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DOSSIER LANDSCHAFTEN
Regionalentwicklung
Auf Genussfahrt im Jura Die Landschaft ist ein Trumpf, der nicht zuletzt in der Entwicklung peripherer Regionen sticht. Doch wer den Wert nutzen will, den die vielfältigen Schweizer Landschaften darstellen, muss sie auch schützen und pflegen. Text: Kaspar Meuli
Vor der Brasserie Tonnebière im mittelalterlichen Städtchen St-Ursanne fahren jetzt öfter Elektro velos vor. Die Brauerei liegt auf der Route Verte, einer touristischen Entdeckungsreise für E-Biker durch sechs Regionale Naturpärke entlang des ganzen Jurabogens. Zu entdecken gibt es auf dieser Tour einiges: Der Parc du Doubs etwa bietet ein eigenes Bier an. Es nennt sich «L’Apronne» und wird aus Rohstoffen hergestellt, die zu 100 Prozent aus dem Park stammen. Die Bio-Gerste kommt aus Epiquerez und wird in Delémont gemälzt, mehrere Landwirte im Park bauen Hopfen an – wobei die geerntete Menge allerdings noch nicht ganz aus reicht –, und gebraut wird das Bier schliesslich in der Brasserie Tonnebière. Eine schöne Geschichte rund um ein besonderes Produkt. Und eine Geschichte, die präzis der Idee der 2018 ins Leben gerufenen Route Verte ent spricht. Auf deren Website heisst es: «Machen Sie auf Ihrer Reise halt, um die Geheimnisse der wun derschönen Landschaften zu entdecken. Die Bewoh ner der Pärke sind stolz auf ihr natürliches und kulturelles Erbe und engagieren sich mit Leiden schaft, um diese Reichtümer zu erhalten und sie re spektvoll zu nutzen. Im Gegenzug schenkt die Natur die Rohstoffe für köstliche Regionalprodukte.» Da wäre zum Beispiel die Jaune longue du Doubs, eine alte, praktisch ausgestorbene Rüeblisorte. Sie hat einen ausgeprägten leicht süssen Eigen geschmack und ist perfekt der Höhenlage der Gegend angepasst. Nun hat der Naturpark eine Kampagne gestartet, um anhand des Gelben Rüeb lis kulinarische Traditionen und altes Wissen aus dem Jura zu neuem Leben zu erwecken. Mit Erfolg:
die umwelt 3 | 20
Unter anderem führen inzwischen diverse lokale Restaurants das spezielle Gemüse auf ihrer Karte – vom ländlichen Gasthof bis zum Sternerestaurant. Gleich drei Gaststätten liegen direkt an der Route Verte und freuen sich über die wachsende Zahl von E-Bikes auf ihren Parkplätzen.
Natur und Kultur Tatsächlich scheint sie einen Nerv zu treffen, diese neue E-Bike-Strecke für Geniesser: Rund 27 000 Personen haben sich 2019 im Internet über La Route Verte informiert. Und schätzungsweise 1000 E-Bikende haben in der vergangenen Saison einen Teil oder gar die ganze Route unter die Räder genommen. Sieben Tage lang ist unterwegs, wer die komplette Strecke von Schaffhausen bis Genf fährt.
«Das Ziel ist Einzigartigkeit. Dazu muss man verstehen, welche natürlichen und kulturellen Besonderheiten eine Landschaft ausmachen.» Daniel Arn | BAFU
Wer über kein eigenes Gefährt verfügt, kann vor Ort ein E-Bike mieten, und auf Wunsch können sich E-Radlerinnen und -Radler auch ihr Gepäck von ei nem Übernachtungsort zum nächsten liefern lassen.