Caritas Sozialalmanach 2014 "Schwerpunkt: Recht op Aarbecht"

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Besteuerung des Kinderbonus, was etwa 50 Mio EUR an Mehreinnahmen bedeuten würde, aber auch die Fiskalbelastung der Familien mit Kindern um weitere 3,6% erhöhen würde, zusammen ergäben sich also +15,4%! Die letzte Simulation betrifft dann die oben bereits beschriebene Gleichbehandlung aller Kinder, und zwar hier mit dem Kindergeldbetrag, der heute für das erste Kind gezahlt wird: dies würde zu einer Ersparnis von 125 Mio EUR führen. Ausgerechnet wurde dann auch noch, dass eine Abschaffung der Geburtszulagen rund 11 Mio EUR, die der „allocation de maternité“ rund 3,8 Mio EUR und jene der „allocation d’éducation“ rund 70 Mio EUR einsparen würde31. Schlussendlich muss man aber auch sagen, dass die Situation sich eigentlich weitaus komplexer darstellt. Man kann eigentlich nicht das Kindergeld allein für sich analysieren, will man gerechte Verhältnisse herstellen, sondern man muss es im Zusammenhang sehen: wie sieht die tatsächliche Netto-Einkommenssituation der Familie aus, wenn man alle Abzüge und alle Transfers zusammen in Betracht zieht: Steuern und Sozialbeiträge auf der einen Seite, auf der anderen Seite außer dem Kindergeld auch den Kinderbonus, Vergünstigungen beim Wohnungsbau und –kauf sowie etwaige einzuführende Mietsubventionen sowie gegebenenfalls die Studienbeihilfen. Vorschläge für mehr soziale Selektivität In der Studie „Les transferts sociaux en temps de rééquilibrages budgétaires“32, auch in dem zweiten Artikel in der Abteilung „Etudes sélectionnées du service Caritas Recherche et Développement“ des Sozialalmanachs 2013 resümiert33, skizzieren wir generell, dass die weitaus meisten Sozialtransfers in Luxemburg schon so selektiv gestaltet sind, dass es nur wenige Fälle gibt, wo noch an einigen Schrauben zu drehen wäre. Diese bringen aber in der Regel kaum etwas Nennenswertes ein, mit einigen wenigen Ausnahmen, die wir hier erörtern. Es gibt sehr wohl einige Möglichkeiten, dort mehr soziale Selektivität walten zu lassen, wo sie bisher nicht zählt und wo sie zukünftig nicht zu weiteren, anderen, neuen Ungerechtigkeiten führen würde. Diese wurden aber bisher in der Diskussion wenig bis gar nicht angesprochen34. Es liegt der Verdacht nahe, dass der „normale“ Luxemburger (gleich Wähler!), der oberen Mittelklasse zugehörig, nach dem guten alten Nimby-Prinzip35 argumentiert: kürzen sollte man dort, wo es die Mehrzahl der bei uns lebenden aus den untersten Schichten trifft, aber ja nicht bei der Mittel- und Oberschicht, ebenso wie dort Steuererhöhungen verpönt sind. Die wohlhabenderen Luxemburger haben den Hang, sich

31 Für die Details der verschiedenen Leistungen und ihrer Berechnung siehe IGSS (2013). 32 Siehe Caritas Luxembourg (2012/2013). 33 Siehe Berrang & Georges & Urbé (2013). 34 Vgl. z.B. Chambre de Commerce (2013) und Steichen (2014). 35 Nimby = Not in my back yard, heißt soviel wie: „Bei anderen gerne, aber nicht bei mir!“

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