalik Ali Azzan, 14.03.08 / 53 Central Statistics Authority Al-Hodeidah (2004) / 54 Interview, Basma Al-Kubati, 05.03.08; Interview, Zouka Karzon, 14.02.08 / 55 Miles (1984): 36 / 56 UCHP, Vol. 7a (2003): 18 / 57 Interview, Basma Al-Kubati, 05.03.08; Miles (1983): 36 / 58 Miles (1983): 36; Becker (1978): 66 / 59 Al-Sabahi (1996): 77: Lingenau / Schneider (1989): 15, 17 / 60 UCHP, Vol 7a (2003): 24 / 61 UCHP, Vol 7a (2003): 43 / 62 Interview, Zouka Karzon, 05.03.2008 / 63 Interview, Abdulmalik Ali Azzan, 14.03.08; Al-Sabahi (1996): 8; vgl.: Verdier (1983): 69f.: Im Jahr 1983 wurde geschätzt, dass die Lebensdauer von Betonbauten in Al-Hodeidah maximal 15 Jahre beträgt - wegen qualitativ schlechter Baustoffe und Konstruktion, dem hohen Salzgehalt der Luft sowie der hohen Luftfeuchtigkeit und wegen der mangelnden Instandhaltung der Gebäude. / 64 Al-Sabahi (1996): 141; Lingenau / Schneider (1989): 15 / 65 Interview, Abdulmalik Ali Azzan, 14.03.08 / 66 UCHP, Vol 7a (2003): 33 / 67 UCHP, Vol 7a (2003): 23 / 68 UCHP, Vol 7a (2003): 34 f. / 69 UCHP, Vol 7a (2003): 43 / 70 Interview, Osama Moutha, 12.02.2008 / 71 Iamandi (2003): 5, 11; zum Zusammenwirken der Farben eines Denkmals vgl.: Charta von Venedig (1964): Artikel 6 / 72 Al-Sabahi (1996): 20 / 73 Bianca (2005): 53 / 74 UCHP, Vol 7a (2003): 23 / 75 UCHP, Vol 7a (2003): 23 / 76 UCHP, Vol 7a (2003): 23 / 77 Central Statistics Authority Al-Hodeidah (2004) / 78 Berechnung: P = G x (1+p) n; G = Grundwert; P = Prozentwert; p = Prozentsatz; n = Anzahl Jahre / 79 Bonnenfant (2004): 237 / 80 Interview, Hadi Saliba, 06.03.08; Interview, Basma Al-Kubati, 08.03.08.; Saliba (2002): 51 / 81 Interview, Osama Moutha, 12.02.08; Interview, Abdullah Al-Madwahii, 13.03.08 / 82 Interview, Abdullah Al-Madwahii, 13.03.08; Saliba (2002): 51


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Stadt Kontrolle

Seitdem Zabid im Jahr 1993 von der UNESCO als Weltkulturerbe unter Schutz gestellt wurde, wird versucht, die Entwicklung der Stadt zu kontrollieren. Transformationsprozesse der historischen Stadt sollen verhindert und das Stadtwachstum auf die „New Development Area“ verlagert werden. In der Altstadt soll nicht nur eine zusätzliche Verdichtung vermieden werden, vielmehr soll die Stadt entdichtet werden mit dem Ziel, die historische Stadtstruktur, wie sie vor 1970 war, wiederherzustellen. Für veränderte Ansprüche der Bewohner an private Wohnhäuser und den öffentlichen Raum ist kein Platz in der traditionellen Stadt, moderne Entwicklungen sollen an einem Übergangsbereich an der Straße oder außerhalb der Stadt erlaubt sein. Es stellt sich die Frage nach der Identität der Stadt, nach der Stadtentwicklung, die in der Planung beschrieben wird und dem Stadtbild, das durch die Verordnungen und Empfehlungen bislang erreicht wurde.


Stadt Kontrolle Stadt Akteure

1 Stadt Akteure Seit 1993 sind zahlreiche Projekte zum Schutz der Altstadt angelaufen, die durch den „Social Fund for Development“ (SFD) der Weltbank und das „Public Works Programme“ (PWP) der Regierung des Jemen finanziert werden. Die Aufnahme Zabids in die Liste als „Weltkulturerbe in Gefahr“ im Jahr 2001 hat zu einer verstärkten Mobilisierung ausländischer Hilfe, besonders von holländischer und deutscher Seite, beigetragen.1

1.1 Regierung I Ministerien Auf Regierungsebene sind für die Stadtplanung das “Ministry of Construction, Housing and Urban Planning” (MCHUP), die Abteilung “Urban Planning” des “Ministry of Public Works and Highways” (MoPW&HW) sowie die nationale Denkmalpflegebehörde “General Organisation for the Preservation of Historic Cities in Yemen” (GOPHCY) zuständig. Die GOPHCY wurde im Jahr 1990 durch die jemenitische Regierung mit wesentlicher Unterstützung der UNESCO gegründet, deren Bedingung es war, dass Stadterhalt und Stadtmanagement von Städten, die als Weltkulturerbe unter Schutz stehen, von Seiten der Regierung des Jemen garantiert werden.2 Die Kompetenz der GOPHCY umfasste ursprünglich Projekte in der Hauptstadt Sanaa und wurde im Jahr 2001 auf Zabid ausgeweitet.3 Die GOPHCY in Zabid ist verantwortlich für die Vergabe von Baugenehmigungen, für die Restaurierung traditioneller Wohnhäuser sowie für das „Pavement Project“, das zum Ziel hat, einzelne Straßenabschnitte in der Altstadt zu pflastern. Die Straßenpflasterung in Zabid wird wesentlich unterstützt durch die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) und hat als Pilotprojekt im April 2008 begonnen.4


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Im Jahr 1997 wurde durch das “Ministry of Construction, Housing and Urban Planning” das erste Stadtplanungsgesetz erlassen. Es regelt den Denkmalschutz in den Altstädten und autorisiert die Abteilung “Urban Planning” als Unterbehörde des “Ministry of Public Works and Highways” Stadterhaltungspläne aufzustellen.5 Das Gesetz berechtigt zudem lokale Regierungen, Masterpläne zu initiieren, die durch das “Ministry of Public Works and Highways” anschließend bewilligt werden müssen.6 Die Aufteilung der Kompetenzen auf das “Ministry of Construction, Housing and Urban Planning” und das “Ministry of Public Works and Highways” hat in der Vergangenheit wiederholt zur Überlagerung von Zuständigkeitsbereichen und zu Kompetenzstreitigkeiten geführt.7

1.2 Regierungs- und Nicht-Regierunsorganisationen I Internationale und nationale Organisationen UNESCO / Weltbank Hauptakteure auf internationaler Ebene sind die UNESCO und die Weltbank. Allein zwischen 2001 und 2004 wurden durch den „World Heritage Fund“ der UNESCO 121.918 US Dollar zum Erhalt Zabids zur Verfügung gestellt. Es wurde unter anderem in die Ausarbeitung eines „Emergency Action Plan“ (2001) investiert, in die Vorbereitung eines „Urban Conservation Plan“ (2002) sowie in die Vorbereitung von Pilotprojekten zur Revitalisierung des Altstadtmarktes und zur Restaurierung der Al-Ashair-Moschee und des Stadttores Bab Al-Nakhl (2003).8

Seite 64: Wohnzimmer. Links: Stadttor Bab Al-Nakhl im Osten der Stadt. Rechts: Landwirtschaftliche Flächen südlich der Stadt. Abb. 17 Von der UNESCO und der Weltbank wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Projekte zur Förderung der wirtschaftlichen Basis der Stadt finanziert. Im Jahr 2003 wurde das Stadttor Bab Al-Nakhl restauriert. In den nächsten Jahren initiiert die Weltbank ein Projekt zur Verbesserung der Bewässerungssysteme in der Landwirtschaft.


Stadt Kontrolle Stadt Akteure

Im Jahr 2003 wurde durch die finanzielle Unterstützung der Weltbank ein neues Krankenhaus im Norden der Stadt gebaut, in dem acht Fachbereiche untergebracht sind.9 Derzeit läuft in der gesamten Küstenregion der Tihama ein Projekt der Weltbank zur Verbesserung der Bewässerungssysteme in der Landwirtschaft an. Ziel ist es, das Bewusstsein der Landwirte für den Verbrauch an Grundwasser zu sensibilisieren und die Kontrolle der Bewässerungssysteme zu verbessern. Ein Hauptproblem für den Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion ist der zu hohe Verbrauch an Grundwasser.10 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) Seit Ende 2007 leistet die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) einen wesentlichen Beitrag zur Stadtentwicklung in Zabid. Die GTZ arbeitet in erster Linie an Projekten zur Stärkung der wirtschaftlichen und sozialen Basis der Stadt.11 Hauptprojekt ist momentan neben der Subventionierung von Restaurierungsarbeiten an traditionellen Wohnhäusern die Förderung der Backsteinproduktion und die Ausarbeitung des gesetzlichen Rahmens für den Verkauf von Backsteinen.12 Ziel ist es, traditionelle Steine kurzfristig wieder verfügbar zu machen, mittelfristig die Verbesserung der Qualität der Steine anzuregen und langfristig einen Markt zu schaffen, damit Backsteine gegenüber Zementsteinen konkurrenzfähig werden. Die Arbeit der GTZ ist zunächst auf drei Jahre angelegt und kann nach der jeweiligen Evaluation einer Projektphase um drei weitere Jahre verlängert werden. Derzeit rechnet die GTZ mit einer Tätigkeit von 12 Jahren in Zabid. Die zweithöchste Priorität der GTZ nach der Förderung der traditionellen Baumaterialien und Bauweisen haben Projekte zur Sanierung des Altstadtsouks.13 Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat in Zabid zwei wichtige Projekte im Bereich der Infrastruktur initiiert und realisiert. Zwischen 2002 und 2003 wurde von einer jordanischen Beratungsfirma ein Konzept für das innerstädtische Abwassersystem ausgearbeitet und durch die KfW finanziert, die Kosten für das Projekt beliefen sich auf etwa 10 Millionen Euro.14 Das zweite Projekt, das im Jahr 2002 durch die KfW und die holländische Regierung finanziert wurde, hatte eine Verbesserung der Müllentsorgung zum Ziel („German Solid Waste Programme“). Im Nordwesten der Stadt wurde eine neue Mülldeponie angelegt, die den Müll der Stadt und der Nachbarorte in den kommenden 20 Jahren aufnehmen soll.15


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1.3 Experten I Konferenzen Die Entwicklung von Projekten zur Denkmalpflege und Stadtentwicklung wird wesentlich beeinflusst durch theoretische Abhandlungen von Experten und Beratern und durch die Diskussionsergebnisse von nationalen und internationalen Konferenzen. Aga Khan Seminar Eight “Development and Urban Metamorphosis - Yemen at the Crossroads”, Sanaa 1983 Im Jahr 1983 fand in Sanaa die Aga Khan Konferenz “Development and Urban Metamorphosis - Yemen at the Crossroads” statt. Als achte Konferenz stand sie unter dem Oberbegriff “Architectural Transformation in the Islamic World”. Während der Konferenz wurde das Verhältnis von traditioneller zu moderner Architektur im Jemen diskutiert. Viele der Fragen, die für andere jemenitische Städte angesprochen wurden, in denen Transformationsprozesse früher stattfanden, stellen sich heute in Zabid.16

Links: Müll am Stadtrand. Unten von links nach rechts: Wasserspeier von einem privaten Wohnhaus. / Abwasser im Hof und in den Straßen. Die Aufnahme Zabids in die Liste als Weltkulturerbe in Gefahr im Jahr 2001 hat zur Mobilisierung von Unterstützung aus dem Ausland beigetragen. Im Jahr 2002 wurde die Müllentsorgung verbessert und das innerstädtische Abwassersystem angelegt.


Stadt Kontrolle Stadt Akteure

Paul Bonnenfant, 1993 Die Nominierung Zabids als Weltkulturerbe im Jahr 1993 ist auf langjährige Studien und die Bewerbung durch den französischen Soziologen Paul Bonnenfant zurückzuführen.17 Bonnenfant hat viele Jahre in Zabid gelebt und sich mit der traditionellen Architektur und Materialität der Stadt auseinandergesetzt. Von ihm sind einige Publikationen erschienen.18 Urban Cultural Heritage Strategy and Management Programme (UCHP) / Februar 2002 - April 2003 Im Jahr 2001 wurde von der jemenitischen Regierung das “Urban Cultural Heritage Strategy and Management Programme” (UCHP) initiiert, das von 2002 bis April 2003 durch die Kofinanzierung der niederländischen Regierung durchgeführt werden konnte.19 Ziel des Programms war es, mit Hilfe eines Expertengremiums Richtlinien für den Umgang mit historischen Städten und deren Weiterentwicklung auszuformulieren. Als Berater von holländischer Seite wurden Experten des „Institute for Housing and Urban Development Studies“ in Rotterdam eingeladen.20 Das Gremium erarbeitete neun Gutachten, wovon das siebte explizit Empfehlungen für Zabid enthält. Außerdem wurden während des „Urban Cultural Heritage Strategy and Management Programme“ der „Conservation Plan“ für die Altstadt sowie ein Masterplan für die „New Development Area“ ausgearbeitet. Auf einzelne Aspekte der Planung wird im zweiten Teil des Kapitels ausführlich eingegangen.

1.4 Fazit I Akteure und Projekte Seit der Nominierung Zabids als Weltkulturerbe im Jahr 1993 wurden zahlreiche Projekte mit ausländischer Unterstützung realisiert, von denen die Stadt allerdings nicht immer nachhaltig profitiert hat. Beispielsweise wurden zwischen 1990 und 2000 zwei große Ziegelbrennöfen in der Umgebung der Stadt gebaut, die bereits kurz nach Fertigstellung nicht mehr betrieben wurden. In einem Fall stand nicht genügend Geld zur Fertigstellung des Projektes zur Verfügung, im anderen Fall wurde der falsche Brennstoff verwendet.21 Die Projekte der GTZ, die derzeit anlaufen, sollen in kleinerem Maßstab stattfinden. Zum Beispiel soll die Backsteinproduktion durch die Bewohner selbst erreicht werden. Anstelle eines großen Ofens soll wie in der traditionellen Ziegelproduktion der Betrieb vieler kleiner Backsteinöfen, die in der Stadt noch vorhanden sind, angeregt werden. Ob die Projekte der GTZ durchgeführt werden können, hängt davon ab, ob sie über die erste Dreijahresphase hinaus bewilligt werden.22


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Stadt Kontrolle Stadt Planung

2 Stadt Planung Im Jahr 1984 wurde als Reaktion auf den Stadtwandel der 1970er Jahre der erste Masterplan für die Altstadt verabschiedet. Wegen der Aufnahme in die Liste als „Weltkulturerbe in Gefahr“ im Jahr 2000 folgten im Jahr 2003 ein neuer Masterplan mit veränderter Zielsetzung und ein Stadtentwicklungsplan für die “New Development Area” außerhalb der Altstadt.

2.1 Masterplanung 1984 Masterplanung 1984 I Inhalt des Plans Der Masterplan aus dem Jahr 1984 wurde vom zuständigen Ministerium („Ministry for Public Works and Highways“) aufgestellt. Der Plan sah ein radiales Wachstum um eine Umgehungsstraße vor, die um die gesamte Stadt gelegt wurde. An die Ringstraße waren alle größeren Gebäudekomplexe angeschlossen, die in der Altstadt keinen Platz fanden. Der Plan regelte, dass das Stadtgebiet insgesamt nach Norden ausgeweitet wird. Dort sollten in erster Linie Dienstleistungen angeboten werden, als Wohnfläche war nur ein kleiner Teil der Fläche ausgewiesen.23

Seite 71: Stadteingang. Oben: Masterplan 1984, Straßennetz, Piktogramm. Unten: Breite einer Altstadtstraße. Rechts: Masterplan 1984. Abb. 18 Enge Straßen in der Innenstadt werden im Masterplan von 1984 wesentlich verbreitert. Um die gesamte Altstadt wird eine breite Umgehungsstraße gelegt, um großflächige Nutzungen am Stadtrand zu erschließen.


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Masterplan 1984 I Bewertung des Plans Durch den Masterplan von 1984 wurde die Stadt in Stadtkern, Stadtrand und ein Stadterweiterungsgebiet zoniert. Ein Vorteil des Plans war, dass traditionelle Wohnhäuser in der Altstadt geschützt wurden durch die Verlagerung von Wachstumsprozessen auf neue Bauflächen außerhalb der Stadt. Die neuen Zonen, die als Bauflächen erschlossen werden sollten, hatten den Vorteil, dass sie in unmittelbarer Nähe zur Altstadt lagen und von dort erreichbar waren, ohne dass die Hauptstraße überquert werden musste. An den Stadträndern würde das Wachstum durch neue öffentliche Gebäude kontrolliert, die in diesem Bereich geplant waren. Das größte Defizit des Masterplans war, dass die traditionelle Stadtstruktur nicht respektiert wurde. Die Realisierung des Masterplans hätte die Struktur der Altstadt wesentlich verändert. Der Masterplan folgte dem Leitbild einer modernen islamischen Stadt, die neuen Ansprüchen genügen sollte und in der jedes Gebäude mit dem Auto erreicht werden konnte. Der Erhalt der Altstadt war kein primäres Planungsziel.24


Stadt Kontrolle Stadt Planung

Ein Netz an breiten Hauptstraßen hätte den Stadtkern in fünf zusammenhangslose Bereiche geteilt. Hauptachsen durch die Stadt sollten die Befahrbarkeit aller Straßen in der Altstadt ermöglichen, wären aber nur realisierbar durch die Zerstörung von Gebäuden entlang der Achsen.25 Es ist unklar, mit welcher Begründung zu Beginn der 1980er Jahre von der Notwendigkeit einer vollständigen Befahrbarkeit der Altstadt ausgegangen wurde. Der Plan geht von einer Zunahme des wirtschaftlichen Wohlstandes aus, der sich in Zabid zum Zeitpunkt der Planung nicht abgezeichnet hat. Die Annahme, dass sich jede Familie in Zabid in absehbarer Zeit ein Auto leisten kann, ist bis heute nicht nachvollziehbar.26 Der Ausbau des Straßennetzes hätte darüber hinaus zu einem Verlust an öffentlichem Raum in der Stadt geführt, da Freiflächen im Plan als Bauflächen ausgewiesen wurden und Baugenehmigungen für diese Flächen vergeben wurden.27 Für Neubauten in der Altstadt fehlten in der Masterplanung Konkretisierungen der Gebäudehöhen sowie der Materialität und Orientierung der Gebäude. Vorhandene Nutzungen wurden zum Teil nicht berücksichtigt, Friedhöfe in der Altstadt wurden im Plan als Parks gekennzeichnet und ebenfalls von neuen Straßen durchquert.28 Bereits wenige Jahre nach der Verabschiedung des Plans wurde die Ernennung Zabids zum UNESCO-Weltkulturerbe diskutiert und der Masterplan von 1984 offiziell für ungültig erklärt. Dennoch halten sich als Folge von Kompetenzstreitigkeiten auf Regierungsseite manche Verwaltungsinstanzen bis heute an den alten Plan.29 Die Zusammenhänge auf politischer Ebene zu verstehen, ist kaum möglich, offensichtlich ist jedoch, dass in Zabid bis heute private und öffentliche Gebäude auf Flächen gebaut werden, die nur im Masterplan von 1984 als Bauflächen ausgewiesen sind, nicht aber im aktuellen Plan.

Oben: „Buffer Zone“ der UNESCO, Piktogramm. Unten: Informeller Wohnblock hinter der Zitadelle. Rechts: „Protection Zone“, „Buffer Zone“, „Transition Zone“, „New Development Area (M 1:15000)“. Abb. 20 In der Ernennung Zabids als Kulturerbe im Jahr 2001 wird die Zonierung der Altstadt empfohlen in einen denkmalgeschützten Bereich innerhalb der Stadtmauern, eine Schutzzone um die Stadt, eine Stadterweiterungsfläche im Nordosten und einen Übergangsbereich an der Hauptstrasse.


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Stadt Kontrolle Stadt Planung

2.2 Nominierung als Weltkulturerbe 1993 Im Jahr 1993 folgte die Nominierung Zabids als UNESCO-Weltkulturerbe und im Jahr 1995 die offizielle Verleihung des Titels.30 Begründet wurde die Entscheidung mit der archäologischen und historischen Bedeutung der Stadt, dem islamischen Stadtgrundriss, der bis heute erhalten ist, außerdem mit der ehemals politischen, wissenschaftlichen und kulturellen Bedeutung Zabids - als Hauptstadt des Jemen im 13. bis 15. Jahrhundert, Zentrum des Islam und Stadt der Wissenschaften -, darüber hinaus mit der Einzigartigkeit der Architektur und der Vielfalt an Wohnhäusern im Stil des Tihama-Hofhauses.31 Weltkulturerbe 1993 I Inhalt der UNESCO Empfehlungen In der Nominierungserklärung der UNESCO wurde eine eindeutige Zonierung der Stadt in eine Kernzone oder „Protection Area“, eine „Buffer Zone“ als Schutzzone um die Altstadt, eine „New Development Area“ und eine „Transition Zone“ zwischen Altstadt und Neustadt empfohlen.32 Durch die Einführung der „Buffer Zone“ sollten die Stadtränder vor unkontrolliertem Wachstum geschützt und ein deutlicher Unterschied zwischen Stadtgebiet und Umland geschaffen werden, damit der historische Stadtgrundriss sowie wichtige Sichtachsen bewahrt bleiben.33 Es wurde festgelegt, dass die „Buffer Zone“ einen Kilometer breit ist und außer im Nordosten in einem 225 Grad-Winkel um die Stadt verläuft.34 Die Zone im Nordosten der Stadt sollte als „Transition Zone“, in der Neubauten zulässig sind, einen Übergang in die „New Development Area“ bilden. Im Süden und Westen der Stadt wurde wegen der Nähe des angrenzenden Wadis von nur geringem Wachstum ausgegangen, dennoch sollten landwirtschaftliche Flächen auch in diesem Bereich der „Buffer Zone“ vor baulichen Entwicklungen geschützt werden.35


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Neubauten in der „Buffer Zone“ sind laut Empfehlung der UNESCO nicht vollständig ausgeschlossen, die Definition von Art und Maß der erlaubten Nutzungen steht allerdings noch aus. Sofern Wohnhäuser oder öffentliche Gebäude dem Stadtbild eines Weltkulturerbes offensichtlich schaden, sollen sie in einzelnen Planungsphasen abgerissen werden. Als besonders störend wird das Hotel am Stadteingang im Osten der Stadt gesehen. Es hat nach Empfehlungen der UNESCO höchste Priorität als eines der ersten Abrissprojekte.36 Die „Transition Zone“ im Nordosten der Stadt erstreckt sich etwa 200 m zu beiden Seiten der Hauptstraße von Al-Hodeidah nach Taizz.37 Sie wird auch als „Articulation Zone“ bezeichnet, da sich auf beiden Seiten der Straße traditionelle Gebäude „artikulieren“ sollen. Das geplante Neubaugebiet in Beton würde erst hinter dem traditionell erscheinenden Vordergrund sichtbar werden.38 In die „New Development Area“ sollen Bewohner, deren Wohnhäuser in der Altstadt den Richtlinien der Denkmalpflege nicht entsprechen, umgesiedelt werden. Grundstücke in der Neustadt sollen als Kompensation für die Aufgabe des Eigentums in der Altstadt vergeben werden.39 Weltkulturerbe 1993 I Bewertung der UNESCO Empfehlungen Das erste Problem, das die Empfehlungen der UNESCO mit sich bringen, ist die Frage, wie die „Buffer Zone“ und die „Transition Zone“ baulich ausformuliert werden sollen. Derzeit gibt es ausschließlich allgemeine Verordnungen, die weltweit für alle Städte, zu deren Denkmalschutz eine „Buffer Zone“ empfohlen wird, gelten.40 Besondere Voraussetzungen und Eigenschaften der jeweiligen Orte können in der Empfehlung nicht berücksichtigt werden.41 Die allgemeinen Richtlinien der UNESCO („Operational Guidelines for the Implementation of the World Heritage Convention“) lauten wie folgt:42

Links: Der südliche Bereich der „New Development Area“. Rechts: Ländliche Siedlungsstrukturen im angrenzenden Wadi. Das Stadtwachstum soll auf die „New Development Area“ im Nordosten Zabids verlagert werden. In allen anderen Richtungen soll die „Buffer Zone“ die Stadtränder vor unkontrolliertem Wachstum schützen.


Stadt Kontrolle Stadt Planung

103. Wherever necessary for the proper conservation of the property, an adequate buffer zone should be provided. 104. For the purposes of effective protection of the nominated property, a buffer zone is an area surrounding the nominated property which has complementary legal and / or customary restrictions placed on its use and development to give an added layer of protection to the property. This should include the immediate setting of the nominated property, important views and other areas or attributes that are functionally important as a support to the property and its protection. The area constituting the buffer zone should be determined in each case through appropriate mechanisms. Details on the size, characteristics and authorized uses of a buffer zone, as well as a map indicating the precise boundaries of the property and its buffer zone, should be provided in the nomination. 105. A clear explanation of how the buffer zone protects the property should also be provided. 106. Where no buffer zone is proposed, the nomination should include a statement as to why a buffer zone is not required. 107. Although buffer zones are not normally part of the nominated property, any modifications to the buffer zone subsequent to inscription of a property on the World Heritage List should be approved by the World Heritage Committee.

Die in Punkt 104 der UNESCO-Richtlinien angesprochene Konkretisierung des Charakters und der Nutzung der „Buffer Zone“ steht für Zabid noch aus. Dass Konkretisierungen für Zabid tatsächlich ausformuliert werden sollen, wird im Bericht der „Joint Monitoring Mission“ im Januar 2007 deutlich.43 In „Aktion 11“ wurde die Ausarbeitung eines detaillierten Plans für die „Buffer Zone“ festgelegt, in „Aktion 13“ die Aufstellung von Bauregeln. Entsprechende Pläne und Normen sollen bis Ende 2008 in arabischer Sprache vorliegen.44


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Falls die Konkretisierungen getroffen werden, stellt sich weiterhin das Problem der Implementierung der „Buffer Zone“ und der „Transition Zone“. An der Straße lagern sich die meisten modernen und großen Gebäude an, eine Silhouette aus traditionellen Wohnhäusern entlang der Straße ist nur schwer vorstellbar. Die Gebäude würden sich aufgrund ihrer Typologie zudem kaum als Shops eignen. Die architektonische Mischung, die entsteht, wenn unter Vorgabe traditioneller Materialien mehrgeschossige Wohnhäuser mit Balkonen gebaut werden, würde wahrscheinlich ebenso wenig den Richtlinien der UNESCO entsprechen wie mehrgeschossige Gebäude aus Beton. Insgesamt ist die Liste der Aktionen, die die UNESCO in der Empfehlung zum Schutz des Weltkulturerbes aus dem Jahr 2007 aufzählt, so lang, dass sie sich kaum lesen und höchstwahrscheinlich noch viel weniger realisieren lässt. Nach Auffassung des GTZ-Experten und CIM-Mitarbeiters Erik Schweikhardt, der sich detailliert mit der Problematik in Zabid auseinandergesetzt hat, ist der Katalog an Aktionen ein politisches Instrument, dessen Nichtausführbarkeit eine Aberkennung des Titels rechtfertigen könnte.45 Dass eine Umsetzung des Aktionskataloges utopisch ist, begründet Schweikhardt mit dem Verweis auf Experten und deren Reports, für die die UNESCO bereits einen großen Teil der finanziellen Mittel für Zabid ausgegeben habe.46 Bis heute sind nur wenige der Empfehlungen ansatzweise umgesetzt worden, die Stadt ist weiter gewachsen und die „New Development Area“ ist bis heute nur sehr fragmentarisch besiedelt.47

Links: Neue Backsteinöfen im Umkreis von Zabid. Abb. 21 Rechts: Altstadtsouk am Mittag. In den vergangenen Jahren wurden durch ausländische Unterstützung große Backsteinöfen gebaut, die bereits kurz nach der Fertigstellung nicht mehr betrieben wurden. Ziel der GTZ ist es, die Backsteinproduktion im kleinerem Maßstab anzuregen. Zweite Priorität haben Projekte im Souk der Altstadt.


Stadt Kontrolle Stadt Planung

2.3 Neue Masterplanung 2003 Als Konsequenz der weiteren baulichen Verdichtung Zabids erfolgte im Jahr 2001 die Aufnahme in die Liste „Weltkulturerbe in Gefahr“ und das absolute Verbot für Neubauten in der Altstadt und der „Buffer Zone“ durch die Regierung.48 Im Jahr 2002 wurde durch das „Ministry of Public Works and Highways“ bekannt gegeben, dass sich die Stadt im Planungszustand befindet und dass mit Hilfe einer Expertenkommission aus dem Ausland ein neuer Masterplan ausgearbeitet werden soll.49 Zu diesem Zweck wurde das “Urban Cultural Heritage Strategy and Management Programme” (UCHP) als jemenitischniederländisches Pilotprojekt für die Denkmalpflege historischer Städte im Jemen organisiert. Von Februar 2002 bis April 2003 wurde an einer Strategie für den Erhalt ausgewählter Städte, darunter Zabid, gearbeitet.50 Es wurden Richtlinien für die Denkmalpflege festgesetzt und ein Stadterhaltungsplan entwickelt, in dem Lage und Layout der „Buffer Zone“ sowie der „New Development Area“ festgelegt wurden.51 Neue Masterplanung 2003 I Inhalt der Planung In der Masterplanung von 2003 wurde die Reduktion der Einwohnerdichte in der Altstadt von 20.000 Einwohnern, von denen zum Zeitpunkt der Planung ausgegangen wurde, auf 7.844 Einwohner im Jahr 2024 festgelegt. Ziel war es, die Anzahl an Neubauten in der Altstadt zu reduzieren und den Titel Zabids als Weltkulturerbe der UNESCO zu erhalten. Vergleich der Bevölkerungsentwicklung in Altstadt und der „New Development Area“ nach der Masterplanung von 200352: Zieljahr 2004 2009 2014 2019 2024

Altstadt 21.368 17.987 14.606 11.225 7.844

Neustadt 2.970 6.909 11.143 17.143 23.742

Links: Höhe der Wohnblöcke heute. Oben: Masterplan 2003, Piktogramm- Stadttor, Verkehrskreisel, Vier Moscheen. Mitte: Eingang zu einem Verwaltungsgebäude in Al-Hodeidah. Rechts: Masterplan für die „New Development Area“, 2003 (M 1:12500). Abb. 22

Im Jahr 2003 wurde in einem Pilotprojekt für die Denkmalpflege historischer Städte im Jemen ein Masterplan für die Neustadt ausgearbeitet.


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Mit der „Entdichtung“ der Altstadt sollte im Jahr 2006 begonnen werden.53 Die Bewohner sollten aus der Altstadt in die „New Development Area“ umgesiedelt werden, deren Größe im Jahr 2024 auf 2,3ha geschätzt wurde und in der 23.472 Einwohner leben würden.54 Die „New Development Area“ wurde als Neubaugebiet ausgewählt, da dort aus Platzgründen eine Ausdehnung der Stadt am besten aufgenommen werden kann. Anzahl und Größe der Wohnblöcke, der öffentlichen Bauten und des Straßennetzes wurden nach dem errechneten Bedarf für das Planungsjahr 2024 entworfen. Für die Erschließung der „New Development Area“ wurde festgelegt, zunächst die notwendige Infrastruktur an Straßen und Kanalisation einzurichten. Im Nordosten der „New Development Area“ wurde eine Begrünung empfohlen, um Sandverwehungen zu vermeiden und einen Stadtabschluss zu formulieren.55


Stadt Kontrolle Stadt Planung

Neue Masterplanung 2003 I Planungsphasen Für die Umsetzung der Planung wurden drei Planungsphasen festgesetzt, eine kurz-, eine mittel- und eine langfristige Phase. Der gesamte Planungszeitraum wurde auf 20 Jahre festgelegt und endet im Jahr 2024.56 Erste Phase57 Für die erste Fünfjahresphase von 2004 bis 2009 wurde empfohlen, Neubauten je nach Lage und Erscheinung entweder abzureißen oder zu versuchen, die Gebäude in die bestehende Struktur einzupassen. Neubauten auf wichtigen Plätzen in der Nähe der Stadttore oder der Moscheen sollten abgerissen werden. Für andere Gebäude sollten fallbezogene Entscheidungen getroffen werden. Grundsätzlich wurde der Abriss von Gebäuden mit der zu hohen Dichte und dem möglichen Verlust des Status als Weltkulturerbe begründet, der Abriss aller Neubauten wurde wegen der anfallenden Kosten und des zu erwartenden Widerstands der Bewohner abgelehnt.58 In der ersten Planungsphase sollten ein Abwassernetz für die Stadt entwickelt, die Müllversorgung verbessert und der Altstadtsouk saniert werden.59 Um die Befahrbarkeit der Straßen in der Altstadt zu verbessern, wurde empfohlen, einzelne Straßenabschnitte zu pflastern und öffentliche Plätze und Parks für die Bewohner anzulegen. Straßen und Plätze sollten teilweise begrünt werden, um Klima und Attraktivität der Stadt zu verbessern.60 Es wurde die dringende Restaurierung von Schulen und die Sanierung einzelner traditioneller Wohnhäuser empfohlen.

Links: Regierungspalast in der Nachbarstadt Al-Jarahi. Rechts: Nutzungen in der „New Development Area“, Masterplanung 2003 (M 1:12500). Abb. 23 Die Neustadt wird um einen Verkehrskreisel und große öffentliche Funktionen in der Mitte der Stadt gebaut. Nach Angaben des „Local Council“ in Zabid könnten ähnliche Regierungsgebäude wie in der Nachbarstadt Al-Jarahi entstehen.


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Die wirtschaftliche Basis der Stadt sollte insgesamt verbessert und unter anderem durch die Einrichtung eines Wochenmarktes neue Einkommensmöglichkeiten generiert werden. Besondere öffentliche Nutzungen sollten die Stadt für Touristen attraktiver machen. Die im Norden der Stadt in Richtung Westen führende Straße sollte befestigt und die Verbindung zu Nachbarorten verbessert werden. Auf administrativer Ebene wurde empfohlen, die Aufwertung der Verwaltungseinheit Zabid voranzutreiben. Weiteres Bevölkerungswachstum in der Altstadt sollte gestoppt werden, um räumliche und soziokulturelle Muster in der Altstadt zu bewahren.

Gewerbe Gewerbe + Wohnen Friedhof Regierungs- und Verwaltungsgebäude Moschee Parks und Grünflächen


Stadt Kontrolle Stadt Planung

Zweite Phase61 In der zweiten Fünfjahresphase von 2009 bis 2014 sollte nach Planung des UCHP-Teams der Umbau der modernen Bauten in der Altstadt folgen, die in der ersten Phase nicht abgerissen wurden sowie der Abriss von Gebäuden, die trotz der Masterplanung neu gebaut wurden. Das Planungsteam empfahl, den neuen Wasserturm in der Mitte der Stadt in der zweiten Planungsphase mit traditionellen Backsteinen zu verkleiden, da der Turm nach Ansicht der UNESCO das Stadtbild wesentlich störe. Moderne Marktgebäude an der Hauptstraße von Al-Hodeidah nach Taizz sollten entfernt werden. Die Sanierung des Souks sollte abgeschlossen und ein Markt für die Bewohner der „New Development Area“ eingerichtet werden. Dritte Phase62 Für die dritte Projektphase von 2014 bis 2024 wurde vorgeschlagen, alle Gebäude in der Nähe der ehemaligen Stadtmauer abzureißen und dafür Teile der alten Mauer wieder aufzubauen. In der Altstadt sollten weitere öffentliche Gebäude mit Backsteinen verkleidet werden. Neue Masterplanung 2003 I Bewertung der Planung Bedarfsberechnung Bei der Planung der „New Development Area“ wurde von dem absoluten Flächenbedarf im Jahr 2024 ausgegangen. Fläche und Einwohnerzahl wurden ausgehend von einer Hochrechnung der Bevölkerungszahl zum Zeitpunkt der Planung definiert. Dabei wurden weder Varianten für die Wachstumsrate angenommen und ein Spektrum der möglichen Bevölkerungsentwicklung aufgezeigt, noch wurde die Einwohnerdichte in der Neustadt hinterfragt. Der Planung für Altstadt und Neustadt wurde die Einwohnerdichte von 100 Personen pro Hektar zugrunde gelegt und die Fläche der „New Development Area“ entsprechend groß dimensioniert. Die Einwohnerdichte von 100 Personen pro Hektar entspricht der Dichte im Jahr 1975, heute leben allerdings 250 Personen auf einem Hektar Stadtfläche in der Altstadt.63


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Stadtbild Der Plan basiert auf dem Prinzip der optimalen Verkehrsführung, mit einem großen Verkehrskreisel in der Mitte der Stadt und weiteren Kreiseln, an denen die Stadt ausgebaut werden kann. Alle Straßen sind so breit, dass zu beiden Seiten Platz für parkende Autos ist. Es ist fraglich, ob ein Konzept, das auf einer optimalen Verkehrsführung basiert, für einen Ort wie Zabid, in dem das Hauptfortbewegungsmittel das Moped ist, angemessen ist. Es erscheint realistischer, dass die breiten Straßen von den Bewohnern als zusätzliche Wohnflächen genutzt werden als für parkende Autos. Bis heute ist die Zahl der Autos in Zabid sehr gering und ein Auto für die meisten Bewohner in absehbarer Zeit nicht bezahlbar. Momentan verdient ein durchschnittlicher Angestellter 1.000 Rial am Tag, eine Dose Pepsi Cola kostet 80 Rial, ein älterer Pick-up etwa 100.000 Rial.64 Es wird insgesamt in dem Plan für die „New Development Area“ kein Bild von der Lebensqualität in der Neustadt vermittelt. Durch den zentralen Verkehrskreisel wird die Stadt um eine leere Mitte gebaut. Freiflächen in der „New Development Area“ sind als große leere Räume dargestellt, und die Mülldeponie liegt unmittelbar neben einer der vier großen Moscheen, die im Zentrum der Neustadt geplant sind. Es wird kein gesamtstädtisches Bild für Alt- und Neustadt gezeigt, das Aussagen macht über die räumliche und funktionale Beziehung der beiden Stadtteile. Auch formell wurden die beiden Pläne von zwei verschiedenen Teams innerhalb des “Urban Cultural Heritage Strategy and Management Programme” (UCHP) ausgearbeitet.

Links: Blick auf den Wasserturm. Rechts: Wohnhaus in der Neustadt. In der Masterplanung von 2003 werden für die Altstadt Projekte vorgeschlagen, deren Ziel der Erhalt des traditionellen Stadtbildes ist. Moderne öffentliche Gebäude sollen mit Backstein verkleidet werden. In der Neustadt scheitert die Implementierung der Planung derzeit an vielen Punkten wie der Lage von Gebäuden und Straßen.


Stadt Kontrolle Stadt Planung

Implementierung Neben inhaltlichen Fragen der Planung stellt sich das Problem der Implementierbarkeit. Ein großes Problem ist, dass seit Abschluss der Planung mehr Wohnhäuser in der „New Development Area“ im Bau sind als während der Planung im Jahr 2003. Da der Straßenplan für die „Zone 22“ noch nicht vorlag, als viele der Häuser gebaut wurden, werden heute Wohnhäuser, die auf einer neu geplanten Straße stehen, wieder abgerissen, und zwei der neu geplanten Hauptverkehrsadern können wegen bestehenden Nutzungen nicht realisiert werden.65 Bei einer Straße wurde ein Höhengefälle nicht berücksichtigt, bei der anderen Straße wurde übersehen, dass sie über die Friedhofsfläche führt und damit für Autoverkehr nicht realisierbar ist. Wie die Straße derzeit im Plan dargestellt ist, würde sie zu beiden Seiten des Friedhofes unterbrochen werden und soll im Bereich des Friedhofs zu einem Fußgängerweg werden.66 Da jeweils nur einzelne Straßenabschnitte realisiert werden können, wird es nach dem aktuellen Stand der Planung in absehbarer Zeit kein einheitliches Verkehrskonzept und keine zusammenhängend befahrbaren Straßen in der „New Development Area“ geben, obwohl die Straßenplanung die Basis bilden sollte für die Planung der Neustadt.67 Der Plan für die New Development Area wurde nach Vorlage durch das UCHP-Planungsteam im Jahr 2003 vom zuständigen Ministerium (“Ministry of Public Works and Highways”) im Jahr 2004 bewilligt und in fünf Bauzonen unterteilt (Bauzonen 21-25). Grundstücke werden bereits für die Bauzonen 21 und 22 vergeben, obwohl der ausgearbeitete Plan für Zone 22 bis März 2008 noch nicht vorlag. Die Planung konnte aus zeitlichen Gründen während des “Urban Cultural Heritage Strategy and Management Programme” (UCHP) nicht zu Ende gebracht werden. Es fehlen bislang außer dem Plan für Zone 22 die Pläne für die beiden zentralen Bereiche, in denen laut Planung die öffentlichen Gebäude konzentriert sind.68 Falls die Stadt nach der Umsetzung der ersten beiden Teilbereiche (Plan 21 und 22) nicht weiter wächst, bedeutet es, dass für die Bewohner wesentliche infrastrukturelle Einrichtungen fehlen, da die Mitte der neuen Stadt in diesem Fall nicht realisiert würde.69

Links: Verkehr in Zabid. Rechts: Straßenplanung in der „New Development Area“, 2008 (M 1:12500). Abb. 24 Seit 2008 soll die Neustadt nach dem Masterplan von 2003 erschlossen werden. Im Plan markiert sind Bereiche, in denen die Planung wegen bestehender Nutzungen und Strukturen nicht umgesetzt werden kann. Im Bereich des Friedhofs würde die Straße unterbrochen werden.


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2.4 Fazit I Planungsziele und Implementierung Das größte Problem in der Stadtplanung im Jemen liegt in der Implementierung von Plänen. Es besteht eine große Diskrepanz zwischen Stadtplanung, Planungsvollzug und der tatsächlichen Verbesserung der Infrastrukturversorgung. Im Jahr 1990 wurde geschätzt, dass 40 Prozent aller verabschiedeten Pläne nicht umgesetzt wurden und dass selbst realisierte Pläne die Stadtentwicklung nicht positiv beeinflussen konnten.69 Die meisten Projekte, die in Zabid in der ersten Planungsphase von 2004 bis 2009 realisiert werden sollten, sind bis heute in der Diskussion, umgesetzt wurde bislang nur die Planung für das Abwassersystem. Trotz des offiziellen Baustopps wird auf allen noch bestehenden Freiflächen weiter gebaut. Neue Parks oder Spielplätze wurden noch nicht angelegt, und es gibt noch keine Begrünung der Stadt, wie sie für die erste Projektphase geplant war. Ausschließlich mit der Sanierung traditioneller Wohnhäuser wurde im Jahr 2008 durch die Tätigkeit der GTZ in Zabid begonnen.


Stadt Kontrolle Stadt ohne Menschen - Stadt Szenario

3 Stadt Szenario I Stadt ohne Menschen I Museumsstadt und Vorstadt Im Szenario werden negativen Aspekte der Masterplanung und der Empfehlungen der UNESCO im Schwarzplan und in Fotomontagen entsprechend den Planungsphasen dargestellt. Anders als das Wachstumsszenario des ersten Kapitels, das ein reaktives Szenario darstellt - in dem auf ablesbare Tendenzen mit einem Stadtbild reagiert wird - ist das Planungsszenario am Ende dieses Kapitels ein normatives Szenario auf der Basis der bestehenden Normen, Gesetze und Verordnungen. Ausgehend von der aktuellen Situation im Jahr 2008 werden zwei Bilder aufgezeigt, das Bild im Jahr 2014, in dem, wie im “Urban Cultural Heritage Strategy and Management Programme” (UCHP) festgesetzt, die mittelfristige Planungsphase abgeschlossen wäre und das Endbild der langfristigen Planungsphase im Jahr 2024.

3.1 Bevölkerungszahlen Für die Entwicklung der Bevölkerungszahl werden dieselben Zahlen angenommen wie für das Wachstumsszenario, um die Ergebnisse vergleichbar zu machen. Der Darstellung des Szenarios wird die Bevölkerunsdichte von 100 Einwohnern pro Hektar in Altstadt und Neustadt zugrunde gelegt, von der derzeit in der Planung ausgegangen wird. Bei einer Kontrolle der Altstadt nach dem aktuellen Planungsstand würde die Einwohnerzahl von 21.475 Einwohnern im Jahr 2008 auf 7.844 Einwohner im Jahr 2024 reduziert werden.71 Viele Häuser in der Altstadt würden abgerissen werden, und sehr viele Bewohner würden aus der Altstadt in die „New Development Area“ umgesiedelt werden.72

Links und Rechts: Außenfassade eines traditionellen Wohnblocks in der Altstadt. Zwischen Alt- und Neustadt soll nach Empfehlungen der UNESCO die „Transition Zone“ eingerichtet werden. Sie wird auch als „Articulation Zone“ bezeichnet, da sich auf beiden Seiten der Straße traditionelle Gebäude „artikulieren“ sollen


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3.2 Schwarzplan und Filter Im ersten Schritt wird mit derselben Begründung wie in Szenario 1 angenommen, dass die Stadt weiter wächst. Gleichzeitig wird von der Einrichtung der „Protection Zone“, der „Buffer Zone“, der „Transition Area“ und der “New Development Area“ ausgegangen. Das bedeutet, dass nach offizieller Planung kein weiteres Wachstum in der Altstadt erlaubt sein wird, sondern Neubauten schrittweise rückgebaut werden, bis eine Dichte von 100 Personen pro Hektar erreicht ist. Die Stadtbewohner werden in die „New Development Area“ umgesiedelt, in der Neubauten zulässig sind. Als visueller Übergangsbereich zwischen Alt- und Neustadt werden zu beiden Seiten der Hauptstraße von Taizz nach Al-Hodeidah neue Gebäude in traditioneller Bauweise und Materialität errichtet. Shops, die momentan entlang der Straße gelegen sind, werden in die Neustadt verlegt. Die Altstadt wird saniert, bleibt als Weltkulturerbe unter Schutz und wird zum Anziehungspunkt für Touristen. Die Darstellung im Schwarzplan folgt der Darstellung im ersten Kapitel, dieselbe Wachstumsrate wird angenommen, aber die Neubauten werden im Schwarzplan ausschließlich auf die Fläche der „New Development Area“ verteilt. Da in der mittelfristigen Planungsphase von 2014 bis 2024 mit dem Rückbau der Altstadt begonnen werden soll, wird die Altstadt im Schwarzplan um die Gebäude reduziert, die in den letzten zehn Jahren vor 2008 neu errichtet wurden oder noch im Bau sind. Bei der Entwicklung des Schwarzplans für das Jahr 2024 wird ähnlich vorgegangen. Aufbauend auf Szenario 2 des ersten Kapitels werden die Gebäude, die innerhalb des Stadtgebietes und auf die Stadt verteilt neu entstehen würden, aus dem Bereich des Altstadtkerns „ausgeschnitten“, da in der „Protection Zone“ keine Neubauten erlaubt sind. Die Gebäude werden auf die Fläche der „New Development Area“ verteilt.


Stadt Kontrolle Stadt ohne Menschen - Stadt Szenario

Da am Ende der langfristigen Planungsphase im Jahr 2024 die Dichte von 100 Einwohnern pro Hektar Stadtfläche in der Altstadt erreicht werden soll, werden für das Szenario, das am Ende der langfristigen Planungsphase steht, außerdem die Gebäude, die seit Ende der 1970er Jahre innerhalb des Altstadtgebietes neu errichtet und in der ersten Abrissphase von 2004 bis 2014 nicht abgerissen wurden, entfernt und ebenfalls auf das Gebiet der Neustadt verteilt. Als Filter, um Zwischenschritte zu veranschaulichen, dienen der „Conservation Plan“ für die Altstadt, die Richtlinien der UNESCO, der Masterplan für die „New Development Area“ sowie aktuelle Fotos aus Zabid und Umgebung.

Links: Zabid im Jahr 2008 (M 1:15000). Rechts: Szenario 1 I Die verdichtete Stadt im Jahr 2014 (M 1:15000). Ausgangspunkt des Szenarios sind der Schwarzplan der Stadt Zabid im Jahr 2008 und das Szenario 1 aus Kapitel 1, das den Schwarzplan im Jahr 2014 bei weiterer Stadverdichtung ohne Kontrolle von außen zeigt.


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Obwohl versucht wird, mit Hilfe dieser Materialien ein objektives Szenario zu entwickeln, erscheint die Auswahl und Montage der Bilder und die Darstellung der baulichen Entwicklung in der „New Development Area“ subjektiver als im Wachstumsszenario des ersten Kapitels. Der Eindruck liegt zum einen daran, dass Bilder aus Nachbarorten in das Szenario eingebracht werden, um moderne Entwicklungen nachzuzeichnen, die sich in Zabid andeuten und in benachbarten Orten bereits sehr auffällig sind. Es wurden außerdem Fotos aus dem Zabid der 1970er Jahre verwendet, da die Einwohnerdichte der 1970er Jahre die derzeitige Richtgröße der Planung darstellt.


Stadt Kontrolle Stadt ohne Menschen - Stadt Szenario

Links: „Buffer Zone“ (grau), „Transition Zone“ (dunkelgrün) und „New Development Area“ (hellgrün) (M 1:20000). Rechts: Neubauten in Stadtkern und „Buffer Zone“ von 2000 bis 2008 (M 1:10000). Nach dem derzeitigen Planungsstand sollen Neubauten in der Altstadt in Phasen abgerissen werden und das Stadtwachstum auf die „New Development Area“ verlagert werden. Neubauten, die bei gleichbleibendem Stadtwachstum auf die Stadtfläche der Altstadt verteilt neu gebaut würden, sowie moderne Gebäude, die seit 2000 in Altstadt und „Buffer Zone“ gebaut wurden, werden ausgeschnitten und auf die Fläche der Neustadt verteilt.

+ -


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Stadt Kontrolle Stadt ohne Menschen - Stadt Szenario

Szenario 1/ Die kontrollierte Stadt im Jahr 2014. Links: Fotomontage. / Rechts: Schwarzplan (M 1:10000). Das Szenario 1/ Die kontrollierte Stadt zeigt das Stadtbild im Jahr 2014 bei einem starken Einfluss des Parameters der Planung auf die Stadtentwicklung.

=


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Stadt Kontrolle Stadt ohne Menschen - Stadt Szenario

Links: Szenario 1/ Die kontrollierte Stadt im Jahr 2014 (M 1:20000). Mitte: Neubauten von 2000 - 2008 (M 1:20000). Rechts: Neubauten seit Mitte der 1970er Jahre bis zum Jahr 2000 in „Protection Zone“ und „Buffer Zone“ (M 1:12500) Langfristiges Ziel der aktuellen Planung ist es, bis zum Jahr 2024 die Stadtstruktur in der Altstadt der 1970er Jahre „wiederherzustellen“. Im Szenario werden alle Neubauten in der „Buffer Zone“ und der „Protection Zone“ seit Ende der 1970er Jahre aus dem Plan ausgeschnitten.

+


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-


Stadt Kontrolle Stadt ohne Menschen - Stadt Szenario

Szenario 2/ Stadt ohne Menschen im Jahr 2024 I Museumsstadt und Vorstadt. Links: Fotomontage. / Rechts: Schwarzplan (M 1:10000). Das Szenario 2/ Stadt ohne Menschen zeichnet in der Altstadt das Bild Zabids, das von der Planung beschrieben wird. Auf die „New Development Area“ werden alle Neubauten im Altstadtbereich seit Ende der 1970er Jahre verlagert sowie das zusätzliche Wachstum aufgenommen. Die Altstadt bekommt Museumscharakter, die Neustadt fängt alle Entwicklungen auf, die in der Altstadt nicht erlaubt sind.

=


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Stadt Kontrolle Stadt ohne Menschen I Fazit

3.3 Fazit I Stadt ohne Menschen Am Ende des Szenarios steht in der Altstadt das Bild des Zabid der 1970er Jahre mit einer sehr geringen Einwohnerdichte und in der Neustadt ein Abbild des modernen Zabid, das sich derzeit abzeichnet. Durch die Fokussierung der Planung auf die Altstadt fehlen in der Neustadt klare stadträumliche Konturen, außenräumliche Qualitäten, Wohnquartiere und soziale Siedlungsstrukturen, wie sie sich im alten Zabid über einen langen Zeitraum entwickeln und festigen konnten. Das Bild der Neustadt ist ein fragmentarischer Abdruck der Altstadt, da bauliche Strukturen ohne räumlichen Zusammenhang entstehen. Die Stadt ist eine Vorstadt der Museumsstadt Zabid und unterscheidet sich nur wenig von anderen Städten im Jemen, die in Folge der Modernisierung des Landes in relativ kurzer Zeit entstanden sind. Die Stadt verdichtet und orientiert sich vielmehr zur Straße als zu einem städtischen Zentrum. Die Altstadt und die Neustadt sind Städte, in denen wichtige stadträumliche Qualitäten verloren gegangen sind. Die Mischung verschiedener Nutzungen und Aktivitäten in der Altstadt ist nicht mehr lebendig, und für die Entwicklung attraktiver Stadträume in der Neustadt fehlt ein Konzept, das die Besonderheiten der Stadt berücksichtigt und das aus dem Potential des Ortes entwickelt wurde.

Links: Die Zitadelle bei Sonnenuntergang. Rechts: Klimaanlagen in Al-HodeidahAbb. 25, Stadtbus von Sanaa nach Zabid. In Zabid bringt der Erhalt des UNESCO-Welkulturerbes finanzielle Vorteile. Die Unterstützung zielt auf die Verbesserung der wirtschaftlichen Grundlagen und den Erhalt einer sehr nachhaltigen Architektur. Die Bedeutung des Titel als Weltkulturerbe hat einen anderen Stellenwert als in europäischen Städten, die auf finanzielle Hilfe von außen weniger angewiesen sind.


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4 Fazit I Stadt Kontrolle Weltweit gibt es viele Orte, die als Kulturerbe unter Schutz stehen. Einige Orte werden zusätzlich durch eine „Buffer Zone“ geschützt und sind in einer ausführlichen Auflistung der UNESCO aus dem Jahr 1994 aufgezählt.73 Wie in Zabid stehen die Altstadt von Dubrovnik in Kroatien, Hué in Vietnam, Bierten in Rumänien oder die Altstädte von Sankt-Petersburg, Ávila und Graz als historisch-kulturelles Denkmäler unter Schutz.74 Nicht nur in Zabid stellt sich die Frage, ob eine Stadt, die Weltkulturerbe ist, angemessen auf moderne Entwicklungen und Veränderungen der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen reagieren kann oder ob die Weiterentwicklung der Stadt durch den Titel zu sehr eingeengt wird.75 Die Frage wurde unter anderem in den letzten Jahren in Graz diskutiert in Zusammenhang mit dem Neubau des Kommod-Hauses. Der Wettbewerb für einen Neubau wurde von Zaha Hadid gewonnen, der Siegerentwurf aber wegen der Nicht-Berücksichtigung der Denkmalpflegeverordnungen nicht umgesetzt. In der Folge der Entscheidung demonstrierten Architekten gegen den Erhalt des Titels als Weltkulturerbe in Graz. In Zabid stellt sich die Frage in anderer Weise. Es muss in erster Linie die finanzielle Seite betrachtet werden, da die Stadt zwingend auf eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Basis angewiesen ist. Selbst wenn die Richtlinien der UNESCO von der Regierung und den Bewohnern als Restriktionen empfunden werden, bringt die Ernennung insgesamt finanzielle Vorteile. In den vergangenen Jahren wurden durch den Titel zahlreiche Entwicklungsprojekte angeregt, insbesondere seitdem die Aberkennung des Titels diskutiert wird.


Stadt Kontrolle Stadt ohne Menschen - Fazit

1 Iamandi (2004): 1; Saliba (2002): 51; Miles (1983): 36 / 2 Brizzi (2002): 54 / 3 Brizzi (2002): 54; Miles (1983): 36 / 4 Interview, Omar Abdulaziz Hallaj, 12.02.2008; Hodeidah Water and Sanitation Local Corporation (HWSLC) / General Organization for the Preservation of Historic Cities (GOPHCY) (2008): 2; zu aktuellen Projekten der GOPHCY, vgl.: Von Rabenau, II (2007): 4, 112ff. / 5 Association of Netherlands Municipalities (VNG) (1997): 11; UCHP, Vol 7a (2003): 5 / 6 Association of Netherlands Municipalities (VNG) (1997): 13f. / 7 Interview, Zouka Karzon, 05.03.2008 / 8 Association of Netherlands Municipalities (VNG) (1997): 48; UNESCO (2007): 7; Iamandi (2003): 13; Iamandi (2004), Revitalization of the historic suq, Paris, 2004; Iamandi (2005): 1 / 9 UCHP, Vol 7a (2003): 33 / 10 Interview, Abdullah Al-Madwahii, 13.03.08 / 11 Interview, Omar Abdulaziz Hallaj, 24.02.2008; Interview, Katja Schäfer, 05.03.2008 / 12 Von Rabenau (2008): 4, 229ff.; Lewcock (1983): 59 / 13 Interview, Zouka Karzon, 08.03.08 / 14 UCHP, Vol. 7a (2003): 29; Iamandi (2004): 3 / 15 UCHP, Vol. 7a (2003): 29; Iamandi (2004): 3 / 16 Ahmet (Hg) (1983): The Aga Khan Award for Architecture. Development and Urban Metamorphosis, Vol. I: Yemen at the Crossroads; Vol. II: Yemen Background Papers. / 17 Vergleiche: Bonnenfant, Paul / Gentilleau, Jeanne Marie (1992), Dossier de demande de classement de la ville de Zabid sur la liste du patrimoine mondial de l´UNESCO, Zabid, 1992 / 18 Unter anderem: Bonnenfant, Paul, Zabid au Yémen. Archéologie du vivant. Patrimoine mondial de l´UNESCO. Aix-en-Provence, 2004; Bonnenfant, Paul (Hg.), Zabid, patrimoine mondial. Numéro spécial de la revue Saba, Brüssel, 1999 / 19 UCHP, Vol 7a (2003): 3 , 25.02.08 / 20 Anmerkung: Die Namen der Experten werden im abschließenden Report (UCHP, Vol. 7a, 2003) nicht aufgeführt. / 21 Skat, 2007: 13 ff. / 22 Interview, Zouka Karzon, 08.03.2008 / 23 UCHP, Vol 7a (2003): 67 / 24 UCHP, Vol 7a (2003): 67; Bianca, (1980): 17 / 25 UCHP, Vol 7a (2003): 67 / 26 Interview, Ibrahim AlHasede, 02.03.08 / 27 UCHP, Vol 7a (2003): 67 / 28 UCHP, Vol 7a (2003): 67 f. / 29 Interview, Hadi Saliba, 25.02.2008 / 30 „Nomination file“: UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization) / World Heritage Centre, Unit Technical Evaluations (1993), Historic Town of Zabid, Yemen No. C 611, Paris, 1993. / 31 Bonnenfant (2004): 237; UNESCO (1993): 1; ICOMOS, 1993: 129 / 32 UNESCO (1993): 5; UCHP, Vol. 7a (2003): 73 / 33 Interview, Hadi Saliba, 05.03.2008 / 34 UNESCO (2007): 14 / 35 UNESCO (2007): 14; UCHP, Vol. 7a (2003): 73 / 36 Set a buffer zone around the city with the identification of the heights and types of buildings that are allowed within the boundaries of the buffer zone. UNESCO (2007): 14; zum Abriss des Hotels, vgl.: UNESCO (2004): 45. / 37 Interview, Hadi Saliba, 25.02.08 / 38 Interview, Zouka Karzon, 05.03.08 / 39 Von Rabenau, I (2007): 4f., 13, 37f. / 40 Staneva (2006): 3 / 41 Staneva (2006): 1 / 42 UNESCO, Operational Guidelines for the Implementation of the World Heritage Convention 26 (1998): 36f.; Staneva (2006): 1 / 43 UNESCO (2007): 26 / 44 Undertaking 11: Printing and informed wide dissemination of plan showing protected red line area, buffer zone, approved development areas, recommended protected views, recommended protected agricultural land. Objective: Provision of a simple and visual aid tool, showing to everyone the status of the World Heritage Site and setting. Priority: Moderately High. Programme target for first measurable results: May 2007 (UNESCO (2007): 26; Undertaking 13: UNESCO (2007): 27 / 45 Interview, Erik Schweikhardt, 25.02.08 / 46 Interview, Erik Schweikhardt, 25.02.08 / 47 Zur Rolle der UNESCO, vgl.: Finch (2005): 55 / 48 Iamandi (2004): 1; ICOMOS (2000), Convention concerning the protection of the World Cultural and Natural Heritage, Report on the Twenty-Fourth Session, Cairus / Australia 2000, Paris, 2001; UCHP, Vol 7a (2003): 3 / 49 UCHP, Vol 7a (2003): 3 / 50 UCHP, Vol 7a (2003): 3 / 51 UCHP, Vol 7a (2003): 7, 71 / 52 UCHP, Vol 7a (2003): Tab. 3 / 53 UCHP, Vol. 7a (2003): 9 / 54 UCHP, Vol. 7a (2003): 9 / 55 UCHP, Vol. 7a (2003): 84 / 56 UCHP, Vol. 7a (2003): 8, 81 ff./ 57 UCHP, Vol. 7a (2003): 75 ff., 81 f. / 58 UCHP, Vol. 7a (2003): 74 f./ 59 Zur Sanierung des Souks vgl.: Iamandi (2003): 6; Iamandi (2004), Revitalization of the historic suq, Paris, 2004. / 60 UCHP, Vol. 7a (2003): 80 / 61 UCHP, Vol. 7a (2003): 83 / 62 UCHP, Vol. 7a (2003): 83 / 63 Die Bevölkerungsdichte in der Altstadt beträgt im Jahr 2003 247 Personen / Hektar, vergleiche: UCHP, Vol. 7a (2003): 74 / 64 Interview, Ibrahim Al-Hasede, 02.03.08 / 65 Interview, Zouka Karzon, 05.03.08 / 66 Interview, Farouq, 10.03.08; Interview, Zouka Karzon, 08.03.08 / 67 Interview, Zouka Karzon, 05.03.08 / 68 Interview, Zouka Karzon, 05.03.08 (Anm: Der Plan für Zone 22 wurde im März 2008 in relativ kurzer Zeit durch einen lokalen Straßenbauingenieur nachgeholt.) / 69 Interview, Zouka Karzon, 05.03.08 / 70 Müller (1990): 18 / 71 UCHP, Vol 7a (2003): 25 f. / 72 UCHP, Vol. 7a (2003): 74 / 73 UNESCO (1994): The World Heritage Newsletter, No. 4, March 1994: http:// www.unesco.org/whc/events/agenda.htm, 23.05.2008 / 74 Staneva (2006): 1 / 75 Staneva (2006): 3


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Stadt Entwicklung

Die Altstadt von Zabid wird zunehmend mit Neubauten überbaut, die nach Richtlinien der UNESCO als „Violations“ der historischen Stadtstruktur bezeichnet werden. Nach dem aktuellen Planungsstand sollen Familien, die in nicht genehmigten Neubauten in der Altstadt wohnen, in die Neustadt umgesiedelt werden, für die seit 2004 ein Masterplan vorliegt. Momentan ist die „New Development Area“ eine graue Fläche, ohne Stadtkontur, Stadtmitte oder Stadtqualitäten. Die Gebäudetypologien variieren von Hütten bis Hochhäusern, und durch die fehlende räumliche Struktur zeichnet sich soziale Segregation unter den Bewohnern noch viel stärker ab als in der Altstadt und der Peripherie. Zwischen Alt- und Neustadt verläuft die stark befahrene Hauptstraße von Al-Hodeidah nach Taizz. Die Straße trennt den neuen Stadtteil von der Altstadt, und entlang der Straßenflucht entstehen große Gebäude und Hüttensiedlungen. Die meisten Stadtentwicklungsprojekte, die in Zabid derzeit anlaufen, sind Einzelprojekte zum Erhalt der Altstadt. Zur Erschließung der Neustadt gibt es vergleichsweise wenige Projekte, obwohl viele Bewohner nach offiziellen Angaben in die Neustadt umgesiedelt werden sollen und dort bereits seit einigen Jahren Grundstücke vergeben werden. Es gibt keine Gesamtstrategie für Alt- und Neustadt, und die Frage der Identität der Neustadt wird in Diskussionen über das Weltkulturerbe Zabid nicht thematisiert.


Stadt Entwicklung Stadt Konzept

1 Stadt Konzept In den ersten beiden Kapiteln der Arbeit wurden räumliche und planerische Probleme der Stadt Zabid analysiert. Hauptproblem auf räumlicher Ebene ist die Stadtverdichtung in der Altstadt und der Verfall der historischen Stadtstruktur. Die größte Herausforderung auf planerischer Ebene liegt in der Implementierung von Plänen und der Kontrolle der Stadtentwicklung. Die Schwierigkeiten, mit denen die Stadtentwicklung konfrontiert wird, sollen gleichermaßen in die Konzeptfindung einfließen wie die Potentiale des Ortes, die in aktuellen Diskussionen oft zurücktreten. Als positive Beispiele für die Erschließung von Flächen werden auf städtischer und auf regionaler Ebene Referenzbeispiele aus dem Jemen betrachtet. Ziel der vergleichenden Analyse ist ein Verständnis für die besonderen Herausforderungen einer nachhaltigen Stadtentwicklung in Zabid.

1.1 Stadtvergleich I Neue Städte im Jemen Im Jemen stehen neben Zabid die beiden Städte Sanaa und Shibam im Wadi Hadramaut als Weltkulturerbe unter Schutz. In beiden Städten gibt es neben der traditionellen Altstadt eine Neustadt. Stadträume in Sanaa und Shibam werden unter räumlichen, funktionalen und sozialen Aspekten mit den Voraussetzungen in Zabid verglichen.


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Stadt Vergleich I Sanaa Der Grundriss der Hauptstadt Sanaa zeichnete bis in die 1960er Jahre die Form einer Acht nach, bei der sich ein älterer und ein etwas neuerer Teil gegenüberlagen, die durch einen schmalen, fast unbebauten Zwischenraum getrennt waren. Zwischen 1962 und 1970 ist die Einwohnerzahl um 80 % gestiegen: Heute leben etwa 2 Millionen Einwohner in der Stadt. Um das Wachstum aufnehmen zu können, wurden in relativ kurzen zeitlichen Abständen zwei Ringstraßen um die Altstadt gelegt.1 Dabei wurde die Altstadt als gewachsener Komplex erhalten. Es wurden weder Schneisen durch die Stadt gelegt, noch wurden wesentliche Elemente des traditionellen städtischen Lebens aus dem Stadtkern ausgelagert.2 Ab den 1980er Jahren setzte eine Abwanderungsbewegung aus der Altstadt in die Neustadt ein. Der Grund war der Wunsch junger Familien, eine eigene Wohnung abseits der Großfamilie zu haben. Die Abwanderung führte zum Leerstand und Zerfall vieler Altstadthäuser, deren Besitzer nicht mehr in der Lage waren, die hohen Instandhaltungskosten zu tragen. Der Erhalt der Altstadt für die Bewohner liegt in erster Linie darin begründet, dass die UNESCO die Altstadt von Sanaa im Jahr 1984 als Weltkulturerbe unter Schutz gestellt und verschiedene Sanierungsprojekte initiiert hat.3 Ziel der Projekte war es, gleichermaßen die Attraktivität der traditionellen Stadt zu erhalten und sie an moderne Rahmenbedingungen anzupassen. Die Altstadt hat noch heute die höchste Einwohnerdichte im gesamten Stadtgebiet von Sanaa.4

Links: Sanaa, Altstadt und Umgehungsstraßen, Luftbild 2007. Abb. 26 Rechts: Das neue und das alte Sanaa zu beiden Seiten des Stadttors. Die Stadt Sanaa ist seit den 1960er Jahren konzentrisch um die Altstadt gewachsen. Der Stadtkern konnte erhalten bleiben. Der Stadtkern wurde im Jahr 1984 als Weltkulturerbe unter Schutz gestellt, der Wert von Gebäuden in der Altstadt hat sich bis heute verzehnfacht.


Stadt Entwicklung Stadt Konzept

Stadt Vergleich I Shibam Die Altstadt von Shibam besteht aus 500 Lehmhochhäusern aus dem 16.Jahrhundert, die mitten in der Wüste auf einem rechteckigen Lehmplateau von 500 m Länge auf 400 m Breite gebaut wurden. Viele Lehmhäuser wurden wegen des Wegfalls traditioneller Einkommenszweige in der Altstadt in neuerer Zeit verlassen. Kenntnisse zur Instandhaltung der Gebäude wurden nicht mehr weitergegeben. In Folge der Abwanderungsbewegung aus der Altstadt entstand am gegenüberliegenden Berg das neue Shibam, das bis heute entlang der Hauptstraße zu beiden Seiten mit angrenzenden Nachbarorten zusammengewachsen ist. Wie in Sanaa wurde die Altstadt von Shibam im Jahr 1984 von der UNESCO als Weltkulturerbe unter Schutz gestellt und mit UN-Mitteln restauriert. Heute leben und arbeiten wieder 400 Familien in der Altstadt, und das „Shibam Urban Development Project“ (SUDP) wurde im Jahr 2007 mit dem Aga-Khan-Preis für nachhaltige Architektur- und Städtebauprojekte im islamischen Raum ausgezeichnet.5


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Stadt Vergleich I Sanaa - Shibam - Zabid Wie in Sanaa und Shibam steigt in Zabid der Druck auf die Altstadt, und der Platzmangel führt zu Verdichtungsprozessen und dem Mangel an Wohnraum in der Stadt. Die Gründe, weshalb in Zabid bislang keine Neustadt gegründet wurde, liegen sowohl in der Gebäudetypologie des Tihama-Hofhauses als auch in der bisherigen Planungspolitik. Von Seiten der Planung wurde bislang außer der Masterplanung wenig unternommen, um die „New Development Area“ für die Bewohner zu erschließen. Die traditionelle Typologie des Hofhauses begünstigt Verdichtungsprozesse in der Stadt, während in Sanaa und Shibam die maximale Dichte in den Städten erreicht war. Für die Bewohner Zabids ist die Altstadt auch unter den derzeitigen Bedingungen attraktiv, da dort alle infrastrukturellen Einrichtungen geboten werden. Die Familie lebt in den meisten Fällen auf dem gemeinsamen Familienbesitz. In Shibam und Sanaa sind die Neustädte aus einem absoluten Bedarf heraus entstanden. Traditionelle Einkommenszweige hatten sich in die Neustadt verlagert. Das Ziel der UNESCO war es, die Altstädte - neben den Neustädten - wieder attraktiv zu machen und den vorhandenen Wohnraum und die wirtschaftliche Basis in der Altstadt zu nutzen und instand zu halten. In Zabid besteht die Schwierigkeit darin, dass Bewohner nicht in die Altstadt zurückgeholt werden müssen, damit die Altstadt erhalten wird, sondern dass zusätzliches Bevölkerungswachstum aus der Stadt auf neue Flächen verlagert werden muss, um den Verlust an nachhaltigem Wohnraum zu verhindern. Eine der höchsten Prioritäten in der weiteren Planung der Stadt sollte darin liegen, über Erschließung, Infrastrukturversorgung und Attraktivität der Neustadt nachzudenken, bevor in der Neustadt mit den geplanten Abrissen von Neubauten begonnen wird.

Von links nach rechts: Shibam von oben Abb. 27, Fassade eines Lehmhochhauses Abb. 28, Altstadtstraße. Abb. 29 Rechts: Shibam, Neustadt, Luftbild 2007. Abb. 30 Die Neustadt in Shibam im Wadi Hadramaut wächst entlang der Hauptstraße. Die Hochhäuser der Altstadt stehen mitten in der Wüste auf einem Lehmplateau.


Stadt Entwicklung Stadt Konzept

1.2 Flächenanalyse I Stadt und Kontext Als „New Development Area“ wurde während des „Urban Cultural Heritage Strategy and Management Programme“ (UCHP) im Jahr 2002/03 eine 2,3 ha große Fläche im Nordosten der Stadt ausgewählt. Die Fläche soll bis zum Jahr 2024 erschlossen werden und Wohnraum bieten für 23.000 Einwohner.6 Die Ortswahl für die „New Development Area“ wurde damit begründet, dass nur der Bereich im Nordosten der Altstadt dem Raumbedarf einer Neustadt genügen kann. Auf den ersten Blick wird durch die Lage der Neustadt auf der gegenüberliegenden Seite der Hauptstraße von der Altstadt die Trennung beider Teile provoziert. Es gibt zudem Probleme, die Planung vor Ort zu implementieren, da bestehende Nutzungen in der Masterplanung nicht berücksichtigt wurden. Die mangelnde Berücksichtigung des Bestandes widerspricht der Tradition des Jemen, in der Flächen sorgfältig ausgewählt, kultiviert und in ihrer Nutzung geändert werden. Als Referenz dient ein Bild aus der Terrassenbewirtschaftung im Jemen. Bis spät in die 1960er Jahre beruhte die Wirtschaftskraft des Landes auf landwirtschaftlicher Produktion. Da Wasser im Jemen kostbar und knapp ist und besonders in den Hochgebirgen nur wenig Land bewirtschaftet werden konnte, wurden Flächen wurden aus den einzelnen Höhenschichten der Berge „ausgeschnitten“, um sie nutzbar zu machen.

Links: Terrassenbewirtschaftung im Jemen. Abb.. 31 Rechts: Luftaufnahme von Zabid 2007. Abb. 32 Als Referenz für die Kontextanalyse dient ein Bild aus der traditionellen Terrassenbewirtschaftung im Jemen. Nutzflächen werden sorgfältig ausgewählt und kultiviert.


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Durch eine Analyse des Kontext wird die Lage der „New Development Area“ reflektiert und die Peripherie der Stadt detailliert betrachtet, um Projekte an die aktuelle Entwicklung und an die Gegebenheiten vor Ort anpassen zu können. Analysiert werden bestehende Wegeverbindungen, Nutzungen, bauliche Strukturen und Grünräume.


Stadt Entwicklung Stadt Konzept

Stadt und Kontext werden in einem Flächenplan dargestellt, in dem der Bestand an Nutzungen, Strukturen und Wegebeziehungen nachgezeichnet wird und programmierte und unprogrammierte Flächen deutlich werden. Die Analyse wird vergleichend mit Hilfe von Luftaufnahmen aus dem Jahr 2007 und der Kopie eines Regionalplans aus dem Jahr 1980 durchgeführt. Der Regionalplan aus dem Jahr 1980 ist die einzige Quelle, in der umliegende Dörfer, Wege aus der Altstadt in die Umgebung, das angrenzende Wadi sowie Ackerflächen und Bäume ablesbar sind.


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Flächenanalyse I Wege Das verbindende Element zwischen den Flächen ist das Wegesystem. In der Altstadt hält der öffentliche Raum als ein Netz aus Wegen und Freiflächen die vielfältigen Nutzungen und baulichen Strukturen zusammen. Außerhalb der Stadt schaffen die Wege eine Verbindung in angrenzende Dörfer.


Stadt Entwicklung Stadt Konzept

Flächenanalyse I Nutzungen Der Funktionsplan zeigt die unterschiedliche Körnung und Lage der öffentlichen Nutzungen. Die meisten Blöcke in der Altstadt sind Wohnblöcke. Regierungsgebäude, Schulen und große Marktgebäude wurden am Stadtrand gebaut, außerdem das „College of Education“ in der „New Development Area“ und das Krankenhaus im Norden der Stadt. Die Darstellung der gewerblichen Nutzungen verdeutlicht die sehr kleinteilige Struktur im Souk im Unterschied zu den großen Strukturen entlang der Straße.

Regierung und Verwaltung Moscheen Friedhöfe Schulen Sportflächen Gewerbliche Nutzung


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Seite 116: Flächenplan (M 1:15000). Seite 117: Wegenetz (M 1:15000). Links: Verwaltungsgebäude I Moscheen und Friedhöfe I Schulen und Sportflächen I Shops. Rechts: Nutzungsplan (M 1:15000). In der Kontextanalyse werden bestehende Wegeverbindungen, Nutzungen, bauliche Strukturen und Grünräume analysiert. Die Peripherie der Stadt, besonders die „New Development Area“, wird detailliert betrachtet. Nutzungen, Strukturen und Wege werden nachgezeichnet und programmierte wie unprogrammierte Flächen deutlich. Jede Fläche wird als Stadtbaustein lesbar.


Stadt Entwicklung Stadt Konzept

Flächenanalyse I Bauliche Strukturen Der Strukturplan zeigt den Unterschied zwischen gebauten Strukturen in der Altstadt, am Stadtrand und in der Peripherie. Die Wohnblöcke in der Altstadt sind zu einem engmaschigen Gefüge verwoben, in dem alle Elemente eindeutig programmiert sind. Die Ränder der Stadt sind undicht bebaut, und die Konturen sind unklar. Gebäude außerhalb der Stadt und in der „New Development Area“ liegen vereinzelt ohne räumlichen Zusammenhang über weite Räume verteilt. Zwei größere Dörfer liegen nördlich und östlich der „New Development Area“.


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Flächenanalyse I Grünflächen Im Grünplan wird deutlich, dass das Wadi eine natürliche Grenze bildet für weiteres Stadtwachstum im Norden und Südwesten der Stadt. Die meisten landwirtschaftlichen Nutzflächen, die bis heute bewirtschaftet werden, liegen neben kleineren Dörfern, in denen viele Bewohner in Hütten leben, in unmittelbarer Nähe des Wadis. Einige landwirtschaftliche Brachflächen liegen im Norden und Nordosten Zabids.


Stadt Entwicklung Stadt Konzept

Flächenanalyse I Fazit Die Kontextanalyse stellt Stadt und Umland als ein Gefüge dar, das durch das Zusammenspiel vielfältiger Nutzungen und Funktionen entsteht. Durch die Darstellung der Konturen wird jede Fläche eindeutig definiert, um sie als Stadtbaustein lesbar zu machen. Einzelne Flächen können in ihrer Funktion verändert und neu programmiert werden, andere Flächen können unprogrammiert bleiben, ohne das Gesamtgefüge zu stören. Bauliche und landschaftliche Strukturen sprechen für die Ortswahl der „New Development Area“. In der Zone unmittelbar nördlich der Altstadt, in deren Richtung die Stadt nach dem Stand der Masterplanung von 1984 hätte wachsen sollen, ist zu wenig Platz für die erwartete Größe der Neustadt. Ein Großteil der Fläche ist als Friedhof belegt, und das Wadi und landwirtschaftliche Flächen bilden eine natürliche Grenze für das Stadtwachstum. Im Süden und Südwesten geht die Stadt in ländliche Strukturen und in einen bewirtschafteten Arm des Wadis über. Die meisten Dörfer und Ackerflächen liegen im Süden und Südwesten. Eine Ausdehnung der Stadt in diesem Bereich würde die landwirtschaftliche Nutzung beeinträchtigen. Im Südosten würde eine Stadterweiterung den historischen Stadtgrundriss stören und wahrscheinlich den Verlust des Titels als Weltkulturerbe beschleunigen. Die Sicht auf die Zitadelle, die seit ihrer Entstehung die Grenze der Stadt nach außen und zugleich den Eingang in die Stadt repräsentiert, würde wesentlich beeinträchtigt werden. Die „New Development Area“ auf der gegenüberliegenden Seite der Hauptstraße bietet am meisten Potential für das Stadtwachstum, zumal sich die Altstadt im Nordosten bis an die Hauptstraße ausgedehnt hat.


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1.3 Konzeptfindung I Potential Stadtraum und Nutzungen überlagern sich in Zabid zu einem Gefüge, das beispielhaft ist für den Begriff der „Funktionsmischung“. In Zabid entsteht diese Mischung dadurch, dass die meisten sozialen und städtischen Aktivitäten im Außenraum stattfinden. Die derzeitige wirtschaftliche und demographische Entwicklung schadet dem räumlichen Gefüge, da sich Nutzungen zunehmend konzentrieren - Schulen konzentrieren sich in der Peripherie der Stadt, Shops entlang der Straße, und neue Regierungsgebäude sollen wie Paläste zwischen Hüttensiedlungen in der „New Development Area“ gebaut werden.6 Die Herausforderung der Stadtentwicklung besteht in der Verlagerung des Stadtwachstums aus der Altstadt in die Neustadt. Die isolierte Betrachtung von Altstadt und Neustadt der vergangenen Jahre hatte zwei Stadtbilder zum Ergebnis, die nicht nebeneinander funktionieren können. Der Vorschlag dieser Arbeit ist es, Entwicklungsprozesse zu initiieren, durch die bauliche Entwicklungen in Altstadt und Neustadt motiviert oder fortgesetzt werden. Das Konzept basiert auf dem räumlichen, funktionalen und sozialen Potential der Stadt Zabid.

Seite 120: Bauliche Strukturen (M 1:15000). Seite 121: Grünplan (M 1:15000). Links und Rechts: Familie in Zabid. Bauliche und landschaftliche Strukturen sprechen für die Ortswahl der „New Development Area“. Bislang ist die Fläche nicht erschlossen.


Stadt Entwicklung Stadt Konzept

Konzeptfindung I Stadt Raum Ziel auf räumlicher und funktionaler Ebene ist es, den Nutzungsaustausch zwischen beiden Stadtteilen zu ermöglichen und die Nutzungsvielfalt zwischen Alt- und Neustadt insgesamt zu vergrößern. Eine direkte räumliche Beziehung ist notwendig, um die Stadt weiterhin als ein Gefüge lesbar und für die Bewohner, die sich überwiegend zu Fuß und mit Mopeds fortbewegen, erreichbar zu machen. Die Verbindung zwischen Alt- und Neustadt soll eine ideelle, eine visuelle und zugleich eine unmittelbar räumliche Verbindung von einer Stadt in die andere sein. In der traditionellen Stadt gab es zwei Hauptachsen, über die die wichtigsten städtischen Funktionen erschlossen wurden, eine Nord-Süd- sowie eine OstWest-Achse. Die Achse in Ost-West-Richtung ist heute noch wichtig, da die beiden großen Moscheen und der Altstadtsouk angebunden sind. Die Nord-SüdAchse hat wegen der Vielzahl an Neubauten entlang der Achse an Bedeutung verloren. Zwei neue Stadtachsen sollen die Altstadt und die Neustadt verbinden und Freiflächen und Attraktivpunkte erreichbar machen. In der Altstadt führen die Achsen an Gebäuden und Brachflächen vorbei. In der Neustadt sollen die Wege die bauliche Entwicklung der Gesamtfläche anregen und konzentrieren. Die Nord-Süd-Erschließung der Altstadt soll verbessert werden, und in der Neustadt soll eine Verbindung zu den derzeit isolierten Nutzungen geschaffen werden.

Oben: Stadtachsen durch die historische Stadt. Unten: Menschen in Bewegung. Rechts oben: Vergleich baulicher Strukturen in Altstadt und „New Development Area“. Rechts unten: Stadt Konzept: Räumliche Vernetzung. Zwei neue Stadtachsen sollen Alt- und Neustadt verbinden, bestehende Funktionen erreichbar machen und neue Nutzungen anregen. Ziel ist es, den Austausch zwischen beiden Stadtteilen zu ermöglichen und eine Nutzungsvielfalt zu schaffen.


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Gestalterisch wird das „Paving Project“ der GOPHCY, das in diesem Jahr 2008 als Pilotprojekt durchgeführt wird, in das Konzept integriert. Das Projekt sieht die Pflasterung aller öffentlicher Wege und Plätze in der denkmalgeschützten Altstadt, dem Souk und der „Transition Zone“ vor.8 Anregung der Arbeit ist es, mit der Straßenpflasterung nicht in gut funktionierenden Bereichen der Altstadt zu beginnen, sondern in der Nähe von Brachflächen und Ruinen, um Sanierungsprojekte zu motivieren und zu beschleunigen und die Straßenpflasterung als ein Gesamtprojekt für Alt- und Neustadt zu betrachten. Stadt Gelenk Das Konzept, Altstadt und Neustadt über Bewegungsachsen zu verbinden, kann nur funktionieren, wenn der Übergangsbereich gelöst wird und die Straße zu einem Gelenk zwischen Alt- und Neustadt wird. Dazu muss die Geschwindigkeit, mit der der fließende Verkehr den Übergangsbereich passiert, verringert werden. Die Reduktion der Geschwindigkeit soll durch eine straßenverkehrsrechtliche Regelung und durch eine Nutzungsverdichtung an der Straße erreicht werden. Verschiedene Nutzungen und Bewegungsströme sollen auf einer Ebene stattfinden und zu einer erhöhten Vorsicht der Autofahrer und Fußgänger beitragen. Shops und andere Nutzungen werden aus dem Übergangsbereich nicht entfernt, sondern verdichtet. Durch die Belebung des Straßenabschnitts zwischen Alt- und Neustadt und die Anlagerung von weiteren Nutzungen zu beiden Seiten der Straße soll die Zone räumlich und visuell zu einer Ortsdurchfahrt werden.


Stadt Entwicklung Stadt Konzept

In vielen Marktstädten im Jemen, die sich entlang der Straße entwickelt haben, funktioniert dieses Prinzip der Vorsicht durch Nutzungs- und Bewegungsmischung. In der Regel hupt ein LKW, Auto oder Bus bereits in Ortsnähe, fährt entsprechend langsam oder hält an, um für die Weiterfahrt einzukaufen. In den niederländischen Städten Drachten und Haren wird seit 2004 ein ähnliches Konzept unter dem Begriff „Shared Space“ erprobt, das europaweit auf sieben weitere Pilotstädte ausgedehnt worden ist, unter anderem auf die Stadt Bohmte in Niedersachsen. Das Konzept des „Shared Space“ wird als Prinzip der scheinbaren Unsicherheit beschrieben. Auf Verkehrsschilder, Fußgängerinseln, Ampeln und andere verkehrslenkende Barrieren, die die einzelnen Verkehrsteilnehmer nach ihrer Bewegungsart unterscheiden, wird verzichtet. Die Sicherheit im Straßenverkehr soll dadurch erhöht werden, dass die einzelnen Teilnehmer auf andere Nutzungen, die ihre Bewegungsachse kreuzen, achten müssen.9

Oben: Konzept für neue Stadtwege / Integration bestehender Nutzungen. Unten: Straßenraum. Rechts unten: Stadt Konzept: Räumliche Anbindung und funktionale Vernetzung. Ein verkehrsberuhigter Übergangsbereich an der Hauptstrasse soll Alt- und Neustadt räumlich und visuell verbinden. In der Neustadt werden die Stadtachsen zum Grundgerüst für öffentliche Nutzungen und Wohnflächen.


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Konzeptfindung I Stadt Nutzung Großflächige Nutzungen, für die es in der Altstadt keinen Platz gibt, entstehen derzeit in der Peripherie der Stadt. Unter anderem wurden in den letzten Jahren am Stadtrand Schulen, Verwaltungsgebäude, Markthallen, ein Hotel, das „College of Education“ und das neue Krankenhaus im Norden der Stadt gebaut. Die Gebäude stehen isoliert und ohne räumlichen und funktionalen Zusammenhang. Schulhöfe orientieren sich zur Hauptstraße, und es entsteht ein unangenehmes Lern- und Raumklima. Das Potential der „New Development Area“ liegt darin, dass moderne großflächige Nutzungen und Freiflächen in die Mitte der Stadt geholt werden können, in der ausreichend Raum zur Verfügung steht. Die Nutzungen könnten abstrakt betrachtet aus der Peripherie der Altstadt in die Neustadt „transportiert“ werden. In der Umsetzung würde der Transport von Freiflächen bedeuten, großflächige Nutzungen in der Neustadt an die „Stadt Achsen“ anzugliedern. Die Neustadt kann durch die öffentlichen Nutzungen gegliedert werden, und die Isolation bestehender Nutzungen kann aufgehoben werden. Um den Austausch zwischen beiden Stadtteilen positiv zu beeinflussen und eine wechselseitige Attraktion der beiden Stadtteile zu generieren, müssen auf jeder Seite Attraktivpunkte angeboten werden, die es auf der jeweils anderen Seite nicht gibt. Neue Moscheen von derselben Größe und Bedeutung wie in der Altstadt würden diesem Ziel ebenso entgegenwirken wie ein moderner Baumarkt in der Altstadt.


Stadt Entwicklung Stadt Konzept

Konzeptfindung I Soziale Stadt Das soziale Gefüge in der Stadt funktioniert in erster Linie wegen der sozialen Kontrolle und der Kontrollierbarkeit der Nachbarschaftseinheiten. Innerhalb eines Wohnblocks und sehr häufig innerhalb eines Quartiers kennen sich die Bewohner, und je dichter die Struktur ist, desto besser funktioniert der gegenseitige Austausch. Kultur, Tradition und die Familie spielen bis heute eine bedeutende Rolle in Zabid, und der öffentliche Außenraum wird aus klimatischen und kulturellen Gründen zu allen Tageszeiten genutzt. In der Altstadt ist keine soziale Segregation in der Form spürbar, wie sie sich zunehmend am Stadtrand und in der „New Development Area“ abzeichnet. Es gibt in der traditionellen islamischen Stadt keine Wohnquartiere für sozial schwache oder besonders reiche Bewohner. Die soziale Durchmischung und das Prinzip der sozialen Kontrolle sind Ursachen für die niedrige Kriminalitätsrate in Zabid. Ziel ist es, auch in der Neustadt überschaubare Nachbarschaftseinheiten zu schaffen, um den sozialen Zusammenhalt zwischen den Bewohnern zu stärken und Stadtentwicklungsprozesse auf Nachbarschaftsebene anzuregen. Dichte vernetzte Wohnstrukturen sollen durch die Grundstücksaufteilung und die Zonierung der Neustadt ermöglicht werden.

Oben: Öffentliche Nutzungen als raumbildende Strukturen in der Altstadt. Unten: Stadt Konzept: Definition und Vernetzung der Nachbarschaftseinheiten. Rechts: Flächenkonzept, Skizze. Ganz rechts: Nutzungsvielfalt in der Neustadt, Skizze. In der Altstadt spielen soziale Prinzipien eine entscheidende Rolle für das räumliche Gefüge. Nachbarschaftseinheiten sind in ihrer Größe überschaubar und über Wege, Landmarken und Moscheen miteinander vernetzt. Ziel ist es, auch in der Neustadt Wohnfelder eindeutig zu definieren.


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1.4 Fazit I Stadt Vernetzung Der Vorschlag der Arbeit für die Entwicklung der Neustadt ist es, öffentliche Nutzungen in der „New Development Area“ einzurichten und durch die Anbindung der Nutzungen an die Altstadt die eigendynamische Entwicklung der an die öffentlichen Flächen angrenzenden Wohnflächen anzuregen. Die Strategie soll Impulswirkung für Alt- und Neustadt haben und einen gesamtstädtischen Rahmen für Projekte in beiden Stadtteilen definieren. Es wird keine neue Masterplanung entworfen werden, sondern ein Konzept vorgeschlagen, das auf der derzeitigen Planung und auf aktuellen Projekten für Alt- und Neustadt aufbaut.




Stadt Entwicklung Stadt Programm

2 Stadt Programm Neue Nutzungen in der “New Development Area” werden über Wegebeziehungen und vorhandene Strukturen räumlich miteinander vernetzt. Öffentliche Flächen liegen unmittelbar an den “Stadt Achsen”, durch deren Definition die Verdichtung benachbarter Wohnflächen angeregt werden soll. Landmarken als Teil der öffentlichen Flächen dienen als Orientierungspunkte und zur Festigung des Wegenetzes.

2.1 Stadt Strategie I Bild der Zelle Das System, dem die Entwurfsmethodik folgt, kann mit dem Bild der pflanzlichen Zelle verglichen, bei der eine grobe und eine eher engmaschige Struktur ineinandergreifen. Die Zellstruktur setzt sich aus verschiedenen Bauteilen zusammen. Die Vakuole im Inneren der Zelle bildet die eigentliche Versorgungseinheit und nimmt den größten Raum ein, die Ränder der Zelle werden durch die Zellwände definiert. Die Zellwände sind formgebend und bilden eine feste Hülle. Je älter die Zellwände sind, desto stabiler ist die Gesamtstruktur. In der Zellwand liegt der Zellkern als größtes Bauteil der Zelle.

Seiten 130, 131: Spaziergang durch die Stadt von Ost nach West. Unten links: Zellstruktur, Zellvakuole und Zellgewebe. Abb. 33 Unten rechts: Zellstruktur, dichte und undichte Strukturen. Abb. 34 Rechts: Vielfalt an Nutzungen im öffentlichen Raum. Das Konzept für die Neustadt wird mit dem Bild der pflanzlichen Zelle verglichen. Wichtige öffentliche Orte definieren die Grundstruktur, um die sich das Wohnen als engmaschiges Gewebe verdichtet. Die Struktur ermöglicht insgesamt dichte Bauweisen ebenso wie undichte Strukturen.


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Das Bild der pflanzlichen Zelle dient als abstraktes Bild zur Veranschaulichung der baulichen Elemente, die für die Entwicklung der Neustadt vorgeschlagen werden. Wohnflächen gleichen dem engmaschigen Zellgewebe, das die meiste Fläche einnimmt. Die öffentlichen Felder liegen als größere Zellen innerhalb des Gewebes und dienen der Infrastrukturversorgung und der Nutzung als Sport- und Freizeitflächen. Wie die Zellwand der Zelle im Laufe der Zeit stabiler wird, festigen sich Nutzungen im Laufe der Jahre und werden weiter ausgebaut. Größere Gebäude, deren Raumprogramm sich auf die Nutzung der jeweiligen Fläche bezieht, stellen Knotenpunkte dar und lassen sich mit dem Zellkern vergleichen. Das Innere der öffentlichen Flächen bleibt als Freiraum ähnlich der Zellvakuole erhalten und bringt Luft in die Struktur, die sich ansonsten verdichten kann. Die baulichen Strukturen, die für öffentliche Felder und Wohnfelder vorgeschlagen werden, sollen eine Empfehlung sein. Die Funktion der Gebäude soll erklärt werden, und Ideen für die Formfindung sollen aufgezeigt werden. Die Form selbst wird nicht entworfen.


Stadt Entwicklung Stadt Programm

2.2 Stadt Elemente Stadt Elemente I Öffentliche Felder und Landmarken Die öffentlichen Flächen sind in ihrer Funktion sehr vielseitig. Neben Nutzungen, die in der Altstadt vorhanden sind, gibt es besondere Nutzungen, um auf veränderte Ansprüche reagieren zu können. Die Zellen sind Schulen, Spielplätze, Sportflächen, Markt- und Parkflächen, Warteflächen für Eselkarren, Innenhöfe von Regierungsgebäuden, Gewerbehöfe, Weideflächen, Baumschulen, soziale Orte und Treffpunkte. Typologie Die Typologie der Flächen ist einfach und folgt für verschiedene Nutzungen einem ähnlichen Schema, um vergleichbar in der Anwendung und Umsetzung zu sein. Die Flächen werden definiert durch Zellwände und ein größeres Gebäude unmittelbar an der Achse als Zellkern. Dieses Gebäude wird in einem ersten Schritt gebaut, um die Nutzung der Fläche zu definieren und die räumliche Beziehung zwischen Achse und Fläche aufzubauen. Außerdem werden in der Anfangsphase die Ränder der Zelle durch bauliche Maßnahmen definiert. Die Zellwand kann anfangs mit sehr einfachen baulichen Mitteln ausformuliert werden, durch eine Überdachung, Wände oder Bäume und mit dem steigenden Bedarf an Gebäuden und der Verfügbarkeit finanzieller Mittel ausgebaut werden. Die Zellkerne als Knotenpunkte sind in ihrer Nutzung auf die Fläche bezogen, sie unterscheiden sich von den anderen Gebäuden durch ihre Lage unmittelbar an der Achse, durch ihre Funktion - dadurch dass sie in der Anfangsphase gebaut werden - und durch ihre Form. Das Konzept für die Landmarken ist es, Maßstab und Dimension der Gebäude aufzuheben, um ihre Bedeutung für das Gefüge zu stärken. Formell sollen sie zu einer Art Membran zwischen Außen- und Innenraum werden.

Oben: Landmarken, Skizze. Rechts: Skulpturale Architektur im traditionellen Jemen. Abb. 35, Abb. 36 In der Zellwand bildet der Zellkern das wichtigste Bauteil der Zelle. Das Konzept für die Neustadt ist es, Wegebeziehungen, sowie Lage und Funktion der öffentlichen Felder durch Gebäude zu definieren.


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Stadt Entwicklung Stadt Programm

Die Nutzung der Gebäude steht den Bewohnern anders als bei modernen öffentlichen Gebäuden, die hinter hohen Mauern liegen, offen. Die Gebäude können natürlich belüftet werden und orientieren sich zu den angegliederten Plätzen und den Stadt Achsen, über die sie erschlossen werden, orientieren und große Öffnungen in beide Richtungen haben. Als Referenz für die Gebäude dienen traditionelle Gebäude im Jemen, die sich durch ihre Kubatur von benachbarten Gebäuden abgrenzen und zu Orientierungspunkten werden und die gleichermaßen räumliche Bezüge zum Kontext schaffen. Entwurf Bestehende öffentliche Flächen werden in fünf Kategorien eingeteilt: Schulen und Sportflächen, Markt-, Gewerbe- und Handelsflächen, Flächen, die von Regierungs- und Verwaltungsgebäuden eingenommen werden, Stadt- und Spielplätze sowie in großflächige Nutzungen mit sehr wenigen Gebäuden auf der Fläche - Friedhöfe, Weideflächen für Ziegen und Baumschulen. Ziel der Betrachtung ist es, eine Vorstellung von der jeweiligen Größe einer Fläche und der Gebäude zu bekommen, durch die der Freiraum definiert wird.


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Schulen I Sport Die Typologie der Schulen in Zabid folgt einem einfachen Schema, mit L-förmiger oder U-förmiger Grundrissorganisation und einem kleineren Innenhof. In der Neustadt wird vorgeschlagen, die Gebäude entsprechend der Zellwandtypologie an die Ränder zu legen und den Innenhof zu vergrößern. Die Klassenzimmer können sich zum Innenhof orientieren - im Gegensatz zu Schulen in der Peripherie der Altstadt, wo sich Klassenzimmer zum Teil zur Hauptstraße orientieren und ein schlechtes Lernklima entsteht. Die Überdachung der Zellwände schafft Raum für Pausen und für Unterricht im Freien und gleichermaßen Orte, an denen sich Kinder am Nachmittag zum Spielen treffen können. Die Klassenzimmer sind schlichte eingeschossige Räume, die über einen überdachten Gang miteinander verbunden sind. Wie bei den meisten Gebäuden in Zabid ist das Dach der Klassenzimmer zugänglich. Es schafft weiteren Spielraum und stärkt die räumliche Beziehung zu den angrenzenden Wohnfeldern. Über den Gang wird das obere Geschoss des KnotenpunktGebäudes erschlossen. Im Gebäude befindet sich im Erdgeschoss eine Aula für Versammlungen und Pausen und im Obergeschoss ein Klassenzimmer, das für größere Veranstaltungen genutzt werden kann.

Links oben: Schulen und Sportflächen in der Altstadt, Schema. Links unten: Schule am Stadtrand. Oben: Schulen in der Neustadt, Schema. Unten: Typologie von Schulen in der Neustadt. Für Schulen wird vorgeschlagen, die Gebäude um einen Innenhof zu orientieren. Viele der derzeitigen Schulen am Stadtrand sind zur Hauptstraße hin ausgerichtet. Ein größeres Gebäude auf dem Schulhof, der Zellkern, dient als Aula.


Stadt Entwicklung Stadt Programm

Durch die Lage von zwei gegenüber liegenden Knotenpunktgebäuden entsteht eine räumliche Verzahnung zwischen zwei Schulen - zwischen je einer Grundschule und einer weiterführenden Schule, einem Kindergarten und einer Schule oder zwischen Schulen für Jungen und für Mädchen. Entsprechend dem Grundschema, dem die Typologie der Schulen folgt, könnte die Fläche des „College of Education“ ausgebaut werden und in zwei sich gegenüberliegende Universitätsflächen geteilt werden, die über studentische Zentren miteinander vernetzt sind. Für das Sportfeld in der „New Development Area“ wird vorgeschlagen, die Fläche an die Stadtachsen anzubinden und ein Sportgebäude neben der Fläche zu errichten, das die Funktion einer befestigten Tribüne übernimmt. Im Innenraum werden Räume für weitere Sportnutzungen geschaffen, das Gebäude bleibt als ein Sporthaus für die Öffentlichkeit zugänglich.


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Links oben: Sportfläche in der Neustadt, Schema. Links Mitte: Räumliches Prinzip, Sportplatz. Links unten: Sportfläche am Stadtrand. Oben: Überdachung, Randbereich, Sportplatz. Unten: Sportfläche in der „New Development Area“. Das Prinzip für die Sportflächen ist es, zuerst den Rand der Fläche zu definieren. Die Definition der Ränder kann baulich mit relativ einfachen Mitteln umgesetzt werden.


Stadt Entwicklung Stadt Programm

Marktflächen I Gewerbehöfe Die Typologien der Marktflächen und Gewerbeflächen in der Altstadt und am Stadtrand unterscheiden sich grundlegend. In der Altstadt sind der Markt und die ehemaligen Gewerbehöfe Teil der Stadtstruktur, am Stadtrand entstehen große Strukturen entlang der Straße ohne räumlichen Zusammenhang. Die neuen Nutzungen wirken der Sanierung verlassener Shops entgegen und stören den Verkehr an der Hauptstraße. Konzept der Arbeit ist es, Markt- und Gewerbehöfe auf Flächen in der Neustadt anzubieten und Orte zu schaffen, an denen Waren produziert und unmittelbar zum Verkauf angeboten werden können. Für Schneidereien, Webereien, Töpfereien und andere Handwerksbereiche, die auf kleine Nischen an der Straße verteilt sind, wird ein Handwerkshof in der Neustadt vorgeschlagen, der außerdem zu einem Ort werden könnte für die Produktion von Baumaterialien. Neben dem Handwerkshof wird die Einrichtung einer Marktfläche für die Nahversorgung der Bewohner vorgeschlagen. Die Lage des Marktes und des Gewerbehofes orientiert sich an der Anbindung an die benachbarten landwirtschaftlichen Dörfer. Die Einrichtung eines zentralen Ortes für den Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten schafft Potential für die Stärkung der Marktfunktion in Zabid, die in den vergangenen Jahren erheblich an Bedeutung verloren hat.


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Früher war Zabid das einzig bedeutende Handelszentrum in der Region. In der Vergangenheit fand der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten der benachbarten Städte im Norden und Süden der Stadt Zabid statt. Heute hat sich in diesen Orten eine von Zabid unabhängige Marktfunktion entwickelt, die bedeutender ist als in Zabid.10 Es wird vorgeschlagen, das „Stadt Gelenk“, in dem die Geschwindigkeit vorbeifahrender Autos reduziert werden soll, ebenfalls als Zelle zu betrachten und als Zellkerne zwei Markt- und Gewerbegebäude getrennt für Männer und Frauen einzurichten. Es werden zwei Gebäude vorgeschlagen, da die Arbeitsstätten von Männern und Frauen niemals gemischt sind. Die Gebäude sind für Bewohner von Alt- und Neustadt gut erreichbar und haben das Potential, den Übergangsbereich räumlich klarer zu fassen.

Links oben: Marktflächen in Alt- und Neustadt, Schema. Links unten: Gewerbehof, Räumliches Prinzip. Oben links: „Stadt Gelenk“, Räumliches Prinzip. Oben rechts: Markt- und Gewerbehof in der Neustadt, Schema. Unten: Handwerk und Markt, vorhandene Strukturen. Entlang der Hauptstraße gibt es in vielen Nischen gewerbliche Nutzungen. Die Neustadt bietet Raum für eine neue Gewerbefläche, die vielseitig nutzbar ist. Die Fläche schafft Raum für traditionelle Handwerksbereiche und die Produktion von Baustoffen.


Stadt Entwicklung Stadt Programm

Höfe von Regierungsgebäuden Die Größe und Typologie der Innenhöfe von bestehenden Regierungsgebäuden variiert sehr. Moderne Regierungsgebäude unterscheiden sich von traditionellen Gebäuden insbesondere in ihrem Bezug zum Kontext. Sie sind in der Regel von hohen Mauern umschlossen. Im Unterschied zu anderen Plätzen in der Stadt sind die Innenhöfe der modernen Verwaltungskomplexe begrünt, sie sind für die Bewohner aber nicht zugänglich. Teil des Konzeptes für die Neustadt ist es, Regierungs- und Verwaltungsgebäude - wie andere Nutzungen - wieder stärker in ihrem Kontext zu verorten und Höfe zugänglich zu machen, damit die Stadt von der Bepflanzung der Innenhöfe profitiert und das Stadtklima aufgewertet wird. Die Typologie der Regierungsflächen folgt ebenfalls dem Prinzip der Zelle. Die Flexibilität in der Ausbildung der Zellwand ermöglicht es, dass die Flächen insgesamt isolierter wirken können als Schulflächen, die eine räumliche Beziehung zu benachbarten Wohnfeldern eingehen. Zellwände können stärker ausgebildet sein, die Flächen aber grundsätzlich zugänglich bleiben.

Oben: Verwaltungsgebäude in Alt- und Neustadt, Schema. Unten: Bau der neuen Technischen Hochschule am Stadtrand. Rechts oben: Verwaltungsplatz in der Neustadt, Schema. Rechts Mitte: Stadtplatz, Räumliches Prinzip. Rechts unten: Innenhof der Zitadelle. Regierungs- und Verwaltungsgebäuden wird sehr viel Platz eingeräumt. Ziel für die Neustadt ist es, Verwaltungsbauten in die Stadt zu integrieren und Innenhöfe für die Bewohner zu gestalten.


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Stadt Entwicklung Stadt Programm

Stadtplätze I Spielplätze Stadtplätze und Spielplätze sollen die Qualität der Neustadt aufwerten und soziale Treffpunkte schaffen. Sie liegen über die Fläche der Neustadt verteilt an Orten, an denen verschiedene Bewegungsrichtungen aufeinandertreffen. Spielplätze werden über ihre Nutzung definiert, die einzige bauliche Maßnahme ist die Überdachung von Spielnischen. Als Stadtplätze werden zum einen die öffentlichen Flächen betrachtet, die zu verschiedenen Tageszeiten für die Bewohner zugänglich sind. In der Mitte der Neustadt wird ein zentraler öffentlicher Platz ausgebildet, der zum Hauptplatz wird, an dem sich verschiedene Nutzungen überlagern. Der Platz ist zu allen Tageszeiten öffentlicher Raum, als Attraktivpunkte werden eine öffentliche Bibliothek und ein Schulungszentrum vorgeschlagen, das flexibel in seiner Nutzung ist. Es könnten dort Handwerkskurse angeboten werden, für die es derzeit keinen Raum in der Stadt gibt. In den vergangenen Jahren wurde das Bab Al-Nakhl im Westen der Stadt als öffentliche Bibliothek umgenutzt. Die Bibliothek ist jeden Tag der Woche geöffnet, und an der Zahl der Besucher ist abzulesen, dass Bedarf an Bibliotheken besteht.


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Friedhöfe I Weideflächen I Baumschulen Der Bestand an Friedhöfen wird in das Konzept für die Neustadt integriert. Durch die Lage der Achsen und die Begrünung der Ränder werden die Friedhöfe erhalten. Von einer Erweiterung der Friedhofsfläche wird nicht ausgegangen, da ein Ausbau bereits für den Friedhof im Norden von Zabid vorgesehen ist. „Grüne“ Flächen wie Weideflächen für Ziegen und Baumschulen werden im Vergleich zu anderen öffentlichen Nutzungen als flexiblere Nutzungen betrachtet, die ausgetauscht oder mit weiterem Stadtwachstum nach außen verlagert werden können. Für grüne Flächen gibt es in der Altstadt nur wenig Platz, in der Neustadt tragen sie zu einer Verbesserung von Stadtbild und Raumklima bei.

Ganz links: Spielplatz vor der Zitadelle. Links: Stadt- und Spielplätze in der Altstadt, Schema. Oben: Friedhöfe und landwirtschaftliche Nutzflächen, Schema. Unten: Landwirtschaft im Wadi, Zabid. Friedhöfe und landwirtschaftliche Nutzflächen in der Neustadt werden erhalten und in die Umnutzung der Fläche integriert. Die Bildung von Stadt- und Spielplätzen wird angeregt.


Stadt Entwicklung Stadt Programm

Stadt Elemente I Wohnflächen Das Konzept der Wohnflächen basiert auf der Analyse vorhandener Wohnstrukturen in Zabid. Die Wohnflächen in der „New Development Area“ werden aus bestehenden Typologien weiterentwickelt. Es werden keine ortsfremden Wohnhäuser eingeführt, sondern es wird überlegt, wie die Neustadt aus den Wohnformen und Bauweisen, die den Bewohnern bekannt sind, zu einem gesamtstädtischen Gefüge wachsen kann. Ziel ist es, Räume in der Neustadt zu fassen, Wohnfelder überschaubar zu machen und Bezüge zwischen Innen- und Außenräumen eindeutig zu definieren. Es wird versucht, mit Mitteln zu arbeiten, die von außen vorgegeben werden können, und es wird davon ausgegangen, dass der Wohnungsbau der meisten Häuser weiterhin in Eigenregie stattfinden wird. Anregungen werden gegeben für außenräumliche Bedingungen des Wohnens - für die Größe und Anordnung der Grundstücke und die Gestaltung soziokultureller Orte. Typologie Folgende Wohnhäuser bestimmen derzeit das Stadtbild von Zabid: das traditionelle Wohnhaus, die „Sanaa Box“, das Wohnhaus mit Shop im Erdgeschoss, der Geschosswohnungsbau, die Hütte am Stadtrand und das traditionelle Layout aus Zement. Vereinzelt entstehen Sonderformen, die sich keiner dieser Typologien zuordnen lassen und die in ihrer Bedeutung für das Gesamtgefüge vernachlässigt werden können.


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Die Wohntypologien, die im ersten Teil der Arbeit ausführlich dargestellt sind, werden in ihrer Bedeutung innerhalb der Wohnblöcke betrachtet. Es werden typische Wohnblöcke verglichen, die sich in Lage, Größe und Architektursprache unterscheiden. Ein traditioneller Wohnblock in Stadtmitte, der von nur zwei Familien bewohnt wird (Wohnblock der Familie Inbari), wird verglichen mit einem typischen Wohnblock am Stadtrand („Block 12“)11 außerdem mit einem kleineren Wohnblock, in dem traditionelle Gebäude modern überbaut wurden, („Block 38“) sowie mit einem informellen Block, der erst nach dem offiziellen Baustopp im Jahr 2001 entstanden ist („Block 49“). Nur sehr wenige Wohnblöcke in der Altstadt bestehen noch ausschließlich aus traditionellen Wohnhäusern, die meisten Blöcke sind Mischformen aus verschiedenen Wohntypologien. In den neueren Wohnblöcken entstehen große Gebäude - mit oder ohne Shop im Erdgeschoss - an den Blockrändern, meist an den Ecken. Über das gesamte Stadtgebiet dominiert innerhalb der Wohnblöcke eindeutig die Typologie des Wohnhauses, bei dem das traditionelle Layout des TihamaHofhauses mit modernen Baumaterialien kombiniert wird. Der Anteil an modernen und traditionellen Baumaterialien variiert in Abhängigkeit davon, ob ein traditionelles Haus überbaut wurde oder ein neues Haus errichtet wurde, die Größen des Wohnraums sind wegen der geringen Deckenspannweite sehr ähnlich. Selbst beim Ausbau eines zusätzlichen Geschosses wird derselbe Baukörper im Obergeschoss addiert. Hütten findet man in unmittelbarer Nähe der Altstadt nur vereinzelt, in der Peripherie der Stadt und dem ländlichen Raum, in den das Stadtgebiet fließend übergeht, um so häufiger.

Links: Übersicht über Wohnhaustypologien in Zabid. Rechts: Lage typischer Wohnblöcke in der Altstadt. Die Wohnhäuser, die derzeit das Stadtbild von Zabid bestimmen, finden sich in typischen Wohnblöcken wieder. Lage und Größe der Wohnblöcke ist charakteristisch für die Wohnhäuser.


Stadt Entwicklung Stadt Programm

Inbari Block 30 Bewohner, 3 Familien Nettobaufläche: 839 m² Überbaute Fläche: 538 m² = 64% Grundflächenzahl GRZ: 0,64 > 0,5 Geschossflächenzahl GFZ: 1,02 > 1,0 Einwohnerdichte (Personen/ ha): 358

Familiendurchschnitt: 10 Personen Unbebaute Fläche: 301 m² = 36% Bruttogeschossfläche BGF: ca. 857 m²

Block 12 94 Bewohner, 22 Familien Nettobaufläche: 4.920 m² Überbaute Fläche: 1.928 m² = 39% Grundflächenzahl GRZ: 0,39 < 0,5 Geschossflächenzahl GFZ: 1,63 > 1,0 Einwohnerdichte (Personen/ ha): 182

Familiendurchschnitt: 4 - 5 Personen Unbebaute Fläche: 2.992 m² = 61% Bruttogeschossfläche BGF: ca. 3.150 m²


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Links: Wohnblock der Familie Inbari, „Block 12“ am Stadtrand / Grundfläche und Einwohnerdichte. Oben: Traditionelles Wohnhaus der Familie Inbari, Hofansichten. Unten: „Block 12“, große und kleine Wohnstrukturen, Außenansicht des Wohnblocks. Wohnblöcke in der Altstadt Zabids unterscheiden sich in ihrer Architektursprache je nach Lage, Alter und Größe der Blöcke.


Stadt Entwicklung Stadt Programm

Block 38 26 Bewohner, 6 Familien Nettobaufläche: 1.009 m² Überbaute Fläche: 338 m² = 38% Grundflächenzahl GRZ: 0,33 < 0,5 Geschossflächenzahl GFZ: 0,54 < 1,0 Einwohnerdichte (Personen/ ha): 253

Familiendurchschnitt: 4 - 5 Personen Unbebaute Fläche: 671 m² = 61% Bruttogeschossfläche BGF: ca. 542 m²

Block 49 129 Bewohner, 17 Familien Nettobaufläche: 7.339 m² Überbaute Fläche: 2.185 m² = 30% Grundflächenzahl GRZ: 0,30 < 0,5 Geschossflächenzahl GFZ: 0,35 < 1,0 Einwohnerdichte (Personen/ ha): 175

Familiendurchschnitt: 7 - 8 Personen Unbebaute Fläche: 5.154 m² = 70% Bruttogeschossfläche BGF: ca. 2.564 m²


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Links: „Block 38“ im Stadtkern, „Block 49“ außerhalb des Altstadtgebietes / Grundfläche und Einwohnerdichte. Oben: „Block 38“, Zusammenwachsen zweier Wohnblöcke, Außenansicht des Wohnblocks. Unten: „Block 49“, Definition von Grundstücken, Blick in den Wohnblock. In Zabid bedeutet eine dichte Bebauung innerhalb der Wohnstrukturen keine hohe Grundflächenzahl. Wohnblöcke mit einer Grundflächenzahl unter 0,5 können bereits als verdichtet gelten.


Stadt Entwicklung Stadt Programm

Entwurf Vorhandene Strukturen und Wohnformen werden in die Neustadt „übersetzt“. Es wird überlegt, wie bei einer Neuverteilung von Grundstücken Blöcke definiert werden können. Bauliche Strukturen, die derzeit auf der Fläche der „New Development Area“ entstehen, liegen isoliert ohne räumlichen Zusammenhang. Ziel ist es, auch in der Neustadt dichte Wohnstrukturen zu ermöglichen, zugleich aber Spielraum zu lassen für veränderte Ansprüche an das Wohnen. Unabhängig von der Wohntypologie werden für alle Wohnflächen allgemeine Empfehlungen gemacht. Es wird eine Unterteilung der Wohnfelder in Grundstücke vorgeschlagen, die sich aus der günstigsten Richtung des Windes ergibt. Der meiste Wind kommt aus Süd- bis Südwestrichtung. Es wird angeregt, in dieser Richtung Wohnwege anzulegen, um kleinere Windschneisen freizuhalten. Durch eine Unterteilung der Grundstücke in verschiedene Größen könnte außerdem die soziale Durchmischung innerhalb der Nachbarschaften angeregt und soziale Segregation vermieden werden. Grundstücke an den Rändern der Felder könnten zuerst vergeben werden, um Straßenfluchten zu definieren. In der Altstadt bauen Bewohner zunächst eine Mauer um das Grundstück, danach das Wohnhaus. Teil des Konzeptes für die Wohnfelder ist es, das Nachbarschaftsprinzip durch das Angebot eines Gemeinschaftsraumes zu stärken. Der Raum kann ein Gebetsraum sein oder kann als Gemeinschaftsküche, Videoraum oder Spielzimmer genutzt werden. Über die genaue Nutzung sollen die Bewohner selbst entscheiden können, damit die Entwicklung der Stadt auch auf Nachbarschaftsebene zu einem Prozess werden kann.


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In der folgenden Darstellung werden die unterschiedlichen Strukturen, von deren Entstehung in der „New Development Area“ ausgegangen und deren Entwicklung angeregt wird, ausschnitthaft dargestellt. Es werden Variationen in Größe und Dichte aufgezeigt. Traditionelles Layout I Moderne Materialität I „Sanaa Box“ Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich Strukturen in traditionellem Layout und moderner Materialität - die „Sanaa Box“ und das traditionelle Layout aus Zement - , die es in der „New Development Area“ gibt, weiterentwickeln werden. Die Bauweise ist sehr einfach und die Baustoffe werden überall angeboten.

Bestehende Typologie (M 1:2000)

Links: „Sanaa Box“ im Erdgeschoss und im Obergeschoss. Rechts: Schema 1 / Traditionelles Layout in moderner Materialität / Bestehende Typologie und Strategie. Für alle Wohnstrukturen in der Neustadt wird eine Zonierung durch Gemeinschaftseinrichtungen vorgeschlagen. Diese könnten von der Stadt eingerichtet werden und dazu beitragen, die Infrastruktur schrittweise auszubauen.

Strategie (M 1:2000)


Stadt Entwicklung Stadt Programm

Mehrgeschossige Gebäude I Wohnhäuser mit und ohne Shop Mehrgeschossige Gebäude - je nach Lage des Gebäudes Wohnhäuser mit oder ohne Shops im Erdgeschoss - sind zunehmend beliebt und werden mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in der Neustadt gebaut werden. In den Obergeschossen sind in der Altstadt oft Balkone angebracht, die aus kulturellen Gründen und der fehlenden Privatheit nicht genutzt werden können.

Das Konzept für Wohnstrukturen aus mehrgeschossigen Wohnhäusern in der Neustadt ist es, den Bezug zum Außenraum durch eine Verschachtelung des Baukörpers wieder zu stärken und auch im mehrgeschossigen Wohnhaus, das in der Regel von einer Familie bewohnt wird, belüftete Außenräume anzubieten. Die Strukturen, die gezeichnet werden, zeigen Wohnvarianten, die verschiedenen Vorstellungen der Bewohner von der Grundstücksgröße entsprechen können.

Strategie (M 1:2000)


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Solitäre neben Hofstruktur Wohnhäuser in der Altstadt sind entweder Solitäre oder Teil einer Hofstruktur. Im Wohnblock bauen die beiden Typologien keinen räumlichen Bezug zueinander auf.

Strategie (M 1:2000)

Beide Strukturen sind in der Altstadt nebeneinander sehr unflexibel. Vorschlag der Arbeit für die Bebauung der Wohnfelder in der Neustadt ist es, Kombinationen aus beiden Typologien zu schaffen, um die Vielfalt an Wohnräumen in der Neustadt zu vergrößern. Die Wohnstruktur aus Solitären und Hofhäusern ermöglicht extrovertiertes Wohnen am Stadtrand ebenso wie introvertiertes Wohnen im traditionellen Layout.

Links: Schema 2 / Mehrgeschossige Wohnhäuser in der Neustadt / Strategie / Räumliches Schema. Rechts: Schema 3 / Solitäre neben Hofstruktur / Strategie / Räumliches Schema. Für Wohnstrukturen in der Neustadt werden Typologien vorgeschlagen, bei denen durch die Verschachtelung der Baukörper und die Lage der Grundstücke innerhalb des Wohnblocks der Bezug zum Außenraum in den Obergeschossen gestärkt wird. Verschiedene Wohnhäuser sind in der Struktur kombinierbar und erhöhen die Vielfalt an Wohnraum in der Stadt.


Stadt Entwicklung Stadt Programm

Hüttensiedlungen Hüttensiedlungen gibt es bereits in der „New Development Area“, die Siedlungen werden in die Neustadt integriert. Die Hüttenstruktur in der „New Development Area“ wird als Enklave oder Insel betrachtet, da meist mehrere Hütten zusammen gehören.

Bestehende Typologie (M 1:2000)

Strategie (M 1:2000)

Hüttensiedlungen sollen erhalten und begrünt werden. Traditionelle Blockstrukturen Das traditionelle Wohnhaus - in traditioneller Form und Materialität - wird wegen des Mangels an Backsteinen und dem großen Bedarf an Steinen für Restaurierungsarbeiten in der Neustadt mit großer Wahrscheinlichkeit keine Bedeutung haben, obwohl die derzeitige Planung vorsieht, 200 Familien in der Neustadt in traditionellen Wohnhäusern unterzubringen.12 Die Wohnhäuser sollen entlang der Straße gebaut werden und die traditionelle Stadt Zabid „artikulieren“.

Bestehende Typologie (M 1:2000)

Strategie (M 1:2000)


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2.3 Stadt Dynamik Um die Entwicklung der Felder zu veranschaulichen, werden zwei Aspekte der Zellstruktur aufgegriffen: Das Konzept der Zelle schafft eine Struktur, die in Dichte und Größe flexibel ist. Sie ermöglicht außerdem, dass einzelne Bereiche innerhalb der Struktur enger vernetzt sind als andere. Flexibilität Die Stadtentwicklung wird über öffentliche Funktionen und Nutzungen gelenkt. Die Entwicklung der Wohnfelder profitiert von der Nähe der öffentlichen Felder und der Infrastruktur entlang der Hauptachsen. Bestehende Flächen werden in die Struktur integriert. Alte und neue Flächen werden in Abhängigkeit der Nutzung der Fläche sowie in Abhängigkeit von steigendem Bedarf und dem Wachstum der Bevölkerung ausgebaut. Durch das schrittweise Ausbauen der öffentlichen Funktionen in Abhängigkeit des Wachstums der Wohnflächen soll eine „kleine“ Stadt gleichermaßen funktionieren wie eine „große“ Stadt.

Links oben: Schema 4 / Hüttensiedlungen / Bestehende Typologie und Strategie. Links unten: Schema 5 / Traditionelle Blockstruktur / Bestehende Typologie und Strategie. Oben: Öffentliche Felder / Schema / Zellwand und Zellvakuole. Mitte: Verschiedene Wohnfelder zwischen öffentlichen Flächen / Schema. Unten links und Mitte: Stadt Dynamik / Flexibilität, Schema. Unten rechts: Stadt Dynamik / Verdichtung / Schema. Die beiden wichtigsten Prinzipien für die Stadt Entwicklung sind die Flexibilität in der Gesamtgröße der Stadt und in der Dichte innerhalb der einzelnen Felder. Die Stadt wächst entlang der „Stadt Achsen“, einzelne Wohnquartiere können sehr dicht bebaut sein, auf anderen können nur wenige Grundstücke vergeben sein.


Stadt Entwicklung Stadt Programm

Verdichtung Die Entwicklung der Gesamtfläche funktioniert schrittweise. Zwischen bestehenden öffentlichen Flächen und Wohnfeldern werden neue Flächen, für die Bedarf besteht, definiert. Vorhandene Wege werden integriert und ausgebaut. Durch die Definition der neuen Flächen ergeben sich neue Wegebeziehungen, durch die wiederum kleinteiligere Flächen definiert werden. An den Stellen, an denen Wege aufeinandertreffen, werden öffentliche Funktionen angeboten, zwischen den öffentlichen Felder entsteht Raum für das Wohnen. Nicht nur die Gesamtfläche wächst, die Strukturen verdichten sich außerdem in sich. Mit dem Wachstum der Fläche und der Definition neuer Wegebeziehungen und wichtiger Orte wird die Struktur detaillierter. Einzelne Zonen in der „New Development Area“ können sehr dicht, andere können undicht bebaut sein, ohne die Gesamtstruktur zu stören. Die Fläche muss nicht als Ganzes geplant sein, sondern in sich funktionieren.

2.4 Fazit I Impulse für die Neustadt Die Methodik ermöglicht selektive Eingriffe und die Beschränkung auf die Gestaltung der öffentlichen Flächen und Wege statt einer flächendeckenden, intensiven Planung. Entwicklungen der Wohnflächen, die nicht gesteuert werden können, können bewusst offen gelassen werden. Die Entwicklung der öffentlichen Felder kann dagegen gezielt fokussiert werden. Durch das Regelwerk wird eine Ausgangssituation definiert, deren Einfluss auf das gesamte Gebiet als unbekannte Größe Teil der Planung ist. Wie sich die Gesamtstruktur in Abhängigkeit der Vorgabe öffentlicher Nutzungen entwickeln könnte, wird im Szenario dargestellt.

Rechts: Zabid, Modell, M 1:2500. Das Regelwerk für die „New Development Area“ formuliert eine Ausgangssituation, anhand derer Szenarien für die Neustadt entwickelt werden. Einzelne Flächen in der Neustadt können dicht, andere weniger dicht bebaut sein. Jede Fläche funktioniert gleichermaßen als einzelner Stadtbaustein und als Teil des Ganzen.


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Stadt Entwicklung Stadt Szenario

3 Stadt Szenario I Stadt Nutzung Im Szenario werden ausgehend von der Situation im Jahr 2008 Entwicklungsstufen in Altstadt und Neustadt aufgezeigt. Es wird kein Plan dargestellt, der Phasen verbindlich festlegt, sondern es soll vielmehr das Regelwerk räumlich und zeitlich verortet werden. Feste Elemente sind die „Stadt Achsen“, das „Stadt Gelenk“ und die „Stadt Zellen“. Die Lage der Hauptachsen wird vorgeschlagen, es wird aufgezeigt, welche Orte in der Altstadt an die Wege angebunden werden und zu welchen Nutzungen in der Neustadt eine Verbindung geschaffen wird. Durch die szenarische Abfolge von Stadt Atmosphären wird dargestellt, wie sich räumliche Qualitäten in Abhängigkeit von dem Ausbau der städtischen Funktionen entwickeln können.

3.1 Zahlen Es wird insgesamt davon ausgegangen, dass Wachstumsprozesse aus der Altstadt auf die Neustadt verlagert werden. Es wird nicht versucht, die Stadt in Abhängigkeit der zu erwartenden Bevölkerungszahl darzustellen, sondern Spielraum zu lassen für unterschiedliche Wachstumsraten der Stadt und für verschiedene Stadtgrößen und Dichten. Das Szenario soll neben Atmosphären in der Stadt die Methodik der Stadt Dynamik veranschaulichen. Innerhalb welchen Spektrums die tatsächliche Größe und Dichte der Neustadt variieren könnte, wurde in den beiden ersten Kapiteln deutlich.


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3.2 Lageplan und Filter Basis des Konzeptes ist eine Betrachtung von Gebäuden in ihrem Kontext. Anders als in den beiden ersten Kapiteln, in denen die Szenarien mit Hilfe des Schwarzplans dargestellt werden, wird hier die Darstellung im Lageplan gewählt, in dem Aussagen über Flächen gemacht werden können. Für die Bestimmung der Lage der Achsen in der Altstadt wird der aktuelle „Conservation Plan“ für die Altstadt zugrunde gelegt. Die Nutzungen in der Neustadt, die die Lage der Achsen bestimmen, sind die bestehenden Nutzungen - die beiden Friedhöfe, das „College of Education“, eine Sportfläche, ein Regierungsgebäude, das neue Krankenhaus sowie angrenzende Dörfer und Wegeverbindungen. Erste Phase Ausgehend von der Situation im Jahr 2008 und der Planung für Altstadt und Neustadt werden ab 2008 zwei Hauptachsen ausgebildet, die Altstadt und Neustadt verbinden. Eine Achse verläuft durch die Mitte der Altstadt und schafft eine direkte Verbindung zu der Al-Ashair-Moschee als der ältesten Moschee in der Stadt, zu einem Teil des Souks, in dem derzeit die meisten Läden leer stehen und zu einer großen Ruine der Textilindustrie, für die eine Umnutzung als Schule vorgeschlagen wird. In der Neustadt schafft die Achse eine Verbindung zum „College of Education“, dem Friedhof und den nördlich angrenzenden Dörfern. Für das „College of Education“ wird eine Erweiterung vorgeschlagen. Die beiden Friedhöfe in der Neustadt werden in ihrer Größe erhalten, da sie bereits eine relativ große Fläche einnehmen und außerdem der Friedhof nördlich von Zabid Potential für Wachstum hat.

Links: Stadtwachstum in der Neustadt/ Vorhandene Nutzungen, Stadt Achsen, Neue Strukturen, Collage. Rechts: „Conservation Plan“ für die Altstadt von Zabid, Skizze. Die Stadt Szenarien sollen gleichermaßen für Alt- und Neustadt Impulswirkung haben. Die Lage der „Stadt Achsen“ in der Altstadt und die Projekte, die für die Altstadt vorgeschlagen werden, orientieren sich an der aktuellen Planung und dem im Jahr 2003 verabschiedeten „Conservation Plan“ für die Altstadt.


Stadt Entwicklung Stadt Szenario

Die zweite Hauptachse verläuft am östlichen Stadtrand der Altstadt und schafft auf der Seite der Neustadt eine direkte Verbindung zu der Fußballfläche und zu benachbarten Dörfern. Für das ehemalige Textillager neben der Zitadelle, das an die Achse angegliedert ist, wird in einer ersten Phase - aufbauend auf dem „Conservation Plan“ für die Altstadt - die Nutzung als Schulgelände angeregt. Durch die Einrichtung von Parkanlagen, weiteren Sportflächen und einem Wochenmarkt an der Ostseite der Stadt sollen weitere Neubauten an der Eingangsseite verhindert werden und ein wichtiger Impuls gesetzt werden für die Erhaltung Zabids als UNESCO-Weltkulturerbe. In der Altstadt werden vorhandene Backsteinöfen an die Achsen angeschlossen. Für gut erhaltene Ruinen der Indigofärbereien wird eine Umnutzung als Schulen, unter anderem als Abendschulen, Handwerksschulen und Verwaltungsgebäude vorgeschlagen. Es wird außerdem angeregt, einen „Touristenpfad“ durch die historische Altstadt einzurichten, der bereits 1993 von Paul Bonnenfant gezeichnet wurde. Viele Familien führen Besucher über ihr Anwesen, es gibt insgesamt fünf Touristenführer in Zabid und verschiedene Häuser, die besichtigt werden. Die meist besuchten Häuser liegen in der Nähe der Großen Moschee im Westen der Stadt. Die Pflasterung der Wege zu diesen Wohnhäusern würde Touristen die Orientierung in der Stadt wesentlich erleichtern.13 Großes Potential für einen Umbau als Hotel hat zudem der alte Wachturm an der Straße, da Büroräume der Stadtverwaltung, die sich bislang dort befanden, derzeit in die Zitadelle verlegt werden. Beide Stadt Achsen werden in der ersten Planungsphase gepflastert und es wird eine Begrünung der Achsen vorgeschlagen, die für die Peripherie der Altstadt entlang des historischen Stadtgrundrisses geplant ist. Neben der Übergangszone über die Hauptstraße wird in der ersten Phase eine Bushaltestelle eingerichtet. Baumschulen und Grünflächen für Ziegen, die parallel zu der Begrünung von Stadtplätzen in der Altstadt angelegt werden, tragen zur Verbesserung des Stadtklimas in der Neustadt bei.

Links: Spielplatz im Wohnfeld, Phase 1, Collage. Rechts: Nutzungsund Bewegungsplan, Gesamtkonzept, Phase 1 / 2008. In einer frühen Projektphase werden zwei Hauptachsen definiert, die Altstadt und Neustadt verbinden. Die Lage der Achsen orientiert sich an bestehenden Nutzungen, Wegebeziehungen und Projekten, die derzeit in Planung sind. Der Übergangsbereich über die Hauptstraße soll zur verkehrsberuhigten Ortsdurchfahrt werden, die Gesamtlänge der Zone ist 300m.


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Regierung und Verwaltung Moscheen Friedhöfe Schulen Sportflächen Marktplätze Stadtplätze Dörfer Weide- / Ladeflächen (Dara) Verkehrsberuhigte Zone


Stadt Entwicklung Stadt Szenario

Rechts: Flächenplan / Dichte baulicher Strukturen / 2008. Unten: Verkehrsberuhigte Zone, Atmosphäre. Mittel des Szenarios sind der Nutzungs- und Bewegungsplan und der Flächenplan. Im Nutzungs- und Bewegungsplan werden öffentliche Nutzungen in Farben dargestellt. Im Flächenplan wird nach der Dichte vorhandener baulicher Strukturen differenziert.


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Stadt Entwicklung Stadt Szenario

Zweite Phase Nach der Einrichtung der Achsen, ersten Restaurierungen und Umnutzungen in der Altstadt und der Einrichtung wichtiger öffentlicher Flächen in der Neustadt wird die Struktur weiter ausgebaut. Neben der Sportfläche wird ein Sportgebäude errichtet, der zentrale Platz der Neustadt wird angelegt, die Bibliothek und das Schulungszentrum werden als wichtige Landmarken gebaut, am Rand der Neustadt entsteht eine Marktfläche und ein Gewerbehof, die durch ihre Lage von den benachbarten Dörfern aus gut erreichbar sind. Insgesamt werden für die Marktflächen, die über die Stadt verteilt sind, unterschiedliche Nutzungsschwerpunkte vorgeschlagen. Der Altstadtsouk würde weiterhin der Versorgung der Bewohner mit Waren des täglichen Gebrauchs dienen, vor der Zitadelle findet der Wochenmarkt statt, der Markt im Norden könnte zum Fischmarkt werden wegen der Nähe des Roten Meers, und der neue Markt in der „New Development Area“ dient der Nahversorgung der Bewohner der Neustadt.

Links: Spielplatz im Wohnfeld, Phase 2, Collage. Rechts: Nutzungs- und Bewegungsplan, Gesamtkonzept, Phase 2. In der zweiten Phase der Stadtentwicklung wird die Einrichtung vielseitiger Nutzungen, für die in Alt- und Neustadt Bedarf besteht, motiviert. Vorhandene Flächen werden in ihrer Nutzung erhalten oder gefestigt, neue Schulen, Stadt- und Spielplätze und ein Gewerbehof werden in der Neustadt angelegt. In der Altstadt werden bestehende Nutzungen am Stadtrand zunächst erhalten.


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Regierung und Verwaltung Nachbarschaftszentren Friedhöfe Schulen Sportflächen Marktplätze Stadtplätze Dörfer Weide- / Ladeflächen (Dara) Verkehrsberuhigte Zone


Stadt Entwicklung Stadt Szenario

Rechts: Flächenplan / Dichte baulicher Strukturen / Zweite Phase. Unten: Handwerks- und Gewerbehof, Atmosphäre. Durch den Ausbau der städtischen Funktionen verdichten sich Wohnfelder in der Neustadt in räumlicher Nähe zu den öffentlichen Nutzungen. Wohnfelder zwischen öffentlichen Flächen werden zu kleineren Einheiten durch Quartiersplätze und Nachbarschaftszentren, die an das Wegenetz der Hauptachsen angebunden sind. Ein wichtiger Stadtbaustein und eine Besonderheit der Neustadt gegenüber der Altstadt ist der Handwerks- und -Gewerbehof, der auch aus Nachbarorten im Norden und Osten gut erreichbar ist.


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Stadt Entwicklung Stadt Szenario

Dritte Phase Die vielseitigen Nutzungen regen die Bebauung der Fläche weiter an, und Wohnfelder und öffentliche Flächen verdichten sich. Die beiden Stadt Achsen werden ausgebaut und sowohl in der Neustadt als auch in der Altstadt fortgesetzt. Neue Projekte entlang der Achsen werden angeregt, die Sanierung von Ruinen wird fortgesetzt und weitere Schulen werden gebaut. Bei Bedarf wird eine dritte Achse eingerichtet, die im Norden der Altstadt liegt und eine Verbindung in den nördlichen Teil der Neustadt und zum neuen Krankenhaus schafft.

3.3 Fazit I Stadt Nutzung Langfristig entsteht ein räumlicher, funktionaler und sozialer Zusammenhang zwischen Altstadt und Neustadt, und beide Städte bieten Attraktivpunkte, die es im jeweils anderen Stadtteil nicht gibt. Die Identitätsfindung in der Neustadt wird angeregt, und es werden Impulse gesetzt für den Erhalt der Altstadt. Die Altstadt soll nicht zur Museumsstadt werden, sondern vielseitiger Lebensraum für die Bewohner bleiben, die Neustadt soll nicht zur Kopie der Altstadt werden, sondern veränderten Ansprüchen genügen können.

Seite 170 / 171: Wege durch die Altstadt, Atmosphäre. Links: Spielplatz im Wohnfeld, Spielraum im Innen- und Außenbereich, Phase 3, Collage. Rechts: Nutzungs- und Bewegungsplan, Gesamtkonzept, Phase 3. In der dritten Phase entwickelt sich die Stadt weiter. Sanierungsprojekte in der Altstadt und der Umbau von Ruinen in Schulen und Verwaltungsgebäude werden fortgesetzt. Vorhandene Nutzungen werden ausgebaut und neue Nutzungen integriert. Grünflächen und Baumschulen werden angelegt, von denen die Bewohner der Altstadt und der Neustadt profitieren. Neue Nutzungen definieren Wohnfelder, und weitere Nachbarschaftszentren werden von seiten der Stadtverwaltung gemeinsam mit den Bewohnern eingerichtet.


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Regierung und Verwaltung Nachbarschaftszentren Friedhöfe Schulen Sportflächen Marktplätze Stadtplätze Dörfer Weide- / Ladeflächen (Dara) Beruhigte Verkehrszone Grünflächen und Baumschulen


Stadt Entwicklung Stadt Szenario

Rechts: Flächenplan / Dichte baulicher Strukturen / Dritte Phase. Unten: Marktfläche, Zellwand, Atmosphäre. Nutzungen etablieren sich und werden gefestigt. Für die einzelnen Funktionen werden Nutzungsverteilungen vorgeschlagen. Die Märkte bekommen verschiedene Schwerpunkte. Der Souk in der Altstadt wird restauriert und dient der Anwohnerversorgung der Bewohner, der neue Markt im Norden der Stadt wird wegen der Nähe der Hauptstraße an das Rote Meer zum Fischmarkt, die Fläche vor der Zitadelle wird zum Wochenmarkt, und in der „New Development Area“ wird die Marktfläche mit der Nutzung weiter ausgebaut. Die Fläche bietet Potential für die Nutzung durch die Bewohner der Neustadt und die Bewohner aus Nachbarorten, die dort ihre Ware zum Verkauf anbieten können. Die Zellwand wird zu einer Schicht, über die Marktstände erschlossen werden.


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Stadt Entwicklung Stadt Szenario

Links: Wohntypologien in Altstadt und Neustadt, Modell M 1:500. Rechts: Zabid, Modell, M 1:2500. Wohnflächen in der Neustadt verdichten sich um öffentliche Nutzungen. Es wird ein Grundgerüst für die Wohnflächen geschaffen, die sich in Dichte und Typologie unterscheiden können.


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Stadt Entwicklung Stadt Szenario

Links: Wohntypologien in Altstadt und Neustadt, Modell M 1:500 Rechts: Zabid, Entwicklung der Neustadt, Modell M 1:1000 Das Modell der Neustadt im Maßstab 1:1000 zeigt eine Stufe in der Entwicklung der Stadt. Es verdeutlicht die Typologien der Flächen und die Methodik, über die die Gesamtfläche erschlossen wird und die Wohnflächen zwischen öffentlichen Flächen in die Stadt wachsen. Beispielhaft wird an zwei Wohnfeldern gezeigt, wie der Bestand an Wohnfeldern aufgewertet und nachverdichtet wird und wie sich neue Wohnfelder in unmittelbarer Nähe der angrenzenden öffentlichen Einrichtungen entwickeln.


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Stadt Entwicklung Fazit

4 Fazit I Stadt Entwicklung Ziel auf räumlicher Ebene ist es, Alt- und Neustadt über bestehende Nutzungen und Strukturen zu verbinden und soziale Segregation zwischen beiden Stadtteilen zu vermeiden. Ziel auf zeitlicher Ebene ist die Definition von Entwicklungsphasen, die Raum schaffen für eigendynamische Wachstumsprozesse und die Unbestimmtheiten auf zeitlicher und auf räumlicher Ebene bewusst zulassen. Im ersten Schritt wird nicht die Größe und Dichte der Neustadt definiert, sondern es werden Stadtbausteine, für die dringender Bedarf besteht, Wege, Flächen und Atmosphären entworfen. Die Stadt kann in den Kontext hineinwachsen, es wird keine Kontur nach außen vorgegeben, sondern die Mitte der Stadt gestaltet. Großflächige Nutzungen, die die Stadtentwicklung anregen, werden in die Mitte der Stadt geholt. Die Strategie ermöglicht den Umgang mit unterschiedlichen Wachstumsraten und Ungewissheiten über den Einfluss der Planung.

1 Kopp / Wirth (1990): 49; Lingenau (1985): 6f.; Adams (1983): 40 / 2 Lingenau (1985): 7 / 3 Lingenau (1993): 26 / 4 Lingenau (1985): 6 / 5 Thabet (2007): Yemen Times, Band 1106 / 26.11.2007; Fiebig (2003): 44; Hallaj (2003): 4 / 6 UCHP, Vol 7a (2003): 26 / 7 Interview, Abdullah Al-Madwahii, 13.03.2008 / 8 Iamandi (2003): 6 / 9 Eberle (2005): http://hermes. zeit.de/pdf/archiv/zeit-wissen/2005/05/Verkehrsberuhigung_NEU.xml.pdf, 23.05.08 / 10 Saliba (2002): 51; Iamandi (2004): 2; UCHP, Vol. 7a (2003): 18, 56 / 11 Anm.: Die Benennung der Wohnblocks folgt der offiziellen Nummerierung. Bis auf den Wohnblock der Familie Inbari liegen die analysierten Blöcke im Stadtquartier Al-Moujanbad / 12 Interview, Farouq, 10.03.08 / 13 Interview, Katrin Bettray, 12.03.2008; Interview, Akram Saghir Soula, 28.02.2008; Interview Warren May, Marybeth Maclean, 28.02.2008; Von Rabenau, I (2007): 29


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Stadt Perspektive

Das Risiko der Strategie, die Stadtentwicklung über die Nutzung des öffentlichen Raums zu lenken, liegt in der Unbestimmtheit des Systems. Das System ist gleichermaßen unbestimmt, wenn Flächen nicht genutzt werden und wenn zu wenige öffentliche Nutzungen zur Verfügung stehen. Als Hilfsmittel für die Dimensionierung der Flächen wird eine Methodik vorgeschlagen, die sowohl die absolute Einwohnerzahl als auch die Einwohnerdichte berücksichtigt und den Bedarf an öffentlichen Nutzungen in Beziehung setzt zu Wohnflächen. Ziel der Methode ist es, zu einem beliebigen Zeitpunkt in der Planungs- und Implementierungsphase, eine überschlägige Abschätzung des Bedarfs zu ermöglichen.


Stadt Perspektive Öffentliche Flächen

1 Bedarfsberechnung I Öffentliche Flächen Im ersten Schritt wird der absolute Bedarf an großflächigen öffentlichen Nutzungen empirisch aus vorhandenen Nutzungen in der Altstadt ermittelt und mit Ergebnissen einer Bedarfsstudie des „Urban Cultural Heritage Strategy and Management Programme“ (UCHP) aus dem Jahr 2003 verglichen.

1.1 Bestand an öffentlichen Nutzungen in der Altstadt im Jahr 2008 Analysiert werden Moscheen, Schulen, Shops, Sportflächen und Regierungsgebäude. Öffentliche Freiräume werden als Teil des Wegenetzes betrachtet. Der Anteil des öffentlichen Außenraums an der gesamten Stadtfläche wurde im Stadtquartier Al-Jiz´im Südwesten Zabids beispielhaft ermittelt und beträgt etwa 30 Prozent. Die folgende Übersicht veranschaulicht den derzeitigen Bestand an Moscheen, Schulen, Shops, Sportflächen und Regierungsgebäuden. Die Gesamtfläche der jeweiligen Nutzung wird in Relation gesetzt zur Einwohnerzahl und auf jeweils 100 Einwohner umgerechnet.

Bestand an öffentlichen Nutzungen im Jahr 2008, umgerechnet auf je 100 Einwohner1:

Moscheen Shops Regierung / Verwaltung Schulen Sportflächen

Auf 100 Personen 314 m² 162 m² 407 m² 124 m² 75 m²

Rechts: Berechnung des Bestandes an Moscheen, Schulen, Shops, Sportflächen, Regierungsgebäuden im Jahr 2008. Im ersten Schritt wird der Bestand an öffentlichen Flächen mit den Ergebnissen der UCHPBedarfsstudie aus dem Jahr 2003 verglichen. Öffentliche Nutzungen werden in Beziehung gesetzt zu Einwohnerzahlen.


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72 Moscheen: Gesamtfläche: 25.141 m² Durchschnittsgröße: 25.141 m² / 72 = 349 m² Bedarf für 8.000 Einwohner2: 25.141 m² / 8.000 = 3,14 m² Moschee / Einwohner 349 m² : 3,14 m² = 111 Einwohner / Moschee 9 Schulen: Gesamtfläche: 29.129 m² Durchschnittsgröße: 29.129 m² / 9 = 3.237 m² Bedarf für 23.440 Einwohner3: 29.129 m² / 23.440 = 1,24 m² Schule / Einwohner 3.237 m² : 1,24 m² = 2.604 Einwohner / Schule 327 Shops: Gesamtfläche: 38.197 m² Durchschnittsgröße: 38.197 m² / 327 = 116,8 m² Bedarf für 23.440 Einwohner: 38.197 m² / 23.440 = 1,63 m² Shop / Einwohner 116,8 m² : 1,63 m² = 72 Einwohner / Shop 4 Sportflächen: Gesamtfläche: 17.501 m² Durchschnittsgröße: 17.501 m² / 4 = 4.375 m² Bedarf für 23.440 Einwohner: 17.501 m² / 23.440 = 0,75 m² Sportfläche / Einwohner 4.375 m² : 0,75 m² = 5.860 Einwohner / Sportfläche 11 Regierungsgebäude: Gesamtfläche: 95.423 m² Durchschnittsgröße: 95.423 m² / 11 = 8.675 m² Bedarf für 23.440 Einwohner: 95.423 m² / 23.440 = 4,07 m² Regierungsgeb. / Einwohner 8.675 m² : 4,07 m² = 2.131 Einwohner / Regierungsgebäude


Stadt Perspektive Öffentliche Flächen

1.2 Bedarfsstudie aus dem Jahr 2003 In der Bedarfsstudie des „Urban Cultural Heritage Strategy and Management Programme“ (UCHP) aus dem Jahr 2003 wurde der Bedarf an öffentlichen Nutzungen in der Altstadt und der Neustadt separat dargestellt. Beide Tabellen beziehen sich auf das Jahr 2024 als das Zieljahr der Planung und gehen von Einwohnerzahlen von 7.844 Bewohnern in der Altstadt und 23.742 Einwohnern in der Neustadt im Jahr 2024 aus. Als Vergleichswerte werden aus der UCHP-Studie Schulen, Shops und Regierungsgebäude herangezogen, für Moscheen und Sportflächen liegen keine Zahlen vor. UCHP-Studie / Bedarf an öffentlichen Nutzungen in der Altstadt im Jahr 2024 / Gesamtbedarf für 7.844 Einwohner / ha4: Nutzung Schulen Shops Regierungsgebäude

Flächenbedarf Altstadt / 2024 2,3 ha 1 ha 0,46 ha

UCHP-Studie / Bedarf an öffentlichen Nutzungen in der Neustadt im Jahr 2024 / Gesamtbedarf für 23.742 Einwohner5: Nutzung Schulen Shops Regierungsgebäude

Flächenbedarf Neustadt / 2024 3,7 ha 3 ha 1,5 ha

Mit den Zahlen für den Flächenbedarf in Alt- und Neustadt aus der UCHPStudie ergeben sich folgende Mittelwerte für den Bedarf an Schulen, Shops und Regierungsgebäuden für jeweils 100 Einwohner: Bedarf an öffentlichen Nutzungen in Altstadt und Neustadt im Jahr 20246: Nutzung Schulen Shops Regierungsgebäude

Fläche pro 100 Einwohner/ Altstadt / 2024 293 m² 127 m² 59 m²

Fläche pro 100 Einwohner/ Neustadt / 2024 156 m² 126 m² 63 m²

Fläche pro 100 Einwohner/ Mittelwert Alt- und Neustadt / 2024 225 m² 127 m² 61 m²


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1.3 Vergleich Bestand 2008 I Bedarf 2024 Aus der vergleichenden Betrachtung des Bestandes im Jahr 2008 und der UCHP-Studie für das Jahr 2024 ergeben sich folgende Werte für die Dimensionierung der öffentlichen Flächen in der „New Development Area“. Vergleich Bestand an öffentlichen Nutzungen im Jahr 2008 / Bedarf im Jahr 20247: Nutzung Moscheen Schulen Shops Sportfläche Regierungsgebäude

Fläche pro 100 Einwohner / Bestand / 2008 314 m² 124 m² 163 m² 75 m² 407 m²

Fläche pro 100 Einwohner / UCHP-Studie / 2024 - 225 m² 127 m² - 61 m²

Für Schulen und Shops wird in der UCHP-Studie mehr Fläche angenommen als derzeit zur Verfügung steht. Das Ergebnis war abzusehen, da Klassenzimmer mit 55 Schülern pro Klasse eindeutig überfüllt sind8. An gewerblichen Nutzungen liegt der Bestand eindeutig höher als der Bedarf im Jahr 2024.Viele Shops, insbesondere im Souk in der Altstadt, stehen derzeit leer. Bei der Ermittlung des Bestandes wurde nicht nach Leerständen differenziert. Der Bedarf an Moscheen wurde großzügig kalkuliert, da Moscheen sowohl kulturelle als auch soziale Funktion haben. Als Vergleichszahl wurde nicht die aktuelle Einwohnerzahl herangezogen, sondern die des Jahres 1970, da die Moscheen zu diesem Zeitpunkt gleichmäßig auf die Stadtfläche verteilt waren. In der Neustadt wird von der Bedeutung der Moscheen als Nachbarschaftszentren ausgegangen. Für den Bedarf an Flächen für Regierungs- und Verwaltungsgebäude wird ein Spektrum dargestellt, da die Größen stark variieren. Traditionelle Gebäude der Regierung nehmen sehr viel Raum in der Altstadt ein.

Fläche pro 100 Einwohner max. 314 m² 225 m² 127 m² 75 m² 61 m² - 407 m²


Stadt Perspektive Wohnflächen

2 Bedarfsberechnung I Wohnflächen Die Einwohnerdichte wird ermittelt, um die Wohnfläche in Beziehung setzen zu können zu dem Bedarf an öffentlichen Nutzungen. Die Einwohnerdichte in der Altstadt variiert in den Wohnblöcken je nach Lage und Wohnform. Im traditionellen Block der Familie Inbari liegt die Einwohnerdichte mit 358 Bewohnern pro Hektar Stadtfläche wesentlich höher als in einem informellen Block am Stadtrand. Im Block 49 südlich der Zitadelle wohnen 175 Personen auf einem Hektar. Einwohnerdichte in typischen Wohnblöcken in der Altstadt9: Wohnblock Inbari-Block „Block 12“ „Block 38“ „Block 49“

Einwohnerdichte (Personen / ha) Fläche pro 100 Einwohner 358 Personen / ha 2.793 m² 182 Personen / ha 5.494 m² 253 Personen / ha 3.953 m² 175 Personen / ha 5.714 m²

Rechts: Übersicht über typische Wohnblöcke in Zabid, Einwohnerzahlen und Einwohnerdichte. Im zweiten Schritt werden für verschiedene Wohnblöcke Einwohnerzahlen und Einwohnerdichten ermittelt. Die Zahlen sollen Vergleichsmöglichkeiten liefern zu dem Bedarf an öffentlichen Nutzungen, der in Abhängigkeit von Einwohnerzahlen dargestellt wurde.


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Inbari Block 30 Bewohner, 3 Familien Nettobaufläche: 839 m² Überbaute Fläche: 538 m² = 64% Grundflächenzahl GRZ: 0,64 > 0,5 Geschossflächenzahl GFZ: 1,02 > 1,0 Einwohnerdichte (Personen/ ha): 358

Familiendurchschnitt: 10 Personen Unbebaute Fläche: 301 m² = 36% Bruttogeschossfläche BGF: ca. 857 m²

Block 12 94 Bewohner, 22 Familien Nettobaufläche: 4.920 m² Überbaute Fläche: 1.928 m² = 39% Grundflächenzahl GRZ: 0,39 < 0,5 Geschossflächenzahl GFZ: 1,63 > 1,0 Einwohnerdichte (Personen/ ha): 182

Familiendurchschnitt: 4 - 5 Personen Unbebaute Fläche: 2.992 m² = 61% Bruttogeschossfläche BGF: ca. 3.150 m²

Block 38 26 Bewohner, 6 Familien Nettobaufläche: 1.009 m² Überbaute Fläche: 338 m² = 38% Grundflächenzahl GRZ: 0,33 < 0,5 Geschossflächenzahl GFZ: 0,54 < 1,0 Einwohnerdichte (Personen/ ha): 253

Familiendurchschnitt: 4 - 5 Personen Unbebaute Fläche: 671 m² = 61% Bruttogeschossfläche BGF: ca. 542 m²

Block 49 129 Bewohner, 17 Familien Nettobaufläche: 7.339 m² Überbaute Fläche: 2.185 m² = 30% Grundflächenzahl GRZ: 0,30 > 0,5 Geschossflächenzahl GFZ: 0,35 < 1,0 Einwohnerdichte (Personen/ ha): 175

Familiendurchschnitt: 7 - 8 Personen Unbebaute Fläche: 5.154 m² = 70% Bruttogeschossfläche BGF: ca. 2.564 m²


Stadt Perspektive Implementierung

3 Implementierung Für die Dimensionierung der öffentlichen Nutzungen wird vorgeschlagen, zunächst die Flächen zu ermitteln, die als Wohnflächen genutzt werden. Um zu ermöglichen, dass sich die öffentlichen Flächen nachverdichten können, wird von einer hohen Wohndichte in den angrenzenden Wohnfeldern ausgegangen. Rückschlüsse auf die zu erwartende Einwohnerdichte können aus den analysierten Wohntypologien ermittelt werden. Mit der Einwohnerdichte und der Wohnfläche kann die Einwohnerzahl abgeschätzt werden. Sehr hoch ist die Einwohnerdichte im traditionellen Wohnblock und in überbauten Wohnblöcken in der Altstadt. Als Hilfswert wird ein Mittelwert aus beiden Wohnblöcken ermittelt. Aus den Zahlen des Wohnblocks der Familie Inbari und des „Blocks 38“ im Quartier Al-Moujanbad würde sich eine maximale Einwohnerdichte von 306 Einwohnern pro Hektar ergeben. 100 Einwohner würden auf einer Fläche von 3.273m² wohnen. Es ergeben sich folgende Abhängigkeiten zwischen der Einwohnerzahl und der Einwohnerdichte und dem Bedarf an öffentlichen Nutzungen.

Bedarf an öffentlichen Nutzungen in Abhängigkeit von der maximalen Einwohnerdichte10: Nutzung Moscheen (M) Schulen (S) Shops (C) Sportfläche (SP) Regierungsgebäude (R)

Fläche pro 100 Einwohner / 2008 314 m² 124 m² 163 m² 75 m² (max.) 234 m²

Fläche in Relation zu W = 3.273 m² / 100 Einwohner ca. 1/10 ca. 1/26 ca. 1/20 ca. 1/43 ca. 1/14

Mit Hilfe dieser Vergleichszahlen könnte der Anteil an Wohnfläche und öffentlichen Flächen mit einer vereinfachten Gleichung dargestellt werden: Gesamtfläche G = Wohnen (W) + Moscheen (M) + Schulen (S) + Shops (C) + Sportflächen (SP) + Regierungsgebäude (R) (Gesamtfläche G = überbaute Flächen / ohne Straßen) G = W + 1/10 W + 1/26 W + 1/20 W + 1/43 W + 1/14 W G = 1,283 W


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Für die Implementierung werden folgende Schritte vorgeschlagen: 1. Mit Hilfe einer Gleichung, die den Anteil an Wohnflächen und öffentlichen Flächen in Beziehung setzt zu der Gesamtfläche wird die Wohnfläche berechnet. 2. Im zweiten Schritt werden die öffentlichen Nutzungen dimensioniert. 3. Die Fläche, die als Bedarfsflächen für die Moscheen berechnet wird, wird auf die Wohnfelder verteilt. Treffpunkte innerhalb der Nachbarschaft werden definiert und die Stadtentwicklung auf Nachbarschaftsebene angeregt. Die Methodik liefert einen Anhaltswerte für die Dimensionierung der Flächen. Für die Verteilung der Flächen müssen weitere Faktoren wie die Erreichbarkeit berücksichtigt werden. Die Bedarfswerte sollen ein Beispiel für die Anwendung der Methodik sein, die genauen Zahlen müssen ausgehend von einer aktuellen Bedarfsstudie überprüft werden.

Oben: Von links nach rechts: Gesamte Baufläche, Netz an öffentlichen Funktionen, Wohnfläche, Nachbarschaftszentren, Schema. Im dritten Schritt werden Abhängigkeiten aufgestellt zwischen dem Anteil an öffentlichen Flächen und Wohnflächen auf der Gesamfläche. Für die Dimensionierung der öffentlichen Flächen wird eine Orientierung an der maximal zu erwartenden Einwohnerdichte vorgeschlagen, damit sich die Nutzungen im Lauf der Jahre festigen können.


Stadt Perspektive Fazit

4 Fazit I Stadt Perspektive Der Ansatz für die Verteilung und Dimensionierung der öffentlichen Flächen und Wohnflächen soll ein Rahmenwerk definieren, das schrittweise ausgebaut werden kann und mit verschiedenen Wachstumsraten und starkem und schwachem Einfluss der Stadtplanung gleichermaßen funktioniert. Die Stadtentwicklung bleibt ein Prozess, der vor Ort stattfindet. Hochrechnungen und Stadtbilder sind ein Hilfsmittel für die Überlegungen, der Bedarf muss vor Ort überprüft werden. Räumliche Beziehungen und funktionale Überlagerungen können sich erst vor Ort entwickeln und verdichten.

1 Eigene Rechnung / 2 Für die Berechnung der Moscheen wird die Einwohnerzahl von ca. 8.000 Einwohnern aus den 1970er Jahren herangezogen, da die Moscheen zu diesem Zeitpunkt gleichmäßig auf die Stadtfläche verteilt waren. / 3 Der Gesamtbedarf wird auf die Einwohnerzahl von 23.440 im Jahr 2008 umgerechnet, zur Berechnung vergleiche: Kapitel 1 I Szenario / 4 UCHP Vol 7a (2003): Tab.3 / 5 UCHP Vol 7a (2003): 34 / 6 UCHP Vol 7a (2003): 34; Eigene Berechnung / 7 UCHP Vol 7a: 34 / 8 Interview, Zouka Karzon, 08.03.08 / 9 Eigene Berechnung


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Schlussbetrachtung

Schlussbetrachtung I Stadt Kommunikation - statt Planung? The decision to launch conjointly the suq and the Al-Asha´ir mosque projects finds its profound reason in the very nature of the Islamic city, of which Zabid is the unique and outstanding example in Yemen. In the heart of the Islamic city, spaces designed for worship are interconnected with those designed for education, production and business transactions; the heart of Zabid still displays today this remarkable unity of space and functions.1 Die Zielsetzung der UNESCO für die Altstadt beschreibt die grundlegende Idee der Arbeit, ein gesamtstädtisches Konzept aus vorhandenen Nutzungen und Aktivitäten zu entwickeln. Die Stadtentwicklung wird zum Prozess aus der Stadtnutzung und der Kommunikation der beteiligten Akteure. Das Konzept der Arbeit wird schrittweise entwickelt. Für den Erhalt der Altstadt in Zabid ist es notwendig, dass die Neustadt erschlossen wird, damit Wachstumsprozesse aus der Altstadt in die Neustadt verlagert werden. Außenräume in der Altstadt sind aus kulturellen und klimatischen Gründen sehr wertvoll, werden aber zunehmend überbaut. Leerstehende Gebäude der Textilindustrie in der Altstadt bieten Raum und Potential für die Umnutzung als Schulen und Verwaltungsgebäude. In der „New Development Area“ werden in einem ersten Schritt bestehende Nutzungen in die Stadtentwicklung integriert. Diese Nutzungen werden geschützt - wie die Friedhofsflächen -, ausgeweitet - wie das „College of Education“ - oder in der bestehenden Nutzung gefestigt - wie die Sportfläche. Erst in einem zweiten Schritt gibt es neue Nutzungen. Die Lage dieser Nutzungen wird über die Nähe zur Altstadt und die Lage der angrenzenden Dörfer definiert. Durch den schrittweisen Ausbau der Infrastruktur kann die Entwicklung der angrenzenden Wohnflächen gelenkt werden. Alt- und Neustadt werden über Wege und Nutzungen räumlich und funktional verbunden. Die räumliche Beziehung zwischen beiden Stadtteilen ist besonders wichtig, da nach dem derzeitigen Planungsstand Familien aus der Altstadt in die Neustadt umgesiedelt werden sollen. Es werden neue Hauptwege definiert. Über die „Stadt Achsen“ werden die öffentlichen Funktionen der Stadt erschlossen. An der Hauptstraße wird ein Übergangsbereich geschaffen, der die Funktion einer Ortsdurchfahrt hat. Die Gesamtfläche der Neustadt wird über große öffentliche Nutzungen definiert, für die dringender Bedarf besteht. Für die öffentlichen Felder werden Prinzipien definiert, die die Wirkung der


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Flächen im Stadtraum beschreiben. Die Umsetzung der Prinzipien soll lokalen Architekten überlassen werden. In den Wohnfeldern werden soziale Orte definiert, um die Stadtentwicklung auf Nachbarschaftsebene anzuregen. Die Räume in der Neustadt werden atmosphärisch beschrieben. Das Stadtbild wird eine Abfolge vernetzter Räume. Die Gesamtstruktur ist räumlich und zeitlich flexibel. Innerhalb der Grundstruktur aus Stadt Achsen und öffentlichen Feldern sind verschiedene Wohnstrukturen möglich, und die Ansprüche an den Wohnraum können sich ändern. Basis und Ziel der Stadtentwicklung ist eine Überlagerung von Funktionen und räumlichen Beziehungen in der Neustadt, wie sie sich in der Altstadt durch die intensive Nutzung der Außenräume entwickelt hat. Die Elemente, die die vielseitige Atmosphäre und die Funktionsmischung in der Altstadt definieren, sollen den Rahmen bilden für die Entwicklung der Neustadt.

1 Iamandi (2004): 4

Unten: Stadteingang am Abend. In the heart of the Islamic city, spaces designed for worship are interconnected with those designed for education, production and business transactions; the heart of Zabid still displays today this remarkable unity of space and functions.1


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Literaturverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis 1 Brunner (1999): 94 / 2 Zeichnung basiert auf: Stone (1985): 3 / 3 Zeichnung basiert auf: Kopp (1997), Jemen: Touristenkarte der DeutschJemenitischen Gesellschaft, 1:1.000 000 / 4 Zeichnung basiert auf: Gentilleau (1993): 41 / 5 Zeichnung basiert auf: Keall (1993): 53 / 6 Zeichnung basiert auf: Planmaterial der GTZ. / 7, 8 Bauaufnahme, Februar 2008: Ghassan Chemali, Nguyen Thi Hai Ha, David Jousset, Choi Young Soon (Tei), Osama Moutha, Christine Baumgartner / 9 Al-Sapri (1999): 139 / 10 Fotos: Osama Moutha / 11, 12 Luftbilder der GTZ, Jemen / 13 Google Earth, 23.05.2008 / 14 Fotos: Gallinge (1993): Abb. 104, Abb. 102 / 15 Zeichnung basiert auf: Stone (1985): 3 / 16 Zeichnung basiert auf: UCHP, Vol. 7a (2003) I Arabic Report: 24 / 17 Foto: David Jousset / 18 UCHP, Vol. 7a (2003), Arabic Report: 25 / 19 Zeichnung basiert auf: UNESCO (1993): 5 / 20 Zeichnung basiert auf: UNESCO (1993): 5 / 21 Fotos: Skat (2007): 13 / 22 Zeichnung basiert auf: “Urban Cultural Heritage Strategy and Management Planning” (UCHP), 2002 / 2003, Masterplanung für die “New Development Area” / 23 Zeichnung basiert auf: “Urban Cultural Heritage Strategy and Management Planning” (UCHP), 2002 / 2003, Masterplanung für die “New Development Area” / 24 Masterplan, Area 22, basiert auf: Planmaterial der GTZ, Februar 2008 / 25 Galinge (1993): 99 / 26 Google Earth, 23.05.2008 / 27 Maréchaux / Champault (1993): 96 / 28 Gallinge (1993): 32 / 29 Gallinge (1993): 28 / 30 Google Earth, 23.05.2008 / 31 Willeitner (2002): 108 / 32 Google Earth, 23.05.2008 / 33 Claus / Dobler / Frank (2001): 7 / 34 Claus / Dobler / Frank (2001): 7 / 35 Maréchaux / Champault (1999): 129 / 36 Welkenmeier (1994): 28 Alle Abbildungen in der Arbeit sind eigene Zeichnungen, Fotos und Collagen, sofern die Abbildungen nicht anders ausgewiesen sind.


Projektverlauf

Projektverlauf Organisation Die Diplomarbeit „Statt Planung im Jemen. Moderne Entwicklungsprozesse im traditionellen Rahmen“ entstand als freie Diplomarbeit im Sommersemester 2008 an der Fakultät für Architektur der Universität Karlsruhe (TH). Der Arbeit ging ein sechswöchiger Aufenthalt in Zabid vom 05. Februar bis 15. März 2008 voraus. In dieser Zeit habe ich im am Projekt „Preservation of Historic Cities in Yemen“ (PDHCY) der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) und der jemenitischen Denkmalpflegebehörde GOPHCY („General Organisation for the Preservation of Historic Cities in Yemen“) mitgearbeitet. Dabei habe ich gemeinsam mit vier französischen Architekturstudenten eine große Bauaufnahme der Stadt Zabid gemacht. Ziel der Bauaufnahme war es, nicht vorhandenes Planmaterial der Stadt und als Basis für weitere Projekte eine Datenbank zu erstellen, die das Verhältnis von traditioneller zu moderner Architektur in Zabid dokumentiert. Wir wurden in der Bauaufnahme unterstützt von Projektmitarbeitern aus Zabid, die quantitative Bevölkerungsdaten aufnahmen und den Kontakt zu den Bewohnern herstellten. Die Daten der vier Stadtquartiere Zabids wurden von je einer Gruppe erfasst. Meine Gruppe übernahm das „Regierungsquartier“ AlMoujanbad im Südosten der Stadt. In diesem Quartier liegen die meisten Verwaltungsgebäude, und es sind in den vergangenen Jahren die meisten informellen Wohnhäuser entstanden.


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Thema der Arbeit Zu Beginn meiner Beschäftigung mit dem Thema hatte ich verschiedene architektonische und stadtplanerische Ansätze entwickelt. Meine ursprüngliche Absicht war es, mich mit modernen Wohnhäusern im Altstadtgebiet zu beschäftigen. Aus meiner Recherche schien das Verhältnis von traditionellen zu modernen Wohnhäusern in der Altstadt für mich die bedeutendste Frage zu sein. Das konkrete Thema der Arbeit habe ich vor Ort als Teil der Aufgabenstellung entwickelt. Die Arbeit orientiert sich an dem tatsächlichen planerischen Bedarf und an den Bedürfnissen vor Ort. In erster Linie erschien mir in Zabid die leere Fläche der „New Development Area“, in die Bewohner aus der Altstadt umgesiedelt werden sollen, als das größte Hindernis für eine nachhaltige Entwicklung der Stadt. Es war für mich eine Herausforderung, mich mit der gesamtstädtischen Problematik auseinanderzusetzen, anstatt Einzelprojekte für die Altstadt vorzuschlagen. Ein weiterer Grund, weshalb ich mich vor Ort nicht mit einzelnen Wohnhäusern beschäftigt habe, war, dass fast alle Wohnhäuser in der Stadt in Eigenbauweise errichtet werden. Der Eigenbau stellt ein sehr großes Potential des Ortes dar; während der Bauaufnahme wurde deutlich, wie sehr sich die Bewohner mit ihrem Wohnraum identifizieren. Als architektonische Aufgabe hielt ich es für wichtiger, einen Rahmen zu entwerfen, in dem der Hausbau angeregt wird und nicht zu versuchen, eine neue Haustypologie vorzugeben. Material Eine besondere Herausforderung der Arbeit bestand darin, Grundlageninformationen über Zabid zu erhalten. Viele Pläne liegen nur in Form von schlechten Fotokopien oder gescannt in geringer Auflösung vor. Geographische Karten, gute Luftbilder und genaue CAD-Daten waren nicht verfügbar, einige Reports waren nur im Büro der GTZ in Zabid zu finden.




Danksagung


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Dank Die Verwirklichung meines Projektes war nur möglich durch Unterstützung von vielen Seiten. Ich möchte Omar Abdulaziz Hallaj dafür danken, dass er mein Vorhaben unterstützt hat und ich für die GTZ in Zabid tätig sein konnte. Zouka Karzon, die als Projektleiterin der GTZ in Zabid arbeitet, möchte ich für die umfassenden Informationen, die Übersetzungen von Interviews und für ihre herzliche Unterstützung vor Ort danken. Für die Zusammenarbeit während der Bauaufnahme und die gemeinsame Zeit in Zabid danke ich Ghassan Chemali, Nguyen Thi Hai Ha, David Jousset und Choi Young Soon (Tei). Meinen Teamkollegen Ibrahim Al-Hasede und Manuel Kretzer möchte ich für unendlich viele lange “Spaziergänge” durch Zabid zur Vorbereitung der Arbeit danken. Bedanken möchte ich mich außerdem bei Hend Mahgoob für die Gastfreundschaft in Zabid, bei Judith Mirschberger für die Unterkunft in Sanaa, bei Elisaveta Kostova und Erik Schweikhardt für Literatur, Fotos und viele praktische Grundlagen vor meiner Abreise und bei Osama Moutha für schöne Fotos und ausführliche Informationen über die traditionelle Bauweise in Zabid. Außerdem danke ich den Bewohnern von Zabid, die mich für meine Arbeit in ihre Häuser gelassen haben. Mein besonderer Dank gilt Professor Dr. Martin Einwächter und der Familienstiftung Einwächter für die finanzielle Unterstützung sowie Frau Gisela Nelles für die großartige Hilfe bei meiner Bewerbung um ein Stipendium. Ich möchte mich bei Professor Alex Wall und Professor Michael Kunert für die Betreuung meiner Arbeit sowie bei Peter Gotsch und Volker Koch für die Unterstützung im Vorfeld bedanken. Vielen Dank an meine Eltern und Geschwister. Danke an Jonathan Schnurre, Katja Schäfer, Hadi Saliba, Basma Al Kubati, Katrin Bettray, Ali Yassin Nouman, Pareg Al-Hammadi, Luqman Lana Fadhl, Jamal Al Jaber, Arafat Al-Hadrami, Burkhard von Rabenau, Martin Seiffert, Marieke Brandt, Abdullah Al-Madwahii, Johanna Guggenberger, Warren May, Marybeth Maclean, Maxi Siegmund, Gisela Nuerenberg und Johanna Lölhöffel von Löwensprung. Ganz besonders möchte ich Manuel danken.



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